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„Nachhaltige“ Fonds sind in Energiekrise CO2-lastiger geworden

Das Marktumfeld hat sich in den letzten Jahren immer wieder schlagartig verändert. Eine Studie der Finanzwende Recherche gGmbH zeigt nun, dass als nachhaltig eingestufte Fonds in der Energiekrise mehr Aktien fossiler Energieunternehmen gekauft haben.

Seit Februar 2022, als der russische Angriffskrieg auf die Ukraine startete, sind die Aktienkurse bei klimaschädlichen Ölkonzernen „durch die Decke gegangen“, wie die Finanzwende Recherche gGmbH in einer Mitteilung zu ihrer neuen Studie schreibt. In der Studie geht es um Investitionen, die nachhaltig eingestufte Fonds in fossile Energien getätigt haben – eben in Zeiten der Energiekrise, in der Energie alles andere als billig zu erlangen war und ist.

Als grün beworbene Investmentfonds seien dadurch und außerdem aufgrund der abgeschwächten Aktien der großen Gewinner in Corona-Zeiten (z. B. Google und Apple) in „eine Zwickmühle“ geraten. Und genau diese emissionsarmen Tech-Konzerne sorgten in den letzten Jahren für das gute Abschneiden der nachhaltigen Fonds.

Studie zu Investitionen nachhaltiger Fonds in der Energiekrise

Finanzwende hat die Portfolio-Bewegungen von mehr als 2.400 in Europa erhältlichen und als nachhaltig beworbenen Fonds zwischen Ende Dezember 2021 und Ende März 2022 ausgewertet. Mit Datenpunkten bis Dezember 2022 wurde weiter überprüft, ob es sich nur um eine sehr kurzfristige Entwicklung handelte.

Das Ergebnis der Studie sei kein Gutes, so Finanzwende. Denn als nachhaltig beworbene Fonds hätten in Reaktion auf die veränderte Marktsituation Aktien fossiler Unternehmen zugekauft und seien insgesamt CO2-lastiger geworden.

Weniger Investitionen in Tech, mehr in Energie

Zwischen Ende Dezember 2023 und Ende März 2022 kaufen viele als nachhaltig klassifizierte Fonds Aktien aus der Energiebranche. Die größten Abflüsse von Investments betrafen Aktien aus den Bereichen Technologie und Finanzen. Die Zukäufe im Bereich Energie seien vor allem der fossilen Branche zugutegekommen, nämlich 940 Mio. US-Dollar. Zum Vergleich: Die Investitionen in Aktien von Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien fielen mit 138 Mio. US-Dollar deutlich geringer aus.

„Nachhaltige“ Fonds sind in Energiekrise CO2-lastiger geworden

Im Laufe des Jahres 2022 hätte sich die Verschiebung in Richtung fossile Energien fortgesetzt, so Finanzwende. Schon Ende Dezember 2021, also noch vor Eskalation des Krieges im Februar, sei der Anteil fossiler Energien am Gesamtportfolio der untersuchten Fonds dreimal so groß gewesen wie der von Erneuerbaren. Dennoch sei er bis Ende Dezember 2022 sogar auf das Zehnfache der erneuerbaren Investments angestiegen.

Kritik am „Greenwashing“

Finanzwende sieht derartige Investitionen sehr kritisch und sieht in der Klassifizierung der entsprechenden Fonds eine schwere Form des Greenwashings. Noch immer würden viele insbesondere große Energiekonzerne im Bereich der fossilen Energiequellen expandieren, was mit dem Pariser Klimaabkommen unvereinbar sei. Dass die neue geopolitische Situation ein Abweichen von bisherigen Anlagestrategien unausweichlich mache, will Finanzwende nicht gelten lassen, denn „niemand zwingt Fondsgesellschaften, diese Investitionen als ‚grün‘ oder ‚nachhaltig‘ zu klassifizieren“.

Insgesamt habe das Greenwashing vermeintlich nachhaltiger Fonds in Reaktion auf Tech-Flaute , Ukrainekrieg und Energiekrise zugenommen. Die untersuchten Aktienportfolios seien zwischen Ende Dezember 2021 und Ende März 2022 um 7,9% CO2-intensiver geworden. (mki)

Weitere Informationen zu der Studie gibt es hier.

Bild: © Franco Tognarini – stock.adobe.com; Grafik: © Finanzwende Recherche gGmbH

 

Infrastrukturanlagen als „Inflation-Hedge“

Der Nachholbedarf bei der Infrastruktur ist groß. Brücken, Straßen, Bahnstrecken, Netze – die Liste könnte den gesamten Beitrag füllen. Fakt ist: Viele Staaten erhöhen ihre Ausgaben massiv. Das treibt das Wachstum der Vermögensbasis von Infrastrukturunternehmen an. Welche Chancen bieten sich hier für Anleger?

