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Verwaltetes Vermögen steigt nahezu auf Rekordwert

Der Fondsverband BVI hat aktuelle Zahlen zur Fondsbranche in Deutschland veröffentlicht. Auf Jahressicht ist das verwaltete Vermögen zum 31.03.2024 in den letzten zwölf Monaten stark angestiegen – um 9%. Damit liegt es fast wieder auf seinem Rekordwert aus dem Jahr 2021.

Fondsgesellschaften verwalteten für Anleger in Deutschland insgesamt 4,289 Bio. Euro zum Stichtag 31.03.2024. Das geht aus einer aktuellen Statistik des Fondsverband BVI hervor. Es handelt sich dabei um einen Zuwachs von 9% in den letzten zwölf Monaten. Am 31.03.2024 betrug das verwaltete Vermögen in Deutschland 3,922 Bio. Euro.

So verteilt sich das Vermögen

Durch den Anstieg liegt das Vermögen nur knapp unter dem Rekordwert von 4,311 Bio. Euro zum Jahresende 2021. Der Großteil entfällt mit 2,125 Bio. Euro auf offene Spezialfonds für institutionelle Anleger. Dazu gehören vor allem Altersvorsorgeeinrichtungen (748 Mrd. Euro) und Versicherer (543 Mrd. Euro). In offenen Publikumsfonds verwalten die Fondsgesellschaften 1,459 Bio. Euro, wovon 680 Mrd. Euro auf Aktienfonds entfallen. Vor allem die gestiegenen Aktienkurse sorgten laut BVI dafür, dass der Anteil der Aktienfonds in den letzten fünf Jahren von 36% auf 47% stieg. Es folgen Mischfonds mit 350 Mrd. Euro und Rentenfonds mit 217 Mrd. Euro. Deren Anteil fiel von 28% auf 24% bzw. 20% auf 15%. Der Nettovermögen der Immobilienfonds beträgt 129 Mrd. Euro.

Verwaltetes Vermögen in Deutschland nahezu auf Rekordwert

In geschlossenen Fonds weist die BVI-Statistik ein Vermögen von 55 Mrd. Euro aus. Vor fünf Jahren waren es 10 Mrd. Euro. In Mandaten managen die Fondsgesellschaften derzeit 651 Mrd. Euro.

Performance im ersten Quartal 2024

Im ersten Quartal 2024 flossen der Branche netto 21,7 Mrd. Euro Gelder zu. Davon entfallen 9,5 Mrd. Euro auf offene Spezialfonds. Offenen Publikumsfonds flossen 3,8 Mrd. Euro zu. Das liegt über dem Mittelwert der Quartale im Jahr 2023 (3,2 Mrd. Euro). Von Anfang Januar bis Ende März 2024 steuerten ETFs 5,4 Mrd. Euro bei (davon 3,6 Mrd. Euro Aktien-ETFs und 1,9 Mrd. Euro Renten-ETFs), aus aktiv gemanagten Fonds jedoch flossen 1,6 Mrd. Euro ab.

Beim Blick auf die Anlageklassen liegen Rentenfonds vorne. Ihr Neugeschäft von insgesamt 5,4 Mrd. Euro dominieren Fonds mit Schwerpunkt auf Anleihen von kurzer Laufzeit, das heißt einer (Rest-)Laufzeit von bis zu drei Jahren (insgesamt 3,4 Mrd. Euro). Es folgen Aktienfonds mit Zuflüssen von 2,5 Mrd. Euro und wertgesicherte Fonds mit 1,2 Mrd. Euro. Bei den Mischfonds setzten sich die Abflüsse seit Mitte 2022 fort. Im ersten Quartal flossen 4,5 Mrd. Euro ab. Aus Immobilienfonds zogen Anleger 0,9 Mrd. Euro ab, nachdem im vierten Quartal 2023 netto 0,8 Mrd. Euro abgeflossen waren. Geschlossene Fonds erhielten 1,1 Mrd. Euro neue Gelder, Mandate verzeichneten Zuflüsse von 7,2 Mrd. Euro.

Spezialfonds

Bei Spezialfonds ist dem BVI zufolge die Auslagerung des Portfoliomanagements an konzernfremde Asset-Manager weit verbreitet. Sie beträgt bei Wertpapierfonds 45% des verwalteten Vermögens. Das liegt laut dem Verband daran, dass viele Spezialfonds bei Master-KVGs aufgelegt sind. Die Fonds bündeln einzelne Segmente mit unterschiedlichen Anlagezielen. Spezialisierte Vermögensverwalter können dann unabhängig voneinander die Assets in den Segmenten managen. Die Anleger profitieren insbesondere vom einheitlichen Reporting sowie von der zentralen Risikosteuerung über alle Fonds hinweg durch die Fondsgesellschaft.

Bei Immobilien-Spezialfonds hat die Auslagerung des Portfoliomanagements erst in den vergangenen Jahren Fahrt aufgenommen und nähert sich langsam der bei Wertpapierfonds üblichen Größenordnung an, so der BVI. Inzwischen betreuen Manager außerhalb des Konzerns 35% des Vermögens. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 waren es 26%. (mki)

Bild: © id512 – stock.adobe.com; Grafik: © BVI

 

Sparer legen mehr in Wertpapieren an

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken hat das Anlageverhalten der Sparer in Zeiten der Zinswende untersucht. Fazit: Die gestiegenen Zinsen hinterlassen ihre Spuren bei der Portfoliogestaltung.

Die deutschen Sparerinnen und Sparer reagieren umsichtig auf die Zinswende – das hat der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) herausgefunden. In einer Studie untersuchte der Verband die Geldvermögensbildung der Bundesbürger analysiert.

Mehr Diversifikation bei den Anlegern

Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die deutschen Sparer ihre Bestände an Termineinlagen und Rentenpapieren 2023 im Vergleich zum Vorjahr um gut die Hälfte ausbauten und das gehaltene Volumen an Sparbriefen verfünffachten. Auch Wertpapiere sind laut der Studie weiter im Aufwind. In der Niedrigzinsphase und im Zuge der Corona-Pandemie hätten Aktien und Investmentfonds besonders hohe Zuflüsse verzeichnet. Doch nun lebten auch die festverzinslichen Anlagen wieder auf. Für BVR-Chefvolkswirt sei dies eine „Rückkehr zur Normalität positiver Zinsen verbunden mit einer stärkeren Diversifizierung der Sparformen.

In den nächsten Jahren dürfte der Anteil von Wertpapieren am Geldvermögen weiter steigen, so der BVR. Die Niedrigzinsphase habe zu einer größeren Offenheit für Aktien und Investmentfonds in breiteren Bevölkerungskreisen geführt als zuvor. Dass mit Festgeld und Rentenpapieren auch andere Anlagen an Beliebtheit gewinnen, sei positiv, da Anleger aus einer größeren Vielfalt an attraktiven Anlageformen für ihre individuellen Sparziele schöpfen könnten.

