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24. September 2015
BU-Verträge: Vorvertragliche Anzeigepflicht, Krankenakte und Co.

BU-Verträge: Vorvertragliche Anzeigepflicht, Krankenakte und Co.

Im Leistungsfall ist entscheidend, was bei der Antragstellung angegeben wurde. Deshalb gilt: Wer sich am Anfang viel Zeit nimmt, wird im Leistungsfall weniger Probleme haben. Aber was ist mit bestehenden BU-Verträgen?

Von Bert Heidekamp, Analyst für biometrische Vorsorgeprodukte und Inhaber von fairtest.de

Im Jahr 2013 hat fairtest.de im Rahmen einer Veranstaltungsreihe in ca. 15 Städten jeweils 60 bis 100 Teilnehmer befragt, was Makler zuerst bewerten, wenn sie einen BU-Bestandsvertrag zur Überprüfung erhalten und der Vertrag nicht älter als zehn Jahre ist. Das Ergebnis: Durchschnittlich waren es nur zwei bis drei Makler, die sich als Erstes die Anträge anschauen. Dabei wäre eine intensive Prüfung der Anträge sowie der Bedingungen wichtig. Aus diesem Grund bietet fairtest.de für Bestandsverträge ein BU-QualitätsCheck-Gutachten an.

Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung keine Seltenheit

Aufgrund der zahlreichen Auswertungen von Bestandsverträgen konnte fairtest.de über die Jahre hinweg eine Statistik erarbeiten, die erschreckend ist: Fast jeder zweite bis dritte Vertrag enthält versteckte vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen. Dabei werden Aspekte als „versteckt“ bezeichnet, wenn noch kein Leistungsfall eingetreten ist, aber die Gefahr einer Leistungsablehnung besteht, falls sich innerhalb der ersten zehn Vertragsjahre ein Leistungsfall feststellen lassen sollte.

Ursachen für vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen

Es wurde herausgefunden, dass eine der Hauptursachen in der Vermittlung selbst liegt. Mit einem vierseitigen Fragenkatalog überprüft fairtest.de unter anderem auch den Abschlussverlauf. Dabei wurde ermittelt, dass ca. 90% der Verträge mit versteckten vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzungen von Vertretern und Vertrieben vermittelt wurden. Man könnte daraus schließen, dass Versicherungsmakler die Antragsaufnahme aus Haftungsgründen wesentlich genauer begleiten. Aber auch die Anzahl der Vertreter ist wesentlich höher als die der Makler, was das Ergebnis ebenfalls beeinflusst. Es liegen aber auch Verträge vor, die von Handelsvertretern einiger Maklerbüros vermittelt wurden, was ein zusätzliches Haftungsrisiko des Maklerbüros bedeuten könnte. Es sind also nicht immer die Versicherer, die nicht zahlen wollen, sondern oft liegt das Problem in der Hand des Vermittlers.

Aber auch die Versicherungsnehmer schätzen einige Erkrankungen nicht sehr gravierend ein. So erachten Versicherungsnehmer zum Beispiel die Angabe einer Sinusitis/Bronchitis (Entzündung der oberen Atemwege mit Sekretfluss und evtl. mit Stirnhöhlenvereiterung) oder ihre regelmäßig verschriebenen Einlagen als nicht wichtig. Doch bereits eine mehrfache und nicht angegebene Sinusitis/Bronchitis kann eine arglistige Täuschung sein. Die Verschreibung von Einlagen beispielsweise ist meistens mit „ärztlichen Behandlungen“ verbunden und kann auf ein Gebrechen hinweisen (zum Beispiel Beinlängendifferenz).

Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung

Je nach Versicherer, Zielgruppen und der Vertriebsorientierung liegen die Ablehnungen im BU-Leistungsfall wegen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung zwischen 3% und 23% (laut statistischer BU-Auswertung 2015 von fairtest.de). Dabei liegt die Ablehnung wegen grob fahrlässiger Verletzung zwischen 0% und 35% und wegen Vorsatzes oder Arglist bei 65% und 100%. Es ist also eher mit einer Anfechtung als mit einem Rücktritt zu rechnen.

Krankenakte & Co.

Ursache kann aber auch der behandelnde Arzt sein. Hier hilft zur Kontrolle der Verlauf der Krankenkasse oder eine Kopie der Krankenakte (dies muss der Arzt in Kopie zur Verfügung stellen, § 630g BGB). Eine spätere Richtigstellung ist schwer oder kaum möglich und ob sich ein Arzt später noch erinnern kann, dass eine Fehldiagnose oder fehlerhafte Abrechnung stattfand, ist eher unwahrscheinlich. In einem Versicherungsverlauf stand zum Beispiel „Suchtbehandlung (Alkohol)“, es war eine Fehlabrechnung und der Arzt praktizierte nicht mehr. Die Kundin hatte einen Hürdenlauf von ca. sechs Monaten, um alles wieder richtigstellen zu lassen.

In einem anderen Beispiel hatte der Versicherungsnehmer im Oktober 2010 einen Bandscheibenvorfall. 2011 beantragte er Leistungen bei seinem Versicherer. Nach Prüfung der Unterlagen durch den Versicherer stellten sich mehrere Ungereimtheiten heraus, unter anderem, dass im Versicherungsverlauf eine „Knochen-Prothese/fremder Körperteil“ enthalten war – die der Versicherungsnehmer aber selbst nie hatte. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es im Diagnoseschlüssel eine Verwechslung gegeben hatte. Der Versicherungsnehmer hat für die Richtigstellung knapp ein Jahr benötigt.

Den Artikel lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition Arbeitskraftsicherung, Seite 16f.