<p class="frage"><b>Herr von Neubeck, mit Kunst und Investment treffen auf den ersten Blick zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander: auf der einen Seite etwas Elitäres und auf der anderen Seite die nüchterne Suche nach Rendite. Ist das auch tatsächlich so?</b></p>
<p>Natürlich sind für die Kunst Käufer sehr wichtig, die aus einer rein dekorativen Motivation heraus Werke erwerben. Sie haben damit einen enormen Anteil am Überleben von Galerien und deren angeschlossenen Künstlern. Darüber hinaus gibt es eine zunehmende Zahl von Käufern, die die Erwartung einer Wert­steigerung an ihre Kaufentscheidung knüpfen. Dadurch wird Kunst oft als Spekulationsgut für Superreiche wahrgenommen. Das ist jedoch falsch. Kunst als Sachwert ist auch für eine breitere Öffentlichkeit interessant – wenn man einige Punkte beachtet.</p>
<p class="frage"><b>Welche zum Beispiel?</b></p>
<p>Der Markt ist immer in Bewegung. In den letzten Jahren ging der Trend hin zu „Contemporary“, also zur zeitgenössischen Kunst, während beispielsweise Alte Meister deutlich weniger nach­gefragt wurden. Trends führen zu stark steigenden Preisen, von denen wir nicht sicher sagen können, ob sie nachhaltig sind. Oder deutlicher formuliert: So mancher Käufer wird seinen Einkaufspreis beim Verkauf nicht mehr realisieren können. Streuung ist deswegen wichtig – das ist keine neue Botschaft, sondern kennen wir auch von allen anderen Investitionsformen. Als Einstiegsinvestment eignet sich deswegen eine Kunstrichtung wie die Fotografie.</p>
<p class="frage"><b>Warum?</b></p>
<p>Weil sie bezahlbar ist. Das Preisniveau ist schlichtweg ein anderes. Sie bekommen fotografische Werke von international anerkannten Fotografen für vier- bis fünfstellige Summen. Das heißt, in Relation zu anderen Kunstrichtungen können Sie mit relativ überschaubaren Beträgen ein Portfolio aufbauen.</p>
<p class="frage"><b>Was zeichnet Fotografien aus Investorensicht noch aus?</b></p>
<p>Die kaufmännische Bewertbarkeit. Auch Schlüsselwerke eines Künstlers gibt es häufig mehr als einmal. Durch das erweiterte Angebot ist leichter prüfbar, welchen Preis der Markt tatsächlich zu bezahlen bereit war. Das ist ein Vorteil gegenüber Unikaten aus anderen Kunstrichtungen. Galeristen und Künstler kanalisieren ihre Motive deswegen teilweise auch in Editionen, legen also ein Motiv etwa zehnmal auf und geben es in den Markt. Damit ist fotografische Kunst zwar noch längst nicht so vergleichbar wie Aktien oder Anleihen – das wird sie nie sein – aber ich habe Parameter, an denen ich mich als Investor orientieren kann.</p>
<p class="frage"><b>Besteht in dieser Duplizierbarkeit nicht eine große Gefahr? </b></p>
<p>Es liegt in der Verantwortung des Galeristen und seines Künstlers, bei der Auflage eines Motivs von Beginn an zu kommunizieren, ob es sich um eine sogenannte „Open Edition“ handelt – also auf Nachfrage jederzeit ein Nachdruck möglich ist. Oder aber, ob man sich am Editionswesen orientiert, eine Begrenzung festlegt und damit über die Verknappung arbeitet. Hinzu kommen Vintage-Prints, also Abzüge, die der Künstler in zeitlicher Nähe zur entstandenen Aufnahme selber abgezogen hat. Die Bandbreite ist recht groß und man kann je nach persönlichem Empfinden entscheiden.</p>
<p class="frage"><b>Ein wichtiger Punkt bei Kunstinvest</b><b>ments ist sicherlich die Expertise bei der </b><b>Einschätzung der einzelnen Werke. Wer schätzt bei Ihnen die Kunst ein?</b></p>
<p>Rückblickend war der Aufbau eines exzellenten Netzwerks unsere größte Aufgabe. Wir arbeiten mit Galeristen, Kuratoren und Händlern zusammen, die auf drei Kontinenten agieren: Amerika, Asien und Europa. Insofern entwickelt sich ein Kauf über mehrere Stationen mit mehreren Beteiligten. Für uns wesentlich ist: Wer ist die anbietende Quelle? Es werden Marktdaten geprüft und analysiert, Preise werden verifiziert. Bei bestandener Prüfung kaufen wir. Übrigens spielen dabei auch unsere Ansprechpartner bei den Versicherungen in Form von Kunstsachverständigen eine wichtige Rolle.</p>
<p class="frage"><b>Wie wichtig ist daneben der kaufmännische Hintergrund?</b></p>