Sparer legen mehr in Wertpapieren an
So entwickelte sich die Vermögensbildung

Die privaten Haushalte in Deutschland bildeten 2023 netto Geldvermögen in Höhe von 245,6 Mrd. Euro nach 215,5 Mrd. Euro im Jahr 2022. Die Sparquote stieg von 11,1% auf 11,4% und liegt weiterhin im oberen Bereich ihres Durchschnitts seit der Wiedervereinigung. Erstmals seit 2006 floss mit 106,2 Mrd. Euro der größte Anteil in Wertpapiere. Der zweitgrößte Anteil entfiel mit 88,3 Mrd. Euro auf Bankkonten. Ein geringerer Teil entfiel mit 36,9 Mrd. Euro auf Versicherungen, u. a. aufgrund einer Abwärtskorrektur bei Ansprüchen der Versicherungsnehmer aus Rückstellungen der Versicherer.

Run auf Zinsen

Ein Blick auf die einzelnen Bestandteile der Sparformen zeigt laut BVR: Sowohl bei Wertpapieren als auch bei Bankeinlagen legten höher verzinste Optionen deutlich zu. So stieg das in Termingeldern angelegte Vermögen mit 194,2 Mrd. Euro per Ende 2023 um gut die Hälfte (55,2%) im Vergleich zum Vorjahr. In Sparbriefen waren zum Jahresende 101,1 Mrd. Euro mehr angelegt als Ende 2022, ein Zuwachs um 453%. Das in Rentenpapieren angelegte Geldvermögen stieg um 51,2% auf 229,7 Mrd. Euro.

Das verfügbare Einkommen der Privathaushalte stieg 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 5,9% auf 2,358 Bio. Euro und damit im gleichen Maße wie die Inflation. Der Konsum stieg jedoch um leicht geringere 5,6% auf 2,09 Bio. Euro, da die Privathaushalte sich aufgrund der unsicheren Konjunkturlage aufgrund der hohen Inflation zurückhielten. Dadurch stieg die Sparquote auf die erwähnten 11,4%.

Das gesamte Geldvermögen der privaten Haushalte, zu denen nicht nur Erwerbstätige und sonstige Privatpersonen, sondern auch wirtschaftlich Selbstständige und Organisationen wie etwa Vereine, Gewerkschaften und Kirchen gezählt werden, belief sich Ende 2023 auf 7,94 Bio. Euro. Demgegenüber standen Verbindlichkeiten in Höhe von 2,174 Bio. Euro. Die Verbindlichkeiten gingen damit relativ zum Einkommen zurück, und zwar von 96,7% des verfügbaren Einkommens 2022 auf 92,2% 2023. Das Nettogeldvermögen belief sich pro Haushalt damit auf 139.500 Euro, wovon durchschnittlich rund 41% bei Banken, 30% in Versicherungen und 29% in Wertpapieren angelegt sind. (mki)

Bild: © AI Farm – stock.adobe.com

 

Gibt es eine Zeitenwende in der Weltwirtschaft?

Am Mittwoch, den 08.05.2024, stand wieder die „Amundi Investment Konferenz“ ins Haus. Geblickt wurde dieses Mal sehr global: Auf die EZB, die Fed, die Inflationsentwicklung, allen voran aber die aktuellen geopolitischen Verhältnisse. Ein Experte sieht eine weitere „Zeitenwende“ kommen.

Je mehr Zeit vergeht und je mehr sich die Welt verändert, umso mehr könnte man den Eindruck gewinnen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Rede zur Zeitenwende, unmittelbar nach Beginn des Ukraine-Kriegs, Recht gehabt haben könnte – bei aller Kritik, die er als Person des öffentlichen Lebens, sei sie verdient oder unverdient, einstecken muss. Denn mehr und mehr taucht der Begriff „Zeitenwende“ nicht nur auf nationaler und europaweiter Ebene auf (finanzpolitisch auch in der Variante „Zinswende“), sondern auch global sieht das Feld zunehmend anders aus. Und das könnte großen Einfluss auf wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Faktoren haben.

U. a. war die „Zeitenwende in der Weltwirtschaft“ Thema der „Amundi Investment Konferenz“, die alle paar Monate stattfindet. Am vergangenen Mittwoch war es wieder soweit. Moderiert wurde die Sendung wie gewohnt von ntv-Börsenexpertin Sabrina Marggraf. Im Fokus diesmal: die Zinsen (natürlich) und die Inflation, die aktuelle Marktlage, vor allem aber die derzeitigen globalen geopolitischen Fragen.

Was machen die Notenbanken?

Mittlerweile sind sich die meisten Experten sicher: Die erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt im Juni, also bei der nächsten Sitzung. So sieht es auch Amundi-Chefanlagestratege Thomas Kruse. Für den Rest des Jahres erwartet er drei weitere Schritte nach unten.

Doch wie sieht es mit der Inflation aus? Hier sieht vor allem Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Deutschland, aktuell mehr Druck und erwartet daher eine eher zurückhaltende Politik von Fed und EZB. Ende des Jahres rechnet Brzeski in der Eurozone mit einer Teuerungsrate von 2,5 bis 3%. Den Inflationsdruck sieht er vor allem auf geopolitischer Ebene, u. a. aus den USA mit der potenziellen Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Diese könne die EZB zu einer weiteren geldpolitischen Wende zwingen und auch zu Spekulationen, über etwaige Handelskriege oder aber die Mitgliedschaft der USA in der NATO, führen. Sollte Trump wiedergewählt werden und seine Wirtschaftspolitik für ein schwaches Wachstum in Europa sorgen, werde die EZB umdenken und die Zinsen stärker senken, um das Wirtschaftswachstum zu unterstützen, so Brzeski.

Dem entgegenwirken könnte der Export der Disinflation aus China, wo aktuell eine schwächelnde Wirtschaft vorherrscht. Doch das würde, findet Brzeski, nicht reichen, um den Inflationsdruck, der bspw. von Lohnsteigerungen durch den demografischen Wandel oder gestiegene Kosten durch den Umbau von Lieferketten ausgelöst wird, auszugleichen.

Zeitenwende…

Als hochkarätigen Gast aus der Wirtschaftsforschung hatte Amundi Moritz Schularick, den Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, eingeladen. Sein 30-minütiger Vortrag beschäftigte sich mit der „Weltwirtschaft von morgen“ und der Frage, ob es derzeit auch in der Weltwirtschaft eine Zeitenwende gibt – und die Devise „Wandel durch Handel“ noch aktuell ist.

