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13. Dezember 2017
„Unabhängiger und stärker kann ein Pool dann nicht mehr sein“

„Unabhängiger und stärker kann ein Pool dann nicht mehr sein“

Die BCA hat durch die Neugestaltung des Vorstands und die Neuordnung der Aktionärsstruktur aufhorchen lassen. Jetzt will der Maklerpool auf Wachstumskurs gehen und setzt dabei gleichermaßen auf bewährte und neue Strategien. Interview mit Rolf Schünemann, Vorstandsvorsitzender, und Rainer M. Jacobus, Aufsichtsratsvorsitzender der BCA AG.

Herr Schünemann, Sie haben im August den Vorstandsvorsitz bei der BCA übernommen. Wegen Ihrer Vergangenheit in der Versicherungswirtschaft wird über einen Kurswechsel bei der BCA spekuliert. Was ist Ihre Antwort darauf?

Rolf Schünemann Falls Sie darauf hinaus wollen, dass mit einem Kurswechsel eine Vernachlässigung des Investmentbereichs einhergehen könnte, so kann ich dies ganz klar verneinen. Natürlich geht es darum, die vorhandenen Potenziale im Versicherungsbereich zu heben. Gleichzeitig ist die BCA-Gruppe aber zweifellos einer der Marktführer im Investmentgeschäft, das Geschäftsfeld unserer Fondsvermögensverwaltung Private Investing wächst überproportional.

Wir besitzen eine hohe Fachkompetenz im Investment­bereich, mit deren Hilfe wir unsere anspruchsvollen Wachstumsziele erreichen, uns technologisch kontinuierlich weiterentwickeln und unsere Vertriebsaktivitäten deutlich ausbauen werden. Im Übrigen verliert die strikte Trennung von Versicherung und Investment spätestens seit dem Aufkommen der erdrückenden Niedrigzinsphase zunehmend an Bedeutung.

Zu der Neugestaltung des Vorstandes gesellt sich die Neuordnung der BCA-Aktionärsstruktur. Herr Jacobus, wie ist die Strategie der bisher fünf Versicherer, die hinter dem Maklerpool stehen?

Rainer M. Jacobus Zunächst einmal hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren konsequent von unprofitablen Geschäftsbereichen getrennt. Diese Altlasten sind nun bereinigt, das Unternehmen verdient ordentlich Geld, ist schuldenfrei, hat Eigenmittel in der Größenordnung von rund 15% des Umsatzes und ist mit einer hervorragenden Liquidität ausgestattet. Der Unternehmenswert wurde deutlich gesteigert und man ist investitionsfähig.

Das ist die Vergangenheit. Aber was ist nun mit der Strategie? Schließlich wurde ja angekündigt, dass neue Aktionäre nicht unerhebliche Aktienanteile kaufen sollen.

RMJ Das ist nicht nur Vergangenheit, das ist das strategische Fundament, und das ist sehr wichtig. Wir werden in den nächsten Monaten die Marktposition des Unternehmens deutlich stärken, indem wir weitere neue Aktionäre aufnehmen. Unabhängiger und wirtschaftlich stärker kann ein Pool meines Erachtens dann nicht mehr sein.

RS Das versetzt uns dann auch in die Lage, neben organischem Wachstum auch bei der kommenden Konsolidierung im Markt mitzumischen. Um die Möglichkeit von Investitionen in die IT, Workflows und herausragende Services für Makler auch in Zukunft sicherzustellen, ist Finanzstärke und Größe des Unternehmens unabdingbar. Im Rahmen der mit dem Aufsichtsrat abgestimmten Strategie richtet der Vorstand das Unternehmen auf einen entsprechenden Wachstumskurs aus. Denn nur Größe schafft die erforderlichen Freiräume und stärkt die Unabhängigkeit.

Der Wettbewerb unter den Pools wächst, jeder verfolgt dabei seine eigene Strategie. Warum sollte sich heute ein Makler entscheiden, mit der BCA zusammenzuarbeiten?

RS Zunächst natürlich wegen des hervorragenden Dienstleistungsangebots, seiner dahinterstehenden Technik und der marktgerechten Konditionen. Die Frage aller Fragen für die meisten unserer Kunden ist jedoch in aller Regel die Sicherheit ihrer Bestände und damit ihrer Einnahmen. Die einzige Sicherheit, die es hier geben kann, ist, dass ein Unternehmen gar nicht erst in Schieflage gerät. Bereits zu meiner Zeit als Vorstand eines Versicherers zeichnete sich der Poolmarkt auf der einen Seite durch sinkende Margen aus. Auf der anderen Seite stiegen die Anforderungen und damit einhergehend die Investitionen. Auf diese Entwicklung zu reagieren, schaffen nur wirtschaftlich sehr stabile Unternehmen mit einem hohen Automatisierungsgrad in vielen Prozessen. Steigerungen im Gesamtumsatz sind in diesem Zusammenhang schön, sagen aber nichts über das Rohergebnis und die Entwicklung des so wichtigen Unternehmensgewinns aus.

