AssCompact suche
Home
Makler & Portale & Sprachroboter
22. Mai 2018
Modern Talking verändert auch die Maklerwelt

Modern Talking verändert auch die Maklerwelt

Sprachassistenten wie Amazons Alexa sind auf dem Vormarsch und erobern auch die­ Versicherungsbranche. Was aber bedeutet das für Makler? Übernehmen Alexa & Co. künftig Beratung und Vertrieb von Versicherungen und werden Vermittler aus Fleisch und Blut damit überflüssig? Von Alexa selbst gibt es erstmal keine Auskunft zu ihrer zukünftigen Rolle, wie MarKo Petersohn erläutert.

„Alexa, müssen sich Versicherungsmakler vor dir fürchten?“ „Darauf habe ich leider keine Antwort.“ Das ist der Originaldialog, den ich mit Alexa in meinem Arbeitszimmer führte, bevor ich mich an diesen Artikel setzte. Denn seit Dezember vergangenen Jahres bin ich Besitzer eines Amazon Echo und muss vorab direkt darauf hinweisen, dass es bisher kein Medium geschafft hat, sich so schnell in meinen Alltag zu integrieren. Ob ich trotzdem oder gerade deshalb eine fundierte Antwort darauf geben kann, ob sich Versicherungsvermittler vor Sprachassistenten fürchten sollten, müssen die Leser entscheiden. Ich versuche in diesem Artikel den kommenden Siegeszug des neuen Medienkanals frei von Hysterie und Romantik einzuordnen.

Hierfür fange ich am besten damit an, kurz zu skizzieren, welche Rolle Alexa in meinem Alltag einnimmt. Seit fünf Monaten bin ich im Besitz eines Amazon Echo und muss konstatieren, dass der Sprachassistent ein tatsächlicher Assistent in meinem Alltag geworden ist. Primär nutze ich Alexa seitdem für einfache Aufgaben wie Musik hören, Nachrichten-Updates, Informationen über die Verkehrslage oder Terminerinnerungen. All das mache ich über eine überraschend gute Spracherkennung. Denn als gebürtiger Sachse, der seit 2001 in Köln wohnt, spreche ich sicherlich alles andere als Hochdeutsch, aber trotzdem erkennt Alexa fast alles problemlos.

Einkaufen mit Alexa

Das für mich mit Abstand Beeindruckendste war und ist allerdings ein Einkauf mit Alexa, was eigentlich aus einem Jux heraus geschah. Der Amazon Echo war seit zwei Tagen in meinem Büro und ich stellte zur Inventur am Jahresende fest, dass das Druckerpapier zur Neige geht. Demzufolge erklärte ich laut: „Alexa, das Druckerpapier ist fast alle.“ Darauf erhielt ich die Antwort, dass ich laut meinem Amazon-Verlauf immer HP C1825A Inkjetpapier kaufe, dieses 6,96 Euro inklusive Steuern kostet und sie es für mich direkt bestellen könnte. Alexa endete mit der Frage „Möchtest du den Artikel kaufen?“, ich antwortete mit „Ja“ und einen Tag später wurde es geliefert. Dieser Kaufprozess ist so unverschämt einfach und nah am Kundenbedürfnis orientiert, dass ich seitdem immer wieder über Amazon Echo einkaufe. Mir ist bewusst, dass dieser Kaufprozess sicherlich aufhorchen lässt und ihn eine Vielzahl an Endzeitpropheten als Beispiel heranziehen, um die Zukunft der Versicherungsvermittlung zu skizzieren. Aber werden in Zukunft tatsächlich Versicherungen so abgeschlossen, wie ich mein Druckerpapier kaufe?

Sprachassistenten werden die Interaktion mit Technik ändern

Bevor ich darauf eingehe, möchte ich zuerst einen kurzen Blick auf Sprach­assistenten werfen. Anfänglich sprach ich von einem Siegeszug dieses neuen Medienkanals, aber kann man das wirklich sagen oder sind Alexa & Co. nicht vielleicht nur nette Spielereien für technik­affine Nerds? Die Antwort darauf ist mehr als eindeutig: Nein, nur Spielereien sind die Sprachassistenten nicht.