Grundsätzlich habe die Globalisierung ihr ökonomisches Versprechen erfüllt, denn viele Menschen seien aus der Armut gehoben worden, die Welt insgesamt sei reicher geworden. Tatsache sei aber: Die Welt ist kein stabilerer, sichererer Ort. Durch das „Globalisierungsparadigma“ seien wir verletzlich, denn es seien viele Abhängigkeiten entstanden. Jetzt jedoch bewege sich die Welt von einem regelbasierten System hin zu einem System, in dem politische Entscheidungen das Ausmaß der wirtschaftlichen Öffnung und die Handelsströme bestimmen. Die Marktintegration werde bei der Entscheidungsfindung nun geopolitischen Zielen untergeordnet und ökonomische Werkzeuge werden vermehrt für diese Ziele eingesetzt. Machtfragen werden immer prominenter, es herrsche vermehrt wieder das Recht des Stärkeren. Der „Geoökonomische Giftschrank“ komme in solchen Situationen zum Einsatz, der bspw. die Versicherung der Versorgung mit Schlüsselrohstoffen beinhalte, oder den Erwerb und Erhalt absoluter technologischer Vorteile.

Was wäre, wenn…?

Schularick ging auch auf die potenziellen Auswirkungen ein, die eine wirtschaftliche Trennung von China für Deutschland nach sich ziehen könnte. Angenommen, Deutschland müsste sich über Nacht von China trennen, würde man einen kurzfristigen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts von 5% bis 7% verspüren. Dies wäre ein harscher Wirtschaftseinbruch verglichen mit dem in der Finanzkrise oder der Coronapandemie – aber auch kein zweistelliger Verlust. Deutschland wäre zwar in Europa am stärksten betroffen, wäre allerdings „in einer zweiten Runde“ auch Profiteur, da Deutschland einen komparativen Vorteil bei der Herstellung von diversen Kapitalgütern habe.

Problematisch sei für Schularick auch die Tatsache, dass die deutsche und europäische Politik darauf beruhe, dass die USA unsere Rückversicherung sei. Doch in einem Land, in dem man sich gerne gegen alles Mögliche versichere, halte er dies für eine recht riskante Strategie. So langsam verstehe man in Berlin allerdings, dass man dauerhaft sehr viel mehr für Investitionen in „unsere Sicherheit“ ausgeben müssen.

In Deutschland sei man bei der Politik drei Wetten eingegangen: günstige russische Energie, die Globalisierung und chinesisches Wachstum als Exportmotor sowie die amerikanische Sicherheitsgarantie und die Dauerhaftigkeit der Friedensdividende. Doch aus diesen drei Wetten seien mehrere hausgemachte Herausforderungen entstanden: der Rückstand bei der Digitalisierung und der öffentlichen Infrastruktur, die abnehmende Innovations- und Risikobereitschaft, eine Strukturkrise bei der Autoindustrie oder die Wachstumsbremse am Wohnungsmarkt. (mki)

Bild: © Thaut Images – stock.adobe.com

 

US-Bürger sparen weniger – haben am Ende aber mehr

Eine Studie vom Flossbach von Storch Research Institute hat die Erfolge von Sparern in den USA und in Deutschland untersucht – das Ergebnis ist nicht gerade berauschend. Obwohl die Deutschen absolut betrachtet mehr Geld zurücklegen, erwirtschaften die US-Sparer nach hinten ein größeres Vermögen.

„Im Sparen sind wir Deutschen immer noch Weltspitze“, so eröffnet Sven Ebert, Senior Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute, seine Untersuchung „Sparen in Deutschland und den USA – ein Vergleich“. Doch wie Ebert selbst in seinem Blogbeitrag zur Analyse darlegt, stimmt das nur auf dem Papier, denn so ganz siegreich steht der gemeine deutsche Sparer gegen den US-Sparer, betrachtet am erwirtschafteten Vermögen, nicht dar. Und das, obwohl die Sparrate beim Deutschen deutlich höher ist. Der legt nämlich laut Eberts Untersuchung, die sich hier auf Daten von Statista aus 2019 bezieht, 11% seines verfügbaren Einkommens zurück, der US-Amerikaner nur 6% (laut Statistischem Bundesamt waren es 2022 sogar nur 3,7%).

Mehr Sparen = mehr Vermögen? Von wegen…

Leider jedoch, so Ebert, machen wir zu wenig aus unserer Spartugend: Der deutsche Rentner ist ärmer als sein amerikanischer Altersgenosse. Das verfügbare Einkommen von Menschen über 65 Jahren liegt in Deutschland unter 90% des durchschnittlich verfügbaren Einkommens der Gesamtbevölkerung. In den USA beträgt dieser Wert fast 95%. Dazu leben in Deutschland nur knapp 60% der Rentner in einer eigenen Immobilie. In den USA sind es fast 80%.

Wer mehr spart, am Ende aber weniger Vermögen besitzt, legt offenbar mit geringerer Verzinsung an. Die hierfür entscheidende Nettorendite ergibt sich aus drei Komponenten: Den Wertsteigerungen der Kapitalanlagen, den Steuern und den Gebühren. Die letzten beiden werden von den Wertsteigerungen abgezogen, versteht sich.

Sparen über 401(k) in USA

Wo sind also die Unterschiede? Warum bekommt der US-Bürger am Ende „mehr raus“, als der so sparbedachte Deutsche? Ein wesentlicher Grund ist für Ebert die unterschiedliche Handhabung der betrieblichen Altersvorsorge in den beiden Nationen.

Eine dominierende Form der bAV in den USA ist der sog. 401(k)-Plan. Dabei handelt es sich um einen Sparplan, in dem der Angestellte die Chancen und Risiken seiner Kapitalanlage selbst trägt. Der Arbeitgeber gibt lediglich einen Zuschuss zu den Sparraten. 76% aller amerikanischen Angestellten besitzen Zugang zu einem 401(k)-Plan. Fast 79% davon sparen im Rahmen des Plans fürs Alter, so Ebert. Somit nutzen sechs von zehn amerikanischen Beschäftigten die betriebliche Altersversorgung mit einem 401(k)-Plan.

Im Aggregat zeichnen sich die Pläne durch solide Aktienquoten aus: Über 70% der Sparer haben mindestens 7 von 10 US-Dollar in Aktien investiert. Bei den Unter-40-Jährigen sind es laut Ebert sogar mehr als 90%. Die Folge davon: Das durchschnittliche 401(k)-Konto legte 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 14% auf 118.600 US-Dollar zu und die Zahl der 401(k)-Millionäre stieg um 11,5%.