<h5>Ein Artikel von Peter Gorynski, Director Sales Retail für Deutschland bei Franklin Templeton</h5><p>Totgesagte leben länger – die Inflation und drastisch steigende Rohstoffpreise haben sich mit Wucht zurückgemeldet. Die gute Nachricht für Anleger gleich vorweg: Infrastruktur ist gegen erhöhte Inflation nur wenig anfällig. Doch woher kommt diese „Teflon-­Beschichtung“ des Segments? </p><p>Was für die einen ein Fluch ist, ist für die anderen ein Segen. Während viele Unternehmen steigende Preise nicht ohne Auswirkung auf die Nachfrage weitergeben können (Nachfrageelastizität), werden Grunddienstleistungen unabhängig von der Konjunktur oder einer Rezession nachgefragt – und dies selbst bei steigenden Preisen. So ist unser Verbrauch von Wasser, Strom und Wärmeenergie relativ konstant, anders als bei Luxuskonsumgütern, beim Urlaub oder bei anderen verzichtbaren Produkten und Dienstleistungen. Hier hängt die Nachfrage stark von der Stimmung der Konsumenten ab, und die steht natürlich in Zusammenhang mit der Konjunktur.</p><p>Und ein zweiter Grund, weshalb die Anlageklasse ein guter Infla­tionsschutz ist: Bei vom Nutzer bezahlten Anlagen gibt es meist langfristige Verträge und wenig Mengenrisiko. Die Preise sind vertraglich festgelegt, doch oft können sie an kurzfristige Inflationsbewegungen angepasst werden, ganz oder zumindest teilweise.</p><h5>Energiesicherheit erfordert neue Infrastrukturprojekte</h5><p>Franklin Templeton ist der Ansicht, dass Infrastrukturanlagen 2023 von mehreren makroökonomischen Faktoren profitieren werden. Erstens ist die Sicherheit der Energieversorgung weltweit derzeit der vorrangige Faktor bei politischen Entscheidungen. Um diese Sicherheit zu erreichen, müssen umfangreiche Infrastrukturprojekte umgesetzt werden. Die hohen Gaspreise und die Versorgungsengpässe durch den Angriffskrieg Russlands haben die Bedeutung von Energie­sicherheit und Energieinvestitionen aufgezeigt. Das begünstigt die Energieinfrastruktur, insbesondere in Europa, wo zusätzliche Kapazität erforderlich ist, um die russischen Öl- und Gaslieferungen zu ersetzen, sowie in den USA, wo – teilweise zur Deckung der zusätzlichen Nachfrage aus Europa – neue Vorkommen erschlossen werden.</p><h5>Verkehr und Kommunikation profitieren ebenfalls</h5><p>Auch im Verkehrsbereich steigt die Nachfrage nach neuer Infrastruktur. Grund dafür sind die sich ändernden Handelsrouten und Anpassungen der Lieferketten. Diese werden vorgenommen, um die Produktion wieder ins nähere Umfeld zu holen, sei es durch ihre Verlagerung ins Inland oder in die Region. Die Flughäfen haben immer noch Schwierigkeiten, an die Fluggastzahlen aus der Zeit vor der Pandemie anzuschließen, und dürften durch eine globale Rezession im Jahr 2023 einen weiteren Dämpfer erhalten. Außerdem zeigen die langfristigen Trends etwa für Geschäftsreisen, dass die Branche vor Herausforderungen steht. Im Bereich Kommunikationsinfrastruktur wird das 5G-Netz weiter ausgebaut, die 6G-Technologie entwickelt und daran gearbeitet, die Netzwerklatenz zu reduzieren. Dazu werden erhebliche Investitionen in Mobilfunkmasten-Unternehmen getätigt, in der Regel im Rahmen langfristiger inflations­gebundener Verträge. </p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Inflation Reduction Act bringt Rückenwind für Energieversorger & Co.--><h5>Inflation Reduction Act bringt Rückenwind für Energieversorger & Co.</h5><p>Werfen wir nun einen Blick auf die US-Haushaltspolitik: Der Inflation Reduction Act (IRA), der im August 2022 verabschiedet wurde, ist eine der bedeutendsten Errungenschaften der Klimagesetzgebung in der Geschichte der USA. Das Gesetzespaket wird Franklin Templeton zufolge ganze Branchen grundlegend verändern, insbesondere den Versorgungssektor und den Bereich erneuerbare Energien. Angesichts der zunehmend drängender werdenden Elektri­fizierung – mit mehr Ladeinfrastruktur für Elektroautos und mehr Solaranlagen auf den Dächern von Wohnhäusern und kleineren Gewerbeimmobilien – sind neue Umspannwerke, neue Transformatoren und verbesserte Leitungen für die Verteilnetze erforderlich. Dies hat sich bereits in den Investitionsplänen der Versorger für 2023 niedergeschlagen, ebenso wie in den Auftragsbüchern von Unternehmen, die an der Energiewende beteiligt sind. Unternehmen, deren Wachstumsprofil sich dadurch verbessert, sind zum Beispiel Anbieter von erneuerbaren Energieträgern, Energiespeichern und Bauteilen.</p><p>Eine wichtige makroökonomische Botschaft des IRA lautet: Alles spricht dafür, von nun an nur noch erneuerbare Energien auszubauen. Der Hauptgrund? Steuervorteile. Steuervergünstigungen für die Produktion von Solar- und Windenergieanlagen können bis 2032 oder bis zum Erreichen einer 75-prozentigen Verringerung der Treibhaus­gase – auf Grundlage der Zahlen von 2022 – angenommen werden. In jedem Fall ergibt sich daraus ein Rückenwind für Investitionen, der noch weit über ein Jahrzehnt anhalten wird. </p><p>US-Präsident Joe Biden will die Emissionen in den USA bis 2030 um 50% senken. Bis 2050 soll etwa die Hälfte des US-Stroms aus Solaranlagen stammen. Bis 2030 müssen fast 320 Mrd. US-Dollar in die Infrastruktur der Stromübertragung investiert werden, um die Nettoemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren. Der dringende Bedarf an Infrastrukturausgaben bildet die Grundlage für das Wachstum im nächsten Jahrzehnt und darüber hinaus, und die ersten Schritte zum Erreichen dieser langfristigen Ziele werden jetzt unternommen.</p><h5>Infrastrukturunternehmen bieten Diversifikationsvorteile</h5><p>Die Marktunsicherheiten sind groß, aber Anleger sollten dennoch der Börse nicht den Rücken kehren, sondern bei Unternehmen, in die sie investieren, auf hohe Verlässlichkeit und Widerstandsfähigkeit der Einnahmen, Cashflows und Dividenden achten. Gelistete Infrastrukturunternehmen bieten einen „Inflation-Hedge“, da steigende Preise zu steigenden Erträgen führen können. Sie sind konjunkturunabhängiger als Unternehmen aus anderen Sektoren und, da es sich um notwendige Dienstleistungen handelt, auch in Krisenzeiten nachgefragt. Nicht zuletzt bieten Infrastrukturunternehmen Diversifikationsvorteile im Portfolio. Sie sind handfeste Vermögenswerte, die aufgrund der immensen Fördertöpfe von Regierungen über einen sehr langen Zeitraum sehr viel Geld verdienen werden.</p><p>Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2023, S. 46 f., und in unserem <a href="https://epaper.asscompact.de/de/profiles/53e4066999da-asscompact/editio…; target="_blank" >ePaper</a>.</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © Artinun – stock.adobe.com</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/A4E71E33-9C31-4706-B7D7-F9D56C286C71"></div>

 
Ein Artikel von
Peter Gorynski

Finanzwissen um Kosten bei Geldanlage „unterirdisch“

Beim Thema Geldanlage wissen deutsche Sparer kaum etwas über vermeidbare Kosten, wie eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung zeigt. Demnach würden deutsche Sparer bei der Geldanlage „Milliarden“ verschenken.

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), eines der größten Marktforschungsinstitute der Branche, hat im Auftrag des Finanzdienstleisters Rentablo eine repräsentative Studie zum Wissensstand deutscher Sparer über anfallende Kosten bei der Geldanlage durchgeführt. Befragt wurden Ende Januar 2023 1.003 Personen zwischen 18 und 74 Jahren, die rund 60 Millionen Bundesbürger in dieser Altersspanne repräsentieren.

Die Studienergebnisse zeigen, dass die Kenntnisse deutscher Sparer beim Thema Anlagekosten sehr zu wünschen übrig lassen – und sie sich dementsprechend einiges an Geld sparen könnten.

Schon Unkenntnis bei Zusatzkosten eines Girokontos

Zwar kennen 86% der Befragten noch die monatlichen Kosten ihres Girokontos. Doch es herrscht offenbar schon Unkenntnis bei den sonstigen Gebühren eines Girokontos, z. B. für Barabhebungen oder den SMS-Versand beim Online-Banking. Dort gaben laut Gfk nur noch 28% an, die Kosten in etwa zu kennen. Die laufenden Kosten einer eigenen Immobilie waren laut Umfrage ebenfalls noch etwa jedem Vierten (26,8%) vertraut, die einmaligen Kosten beim Immobilienkauf jedem Fünften (20,5%).

Beim Wertpapierdepot allerdings geht das Wissen deutlich runter: Die laufenden Gebühren kannten 15,6%, die Transaktionskosten etwa beim Aktienkauf nur noch 13,4%. Die Abschlusskosten eines Bausparvertrags kann etwa jeder Zehnte einordnen (11,2%).

Lebensversicherungen und Investmentfonds sind die großen Unbekannten

Ansonsten sei das Finanzwissen rund um die Kosten der Geldanlage, wie es Rentablo in seiner Mitteilung zur Untersuchung schreibt, „geradezu unterirdisch“. Die Abschlussprovisionen von Lebensversicherungen (7,2%) und Rentenversicherungen (6,2%) kenne nach eigener Einschätzung nicht einmal jeder Zehnte – und das, obwohl statistisch jeder Bundesbürger mindestens eine Lebens- oder Rentenversicherung habe.

Finanzwissen um Kosten bei Geldanlage „unterirdisch“

Bei der Kenntnis von Abschlussprovisionen (9,1%) und Bestandsprovisionen (7,6%) für Investmentfonds sieht es der Studie zufolge kaum besser aus. Laut Studieninitiator André Rabenstein von Rentablo könnten Fondssparer diese Kosten besonders einfach vermeiden und so ihre Rendite verbessern. Bei einem guten Fondsdiscounter könne man 100% Rabatt auf die Abschlussprovisionen bekommen und einen guten Teil der Bestandsprovisionen erstattet bekommen. Dies sei auch bei bereits gekauften Fondsanteilen möglich.

Bestandsprovision Fonds: 6 Mrd. Euro jedes Jahr

Derzeit haben die Privatanleger in Deutschland rund 1 Bio. Euro in gemanagten Fonds angelegt, meldet Rentablo. Der überwiegende Teil davon liege in Aktien- und Mischfonds. Bei einer durchschnittlichen Bestandsprovision von 0,56% ergebe dies rund 6 Mrd. Euro, die aktuell Jahr für Jahr an klassische Fondsvermittler wie Banken und Sparkassen fließen würden. Durch einmalige Abschlusskosten bei Fonds kommen pro Jahr laut Rentablo mindestens weitere 3 Mrd. Euro Kosten hinzu, die sich via Fondsdiscounter vermeiden lassen.