So wie Sprache für uns etwas völlig Natürliches ist, wird es in Zukunft auch die Sprachsteuerung sein. Warum sollte man in zehn Jahren noch Worte in abstrakte Zeichen zerlegen und diese in eine Tastatur eintippen, um mit einer Technologie zu kommunizieren, wenn man diese Worte auch einfach sprechen kann? Dafür gibt es schlicht keinen rationalen Grund. Somit können wir mit Sicherheit davon ausgehen, dass Sprachassistenten allgegenwärtig sein werden. Sie werden unsere Interaktion mit Technik jeglicher Art fundamental ändern. Wir stehen vor nichts Geringerem als dem Wiedereintritt in eine orale Kultur. Das ist selbstverständlich auch den Kommunikationsunternehmen bewusst, weswegen es neben Amazons Alexa und Apples Siri auch schon Samsungs Bixby, Microsofts Cortana und den namenlosen Assistenten bei Google gibt. Schaut man sich die Marktanteile genauer an, zeigt sich, dass es (aktuell) nur zwei relevante Anbieter gibt. Denn 92,2% aller Geräte stammen von Google und Amazon, wobei Amazon mit einem Marktanteil von 66,9% der unangefochtene Marktführer ist. Somit verwundert es nicht, dass „Alexa“ schon fast zu einem Synonym für die neue Technologie geworden ist und Unternehmen sich in erster Linie auf die Entwicklung von Alexa-Skills fokussieren.

Versicherer setzen auf Alexa-Skills

Skills sind kleine Programme, mit denen man die Funktionen von Alexa erweitern kann. Sie sind in etwa vergleichbar mit Apps am Smartphone. Aktuell gibt es mehr als 25.000 Skills und natürlich auch schon die ersten von Versicherungen. So erhält man beispielsweise mit dem Allianz Rentenscore eine erste Orientierung, wie nah man an der eigenen Wunschrente ist oder bekommt von der Zurich Fragen über Versicherungsprodukte im Allgemeinen und die der Zurich im Speziellen beantwortet. Blickt man nach Großbritannien, wo der Skill der DAS UK Rechtsfragen der Nutzer beantwortet, so deutet sich das tatsächliche Potenzial von Skills an. Sie werden Versicherungsservices auf ein ganz neues Level heben.

Und was heißt das nun für Versicherungsmakler?

Sprachassistenten werden in Zukunft zweifellos allgegenwärtig sein. Schließen wir dann Versicherungsverträge mündlich ab? Nicht sofort, aber mittelfristig gesehen auf jeden Fall. Denn warum muss ein Vertrag als Textdatei vorliegen, wenn er auch als Audiodatei vorliegen kann? Es wird eine Vielzahl von Änderungen gesetzlicher Regularien erfordern, aber zukünftig werden Versicherungen so abgeschlossen, wie ich Druckerpapier bestellte. Gleiches gilt im Prinzip für sämtliche Kundenszenarien, die heutzutage noch auf Schriftverkehr basieren.

Werden Alexa & Co. denn auch über Versicherungen informieren und sie direkt vertreiben? In bestimmten Fällen mit Sicherheit. Wenn ich mir zum Beispiel ein neues Smartphone bei Amazon kaufe, dann wird mich Alexa darauf hinweisen, dass es sinnvoll wäre, dies zu versichern, und mich diese Versicherung in Kombination mit dem Smartphone nur 2 Euro pro Monat kostet anstatt 2,50 Euro bei späterem Abschluss.

Sind dann Versicherungsmakler in Zukunft obsolet? Nein. Der einfache Vertrieb von situativen Versicherungen wird zweifellos über Sprachassistenten erfolgen. Ebenso wird es einen mündlichen Versicherungsvergleich geben. Nur findet in beiden Fällen keine Beratungsleistung statt, was die Kernaufgabe eines Maklers darstellt. Und eine unabhängige Kundenberatung ist bei Alexa & Co. auch höchst unwahrscheinlich. Warum sollten Sprachassistenten etwas schaffen, was weder über den Online-Vertrieb noch über Apps geschafft wurde? Sprache ist nur ein wiederentdeckter Kommunikationskanal, der zwar unsere Interaktion mit Technik fundamental ändert, aber nicht unser Beratungs- und Orientierungsbedürfnis.

Das einzige, was Makler im Zusammenhang mit Sprachassistenten beachten müssen, ist, dass ihre nächste Webseite für Sprache optimiert ist. Ich weiß aus Erfahrung, dass es noch sehr viele Maklerhomepages gibt, die kein Responsive Design besitzen, sprich nicht für die mobile Nutzung optimiert sind. Das ist für den Nutzer am Smartphone zwar nervig, aber trotzdem gelangt er noch an die gewünschte Information. Wenn man allerdings Alexa fragt und sie die Webseite nicht finden oder die Informationen auf dieser Seite nicht lesen kann, dann ist man im oralen Internet nicht mehr präsent. Und das müssen Makler in Zukunft bei Sprachassistenten wie Alexa, Siri & Co. wirklich fürchten.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2018, Seite 104 f.
 
Ein Artikel von
MarKo Petersohn