Laut Ebert überzeugt Sparen mit 401(k) in allen drei Bestandteilen der Nettorendite: Die Wertsteigerungen der Kapitalanlagen – auch Bruttorendite genannt – ist durch die hohen Aktienquoten auskömmlich für einen echten Vermögensaufbau, bei durchschnittlich zwischen 5 und 8%. Auch gebe es durch nachgelagerte Besteuerung einen Steuervorteil im Alter. Außerdem sei der regulatorische Rahmen übersichtlich, wodurch das Angebot für die Arbeitnehmer transparent und nachvollziehbar sei.

bAV in Deutschland eine „Dschungelexpedition“

Die betriebliche Altersversorgung in den USA gleiche Ebert zufolge einem gut ausgebauten Highway, während die in Deutschland eher einer Dschungelexpedition gleiche. Denn der Unternehmer müsse sich auf der Suche nach guten Lösungen für seine Arbeitnehmer durch ein Dickicht an Verordnungen kämpfen. Derartige Verordnungen, sprich die damit verbundene Regulatorik, würden zusätzlich auch die Kosten antreiben: Zum einen werde die Verwaltung der Assets aufwendig, zum anderen entstünden Eintrittsbarrieren für neue Anbieter, wodurch der Wettbewerb eingeschränkt sei.

Ein weiteres Problem sei das „Steuerdickicht. Beiträge bis zu einer Grenze von 3.624 Euro pro Jahr sind von Sozialversicherungsbeiträgen befreit. Der doppelte Betrag ist von der Einkommensteuer ausgenommen. Im Alter sind die Auszahlungen aus einer Betriebsrente dann als Einkommen zu versteuern und Sozialabgaben zu entrichten. Daher werden oberhalb der Freibeträge mitunter zweimal Steuern und Abgaben fällig – eine sogenannte Doppelverbeitragung. Dagegen sind Einzahlungen in Direktzusagen unbegrenzt steuerfrei und für die Krankenversicherungsbeiträge gibt es in der Auszahlungsphase mittlerweile einen Freibetrag. Beiträge zur Pflegeversicherung sind hingegen in voller Höhe zu entrichten. Kapitalertragssteuer fällt grundsätzlich nicht an.

Bei der bAV in Deutschland gibt es also steuerliche Konditionen, die sich zwar mit etwas Abstand betrachtet denen des 401(k)-Plans in den USA ähneln, aber nicht so vorteilhaft für den Arbeitnehmer seien. Die Freibeträge belaufen sich nur auf 15 bzw. 30% des US-Niveaus. Ausnahmen versuchen dies auszugleichen. Ein grundsätzlicher regulatorischer Vorteil der deutschen bAV hinsichtlich Steuern und Sozialabgaben entstehe so aber nicht, sagt Ebert. (mki)

Bild: © MasterSergeant – stock.adobe.com

 

Exklusiv: Sustainable-Finance-Experte Christian Klein im Interview

Nachhaltige Geldanlagen sind eine entscheidende Einflusskomponente für die Nachhaltigkeitstransformation. Doch welche Hemmnisse halten Kleinanleger von einem Investment ab? Und zahlen sich nachhaltige Anlagestrategien finanziell aus? Prof. Dr. Christian Klein, Sustainable-Finance-Experte und bekannt aus FAZ und Tagesschau, erläutert die Zusammenhänge.

Interview mit Prof. Dr. Christian Klein, Fachgebietsleiter Nachhaltige Finanzwirtschaft an der Universität Kassel sowie Mitglied der Wissenschaftsplattform Sustainable Finance
Herr Klein, welche Herausforderungen sehen Sie für nachhaltige Geldanlagen im aktuellen Marktumfeld?

Mein Eindruck ist, dass nach einer ersten Euphorie eine gewisse Ernüchterung eingetreten ist. Sozusagen der Kater nach der Party. Ich sehe zwei Gründe hierfür: Erstens wird die Regulierung in diesem Zusammenhang von vielen als zu umfangreich empfunden. Zweitens hat sich seit Beginn des Krieges in der Ukraine vieles verschoben: In den letzten zwei Jahren waren große Renditen vor allem mit Öl, Gas und Rüstung möglich, und diese Themen sind in den meisten nachhaltigen Geldanlagen nicht enthalten. Zudem scheinen viele zu denken, dass wir jetzt andere Probleme haben und dass dieses Nachhaltigkeitsdings keine so hohe Priorität mehr hat. Das ist natürlich eine schlimme Schlussfolgerung, wenn man bedenkt, dass dem Klimawandel ziemlich egal ist, was wir gerade sonst noch so für Probleme haben.

Man gewinnt den Eindruck, dass nachhaltige Geldanlagen bei Kleinanlegern in letzter Zeit an Stellenwert verloren haben. Teilen Sie diese Einschätzung?

Jein. Wir haben ja seit dem 02.08.2022 die verpflichtende Nachhaltigkeitspräferenzabfrage bei der Kundenberatung. Die Berater und Beraterinnen müssen also fragen, ob der Kunde bei seiner Investition Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen will. Aus unserer Forschung wissen wir, dass anscheinend diese Frage meistens mit „nein“ beantwortet wird. Das ist erstaunlich, denn wir wissen aus unseren Umfragen auch, dass die meisten Deutschen nach wie vor Nachhaltigkeit als sehr wichtig erachten und sich auch bei der Geldanlage wünschen, dass darauf eingegangen wird.

Woran liegt das?

Wahrscheinlich daran, dass der zweite Schritt, der auf ein „ja“ folgen würde, einfach zu komplex ist. Die Beratung zu nachhaltigen Anlageprodukten, die die Regulierung vorschreibt und definiert, scheint sowohl Kunden als auch Beratern zu umständlich zu sein.

Abgesehen vom allgemeinen Marktumfeld: Welche konkreten Hemmnisse halten Kleinanleger denn von einem Investment in eine grüne Kapitalanlage ab?

Ein Hauptgrund ist immer noch das fehlende Wissen. Immer noch erstaunlich viele Kleinanleger wissen gar nicht, dass es so etwas wie nachhaltige Geldanlagen überhaupt gibt. In einer Umfrage, die wir gerade durchgeführt haben, wusste über die Hälfte der Befragten nicht, was der Begriff „ESG“ bedeutet. Dann kam als nächste Nennung „Environmental and Sustainable Goals“ ...

Und wie können Intermediäre wie Vermittler hier für eine Verbesserung sorgen?

Indem sie Aufklärung betreiben. Viele machen das ja schon sehr gut.

Wie unterscheidet sich denn das Anlageverhalten nachhaltiger Kleinanleger von traditionellen Investoren, insbesondere in Bezug auf Risikobereitschaft und Renditeerwartungen?