Nennenswert ist, dass bei Jüngeren (bis 29 Jahren) die Kenntnis der Fondskosten laut Befragung einige Prozentpunkte höher ist (11,5% und 12,3%).

Männer nach eigener Einschätzung besser informiert

Generell seien laut GfK-Studie Männer besser informiert – allerdings „nur“ nach ihrer eigenen Einschätzung. Selbstständige und Personen mit höherem Nettoeinkommen (ab 3.000 Euro im Monat) erklärten ebenfalls überdurchschnittlich oft, die Kosten der Finanzprodukte zu kennen.

Dass Frauen bei den Kosten unsicherer sind, ziehe sich durch die gesamte Studie, so Rabenstein. Der Grund hierfür könnte allerdings auch darin liegen, dass Frauen ihre eigenen Kenntnisse vorsichtiger einschätzen. Er rät zu mehr Finanzbildung. Wenn man sparen möchte, sollte man schon bei den Kosten der Geldanlage damit beginnen. Denn: „Ein gesparter Kosten-Euro ist genauso viel wert wie ein Rendite-Euro“, sagt der Rentablo-CEO. (mki)

Bild: © ra2 studio – stock.adobe.com

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Union Investment zieht Bilanz zum Geschäftsjahr 2022

Trotz des schwierigen Marktumfelds hat die Fondsgesellschaft Union Investment das Geschäftsjahr 2022 nach eigener Aussage „gut gemeistert“. Insgesamt habe man zwar nicht an das Erfolgsjahr 2021 anknüpfen können, die Umsatzzahlen lagen aber durchgehend über denen von 2020.

<p>Die Frankfurter Fondsgesellschaft Union Investment informiert in einer Unternehmensmeldung über ihr Geschäftsjahr 2022. Vor allem sei dies durch die rasche Zinswende aufgrund der hohen Inflation gekennzeichnet gewesen. Das Unternehmen habe das Jahr aber trotz des schwierigen Marktumfelds „gut gemeistert“. Der Nettoabsatz konnte zwar keineswegs an das Ausnahmejahr 2021 (damals betrug der Nettoabsatz 40,5 Mrd. Euro) anknüpfen, lag mit 17,5 Mrd. Euro jedoch über dem des Jahres 2020, als die Pandemie ausbrach (15,1 Mrd. Euro).</p><p>Das verwaltete Vermögen belief sich Ende letzten Jahres auf 413,1 Mrd. Euro (2021: 454,1 Mrd. Euro; 2020: 385,9 Mrd. Euro), während das Ergebnis vor Steuern mit 694 Mio. Euro das zweitbeste in der Unternehmensgeschichte ist, so Union Investment. Besser lief lediglich 2021 mit 1,235 Mrd. Euro. Laut dem Vorstandsvorsitzenden Hans Joachim Reinke konnte man deutliche Zuflüsse und ein „robustes Neugeschäft“ verbuchen.</p><h5>Sparer gewöhnen sich an Krisen?</h5><p>Das Neugeschäft mit Privatkunden habe 2022 mit 10,7 Mrd. Euro (2021: 19,7 Mrd. Euro; 2020: 8,8 Mrd. Euro) den „Löwenanteil“ zum Absatz beigetragen, heißt es von Union Investment. Dies war zugleich der zweithöchste Nettozufluss im Privatkundengeschäft in der Unternehmensgeschichte. Der verwaltete Bestand privater Gelder belief sich auf 190,3 Mrd. Euro (2021: 209,0 Mrd. Euro; 2020: 173,8 Mrd. Euro).</p><p>„Unsere Wahrnehmung ist, dass private Anleger mit jeder Krise besonnener und resilienter werden“, kommentiert Reinke die Entwicklungen im Anlegergeschäft mit privaten Fondskunden. Die Zahl dieser konnte im letzten Jahr um 100.000 auf 5,8 Millionen ausgebaut werden.</p><h5>Hier wurde das meiste Geld angelegt</h5><p>Im Mittelpunkt des Anlegerinteresses standen erneut Substanzwerte. So flossen Aktienfonds 6,7 Mrd. Euro netto zu – 0,3 Mrd. Euro weniger als im Vorjahr, aber 2,9 Mrd. Euro mehr als 2020. Mischfonds verbuchten ein Neugeschäft von 2,6 Mrd. Euro (2021: 10,5 Mrd. Euro; 2020: 4,1 Mrd. Euro), und in Offene Immobilienfonds wurden 1,9 Mrd. Euro investiert – ein Minus von 0,3 Mrd. Euro zu 2021 bzw. 0,2 Mrd. Euro zu 2020. Während sich bei Rentenfonds Zu- und Abflüsse die Waage hielten, flossen aus Geldmarktfonds und wertgesicherten Produkten Mittel ab.</p><p>Stark nachgefragt wurden weiterhin nachhaltige Produkte. Allein im Privatkundengeschäft floss auch 2022 mehr als jeder zweite neu angelegte Euro in Fondslösungen nach Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung. Die Bestände in diesen Produkten beliefen der Mitteilung von Union Investment zufolge auf 122,3 Mrd. Euro.</p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Sparpläne bleiben beliebt--><h5>Sparpläne bleiben beliebt</h5><p>„Tragende Säule“ des Neugeschäfts sind einmal mehr die klassischen Fondssparpläne. So wuchsen die Zuflüsse aus regelmäßigen Zahlungen im Jahr 2022 auf 7,8 Mrd. Euro an. Hier lag der Wert sogar höher als 2021 (7,1 Mrd. Euro). 2020 waren es 5,6 Mrd. Euro. Mit den klassischen Sparplänen, den Riester-Sparplänen und dem VL-Sparen verwaltet Union Investment insgesamt 6,4 Millionen Fondssparpläne, 0,1 Millionen mehr als 2021 und 0,7 Millionen mehr als 2020.</p><h5>Neugeschäft bei institutionellen Kunden stieg im Lauf des Jahres an</h5><p>Bei rentenlastigen Portfolios institutioneller Kunden führte die Zinswende zu einem großen Handlungsbedarf, so Union Investment. Die höheren Zinsen belasteten zum einen die bilanziellen Bewertungen und die Risikobudgets. Außerdem benötigten einzelne Unternehmen krisenbedingt Liquidität und lösten dafür Positionen insbesondere im ersten Halbjahr 2022 auf. Ab der zweiten Jahreshälfte aber ging das Neugeschäft „spürbar“ nach oben. So investierten institutionelle Kunden hauptsächlich im Zuge der Zinswende wieder in Rentenwerte oder setzten auf Alternative Investments sowie Immobilien, um ihre Portfolios breiter aufzustellen. Insgesamt habe der Nettoabsatz mit institutionellen Kunden 2022 bei 6,8 Mrd. Euro gelegen. 2021 waren es satte 20,8 Mrd. Euro und 2020 6,3 Mrd. Euro. Der Bestand an institutionellen Geldern betrug zum Jahresende 222,8 Mrd. Euro (2021: 245,1 Mrd. Euro; 2020: 212,1 Mrd. Euro).</p><p>Alles in Allem werde der Kundenbedarf institutioneller Anleger immer individueller, erläutert Reinke. Ein Beleg dafür sei das unverändert starke Interesse an Spezialfonds. Dort seien in den vergangenen zwölf Monaten netto 12,7 Mrd. Euro an neuen Geldern zugeflossen. Aus institutionellen Publikumsfonds seien dagegen 5,0 Mrd. Euro abgezogen worden. (mki)</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © Union Investment</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/CC1DFDC8-6DCE-4550-A4BE-80C4A17C9D38"></div>

 

Robert Halver: „Das Strohfeuer geht naturgemäß nicht so weiter“

Der Deutsche Aktienindex hat zum Anfang des Jahres nur so vor Energie gestrotzt. Gerade am europäischen Aktienmarkt gab es einen frischen Aufwind – trotz der wiederholten Leitzinserhöhungen. AssCompact hat sich bei Robert Halver, Marktanalyst bei der Baader Bank, zur aktuellen Lage an der Börse erkundigt.

