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22. Februar 2018
„Die PKV steht bereit, um unser hervorragendes Gesundheitssystem weiter zu verbessern“

„Die PKV steht bereit, um unser hervorragendes Gesundheitssystem weiter zu verbessern“

Der PKV-Verbandsdirektor Dr. Volker Leienbach spricht im AssCompact Interview über die Beschlüsse zu PKV und GKV in der Koalitionsvereinbarung, über Prämienerhöhungen und das Treuhänderverfahren. Außerdem erklärt er die Sache mit der Versicherungsfreiheit für Arbeitnehmer mit Provisionszahlungen.

Herr Dr. Leienbach, muss man überhaupt nachfragen, ob Sie mit dem jetzigen Koalitionsvertrag in Sachen Krankenversicherung zufrieden sind?

Es ist natürlich zu begrüßen, dass die Koalitionsvereinbarung in der Gesundheitspolitik keine ideologisch motivierten Radikalreformen vorsieht, sondern sich auf pragmatische Schritte zu konkreten Verbesserungen konzentriert. Jetzt gilt es die Entscheidungen der drei Parteien CDU, CSU und SPD über einen möglichen Koalitionsvertrag sowie die Kanzlerwahl und die Bildung der neuen Bundesregierung abzuwarten.

Wie bewerten Sie die wichtigsten Beschlüsse zu PKV und GKV?

Die Koalitionsvereinbarung steckt einen gesundheitspolitischen Kurs ab, der die tatsächlichen Herausforderungen der medizinischen und pflegerischen Versorgung ins Auge fasst. Die private Krankenversicherung steht dazu bereit, sich konstruktiv einzubringen, um unser hervorragendes Gesundheitssystem noch weiter zu verbessern. Auf das Vorhaben, die ärztlichen Vergütungssysteme in der ambulanten Versorgung zu modernisieren, sind wir gut vorbereitet: Ein gemeinsam mit der Ärzteschaft und Vertretern der Beihilfe entwickelter Vorschlag zur Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte ist bereits weitgehend fertiggestellt.

Unabhängig davon bewegen die PKV-Landschaft andere Themen. In der Kritik steht das Treuhänderverfahren. Gerichte hatten zuletzt Beitragserhöhungen von PKV-Versicherern gekippt. Was ist die Sachlage?

Aus Sicht des PKV-Verbands ist das Treuhänderverfahren absolut gesetzeskonform und es hat sich seit vielen Jahrzehnten bewährt. Auch die zuständige Aufsichtsbehörde BaFin hat es als absolut rechtens bewertet. Wir gehen davon aus, dass der Bundesgerichtshof die bewährte Praxis höchstrichterlich bestätigen wird. Bis dahin können wir uns zu den Details eines schwebenden juristischen Verfahrens natürlich nicht äußern.

Was bedeutet dies nun für Versicherer und Kunden hinsichtlich der Prämienerhöhung?

Die Kunden sollten sich nicht von einer teilweise reißerischen Berichterstattung verunsichern lassen, in der voreilig und pauschal über mögliche Folgen spekuliert wurde. Gegen die bisherigen Urteile wurde Berufung eingelegt. Ich rate daher allen Beteiligten, das Urteil des Bundesgerichtshofs abzuwarten.

Irritationen gab es aktuell auch, weil es hieß, dass Arbeitnehmer mit Gehältern, die Provisionen enthalten, eventuell von der PKV in die GKV wechseln müssten. Was ist denn da passiert?

Zum Jahreswechsel wurden Arbeitnehmer mit Provisionszahlungen als Gehaltsbestandteil durch Hinweise ihrer Krankenkasse oder ihres Arbeitgebers verunsichert, sie müssten ihre private Krankenversicherung aufgeben und Pflichtmitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse werden. Ursächlich dafür war eine Festlegung des GKV-Spitzenverbands, dass Provisionszahlungen oder vergleichbare Entgeltleistungen bei der Überprüfung nicht berücksichtigt werden dürfen, soweit sie nicht garantiert sind.

Diese Auslegung widerspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung, wonach Einnahmen immer dann als „regelmäßig“ gelten und somit berücksichtigungsfähig sind, wenn sie mit hinreichender Sicherheit aus der Beschäftigung für die nächsten zwölf Monate zustehen oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mindestens einmal jährlich gezahlt werden. Das trifft auf wiederkehrende Provisionen zu, auch wenn sie in der Höhe schwanken. Mittlerweile hat der GKV-Spitzenverband den Sachverhalt klargestellt und die bisher geltende Praxis bestätigt.

Was sollten betroffene Privatversicherte tun?

Arbeitnehmer, die die Jahresarbeitsentgeltgrenze aufgrund von Provisionszahlungen überschreiten und einen Bescheid der gesetzlichen Krankenkasse bekommen haben, dort Pflichtmitglied zu werden, sollten deshalb ihre private Krankenversicherung nicht kündigen, sondern gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen.

Glauben Sie eigentlich, dass in der PKV jemals wieder Ruhe einkehren wird – insbesondere natürlich, was die Vollversicherung angeht?

Wie Sie wissen, haben wir in der Vollversicherung seit 2012 einen leichten Rückgang im Versichertenbestand um insgesamt etwa 2,5%. Diese Entwicklung hatte ihren Tiefpunkt im Jahr 2013, als die Zahl um 66.200 zurückgegangen war. Seitdem hat sich der Rückgang deutlich abgeschwächt. Und im zweiten Halbjahr 2017 waren wir sogar schon wieder ordentlich im Plus. Sie sehen mich also voller Zuversicht.

Wo sehen Sie optimistische Entwicklungen?

Ich rechne mit einer Fortsetzung dieses leicht positiven Trends in der Krankenvollversicherung auch in diesem Jahr. Darüber hinaus verzeichnet die Branche eine ungebrochen hohe Nachfrage bei den Zusatzversicherungen. Im Jahr 2017 ist der Bestand um 600.000 Policen auf insgesamt nun 25,68 Millionen Zusatzversicherungen gestiegen – ein Plus von 2,4%. Der Trend, den Leistungsumfang der GKV aufzustocken, setzt sich also weiter fort.

Ohnehin wird die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten sehr klar vor Augen führen, welch wertvollen Beitrag das generationengerechte Modell der PKV mit seiner nachhaltigen Kapitaldeckung für das soziale Sicherungssystem leistet. Deutschland benötigt nicht weniger, sondern mehr Kapitaldeckung, um die Qualität der Gesundheitsversorgung auch unter dem ökonomischen Stress des demografischen Wandels zu sichern. Das ist der Markenkern der PKV – und er wird mit jedem Jahr wichtiger.