Es gibt Studien, die Hinweise finden, dass Investoren, die auf Nachhaltigkeit achten, eher langfristig orientiert sind und deswegen auch ihre Geldanlage nicht wieder sofort verkaufen, wenn es einmal nicht so gut läuft. Bei der Renditeerwartung sehen wir auch, dass es durchaus Anleger gibt, die bereit wären, auf etwas Rendite zu verzichten, wenn sie dafür eine ökologische oder soziale Rendite sehen würden.

Es bestehen ja schon Unsicherheiten darüber, inwiefern sich nachhaltige Anlagestrategien für den Kleinanleger finanziell auszahlen. Welche Ergebnisse liefert die Wissenschaft?

Unterschiedliche. Es gibt ältere Metastudien, die gezeigt haben, dass in der Vergangenheit nachhaltige Geldanlagen im Mittel mindestens genauso gut performt haben wie konventionelle. Hier muss man allerdings vorsichtig sein: Erstens dürfte sich das in den letzten zwei Jahren aus den genannten Gründen deutlich geändert haben. Zweitens müssen wir endlich differenzieren, um welche Art von „nachhaltiger Geldanlage“ es sich überhaupt handelt.

Was meinen Sie damit?

Aus meiner Sicht laufen unter der Überschrift „Nachhaltige Geldanlage“ zwei Denkansätze bei der Investition, die beide richtig und wichtig sind – aber eben völlig unterschiedlich. Erster Ansatz: Ich berücksichtige bei der Investition sogenannte Nachhaltigkeitsrisiken. Ich überlege also, was beispielsweise das Pariser Klimaschutzabkommen für Folgen für die Unternehmen hat. Und investiere dann nicht in Öl und Kohle, sondern in Windkraft. Aber auch in Amazon, Meta, Alphabet und Microsoft, da diese Unternehmen nicht wirklich von dem Klimaabkommen betroffen sind. So gehen die meisten „nachhaltigen“ Fonds vor. In diesem Fall wetten Sie auf eine Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens, nicht mehr und nicht weniger. Diese Wette hat sich vor dem Ukraine-Krieg offensichtlich ausgezahlt.

Und was ist der zweite Ansatz?

Hier habe ich den Anspruch, dass meine Investition einen Beitrag dazu leistet, dass unsere Welt ein besserer Ort wird. Dass also beispielsweise weniger CO2 in die Luft gelangt, bedingt durch meine Investition. Wir sprechen von „Impact“. Ein inflationär verwendeter Begriff, obwohl es dann sehr schnell sehr komplex wird, wenn man sich in diesen Bereich hineindenkt.

Wie beurteilen Sie überhaupt die Auswahlmöglich­keiten im Markt für nachhaltige Finanzprodukte? Ist für jedes Anlegerinteresse etwas dabei?

Aus Sicht der Anleger eigentlich ja. Wir haben ja inzwischen alles, vom dunkelgrünen Impactfonds bis zum hellgrünen Girokonto. Aus Sicht der Anbieter, die der Regulierung unterworfen sind, bräuchten wir mehr Produkte, die sich an der EU-Taxonomie – ein Regelwerk, das EU-weit festlegt, was als ökologisch nachhal­tige wirtschaftliche Aktivität gilt – orientieren.

Welche Trends sehen Sie in der nahen Zukunft im Bereich nachhaltiger Geldanlagen?

Drei Dinge: Erstens wird die Differenzierung zwischen Produkten, die Nachhaltigkeitsrisiken beachten, und Produkten, die versuchen, eine Wirkung zu erzeugen, deutlicher werden. Als Folge wird zweitens die Diskussion um „Impact“ zunehmen und wir werden hier völlig neue Innovationen sehen. Aber gleichzeitig wird sich drittens der Fokus ändern: Statt nur „nachhaltige“ Unternehmen zu finanzieren, wird es immer mehr darum gehen, großen Unternehmen die Transformation zu ermöglichen. Konkret: Wir erkennen gerade, dass die Auswirkungen viel größer sind, wenn wir zum Beispiel einem Zementhersteller dabei helfen, seine Produktionstechnik CO2-neutral zu bekommen, als wenn wir einen Windradhersteller mit Geld zuschütten.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Prof. Dr. Christian Klein bzw. LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Prof. Dr. Christian Klein

Franklin Templeton legt ETF mit „katholischen Grundsätzen“ auf

Der Asset-Manager Franklin Templeton hat einen Artikel-8-ETF mit Investments in Unternehmen aufgesetzt, die nicht nur über sehr gute ESG-Kennzahlen verfügen, sondern auch „den katholischen Grundsätzen entsprechen“. Grundlage ist der MSCI World Catholic Principles.

Der „Franklin MSCI World Catholic Principles ETF“ ist ein neuer ETF aus dem Hause Franklin Templeton, der Ende April für europäische Investoren aufgesetzt wurde. Das Anlageziel dieses neuen globalen Aktienindex-ETF besteht darin, ein Engagement in Aktien von Unternehmen mit großer und mittlerer Marktkapitalisierung zu bieten, die als umwelt- und sozialverträglich gelten, und zwar in entwickelten Marktländern.

Catholic-Principles-ETF von Franklin Templeton

Der ETF ist als Artikel-8-ETF klassifiziert und bildet die Wertentwicklung des MSCI World Select Catholic Principles ESG Universal and Low Carbon Index ab. Der Index konzentriert sich auf Unternehmen mit einem geringeren Kohlenstoffanteil und höheren Umwelt-, Sozial- und Governance-Ratings (ESG). Die im Index enthaltenen Unternehmen müssen mindestens ein „BB“-ESG-Rating von MSCI ESG Ratings aufweisen. Der Index schließt Unternehmen aus, die in umstrittene Geschäfte involviert sind wie z. B. zivile Schusswaffen, Atomwaffen sowie umstrittene und konventionelle Waffen.

Investitionen in Unternehmen, die in Glücksspiel, Tabak und Kraftwerkskohle involviert sind, sind erheblich eingeschränkt und basieren auf den Einnahmen, die aus diesen Aktivitäten erzielt werden. Um den katholischen Werten gerecht zu werden, enthält der Index außerdem zusätzliche Ausschlüsse: Abtreibung und Verhütungsmittel, Tierversuche und Stammzellenforschung. Daraus ergibt sich ein aktuelles MSCI ESG-Rating von AA, das die Stärke des Nachhaltigkeitsprofils unterstreicht, so heißt es in der Mitteilung von Franklin Templeton. Über 65% der Aktien im Portfolio erreichen demnach derzeit ein MSCI ESG-Rating zwischen A und AAA.