Interview mit Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG
Herr Halver, ganz simpel gefragt: Der DAX boomt derzeit. In den ersten zwei Januarwochen hatte er seinen besten Jahresstart der Geschichte. Woran liegt’s?

Wir haben es mit massiven Nachholeffekten zu tun. 2022 war noch tiefe Trauer angesagt. Aber mit der Wiederöffnung von China als systemrelevant für die Weltwirtschaft bekommen deutsche konjunkturabhängige Aktien wieder Wind unter ihre Flügel. Und die Marktkapitalisierung lag ja bei vielen Titeln sogar in der Nähe der Substanzbewertung. Insbesondere US-Anleger haben sich auf unsere Industrieperlen gestürzt.

Wird der Aufwind am deutschen Aktienmarkt trotz Zinserhöhungen und Inflationssorgen weitergehen?

Das Strohfeuer geht naturgemäß nicht so weiter. Wenn die Anlagewelt in unseren deutschen Aktien investiert ist, wird es ruhiger. Zukünftig wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Die einfachen Gewinne sind sozusagen gemacht. Jetzt klopfen die Anleger die Aktien auf fundamentale Substanz ab: „Nur die Harten kommen in den Garten." Und wenn diese stimmt und sich die allgemeine Wirtschaftslage nach derzeit vielversprechenden Frühindikatoren weiter stabilisiert, muss man sich um diese Werte keine Sorgen machen. Ich mag insbesondere die Ausrüstungsunternehmen. Denn in den letzten drei Jahren ist wegen Corona-Lockdown und Kriegsangst kaum investiert worden. Auf vorübergehende Konsolidierungen speziell im ersten Halbjahr muss man sich aber einstellen. Denn die Konjunkturerholung ist kein Schweinsgalopp.

Nach der Erhöhung des Leitzinses vonseiten der EZB und der Fed Anfang Februar machten DAX, Dow Jones und Nasdaq einen gehörigen Sprung nach oben. In der Regel aber sind Zinsanhebungen doch Gift für die Aktienmärkte. Wie also kommt diese Kursbewegung zustande?

Die Finanzmärkte erwarten, dass die Fed im Sommer mit der Zinserhöhungswelle durch ist. Die amerikanischen Notenbanker sprechen zwar hart im Ton von Inflationsbekämpfung, werden aber Milde im Handeln an den Tag legen. Denn Auftragskiller der US-Wirtschaft, die staatlich und privat mit biblischer Überschuldung zu kämpfen hat und insofern keine zu harte Zinspolitik verträgt, sind sie nicht. Worte sind also nicht Taten. Worte sollen aber die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer, also der Unternehmen und Konsumenten, mäßigen, damit die US-Notenbank weniger stark erhöhen muss. Natürlich könnte man die Inflation zinspolitisch auf 2% drücken. Doch fällt Amerika in eine tiefe Rezession.

Die EZB zögert derzeit nicht mit Zinsschritten nach oben. Wie wird sich das mittelfristig auf den europäischen Aktienmarkt auswirken?

Die EZB ist viel zu taubenhaft gewesen, ist viel zu spät auf den Zinserhöhungszug zur Bekämpfung der Inflation aufgesprungen. Das holt sie jetzt nach, indem sie ihr Falkenkostüm anzieht. Die Aktienmärkte sind froh, dass die EZB Inflation bekämpft wird. Denn sie frisst ja Kaufkraft und damit Wirtschaftswachstum auf. Aber aufgrund der Kraft des Faktischen – Überschuldung, immense Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung, Verteidigung und Klimaschutz – wissen sie auch, dass sie nicht zur Bundesbank 2.0 werden. Von daher wird sie trotz noch fortgesetzter Zinserhöhungen aber darauf achten, dass weder Leitzinsen noch Anleiherenditen real positiv werden. Denn dann kann die Inflation die für die gewaltigen Zukunftsaufgaben zu stemmenden Neuschulden der Euro-Länder nicht mehr künstlich auffressen.

Beim Blick in die USA ist also bei der Fed langsam ein Zurückschalten beim Zinserhöhungstempo zu erkennen. Was bedeutet das für die Aktienmärkte hüben wie drüben des Atlantiks?

Der Zins ist aus meiner Sicht entscheidender für die Aktien als die Konjunktur. Denn Zinspapiere sind die große alternative Anlageklasse zu Aktien. Und dabei ist die US-Notenbank grundsätzlich die „Mutter aller geldpolitischen Schlachten“. Was sie tut, hat weltweit immense Wirkung, auch in Europa. Zwar erwarten die Finanzmärkte, dass die Fed angesichts des noch eher nur zähen Inflationsrückgangs etwas länger als bislang gedacht restriktiv bleibt und zwei weitere Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte auf dann 5,25% durchführt. Dennoch ist das Ende der US-Zinswende absehbar. Vor allem aber wird die Zinssenkungsfantasie ab 2024 den Aktienmärkten guttun. Wenn die Zinsangst geht, kommen die Aktien.

Wann ist denn aus Ihrer Sicht eigentlich Schluss mit den Zinserhöhungen bei EZB und Fed?

Ich erwarte, dass die Fed vor der Sommerpause 2023 den Leitzinszenit erreicht. Die EZB wird diesen Zeitpunkt nach der Sommerpause erreichen.

Laut dem Deutschen Aktieninstitut gibt es derzeit so viele Aktionäre wie noch nie. Ein Mangel an Alternativen – oder steckt mehr dahinter?

Ich bin regelrecht glücklich, dass die junge Generation sich immer mehr für Aktien erwärmt. Sie begreifen, dass das klassische Zinssparen in Festgeldern oder deutschen Staatspapieren in Anbetracht nach Inflation negativer Renditen keine alternativlose Anlageform mehr ist. Aber um einen breiten, sozusagen „Volkskapitalismus“ zu erreichen, wobei große Bevölkerungsschichten in Aktien regelmäßig ansparen, muss der Staat nachhelfen. Dabei geht es nicht um läppische Erhöhungen der Sparerfreibeträge, sondern ein Anlagekonzept, das aktienbasiertes Sparen aus dem Steuer-Brutto fördert und dessen Erträge auch später steuerfrei bleiben. Wie will man ansonsten der drohenden Altersarmut entgehen? Der Sozialstaat Schweden hat es längst vorgemacht. Die deutsche Politik sollte ihre Scheuklappen endlich ablegen und statt ideologischem Gesundbeten der Rentenversicherung eine Altersvorsorge begünstigen, die den Namen verdient.

Bild: © Robert Halver bzw. © Smart Future – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Robert Halver

„Mischfonds aus Aktien und Mikrofinanz gibt es so noch nicht“

Impact-Fonds erzielen eine nachvollziehbare positive Wirkung für Natur und Gesellschaft. Ein auf Nachhaltigkeit spezialisiertes Maklerhaus hat den Versuch gewagt, einen eigenen Impact-Fonds am Markt zu starten. Über die Gründe und die Anlageziele hat sich AssCompact mit dem Geschäftsführer unterhalten.

Interview mit Gottfried Baer, Geschäftsführender Berater bei der MehrWert GmbH
Herr Baer, Sie selbst sind Geschäftsführer eines auf Nachhaltigkeit spezialisierten Maklerhauses. Warum sollten nachhaltige Anlageprodukte dennoch in jedes Beraterportfolio gehören?

Grundsätzlich ist eine Anlageempfehlung eines Finanzberaters natürlich immer basierend auf dessen Einstellungen, Erfahrungswerten und Markteinschätzungen, und diese können naturgemäß sehr unterschiedlich ausfallen. Nachhaltige Anlagemärkte wie erneuerbare Energien, neue Mobilität oder auch Bildung sind deshalb so interessant, weil sie zum einen klare Wachstumsmärkte abbilden und somit großes Ertragspoten­zial aufweisen. Zum anderen bieten sie aufgrund ihres positiven Impacts für Gesellschaft, Mensch und Natur zusätzlichen Sinn für die Anleger.