<p>Dieser ist sehr wichtig, denn wir vermarkten Kunst ja eben nicht aus dem rein dekorativen Charakter heraus. Unsere Käufer möchten im Rahmen einer breiten Streuung ihrer Anlagen Kapital in Kunst sichern. Da verbieten sich Experimente. Solidität ist entscheidend. Wir orientieren uns an der Finanzbranche, ohne aber Finanzinstitut zu sein. Wir sind ein Kunsthandelshaus. Hinzu kommen erweiterte Dienstleistungen. Kunst eignet sich zum Beispiel sehr gut zur steuerlichen Verschonung von Vermögen – ein sehr spannendes Thema. Wir kooperieren bei diesen steuerrechtlichen Fragen mit einer der führenden Sozietäten in Deutschland.</p>
<p class="frage"><b>Welche Gemeinsamkeiten gibt es </b><b> zwischen Kunst und klassischen Investments?</b></p>
<p>Eine Kunstsammlung und ein Investmentdepot sind sich im Grunde sehr ähnlich: Man sollte streuen in Regionen, Branchen etc. Junge Unternehmen bzw. Künstler sind vergleichsweise spekulativ. Bei Blue Chips herrscht dagegen eine höhere Sicherheit, aber auch begrenzteres Potenzial. Genauso sind weltweit etablierte Künstler konservativere Investments als Nachwuchskünstler.</p>
<p class="frage"><b>Ab welcher Summe ist es sinnvoll, in Kunst zu investieren?</b></p>
<p>Ein Krügerrand kostet im Moment 1.200 Euro. Bekomme ich dafür internationale Fotografie? Ja. Insofern ist die Frage schwer zu beantworten. Wir bieten unsererseits diversifizierte Portfolios ab 15.000 Euro an. Nach oben sind die Grenzen natürlich offen. Die Größenordnung ist also nicht entscheidend, sondern vielmehr, welchen prozentualen Teil meines Vermögens ich in Kunst investieren möchte. Eine Studie von Deloitte und Arttactic hat 2016 ermittelt, dass 78% der Vermögensverwalter Services mit Kunstbezug in ihr Portfolio aufnehmen möchten. Das hat uns überrascht und gefreut zugleich. Tatsächlich ist dieser Trend zur wachsenden Nachfrage auch für uns spürbar.</p>
<p class="frage"><b>Bekomme ich die Werke in den eigenen </b><b>Keller geliefert oder lagern sie bei Ihnen?</b></p>
<p>Weder noch. Die Kunst liegt zumeist in einem Zollfreilager nahe Zürich, ist dort versichert und bestens gelagert – ein Sachwert eben. Das Eigentum liegt bei den Kunden, wir kümmern uns um die Verwaltung. Ein Teil davon ist die Organisation von Ausstellungen. Die Kunst soll leben und deswegen veranstalten wir mit Zustimmung unserer Kunden regelmäßig Ausstellungen mit deren Werken. Freilich ist aber auch die Lieferung nach Hause möglich.</p>
<p class="frage"><b>Welche Kosten werden im Allgemeinen fällig?</b></p>
<p>Wir verkaufen zum Marktpreis, ein Agio oder Ähnliches gibt es also nicht. Gemeinhin betragen die laufenden Kosten im Zollfreilager für Lagerung, Versicherung und Management 1,5% p. a. Beim Verkauf der Werke muss man gegenüber dem dann gültigen Marktpreis mit einem Abschlag von ca. 15% rechnen. Deswegen muss die Strategie auch längerfristig sein, damit die Kunst ihre Kraft entfalten kann. Und das tut sie.</p>
<p class="frage"><b>Sind Ihre Kunden ähnlich kaufmännisch geprägt wie Sie?</b></p>
<p>Klares Ja. Zunächst kommt das Interesse durch den Bedarf an Kapitalsicherung. Wir merken aber, dass die „emotionale Rendite“ auch sehr wichtig ist. Die entwickelt sich, je länger man mit Kunst zu tun hat. Wir haben diese wachsende Begeisterung bei Investoren schon oft beobachtet – insgesamt eine sehr schöne Entwicklung und im Sinne der Kunst.</p>
<p class="frage"><b>Für Anleger zählt letztlich aber vor allem die Rendite. Welche Renditen sind mit Fotografien realistisch?</b></p>
<p>Unsere Kunden möchten den Wert ihres Kapitals erhalten – das gelingt ohne große Probleme. Allerdings wächst Kunst natürlich nicht jedes Jahr kontinuierlich. Es gibt Seitwärts­bewegungen und dann kommt ein Preissprung. Und natürlich erleben wir immer wieder Momente, in denen wir auf die Zahlen schauen und uns freudig die Augen reiben.</p>
<p class="frage"><b>Wie sieht ein langfristiger Investmentcase zum Beispiel aus?</b></p>
<p>Ich darf Ihnen ein konkretes Beispiel aus der Fotografie nennen. 2015 hat das wichtige Museum of Modern Art (MoMA) in New York eine große Werkserie von August Sander (1876–1964) gekauft, einem der wichtigsten Fotografen der Geschichte. Wir hatten zudem gewisse Informationen, dass es im MoMA 2016 zu einer wissenschaftlichen Würdigung von Sander kommt. Wir wussten außerdem, dass seine Vertretung ab 2017 um eine weltweit bedeutende Galerie erweitert werden sollte. Was machen Sie in so einem Moment? Sie kaufen für sich und ihre Kunden, erfreuen sich und halten langfristig daran fest. (mh)</p>
<p>Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2017, Seite 52 f.</p>
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