Der Franklin MSCI World Catholic Principles UCITS ETF ist laut Unternehmensmitteilung das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen Franklin Templeton, MSCI und dem Ethik-Berater Nummus.Info. Er wird gemanagt von Dina Ting, Head of Global Index Portfolio Management, und Lorenzo Crosato, ETF-Portfoliomanager bei Franklin Templeton. Die jährliche Gesamtkostenquote beträgt 0,27%. (mki)

Bild: © thanasak – stock.adobe.com

 

Mehrheit der Anleger hält Private Equity für zukunftsfähig

Die Anlageklasse Private Equity dürfte in den nächsten Jahren mehr Zuspruch erfahren. Das lässt sich aus dem „Marktcheck“ des Asset-Managers Wealthcap schließen, der unter mehr als 500 vermögenden Privatinvestoren durchgeführt wurde.

Der Real-Asset- und Investmentmanager Wealthcap hat zum siebten Mal seine Research-Serie „Marktcheck“ veröffentlicht. Darin geht es diesmal um Investments in Private Equity und wie bedeutsam diese in Krisenzeiten sind. Wie die Befragung unter mehr als 500 vermögenden Privatinvestoren, die bereits in Private Equity investiert haben, zeigt, werden Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen trotz eines kontroversen Meinungsbildes grundsätzlich weiterhin positiv eingeschätzt.

Umfrage zu Private Equity

Laut der Mitteilung Wealthcaps zur Umfrage gaben vier von fünf Befragten (79%) an, dass sie Private-Equity-Investments für zukunftsfähig halten, was einem leichten Anstieg gegenüber der Erstbefragung aus 2021 (78%) entspricht. Bei der Antwortoption „eher zukunftsfähig“ gab es ein Wachstum von 24%, während sich die Zustimmung für „sehr zukunftsfähig“ um 23% verringerte. Obwohl die entschiedene Festlegung einiger Investoren einer vorsichtigeren Zustimmung gewichen ist, nimmt eine deutliche Mehrheit der Anleger Private Equity auch im neuen Zinsumfeld unverändert als attraktive Anlagemöglichkeit für die Zukunft wahr.

Die Umfrageteilnehmer befinden Private Equity außerdem mehrheitlich für widerstandsfähig. Rund 60% halten die Anlageklasse für resilient in Krisenzeiten. Insgesamt zeige sich jedoch ein Trend zur Unentschlossenheit, denn bei der Frage ob Private-Equity-Investitionen resilient sind, haben die differenzierten Optionen aus dem mittleren Spektrum „eher ja“ (48%) und „eher nein“ (23%) im Vergleich zu 2021 deutlich hinzugewonnen.

Im direkten Renditevergleich mit Aktienanlagen zeige sich in der Krise weiterhin eine leichte Präferenz für nicht börsennotierte Investments. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (53%) hält Private Equity demnach in Krisenzeiten für rentabler als Aktien.

Im Spannungsfeld der Zinsentwicklung geht etwas mehr als die Hälfte der Befragten davon aus, dass die Bedeutung von Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen zunehmen wird. 14% der Befragten stimmten dieser Prognose „auf jeden Fall“ zu, während 16% „auf keinen Fall“ an eine steigende Bedeutung glauben.

Die Studie wurde von Wealthcap gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey erstellt. (mki)

Bild: © ra2 studio – stock.adobe.com

 

Small und Mid Caps: ESG-Perlen mit großem Entwicklungspotenzial

Bei der Geldanlage stehen oft die großen Player im Fokus. Auch große Unternehmen positionieren sich mehr in Richtung Nachhaltigkeit. Wie groß muss man hierbei eigentlich denken? Es gibt da ja noch KMU, die gerne als gute Investitionschancen gesehen werden. Warum eigentlich?

Ein Artikel von Marian Klemm, Geschäftsführer der Green Growth Futura GmbH

Steckt die nachhaltige Transformation der Wirtschaft in der Krise? Zunehmende geopolitische Krisenherde, ein neuer Rüstungswettlauf und die boomenden Rohstoffmärkte haben die globale Nachhaltigkeitsagenda in den Hintergrund gedrängt. Die Weltbank warnte jüngst vor einem „verlorenen Jahrzehnt“ für die nachhaltige Transformation, da aufgrund der lahmenden Weltkonjunktur notwendige Investitionen in Nachhaltigkeitsmaßnahmen zur Erreichung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zurückgefahren würden.

Doch auch wenn das Tempo der Transformation scheinbar zu erlahmen droht, kann man nicht von einer Kehrtwende sprechen. Allein das von vielen Wirtschaftsnationen und -regionen wiederholt ausgesprochene Ziel der Klimaneutralität bis 2050 hat zu einem globalen Wettbewerb um die Führungsrolle innerhalb dieses Prozesses geführt.

Der European Green Deal und die Corporate Sustainability Reporting Directive

Die Europäische Union hat mit dem European Green Deal ein besonders ambitioniertes und umfassendes Maßnahmenpaket aufgelegt, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Ein Element davon ist die seit 2023 geltende EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Unternehmen je nach Größe, Umsatz und Bilanzsumme in den kommenden Jahren schrittweise dazu verpflichtet, einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht innerhalb ihres Geschäftsberichts zu veröffentlichen. Ab 2027 greift die Richtlinie auch für kleine und mittelgroße börsennotierte Unternehmen (KMU), wobei diese durch ein „Opt-out“ die Möglichkeit haben, den Einstieg auf 2029 zu verschieben.

Small und Mid Caps rücken ins Rampenlicht von nachhaltigen Investoren

Für KMU ist die CSRD ein zweischneidiges Schwert: Zwar entwirft die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) aktuell Berichtsstandards, die sich explizit an KMU richten und entsprechend weniger komplex sind als die derzeitigen Vorgaben, doch nichtsdestotrotz wird die Einführung zu einer großen Herausforderung für die Unternehmen, da Nachhaltigkeitsabteilungen, sofern sie überhaupt schon bestehen, in diesem Segment mehrheitlich weder über die finanziellen noch über die personellen Ressourcen verfügen, um die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen.

Auf der anderen Seite haben KMU aber auch Grund zum Optimismus, denn viele von ihnen werden erheblich von den neuen Pflichten profitieren. Beispielsweise ist davon auszugehen, dass schon allein die Erhebung und systematische Darstellung von Nachhaltigkeitsdaten sich positiv auf die Geschäftsentwicklung und die Bewertungen der KMU auswirken werden. Aber noch viel entscheidender: Die Umsetzung der CSRD wird aller Voraussicht nach dazu führen, dass sich infolge einer verbesserten Verfügbarkeit von ESG-Daten kleinerer Unternehmen die Vergleichbarkeit von Unternehmen unterschiedlicher Gewichtsklassen signifikant erhöhen wird, sodass KMU mittelfristig einen besseren Zugang zu Investoren und damit nachhaltigen Portfolios erhalten und sie seltener oder gar nicht mehr aufgrund fehlender Nachhaltigkeitsinformationen benachteiligt werden.