Im Bereich nachhaltiger Kapital­anlagen differenziert sich die Produktlandschaft zunehmend. Vermehrt ist von Impact-Fonds die Rede. Was ist daran das Besondere?

Bei diesen Fonds geht man davon aus, dass sie tatsächlich eine nachvollziehbare positive ökologische/soziale Wirkung für die Natur und/oder Gesellschaft haben. Eine solche Wirkung muss dabei auch messbar sein: Im Gegensatz zu SRI-Fonds oder zu einem reinen ESG-Ansatz werden konkret Ziele beim Impact Investing fixiert und anschließend gemessen. Mit Impact-Fonds wird also versucht, einen ganz praktischen, messbaren Wandel mithilfe des Investments zu erzielen. Viele Menschen wollen heute genau dies in Verbindung mit ihrer Geldanlage sehen. Reine Ausschlusskriterien sind heute „Standard“ und werden von Kunden vorausgesetzt und erwartet.

Zum Jahreswechsel hat Ihr Maklerhaus den Impact-Fonds „Best of Green & Common Good“ auf den Markt gebracht. Was bietet dieses Produkt den Anlegern?

Das Besondere an diesem neuen Fonds ist, dass er versucht, einen hohen praktischen Impact zu erzielen, indem mithilfe einer Benefit-Fee und Teilen unserer Einnahmen ökologische/soziale Projekte in Deutschland mit hohem messbaren Impact finanziell unterstützt werden.

Außerdem bilden wir, wie es sonst in den üblichen Mischfonds der Fall ist, die Rentenseite nicht über Unternehmens- oder Staatsanleihen ab, sondern wir investieren an deren Stelle in Mikrofinanz. Einen Mischfonds mit der Kombination „Aktien und Mikrofinanz“ gibt es so am Markt noch nicht.

Warum launcht Ihr Maklerhaus überhaupt einen neuen Fonds und überlässt diese Aufgabe nicht den Fondsgesellschaften?

Wir beschäftigen uns seit 2010 mit Gründung der MehrWert GmbH ausschließlich mit dem Thema nachhaltige Geldanlagen. Nach zwölf Jahren erfolgreicher Arbeit trauen wir uns zu, mit unserer erlangten Expertise in dieser Positionierung einen eigenen Fonds auf den Markt zu bringen. Außerdem finden wir, ehrlich gesagt, nur wenige Fonds am deutschen Markt, die uns in Sachen Impact/Nachhaltigkeit inhaltlich überzeugen. Mit „Best of Green & Common Good“ setzen wir unseren eigenen hohen Anspruch an Impact ganz praktisch um. Dazu haben wir die MehrWert Asset Management GmbH im letzten Jahr gegründet und mit entsprechenden Fachleuten ausgestattet.

Die Website des Fonds bewirbt das Produkt als „kompromisslos wirkungsintensiv“. Welches Anlageziel verfolgt der neue Fonds?

Der Fonds ist ein offensiver Mischfonds der Risikoklasse 5. Das Anlageziel ist, eine Rendite zu erzielen, die im angemessenen Verhältnis zum Risiko steht. Wir haben zwei Zielgruppen für den Fonds im Blick:

1. Berater oder Finanzdienstleister, die Fonds anbieten möchten, die nachweislich kein Greenwashing unterstützen wollen und in puncto Nachhaltigkeit höchsten Ansprüchen gerecht werden möchten. Damit wird auch im Rahmen der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage die Auswahl einfacher, weil man mit diesem Fonds als Anlageinstrument auch sehr hohen Nachhal­tigkeitsansprüchen von Kunden gerecht wird.

2. Kunden, die im Rahmen ihrer Geldanlage auch die Werte im Fonds vorfinden, die sie mit einem nachhaltigen Fonds tatsächlich in Verbindung bringen. Die Erwartung von Kunden ist nachweislich so, dass sie sich Werte aus der erneuerbaren Energien-, der Recycling-, der Biolebensmittel-, Bildungs-, neuen Mobilitätsbranche usw. vorstellen. Die typischen Konsum- und Tech-Werte, wie sie in vielen sonstigen nachhaltigen Fonds vorkommen, entsprechen in der Regel nicht den Vorstellungen eines nachhaltigen Investments dieser Kundenzielgruppe.

Sie erwähnen, dass die jährliche Rendite zwischen Anleger und Gemeinwohl-Projekten aufgeteilt wird. Was passiert im Falle von Verlusten? Werden die ebenfalls verrechnet?

Mit dem Fonds wollen wir echten praktischen Impact erzeugen. Der Kauf von nachhaltigen Unternehmen in Aktienform bringt nicht sehr viel Impact. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir als MehrWert Asset Management GmbH von unseren Einnahmen aus dem Fonds 20% abgeben und dass mithilfe einer „Benefit-Fee“ auch die Anleger 20% ihrer Rendite dazugeben – vorausgesetzt, der Fonds weist eine positive Wertentwicklung aus. Die Kalkulation erfolgt anhand einer rollierenden High Watermark (Verluste werden hierbei gegengerechnet). Mit diesem Geld werden wir in positiven Jahren ganz gezielt ökologische und soziale Projekte in Deutschland auswählen und unterstützen, die auf externe Gelder angewiesen sind. Solche Projekte können von Vereinen, von Einzelpersonen, NGOs, Start-ups, Bildungseinrichtungen und Kultur-/Sozialprojekten initiiert sein und sie müssen mit ihrer Arbeit einen messbaren positiven Beitrag für Mensch und Natur leisten. Die Menschen hinter diesen Projekten können sich mithilfe eines Fragebogens auf der Homepage des Fonds dafür bei uns bewerben. Ein externes vierköpfiges Gremium wird dann die Verteilung der Gelder auf entsprechende Projekte auswählen. Auf der Homepage des Fonds werden wir ausführlich über diese Projekte berichten.

Insgesamt, so sind wir überzeugt, werden wir damit einen echten praktischen Impact erzielen. Für die Anleger wird es somit zum anfassbaren, praktischen und vor allem nutzenstiftenden Mehrwert.

In welche Titel investiert „Best of Green & Common Good“? Und wie läuft der Auswahlprozess der Titel, in die investiert werden soll, ab?

Wir investieren zu 70% in Aktien, 20% in Mikrofinanz und 10% in Cash. Die im „Best of Green & Common Good“ enthaltenen Aktien sollen mehr als nur nachhaltigen Ausschlusskriterien genügen. Deshalb sind wir proaktiv in Branchen vertreten, die ein hohes Rendite- als auch ein hohes Impactpotenzial besitzen. Deshalb investieren wir nicht in klassische Produktions- und Vertriebsunternehmen aus Konsumgüterbranchen, sondern in Unternehmen, die in zehn von uns ausgewählten Gemeinwohlbranchen agieren und positiven Wandel vorantreiben. Diese Branchen sind: erneuerbare Energien, Wasser, Bildung, neue Mobilität, Recycling, Gesundheitswesen, Holz-/Forstwirtschaft, grüne Finanzdienstleister, Biolandwirtschaft/-lebensmittel, Baustoffe/Energieeffizienz. Davon gibt es gut 100.000 börsennotierte Unternehmen. Unser Expertenteam analysiert anschließend alle Unternehmen der aus­gewählten Branchen mit verschiedenen erprobten Methoden darauf, wie leistungsfähig die Unternehmen wirtschaftlich sind und wie zukunftsfähig ihr Handeln ist. – Danach bleiben nur ca. 200 Unternehmen übrig. Anschließend verdient sich der Fonds das „Best of“, indem daraus die 35 ganzheitlich besten Unternehmen in puncto ökonomischer und nachhaltiger Leistungsfähigkeit ausgewählt werden, um ein ausgewogenes Portfolio mit maximalem Gemeinwohlimpact und aussichtsreicher Ertragschance zu gestalten.