RMJ Übrigens haben auch die Produkt­anbieter ein Interesse an wirtschaftlich starken Pools. Sollte es tatsächlich zu einer Pool-Insolvenz kommen, suchen Vermittler Kontakt zu den Versicherern, denen dann nichts anderes übrig bliebe, als an den zuständigen Insolvenzverwalter zu verweisen.

Bei der angesprochenen Aktionärsstruktur drängt sich die Frage auf, wann Vertriebsservices auf die BCA verlagert werden?

RMJ Wenn man als Versicherer im Maklerservice Vollkostenrechnungen macht, drängen sich solche Überlegungen natürlich auf. Jedenfalls sind aus meiner Sicht die Zeiten endgültig vorbei, in denen wir auch bei Vertriebspartnern, die uns nur gelegentlich bedienen, jeden Antrag einzeln persönlich abholen, um es einmal bewusst überzeichnet darzustellen. Wir brauchen hier andere Distributionsmodelle und BCA spielt da bei meinen Überlegungen – als Vorstandsvorsitzender der IDEAL Versicherungen – perspektivisch eine wichtige Rolle.

Kann die BCA das überhaupt leisten, Herr Schünemann?

RS Wenn es darum geht, Vermittlern, deren Geschäft bei einzelnen Gesellschaften überschaubar und für die Direktanbindung zu marginal ist, eine Heimat zu bieten, so ist das sicher eine der Kernaufgaben eines Pools und durch uns leistbar. In der Vergangenheit gab es gerade auch im Investmentbereich immer wieder Fälle, in denen sich Gesellschaften von einer größeren Anzahl Direkt­anbindungen trennten. Diese haben dann bei der BCA einen Heimathafen gefunden. Natürlich ist es für uns hochinteressant, solche Vorgänge zu professionalisieren und zu systematisieren. Es ist auf jeden Fall eine strategische Option, die wir weiter verfolgen.

Zum Vollsortiment der BCA gehört auch ein Haftungsdach, die Bank für Vermögen AG. Wie ordnen Sie das Unternehmen strategisch ein?

RS Die Bank für Vermögen ist fester Bestandteil der BCA-­Erfolgsphilosophie. Das Regulierungskorsett für unabhängige Vermittler wird in den nächsten Jahren eher enger denn loser. IDD, MiFID, PRIPS – die Stichworte genügen ja schon. Die Bank in unserer Gruppe wird hiervon zweifelsfrei profitieren. Nicht nur, weil Vermittler im Rahmen des Haftungsdachs zukünftig ihre Haftung verlagern werden, sondern auch, weil wir mit Private Investing bereits heute eine MiFID-II-konforme Fondsvermögensverwaltung anbieten. Die Berater erkennen sofort die Effizienzsteigerung gegenüber der klassischen Fondsberatung. Auch für unabhängige §32-KWG-Vermögensverwalter verändern sich die Voraussetzungen mit Inkrafttreten von MiFID II. In all diesen Bereichen sehe ich immense Chancen, für uns qualitätsbewusste Vermittler zu gewinnen.

Herr Jacobus, die BCA war einmal börsennotiert und hatte auch viele unabhängige Vermittler als Aktionäre. Können Sie sich vorstellen, das in irgendeiner Form wieder aufleben zu lassen?

RMJ Das ist wie mit der Koalitionsfrage in der Politik vor Wahlen: Ich bin gegen jede „Ausschließeritis“. Wer weiß, was in ein paar Jahren ist?

Klingt kryptisch, deshalb kommen wir besser zur realen Gegenwart zurück. Herr Schünemann: Wie ist denn nun nach fünf Monaten Ihr Eindruck von der BCA?

RS Mein erster Eindruck ist überaus positiv. Die Unternehmenskultur hat schnell dafür gesorgt, dass ich mich sehr wohl fühle. Natürlich gibt es, wie in jedem Unternehmen, Potenzial für relevante Verbesserungen. Ich bin sehr optimistisch, mit meinen beiden Vorstandskollegen, den engagierten Mitarbeitern sowie deren hoher Fachkompetenz in den einzelnen Bereichen unsere Marktposition deutlich auszubauen.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 12/2017, Seite 120 f.

Mittlerweile hat die BCA zwei neue Aktionäre gewonnen: http://www.asscompact.de/nachrichten/bca-ag-gewinnt-neue-strategische-partner

 
Ein Artikel von
Rolf Schünemann
Rainer M. Jacobus