Kleinere Unternehmen profi­tieren in Sachen Nachhaltigkeit von strukturellen Vorteilen

Für Investoren, die an Nachhaltigkeit interessiert sind, ist diese Entwicklung gleich in mehrfacher Hinsicht begrüßenswert. Der offensichtliche Vorteil besteht darin, dass sich grundsätzlich die Anzahl investierbarer Unternehmen erhöht. Darüber hinaus profitieren sie aber auch aus qualitativer Perspektive, da KMU oftmals eine bessere Nachhaltigkeitsperformance aufweisen als große Unternehmen. Sie bringen zudem inhärente strukturelle Eigenschaften mit, die sie für eine nachhaltige Transformation prädestinieren.

So verfügen kleinere Unternehmen oftmals über ein deutlich fokussierteres Geschäftsmodell bei gleichzeitig übersichtlicheren Strukturen. Infolgedessen kann Nachhaltigkeit einfacher in der Unternehmensstrategie und zentral bei der Geschäftsführung verankert werden, die damit auch die Verantwortung für dieses Thema trägt. Nachhaltigkeitsmaßnahmen wie die Umstellung auf ressourcenschonendere Produktionsprozesse oder erneuerbare Energien können auf dieser Basis meist einfacher und schneller umgesetzt werden. Auch auf Ebene der Governance sind übersichtlichere Unternehmensstrukturen ein Plus, da sie Korruption und weitere „White Collar Crimes“ erschweren.

Einen Sonderfall unter den mittelständischen Unternehmen stellen die sogenannten Hidden Champions dar. Diese vor allem in der DACH-Region vertretenen Unternehmen sind oftmals Weltmarktführer im eigenen Nischensegment und in der Öffentlichkeit eher unbekannt. Zudem sind sie häufig inhaber- bzw. familiengeführt und zeichnen sich dadurch aus, dass sie traditionelle Werte pflegen und gleichzeitig eine hohe Innovationskraft aufweisen. Die Hidden Champions können vor allem im Hinblick auf soziale Nachhaltigkeit glänzen. So legen sie oftmals großen Wert auf eine starke Mitarbeiterbindung und fördern diese durch eine arbeitnehmerfreundliche Unternehmenskultur, die sich durch flache Hierarchien, gute Aufstiegschancen und die frühzeitige Übertragung von verantwortungsvollen Aufgaben ausdrückt.

Ob groß oder klein: Nachhaltigkeitsprüfungen sollten mehrdimensional sein

Ob ein kleineres Unternehmen dann auch tatsächlich eine grüne Perle für ein nachhaltiges Portfolio ist, kann – und in diesem Punkt unterscheiden sie sich nicht von Unternehmen anderer Größenordnungen – nur durch eine umfassende Analyse und ein laufendes Monitoring im Rahmen eines aktiven Asset-Management-Ansatzes sichergestellt werden. Neben quantitativen Kriterien müssen dabei auch qualitative Merkmale berücksichtigt werden. So sollte neben dem Check der Standard-KPIs auch die Überprüfung vergangener und laufender Kontroversen sowie der Umgang mit diesen zu einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsanalyse gehören. Ebenso ist der direkte und regelmäßige Dialog mit den Unternehmen, das sogenannte Engagement, aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Und das aus gutem Grund: Engagement-Dialoge geben Investoren nicht nur wertvolle Einblicke in den Maschinenraum eines Unternehmens und führen zu einem Abbau von Informationsasymmetrien. Sie ermöglichen darüber hinaus auch – und das gilt wiederum insbesondere für KMU – das Aufzeigen von Optimierungspotenzialen sowie die Möglichkeit der positiven Einflussnahme auf ein Unternehmen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2024 und in unserem ePaper.

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Ein Artikel von
Marian Klemm

So viel Greenwashing gibt es in Europa bei ESG-Fonds

Das Analysehaus Morningstar hat zusammen mit dem Handelsblatt recherchiert, wie viel „ESG“ bei europäischen ESG-Fonds tatsächlich bedeutet. Das Resultat: wohl nicht so viel, wie man denken würde. Die europäische Finanzaufsicht will hier nun nachhelfen.

Nachhaltigkeit: für manche nur ein Trend, für einige Schund und wieder für andere das Gelbe vom Ei – zumindest bei der Geldanlage, um mit ruhigem Gewissen vom Wirtschaftswachstum zu profitieren. Bei nachhaltigen Kapitalanlagen gibt es auch viele Richtlinien und Klassifizierungen, um einzustufen, wie nachhaltig die Investmentangebote tatsächlich sind. Manche davon sind strenger, andere weniger streng.

Und fraglich ist dann auch: Ist überall, wo ESG steht, auch ESG drin? Wer sich schon länger mit dem Thema befasst, wird die Antwort wahrscheinlich kennen. Eine Studie vom Analysehaus Morningstar, die in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt erstellt wurde, bestätigt diese Antwort nun in größerem Maße für Europa: Nein, reines ESG ist nicht überall drin – demnach gibt es an vielerlei Stelle das sogenannte „Greenwashing“.

Greenwashing an der Tagesordnung?

Die Zahlen aus der Morningstar-Untersuchung scheinen eine deutliche Sprache zu sprechen. In Europa haben Anleger über 525 Mrd. Euro in ESG-Fonds investiert. 60% aller Fonds sortieren sich in die Kategorie nachhaltige Geldanlage ein, so das Handelsblatt. Aber: Bei einem gehörigen Anteil jener Fonds sind auch Investments in Kohle-, Öl- oder Gas-Unternehmen vertreten. Der Auswertung zufolge hätten etwa 40% der rund 1.300 in Europa als „sauber“ deklarierten Fonds ihr Geld zum Jahreswechsel 2023/2024 in Firmen investiert, die CO2 produzieren. In Deutschland sind es sogar mehr: 46,6% der 693 angebotenen Fonds hätten fossile Investments getätigt.

Unter den betreffenden Unternehmen, in die Fondsgelder fließen, befinden sich u. a. RWE, die Ölkonzerne Conoco Phillips und OMV sowie Energiefirmen aus China und Russland.

Neue Regularien der ESMA

Derartiges Greenwashing ist seit jeher umstritten. Werden Anleger in die Irre geführt, wenn als nachhaltig gebrandete Anlageprodukte zu einem gewissen Prozentsatz dennoch in umweltschädliche Branchen investieren? Verbraucherschützer sagen „ja“. Doch bislang gab es lediglich von diesen den größten Gegenwind, nicht aber von den betreffenden Aufsichtsbehörden. Das könnte sich jedoch schon bald ändern.

