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4. Juli 2016
Aktuare: Neue LV-Garantien und Haftungsminderung in der bAV

Aktuare: Neue LV-Garantien und Haftungsminderung in der bAV

Die deutschen Aktuare sprechen sich für ein zweistufiges Höchstrechnungszinsmodell für private Altersvorsorgeprodukte aus und fürchten um das finanzielle Gleichgewicht insbesondere bei Pensionskassen. Ende der vergangenen Woche präsentierten die Versicherungsmathematiker vor Journalisten Vorschläge, wie man die Folgen des Niedrigzinses für die bAV abmildern könnte.

Die Lebensversicherer hadern mit ihren Garantieversprechen und trotzdem sind Garantien die Kernkompetenz der Lebensversicherer. So betonte auch in der vergangenen Woche die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), dass Garantien weiterhin der Markenkern der privaten Altersvorsorge bleiben würden. Doch müssten neue Garantiemodelle der anhaltenden Niedrigzinsphase Rechnung tragen. „Wir brauchen einen echten Paradigmenwechsel: Während sich in der Vergangenheit die Kapitalanlagen stets an den Garantiezusagen orientiert haben, müssen sich diese Garantien fortan den Möglichkeiten des Kapitalmarktes anpassen“, prognostizierte Dr. Wilhelm Schneemeier in der vergangenen Woche in Köln.

„Garantien der 90-er Jahre nicht zu hoch, aber zu lang“

„Wir wissen heute, dass die Garantien der 1990-er Jahre nicht zu hoch, aber zu lang waren“, so Dr. Schneemeier. Deshalb setze sich die DAV seit geraumer Zeit für ein neues zweistufiges Höchstrechnungszinsmodell ein, das sich in den ersten 15 Vertragsjahren an den realistisch erzielbaren Kapitalmarkterträgen orientiert und im langfristigen Bereich eher konservativ ausgelegt ist. Dadurch würden am langen Ende der Verträge zu hohe Rentenversprechen verhindert, die nicht vom Kapitalmarkt abgesichert werden könnten. Zugleich partizipierten die Kunden zu Vertragsbeginn stärker an den Gewinnen des Kapitalmarkts.

Niedrigzins bringt bAV in Bedrängnis

Des Weiteren fürchten die Aktuare um die Leistungsfähigkeit der Durchführungswege in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). „Die andauernde Niedrigzinsphase gefährdet zunehmend das finanzielle Gleichgewicht bei Pensionskassen, Direktversicherungen und versicherungsförmigen Pensionsfonds“, unterstrich das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS), ein DAV-Zweigverein ebenfalls anlässlich der Pressekonferenz in der vergangenen Woche.

Die Herabsetzung des gesetzlichen Rentenniveaus und die Niedrigzinsen ließen die finanzielle Lücke im Alter stetig größer werden, insbesondere bei jungen Arbeitnehmern. Um diese zu schließen, müssten entweder die Beiträge angehoben bzw. Kapital nachgeschossen oder die Leistungen so weit herabgesetzt werden, bis die Kapitalstöcke zur dauerhaften Finanzierung der Leistungen wieder ausreichten. Das bedeute deutliche Mehrbelastungen für den Arbeitgeber, der für die zugesagten Leistungen einzustehen habe, so die IVS-Aktuare. Sie sprechen sich für eine höhere aufsichtsrechtliche Flexibilität bei der Anwendung der starren Bedeckungsvorschriften aus. Damit könne dem Umstand besser Rechnung getragen werden, dass sich Sparvorgänge in der bAV über Jahrzehnte hinzögen und Volatilitäten in der Kapitalanlage über die Zeit mit hoher Sicherheit wieder ausglichen.

Aber auch das Zusammenspiel von Aufsichtsrecht und Arbeitsrecht ließe sich nach Ansicht der Aktuare verbessern, um die Einstandspflicht des Arbeitgebers zielgerichtet auf garantierte Leistungen und bereits erworbene Anrechte zu begrenzen. So sollte eine durch den Niedrigzins induzierte, aufsichtsrechtlich zulässige Tarifumstellung einer Pensionskasse für zukünftige Beiträge unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers als arbeitsrechtlich zulässiger Eingriff in die Versorgungszusage anerkannt werden.

Schließlich schlagen die IVS-Aktuare vor, überschussfinanzierte Leistungen generell unter Leistungsvorbehalt zu stellen und insoweit in der Versorgungszusage stärker zwischen garantierten, von der Einstandspflicht erfassten, und nicht garantierten Leistungen zu differenzieren. (bh)