Wie stellen Sie trotz des strengen Selektionsprozesses ein gewisses Maß an globaler und sektoraler Diversifikation sicher?

Unser strenger ökonomischer und ökologischer Filterprozess bildet die Grundlage für ein sehr aussichtsreiches Portfolio. Wir sind hierbei in zehn verschiedenen Branchen, in 14 Ländern, in Growth- als auch in Value-Titeln und in unterschiedlichen Größen der Marktkapitalisierung investiert. Dies bildet eine solide Grundlage für eine entsprechende Diversifikation. Hinzu kommt noch der Anteil Mikro­finanz, der in der Regel keine Korrelation zu den Entwicklungen der Aktienmärkte aufweist.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2023, S. 60 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Gottfried Baer, MehrWert GmbH

 
Ein Interview mit
Gottfried Baer

Nachhaltigkeitspräferenzen bei der Finanzanlagenvermittlung

Auch Finanzanlagenvermittler müssen nun ihre Kunden nach deren Nachhaltigkeitspräferenzen fragen. Das ändert einiges in der Beratung und in deren Vorbereitung. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass auch tatsächlich ein einheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit bei Kunde und Vermittler vorliegt.

Ein Artikel von Daniel Krüger, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, und Lena Ribbers, LL. M., Juristin bei der AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat einen Referentenentwurf zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverord­- nung (FinVermV) vorgelegt, wonach zukünftig Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern bei der Vermittlung von Finanzanlageprodukten durch den Berater bzw. Vermittler zwingend zu berücksichtigen sind.

Eine entsprechende Regelung gilt bereits seit August 2022 für Kreditinstitute. Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater mit einer Erlaubnis nach §§ 34f bzw. 34h GewO sind bisher nicht unter diese Regelung gefallen, da die aktuelle Fassung der FinVermV einen starren Verweis auf die entsprechende EU-Verordnung beinhaltet. Die jüngste Erweiterung der EU-Verordnung um eine Nachhaltigkeitspräferenzabfrage hatte demnach nicht zur Folge, dass diese Änderung auch freie Finanzanlagenvermittler betrifft, da diese den Vorgaben der FinVermV unterliegen. Nun soll also die FinVermV so angepasst werden, dass der starre Verweis auf die EU-Verordnung aufgehoben und die EU-Verordnung stattdessen in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung findet.

Der Bundesrat muss der Gesetzesänderung zwar noch zustimmen; eine Zustimmung gilt jedoch als sicher. Die neue Regelung tritt sodann am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.

Grundsätzliche Änderungen für Finanzanlagenvermittler

Was also ändert sich für Finanzanlagenvermittler? Knapp zusammengefasst: Die Nachhaltigkeitswünsche von Anlegern sind seitens der Anlagenvermittler bei der Anlageberatung aktiv anzusprechen und zu berücksichtigen. Die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage ist zwingender Bestandteil der Geeignetheitsprüfung; eine Unterlassung der Abfrage kann dazu führen, dass die Empfehlung eines Anlageprodukts für den Kunden ungeeignet ist und damit der Tatbestand der Falschberatung vorliegt. Neben möglichen Schadensersatzansprüchen, die im Falle einer Falschberatung die Folge sein können, kann auch ein Bußgeld drohen, da es sich bei der vorsätzlichen oder leichtfertigen Empfehlung eines ungeeigneten Produkts um eine Ordnungswidrigkeit handelt.

Vom magischen Dreieck zum magischen Viereck in der Beratung

Im Einzelnen: Durch die angekündigte Gesetzesänderung ist eine Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern im Beratungsgespräch durch den Finanzanlagenvermittler verpflichtend. Um auf entsprechende Fragen und Wünsche des Kunden eingehen und ein Produkt empfehlen zu können, hat sich also der Anlageberater – sofern bislang nicht geschehen – bereits im Vorfeld mit der Thematik der Nachhaltigkeit in der Finanzbranche zu beschäftigen. Neben einem Grundverständnis für das Thema ist ein Überblick über das Marktangebot notwendig. Aus dem magischen Dreieck „Liquidität, Sicherheit und Rendite“, das den zentralen Ankerpunkt für die Anlageberatung darstellte, wird nun also das magische Viereck „Liquidität, Sicherheit, Rendite und Nachhaltigkeit“.

In einer Anlageberatung bedeutet dies konkret für den Finanzvermittler, die Kunden nicht nur nach deren Präferenzen für das Anlageziel Nachhaltigkeit zu befragen, sondern auch ihren Wissensstand in Bezug auf nachhaltige Geldanlagen zu ermitteln, um so mögliche Missverständnisse zu vermeiden und Wissenslücken schließen zu können. In vielen Fällen wird es bereits aufgrund der medialen Präsenz des Themas Nachhaltigkeit und einer entsprechenden Sensibilisierung vieler Anleger Anknüpfungspunkte für den Austausch zwischen Berater und Anleger geben. Ein solcher Austausch kann sehr hilfreich dabei sein, eine bedarfs- und präferenzengerechte Anlageberatung durchzuführen. Denn bei der nachhaltigkeitsorientierten Beratung ist entscheidend, dass ein gemeinsames Verständnis für die Nachhaltigkeitspräferenzen zwischen Kunde und Anlageberater entsteht. Auch wenn hiermit sicherlich tendenziell ein höherer Zeitaufwand bei der Beratung einhergeht, ergeben sich daraus Chancen für Finanzvermittler, weitere Zielgruppen zu finden sowie auf die Interessen und Wünsche bestehender Kunden noch genauer einzugehen.

Bedeutung für die Produktauswahl

Sorgfalt ist sodann bei der Empfehlung konkreter Produkte geboten. Denn nachhaltige Geldanlagen enthalten in ihren ausgewiesenen Anlagestrategien verschiedene Nachhaltigkeitsfaktoren. Dies können ökologische Aspekte, soziale Aspekte und Kriterien guter und nachhaltiger Unternehmensführung sein. Anlagestrategien können unter anderem die Investition in erneuerbare Energien – als ökologischen Aspekt – oder die Förderung des sozialen Wohnbaus – als sozialen Aspekt – enthalten. Falls keine systemgestützte Hausmeinung durch einen Vertriebspartner vorliegt, kann ein Abgleich zwischen den Kundenpräferenzen und der Anlagestrategie der Geldanlage für das passende Produkt zielführend sein. Die Informationsbereitstellung erfolgt dabei etwa über die Kapitalverwaltungsgesellschaften und Vermögensanlagenanbieter, die diese im Rahmen der Produktinformationen zur Verfügung stellen.

Präferenzen oder keine Präferenzen

Kunden, die Nachhaltigkeitspräferenzen angeben, können zwischen den drei folgenden Aspekten wählen, wobei auch die Auswahl aller Aspekte möglich ist: einem positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit gemäß der Offenlegungsverordnung, einem wesentlichen positiven Beitrag zur Umwelt gemäß der Taxonomieverordnung und der Vermeidung wesentlich negativer Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit (PAI). Geben Anleger „keine Präferenzen“ an, erfolgt keine Einschränkung der Produktauswahl für den Anlageberater. Eine Dokumentation der Abfrage ist dennoch erforderlich. Wird die Anlageberatung mit einem Bevollmächtigten durchgeführt, so kann dieser die Angaben zu den Nachhaltigkeitspräferenzen stellvertretend für den Kontoinhaber abgeben.

Fazit: Eine Chance für die Vermittlung

Die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage stellt also einen entscheidenden Einschnitt im Beratungsprozess dar. Neben der Kritik, die hier oftmals mitschwingt – etwa hinsichtlich des größeren Bearbeitungsaufwands oder der möglichen Unsicherheiten aufgrund mitunter noch bestehender Informationsdefizite –, sollte die nachhaltigkeitsorientierte Beratung jedoch auch als Chance betrachtet werden: Denn sie ermöglicht es Finanzanlagenvermittlern nicht nur, noch gezielter auf Kundenwünsche einzugehen und neue Märkte zu erschließen, sondern auch, sich bei entsprechendem Know-how deutlich von der Konkurrenz abzuheben.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2023, S. 58 f., und in unserem ePaper.