Das Handelsblatt berichtet von einem Schreiben, das die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) an diverse Aufsichtsbehörden verschickt hat. Dieses zeige, dass die ESMA das Regelwerk zu nachhaltigen Kapitalanlagen verschärfen möchte. Begriffe wie „nachhaltig“, „sauber“ und „ESG“ soll demnach bei Fonds, die in CO2-intensive Industrien investiert sind, keine Verwendung mehr finden dürfen. Gelten sollen die Regeln ab der ersten Hälfte des Jahres 2025. Ein ESMA-Sprecher sagte dem Handelsblatt lediglich, dass Fonds mit einem nachhaltigen Begriff im Namen, die in fossile Brennstoffe investieren, ihre Verbraucher in die Irre führen würden.

Auswirkungen in Deutschland

In den Fonds von deutschen Anbietern erwarte das Handelsblatt, sofern die Pläne der ESMA in Kraft treten, einige Bewegungen. Bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) seien den Morningstar-Daten zufolge sechs Fonds betroffen, bei Union Investment elf und bei der Deka 13. Bei der DWS sind es gleich 22 Fonds, die als „sauber“ deklariert sind, aber zum Beispiel am amerikanischen Ölkonzern Schlumberger oder Exxon Mobile beteiligt sind. (mki)

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Zinswende im Fokus der Robo-Advisor

Das FinTech EVERGREEN hat zum dritten Mal eine Studie zur Performance von Robo-Advisors angefertigt. Diese konnten 2023 trotz schwieriger Bedingungen von den starken Aktienmärkten profitieren. Ein Schwerpunkt der Studie ist auch das Angebot an Zinsprodukten.

Das vergangene Jahr war von geopolitischen Verwerfungen, wirtschaftlichen Herausforderungen und kontinuierlich steigenden Leitzinsen gezeichnet, so leitet EVERGREEN seine Mitteilung zur neuen Studie „Asset-Management im Robo-Advisory“ ein. Denn diese Themen stehen im Fokus der Studie, die nun ihre dritte Auflage erhielt.

Während sich der Markt weiterhin konsolidiert – erkennbar u. a. am Rückzug des erst 2022 gestarteten Vanguard-Robo-Advisors – haben viele Anbieter ihre Produktpalette erweitert. Besonderes Augenmerk der Studie lag erstmals neben der Methodik im Asset-Management und den Gebühren auf den Produktinnovationen der Robo-Berater im Bereich der Zinsprodukte.

Kernpunkte der Studie

Die wichtigsten Erkenntnisse der EVERGREEN-Studie sind laut der Mitteilung des FinTechs sechs wesentliche Punkte:

  • Positive Performance trotz Marktschwierigkeiten: Deutsche Robo-Advisor wiesen laut EVERGREEN analog zum weltweiten Aktienmarkt trotz der anhaltend hohen geopolitischen Unruhen und einem herausfordernden Wirtschaftsklima eine bemerkenswert positive Performance im Jahr 2023 auf.
  • Zinswende als Chance und Herausforderung: Während einige Anbieter wie Vanguard und DKB sich aus dem Markt zurückzogen, haben andere durch die Integration von Zinsprodukten ihre Geschäftsmodelle erfolgreich diversifiziert und neue Kundengruppen angesprochen.
  • Knapp die Hälfte bietet Zinsprodukte an: Von den 25 untersuchten Robo-Advisor bieten zwölf ein Zinsprodukt an, davon vermitteln acht Anbieter klassische Tagesgelder und vier nutzen Geldmarktfonds (oder Fonds-Mischprodukte) als Vehikel.
  • Abhängig oder unabhängig ist keine Frage: Die Analyse zeigt, dass bankunabhängige Robo-Advisor ohne direkten Zugang zu Einlagenkonten bei der EZB auf innovative Kooperationen und Strukturen setzen müssen, um Zinsprodukte anbieten zu können.
  • Veränderung des Anlegerverhaltens: Ein auffälliger Trend ist EVERGREEN zufolge die Verschiebung im Suchverhalten der potenziellen Nutzer. Seit der Zinswende ist ein gestiegenes Interesse an Zinsen und ein Rückgang bei den Suchbegriffen für Geldanlage und Robo-Advisor festzustellen. Dies könnte auf ein wachsendes Bewusstsein für die Vorteile von Zinsprodukten im aktuellen Wirtschaftsumfeld hinweisen.
  • Bedeutung von Transparenz und Risikoaufklärung: Die Studie betont die Notwendigkeit einer klaren Kommunikation über die tatsächlichen Risiken und Kosten der angebotenen Zinsprodukte. Robo-Advisor, die in dieser Hinsicht punkten, gewinnen an Vertrauen bei den Anlegern.
Die Trends

Die Studie geht auch auf absehbare Trends für Robo-Advisor ein. Einer davon werde laut EVERGREEN die zunehmende Konkurrenz durch Neobanken sein. Der kürzlich erfolgte Launch des Revolut Robo-Advisors markiere dabei nur den Anfang einer Reihe von Anbietern, die ähnliche Dienstleistungen einführen. Trading habe sich mittlerweile als ein unverzichtbares Feature für Neobanken etabliert. Mit eigener Banklizenz, digitaler Plattform und Zugang zu einer breiten Kundenbasis, von denen nicht alle aktiv handeln, biete die digitale Vermögensverwaltung vielen Neobanken eine attraktive Möglichkeit, Banking-Kunden zu Investment-Kunden zu machen. Auch Trade Republic, die durch das Trading-Feature im Markt bekannt wurden und mit ihrer Banklizenz nun verstärkt ins Bankengeschäft einsteigen möchten, sei ein potenzieller Kandidat für einen ETF-basierten Robo-Advisor.

Auch bestehe Unsicherheit bezüglich künftiger Zinssenkungen der Zentralbanken. Deutsche Robo-Advisor könnten asymmetrisch negativ von den bevorstehenden Zinssenkungen betroffen sein. Einerseits sei zu erwarten, dass das in Zinsprodukten angelegte Vermögen sinken wird. Andererseits sei es keineswegs gewiss, dass die Anlagen in risikoreichere Produkte entsprechend zunehmen werden. Ein Ausweg könnte die rechtzeitige Anpassung der Asset-Allokationen hin zu Anleihenfonds mit längerer Laufzeit sein, die von Zinssenkungen profitieren könnten. Die Diversifikation über Asset-Klassen werde an Bedeutung zunehmen.

Weiterhin sei der Fokus auf vermögende Privatpersonen verstärkt erkennbar, die von einer Kombination aus digitaler und persönlicher Beratung profitieren. Zudem dürfte die Neuregelung der ELTIF-Richtlinie Produktinnovationen fördern und den Einsatz von alternativen Anlageformen im Bereich des Robo-Advisory verstärken. (mki)

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