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12/2014
10. Dezember 2014
Austausch unter Versicherungsmaklern in der virtuellen Welt

Austausch unter Versicherungsmaklern in der virtuellen Welt

Hans Steup, Gründer der Agentur für digitales Marketing "Neue Emotionale“, und Eberhard Ressel sind die Initiatoren der Facebook-Gruppe „Der Versicherungsmakler“. Sie erklären, was hinter dem Netzwerk steckt, und geben Tipps für den Umgang mit und in sozialen Medien.

Erklären Sie uns bitte kurz, wie die Facebook-Gruppe Versicherungs­makler funktioniert.

Eberhard Ressel Die FBMakler sind mit 1.800 Mitgliedern die größte Maklergruppe bei Facebook. Dort besprechen Kollegen alles, womit Versicherungsvermittler im Arbeitsalltag zu kämpfen haben. Und so funktioniert das Dabeisein: Wenn Sie der Gruppe beitreten möchten, tippen Sie www.fbmakler.net in die Adresszeile Ihres Browsers. Melden Sie sich mit Ihren Facebook-Benutzerdaten an und lesen Sie die Gruppenbeschreibung. Sind Sie einverstanden, dann klicken Sie auf „Gruppe beitreten“. Wir prüfen Ihre Anfrage und schalten Sie frei.

Hans Steup Sie können die Freischaltung beschleunigen, indem Sie Ihre berufliche Tätigkeit in Ihr Facebook-Profil schreiben. Tragen Sie dazu in Ihren Profileinstellungen unter „Info > Arbeit und Ausbildung“ Ihre berufliche Tätigkeit ein und stellen Sie die Sichtbarkeit auf ­öffentlich. Das freut auch Kunden und Interessenten, die auf Facebook nach ­Ihnen suchen.

Eine Interessenvertretung soll die Gruppe aber nicht sein, das betonen Sie gerne. Könnte sich das ändern?

ER Die FBMakler helfen sich gegenseitig bei Fragen, Problemen und Sorgen im Arbeitsalltag. Eine Interessenvertretung kümmert sich um die Position der Vermittler und um Lösungen für die anstehenden Probleme im Versicherungsvertrieb. Bei Themen wie Bestandssicherheit, Vergütungssysteme und Nachwuchsgewinnung stoßen wir allerdings manchmal an juristische und fachbezogene Grenzen. Dann verweisen wir an Maklerverbände wie die IGVM.

Unser Eindruck ist, dass sich in der Gruppe nicht ­unbedingt die jungen Makler treffen. Wer nutzt das ­Netzwerk?

ER Altersmäßig bilden wir einen guten Durchschnitt der Branche ab. Das gilt auch für die Anzahl der Frauen, von denen wir uns allerdings einige mehr wünschen würden. Neben Leuten, die erst kurz in der Branche sind, finden Sie viele Vermittler mit einem hervorragenden Wissen aus allen Sparten. Bis jetzt wurde noch jede Frage zumindest mit einem Tipp für den nächsten Schritt beantwortet.

Um welche Fragen geht es hauptsächlich?

ER Der Großteil der Fragen betrifft spezielle Kundenwünsche, für die jemand bei den Kollegen um Rat fragt. Es ist spannend zu lesen, mit welchen Anliegen oder aus welcher besonderen Situation heraus manche Kunden eine Absicherung wünschen. Sei es eine Betriebshaftpflicht für Industriekletterer, eine Reise­rücktrittsversicherung für Klassenfahrten oder Anfragen zur Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherung für Kunden mit seltenen Vorerkrankungen.

Versicherungsmakler haben lange ihr Wissen als Wettbewerbsvorsprung angesehen und es gehütet. Ändert sich dies?

ER Der Privatkunden-Makler in Cottbus nimmt dem Privatkunden-Makler in Bottrop nichts weg. Und der KV-Spezi in Bottrop kommt dem Gewerbe-Spezi in Bottrop nicht in die Quere. Warum sollen die beiden sich also nicht gegenseitig unterstützen? Oder sich alle paar Wochen mit anderen Kollegen im Ort zu einem Stammtisch treffen – so wie es einige der FBMakler tun?

HS Nehmen Sie Wikipedia. Menschen von überall arbeiten zusammen am größten Lexikon der Welt. In anderen Internet-Unternehmen stellen Menschen ihre Kenntnisse und ­Fähigkeiten zur Verfügung und entwickeln gemeinsam komplexe Produkte. Denken Sie an den Firefox-Browser und die Blog-Plattform WordPress. Das Stichwort lautet „Open Source“. Fachwissen ist heute ständig verfügbar und für alle zugänglich. Aus „Open Source“ sollten wir auch in der Versicherungsbranche etwas machen. Die FBMakler wissen das und arbeiten zusammen. Anstatt Angst zu haben, ein Stück vom Kuchen zu verlieren, sollten wir gemeinsam neue ­Kuchen backen.

Soziale Medien dienen oft als Ventil für schlechte Erfahrungen. Welche Rolle spielt in den Netzen der Faktor Unzufriedenheit?