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Ein Artikel von
Daniel Krüger
Lena Ribbers, LL. M.

Jennifer Brockerhoff: „Öko-Kitsch muss endlich ein Ende haben“

Es gibt aktuell einige Entwicklungen, die die Finanzberatung rund um nachhaltige Geldanlagen beeinflussen. „Wer seinen Kundinnen und Kunden suggeriert, dass mit dem Kauf eines nachhaltigen Fonds oder ETFs die Welt gerettet sei, hat schon verloren“, meint Jennifer Brockerhoff. Wie tickt die junge Beratergeneration beim Thema Nachhaltigkeit?

Interview mit Jennifer Brockerhoff, Finanzberaterin und Inhaberin der Brockerhoff Finanzberatung
Frau Brockerhoff, im September 2022 ist Ihr neues Buch „30 Minuten – Nachhaltige Geldanlage“ erschienen. Entspricht diese Zeitspanne in etwa einem Beratungsgespräch über nachhaltige Investments?

Ein guter Scherz! Eine Beratung zu Vermögensan­lagen umfasst mehrere Termine, da kommt nun ein weiterer dazu, um die Komplexität des Themas Nachhaltigkeit adäquat zu erläutern.

Die wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen bei Fragen rund um nachhaltige Geldanlage haben sich eingetrübt. Die hohe Inflation schränke die Sparbereitschaft in der Bevölkerung ein, heißt es. Was verspüren Sie davon in der Finanzberatung?

Eine Zurückhaltung bei der Neuanlage von Geldern war seit Beginn des russischen Angriffskrieges deutlich zu spüren, unabhängig davon, ob diese konventionell oder nachhaltig angelegt werden sollten. Bereits im Dezember ist die Anzahl an neuen Anfragen wieder vermehrt gestiegen, vor allem im Bereich nachhaltiger Investments.

Studien deuten an, dass das Thema „Nachhaltigkeit“ angesichts der Krisenstimmung aus Inflation, Krieg und Wirtschaftsflaute an Stellenwert verliert. Was stellen Sie bei Ihrer Kundschaft fest?

Wenn Sie kurzfristige Stimmungsbarometer meinen, mag das durchaus stimmen. Aktuelle Ereignisse lassen gerne den langfristigen Blick vorübergehend vernebeln. Die Anpassung der Wirtschaft an den bereits im Gang befindlichen Klimawandel bleibt die größte Herausforderung. Das treibt meine Kundschaft ebenfalls um, sodass ich bei ihr keine Veränderung des Stellenwertes feststellen kann – ganz im Gegenteil!

In diesem Zusammenhang sind die Erkenntnisse aus der Klimapsychologie hilfreich. Denn das innere Warnsystem des Menschen reagiert vor allem bei akuter Angst, Schock oder Panik. Der langsam, aber stetig voranschreitende Klimawandel erfüllt diese Kriterien nicht, sodass viele Menschen eher unterschwellig und unterbewusst besorgt sind.

Bei nachhaltigen Investments lässt sich zwischen privater Geldanlage einerseits und Altersvorsorgebausteinen andererseits unterscheiden. Welcher Bereich läuft wie gut?

Hier laufen beide Bereiche im Gleichschritt gut, obwohl die Auswahlmöglichkeiten bei der privaten Geldanlage deutlich größer sind.

Bei der privaten Geldanlage existieren nachhaltige Sparprodukte, Aktienfonds, ETFs und Anleihefonds. Worin investiert Ihre Kundschaft bevorzugt?

Meine Kundinnen und Kunden sind in der Regel langfristige Investoren, sodass Aktienfonds und ETFs in professionellen und gerne auch digitalen Vermögensverwaltungen bevorzugt werden.

Die Produkte der Anbieter berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien in unterschiedlicher Intensität. Wie streng darf die nachhaltige Geldanlage denn bei Ihrer Kundschaft sein?

Die Frage aller Fragen, die nicht kurz zu beantworten ist. Warum? Weil erst einmal ein Verständnis dafür geschaffen werden muss, was Nachhaltigkeit bei der Geldanlage überhaupt heißt. Wir haben eine regulatorische Definition sowie eine eigene subjektive Definition. Die wenigsten Kundinnen und Kunden haben eine konkrete Vorstellung von ihren Nachhaltigkeitspräferenzen. Das ist auch kein Wunder, denn Finanzen sind nach wie vor kein Schulfach, nachhaltige Finanzen ebenso wenig. Um dieses Thema gemeinsam mit meiner Kundschaft zu erörtern, habe ich vor Kurzem ein Schaubild erstellen lassen, mit den fünf Dingen, die man über nachhaltiges Investieren wissen muss. Zum Beispiel darüber, dass jede Asset-Klasse auch ganz unterschiedliche Wirkung erzielt.

Mehrere Produktgeber stufen aktuell ihre Artikel-9-Fonds auf Artikel-8-Fonds zurück. Viele Produkte sind damit über Nacht weniger „dunkelgrün“. Wie erklären Sie dieses Vorgehen Ihrer Kundschaft?

Fondsgesellschaften und Produktanbieter haben sich selbst keinen Gefallen getan, in dem sie die Klassi­fizierung in Artikel-6-, -8- oder -9-Fonds als eine Art Gütesiegel nach außen propagiert haben. Ich habe noch keinen einzigen Kunden bzw. noch keine einzige Kundin kennengelernt, der einen Fonds oder ETF nach dieser Klassifizierung auswählen wollte.

Diese Rückstufungen überraschen mich nicht und habe ich erwartet. Nachhaltigkeitsbanken hatten im Vergleich zu konventionellen Banken einen ehrlicheren Umgang mit der Klassifizierung, sodass sie von den Rückstufungen am wenigsten betroffen sind.

Macht sich bei Ihren Kundinnen und Kunden darüber auch Enttäuschung breit?

Keineswegs. Wer ehrlich kommuniziert, was nachhaltige Geldanlagen heute leisten können und was nicht, fährt bzw. berät am besten. Da wären wir beim Stichwort Impact, also die Wirkung nachhaltiger Geldanlagen. Wie entsteht Wirkung und was ist der Unterschied zwischen direkter und indirekter Wirkung – ein hochspannendes Thema! Wer seinen Kundinnen und Kunden suggeriert, dass mit dem Kauf eines nachhaltigen Fonds oder ETFs die Welt gerettet sei, hat schon verloren. Daher meine eindringliche Bitte: Der Öko-Kitsch muss endlich ein Ende haben!

Und welche Gütesiegel und andere Hilfestellungen nutzen Sie, um den Nachhaltigkeitsanspruch eines Finanzprodukts einschätzen zu können?

Das FNG-Siegel des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) sowie die mittlerweile mehr als 600 Nachhaltigkeitsprofile für Fonds bieten eine gute Grund­lage. Der Eco­Reporter bewertet seit 1999 eine Vielzahl von nachhaltigen Produkten wie Konten, Fonds, ETFs, Aktien und Direktbeteiligungen sowie öffentliche Portale wie Faire Fonds oder MeinFairMögen sind außerdem gute Recherchemöglichkeiten.

Auch die Einführung der ESG-­Abfragepflicht für Versicherungsvermittler im August 2022 wurde lautstark debattiert. Spätestens ab Sommer 2023 gilt sie auch für Finanzanlagenvermittler. Für wie praktikabel halten Sie die Vorgabe für die Beratung?

Jeder Anfang ist mühselig und anstrengend. Als ich vor zwei Jahren das erste Mal von der verpflichtenden Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen erfuhr, war ich begeistert. Diese Begeisterung hat sich in der Zwischenzeit schnell gelegt, denn die Umsetzung finde ich suboptimal. Es kollidiert massives Unwissen seitens der Kundschaft zum Thema Nachhaltigkeit mit sehr technischen Eingruppierungskriterien. Ohne Grundlagenwissen wird die an Nachhaltigkeit interessierte Kundschaft womöglich alle Präferenzen ankreuzen mit dem Ergebnis, dass kein Produkt zur Auswahl übrig bleibt. Oder schlimmer noch, dass das Produkt nicht zur Risikobereitschaft des Kunden bzw. der Kundin passt. Ich gehe davon aus, dass die aktuellen Erfahrungswerte zu Anpassungen führen werden. Denn nur eine praktikable Umsetzung dient der Sache.