HS Auf der DKM 2011 sprach Internetexperte Sascha Lobo von der Angst vieler Menschen vor sozialen Medien. Das Wort „Angst“ fand ich damals reichlich übertrieben. Seitdem traf ich immer wieder Leute, die ebenfalls sagten, sie hätten Angst vor den sozialen Medien. Sascha Lobo lag also richtig.

Meine Erfahrung zeigt, dass die Angst aus der Ahnungslosigkeit kommt. Glauben Sie nicht nur den Schauergeschichten aus der Presse von ungewollten Facebook-Parties und sogenannten Shit­storms, bei denen ein Einzelner den Zorn vieler abbekommt. Mein Rat direkt an die Vermittler: Nehmen Sie sich Zeit für die neuen Medien und sprechen Sie mit Kollegen, die sich auskennen. Wenn Sie Ihren Kunden keinen Anlass geben, schlecht über Sie zu schreiben, tun sie das auch nicht. Und wenn ein Kunde sich zu Recht beschwert, sehen Sie das als kostenlose Unternehmensberatung. Suchen Sie in jeder Beschwerde einen Punkt zur ständigen Verbesserung.

Facebook, XING, Twitter und Co. sind oft „Zeitfresser“. Wo sind die Stärken und die Schwächen im Umgang mit den sozialen Medien?

HS Auch hier wende ich mich wieder direkt an die Leser: Wenn Sie zu viel Zeit bei Facebook und XING verbringen, liegt es vielleicht daran, dass Sie dort planlos umherbummeln wie ein Kind im Spielzeugladen. Überlegen Sie sich, wen Sie erreichen möchten und was Sie demjenigen zu bieten haben. Will er das wirklich, was Sie haben? Oder ist er genervt von Ihrer Eigenwerbung?

Wenn Sie mit Social Media starten möchten, nehmen Sie sich jeden Tag zwanzig Minuten Zeit. Beginnen Sie zum Beispiel damit, ein schönes Profilfoto machen zu lassen. Am nächsten Tag tragen Sie Ihre beruflichen Angaben im Profil bei XING ein. Tags darauf gestalten Sie Ihre Portfolio-Seite bei XING. Und so weiter. Wenn Sie sich darauf einlassen, bin ich mir sicher, dass Sie in neunzig Tagen nicht mehr ohne XING und Facebook leben möchten.

Wie arbeiten Sie selbst mit den sozialen Medien?

ER Das fragen Sie besser Hans Steup. Der macht den ganzen Tag nichts anderes und hat mittlerweile über 23.500 Kontakte auf XING.

HS Bei mir sind aus zwanzig Minuten am Tag mindestens zwanzig Stunden pro Woche geworden. Auf der letzten DKM nannte mich jemand den Social Media Onkel der Versicherungsbranche. XING, Facebook, Twitter und Google+ erlauben es mir, mit vielen Menschen gleichzeitig eine persönliche Beziehung aufzubauen. Die sozialen Medien geben mir die Möglichkeit, Menschen kennenzulernen, die mir auf der Straße in Kreuzberg nie begegnet wären. So konnte ich schnell Netzwerke aufbauen zu den Themen Vertriebsunterstützung, Versicherungskarrieren und neue Technologien. Dabei hilft mir ­eine klare Ausrichtung und eine Kombination zeitsparender digitaler Werkzeuge.

Ziehen Sie daraus wirtschaftlichen Nutzen?

HS Im Netz teile ich Sachen, die mir gefallen. Ich hoffe, dass andere diese interessant und hilfreich finden und irgendwann eine Stellenanzeige oder einen Social Media-Fahrplan bei mir kaufen. Zurzeit baue ich mit zwei Partnern die Versicherungskarrieren aus in eine vollständige Agentur für digitales Personalmarketing.

ER Für Vermittler gilt: Schreiben Sie in Facebook-Gruppen zu Ihrem Fachgebiet hilfreiche Beiträge und Kommentare statt Werbung. Dann nehmen andere Sie als Experten wahr. Natürlich buchen auch FBMakler meine Trainings und die Beratungstools.

Ehe man sich es versieht, zieht die Karawane im Internet weiter. Wie konstant sind die heute etablierten Netzwerke?

HS Facebook und XING werden sich verändern, aber nicht verschwinden. Deshalb empfehle ich jedem Makler, beide Netzwerke kennenzulernen. Kurznachrichtendienste wie WhatsApp werden in den nächsten Jahren auch für Unternehmen an Bedeutung gewinnen. Wenn Familie Müller ein Kind bekam, erfuhren wir das früher oft erst vier Wochen nach der Geburt. Heute auf Facebook lesen wir es vier Minuten nach dem Schwangerschaftstest. Mit einem Foto des Teststreifens. Und das ist erst der Anfang.

Hans Steup (l.) und Eberhard Ressel (r.) sind die Initiatoren der Facebook-Gruppe „Der Versicherungsmakler“. Die entstandene Plattform mit inzwischen mehr als 1.800 Mitgliedern ist ein beliebter Ort zum Austausch von freien Vermittlern zu fachlichen Themen.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 12/2014, Seite 110f.