Sie selbst gewannen den Jungmakler Award 2012. Welche Relevanz genießt Nachhaltigkeit heutzutage in der jüngeren Beratergeneration?

In Gesprächen mit jüngeren Kollegen und Kolleginnen ist deutlich zu spüren, dass Nachhaltigkeit kein einfaches Add-on in Beratungsalltag ist, sondern ein zunehmend fester Bestandteil. Bereits im Maklerbetrieb wird auf einen sinnvollen Umgang mit Ressourcen geachtet, Mobilität flexibler umgesetzt und dadurch auch unnötige Kosten eingespart.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2023, S. 52 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Jennifer Brockerhoff bzw. © Chinnapong – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Jennifer Brockerhoff

Thomas Schüßler von der DWS ist Fondsmanager des Jahres

Seit 2005 managt Thomas Schüßler von der DWS den Fonds „DWS Top Dividende“. Jetzt wurde er für seine Arbeit mit einem Goldenen-Bullen-Award prämiert. Auch bei der Kategorie „Fondsinnovation des Jahres“ konnte sich die DWS freuen.

Wie die DWS in einer Pressemitteilung meldet, gab es für die DWS beim diesjährigen Goldenen-Bullen-Award, der jährlich vom Münchner Finanzen Verlag vergeben wird und als eine der wichtigsten Auszeichnungen der deutschen Fondsbranche gilt, gleich zweimal Grund zur Freude. Thomas Schüßler wurde zum „Fondsmanager des Jahres 2023“ gekürt. In der Kategorie „Fondsinnovation des Jahres“ gewann das Team hinter dem Fonds „DWS Invest ESG Women for Women“.

Thomas Schüßler ist Fondsmanager des Jahres

Seit Oktober 2005 verwaltet Thomas Schüßler den DWS Top Dividende. Laut der DWS-Mitteilung habe er den Fonds seither durch unterschiedliche Börsenphasen gesteuert. 2008 konnte er die Verluste für die Anleger begrenzen. Das Jahr 2022 schloss er mit einer „schwarzen Null“ ab, so lobte die Jury aus Fondsexperten von Börse Online, Euro und Euro am Sonntag den langfristigen Anlageerfolg. Schüßler habe auch dann an seinem vorsichtigen Anlagestil festgehalten, als ein offensiverer Anlagestil höhere Zuwächse versprochen hätte, aber auch mit einem höheren Risiko für Rückschläge verbunden gewesen wäre.

Fondsinnovation des Jahres: 2. Platz für DWS

In der Kategorie „Fondsinnovation des Jahres“ gab es für die DWS die Silbermedaille, konkreter für das zwölfköpfige Fondsmanagerinnen-Team hinter dem DWS Invest ESG Women for Women. Der Aktienfonds legt laut DWS ein besonderes Augenmerk auf soziale Aspekte, also etwa darauf, wie Unternehmen mit Blick auf Themen wie Gleichberechtigung und Chancengleichheit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie abschneiden.

Auf AssCompact-Nachfrage teilt der Finanzen Verlag mit, dass der 1. Platz in der Kategorie „Fondsinnovation des Jahres“ an den boerse.de-Technologiefonds der boerse.de Vermögensverwaltung GmbH ging. (mki)

Bild: © DWS Group

 

„Schließen aus, dass unser Gold aus Konfliktgebieten kommt“

Edelmetalle haben auch ihre schmutzigen Seiten. Abhilfe für ethisch orientierte Anleger kann ein nachhaltiges Investment in Edelmetalle schaffen. Welcher Impact damit zu erzielen ist und wie die Qualitätssicherung erfolgt, erläutert ein Händler von fair gewonnenen Edelmetallen.

Interview mit Florian Harkort, Inhaber und Geschäftsführer der Fairever GmbH
Gold verkörpert für viele Menschen etwas Schönes und Begehrtes. Was sind denn die Schattenseiten dieses Edelmetalls?

Weltweit sind Millionen von Menschen vom Kleinbergbau abhängig, doch die Bedingungen sind vielerorts prekär. Kinderarbeit ist keine Seltenheit und der Lohn reicht meistens nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Hinzu kommen die Auswirkungen auf die Umwelt. Um Gold von Gestein zu trennen, wird Quecksilber oder Cyanid verwendet und die giftigen Stoffe gelangen häufig ungefiltert ins Grundwasser.

Fairever tritt als Händler von fair gewonnenen Edelmetallen wie Gold und Silber auf. Wie entwickelt sich gegenwärtig die Nachfrage in der Bevölkerung?

Gold zeichnet sich dadurch aus, dass es besonders zu Krisenzeiten seinem Ruf als stabile Wertanlage gerecht wird. Angesichts der allgemeinen Stimmung werden auch Fairtrade-Goldbarren stärker nachgefragt als in den vorangegangenen Jahren.

Der Welthandel mit Gold wird in der Regel mit Goldbarren abgewickelt. Woher kommt das Gold, das Fairever handelt?

Wir können zu 100% ausschließen, dass unser Gold aus Konfliktgebieten kommt. Anders als andere Goldhändler beziehen wir direkt aus verantwortungsvollem Kleinbergbau, ohne jegliche Zwischenhändler. Es handelt sich bei unseren Lieferanten um unabhängig zertifizierte Minen in Kolumbien und Peru, mit denen wir in engem Kontakt stehen.

Welchen Impact leistet ein Investment in fair gehandeltes Gold am Ort der Förderung konkret?

Es ist ein Bestandteil des Fairtrade-Standards für faires Gold, dass die Minen mindestens 95% des täglich durch die Londoner Bullion Market Association bekannt gegebenen Goldpreises gezahlt bekommen. Zusätzlich erhalten sie eine Prämie, die ausschließlich dazu verwendet wird, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mineure zu verbessern. Beispiele für den Einsatz der Prämie sind die Beschaffung von Solarpanels, um warme Duschen zu ermöglichen, oder der Bau einer Kantine.

Gemeinwohlorientierten Impact gibt es nicht zum Nulltarif. Wie wirkt sich der faire Handel auf den Goldpreis bei Fairever im Vergleich zum Weltmarktpreis aus?

Die zusätzliche Prämie, die bereits im Endkundenpreis inkludiert ist, beträgt 2.000 US-Dollar pro Kilogramm Feingold. Hinzu kommen höhere Kosten für Logistik, Lizenzierung und die von konventionellem Gold getrennten Raffinations- und Herstellungsprozesse. Der aktuelle Verkaufspreis von Fairtrade-Goldbarren ist damit etwa 10% bis 15% höher als der Preis von Goldbarren aus konventionellem oder recyceltem Gold, das unter unbekannten Bedingungen abgebaut wurde.

Wie stellt Fairever die hohen Standards an die Abbau- und Förderbedingungen sicher?

Wir haben den großen Vorteil, mit gemeinnützigen Organisationen wie Fairtrade und der Alliance for Responsible Mining zusammenzuarbeiten. In deren Auftrag werden regelmäßige Audits von Kontrollinstitutionen wie zum Beispiel FLOCERT durchgeführt.

Persönliche Besuche bleiben allerdings ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit, um selbst einen Eindruck von den Bedingungen vor Ort zu erhalten. Wenn wir dann mit eigenen Augen sehen, wie sich nicht nur die Mine, sondern auch die Gemeinschaft um die Mine herum seit Beginn der Fairtrade-Zertifizierung weiterentwickelt hat, dann wissen wir, wozu wir jeden Tag aufs Neue aufstehen und für unsere Vision eines fairen Kleinbergbaus kämpfen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2023, S. 62, und in unserem ePaper.

Bild: © Florian Harkort, Fairever

 
Ein Interview mit
Florian Harkort