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11. September 2015
DIW-Forscher: „Die gesetzliche Rente ist keine Sparbüchse, sondern eine Versicherung“

DIW-Forscher: „Die gesetzliche Rente ist keine Sparbüchse, sondern eine Versicherung“

Eine DIW-Studie zeigt, dass jüngere Versicherte in Relation zu ihren Einzahlungen weniger Altersrente herausbekommen als ältere. Die Verzinsung fällt, was auch durch die 1992 eingeführten dauerhaften Abschläge bei einem vorzeitigen Wechsel in den Ruhestand zu erklären ist. Das DIW warnt vor einer zu niedrigeren Verzinsung: Das Risiko der Altersarmut steige damit.

Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) für die Geburtsjahrgänge 1935 bis 1945 zeigt: Jüngere Jahrgänge haben mehr in die Rentenversicherung einzahlen müssen, erhalten jedoch weniger an Altersrente. Die sogenannte inflationsbereinigte Verzinsung der Rentenbeiträge, also die Differenz zwischen dem Kapitalwert der Rentenbeiträge und dem Kapitalwert der Rentenauszahlungen, sinke bei den Altersrenten für Männer über die untersuchten Jahrgänge von 2,4 auf 1,2% und für Frauen aufgrund der höheren Lebenserwartung von 5,2 auf 3,7%, so das DIW. „Die Altersrente für ältere Jahrgänge fällt großzügiger aus als für jüngere, damit ist die Verzinsung über die Zeit gefallen“, sagt Holger Lüthen, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und in der Abteilung Staat des DIW Berlin. Man könne jedoch – wie Lüthen betont – die gesetzliche Rentenversicherung nicht auf einen Ansparprozess für das Alter reduzieren, sondern müsse auch die Versicherungsfunktion berücksichtigen. Besonders deutlich werde diese bei der Erwerbsminderungsrente, also Frührente: Diese bietet mit rund 3% für Männer und 5% für Frauen eine größere Verzinsung, für die sich zudem kein deutlicher Trend nach unten abzeichnet.

Starker Anstieg der Rentenbeiträge

Ein Grund für die niedrigere Verzinsung läge an gesetzlichen Reformen aus dem Jahr 1992. Seitdem müssen Rentnerinnen und Rentner dauerhafte Abschläge bei einem vorzeitigen Wechsel in den Ruhestand hinnehmen. Die DIW-Berechnungen ergeben, dass diese Reform für maximal 20% der rückläufigen Verzinsungen der Rentenbeiträge bei Männern und für 30% des Trends bei Frauen verantwortlich ist. Größer sei der Einfluss von Renten und Beiträgen, erklärt das DIW: Frauen und Männer des Jahrgangs 1945 bekämen zwar nur etwas weniger Rente als Frauen und Männer des Jahrgangs 1935 – sie haben aber deutlich höhere Rentenbeiträge gezahlt: Männer 30% mehr (199.000 Euro statt 152.000 Euro) und Frauen 40% mehr (68.000 Euro statt 48.000 Euro). Den Grund dafür findet man laut DIW darin, dass die Beitragssätze und die maximal einzuzahlenden Beträge im Laufe der Jahre deutlich gestiegen sind. Mussten Beschäftigte im Jahr 1949 nur 10% ihres sozialversicherungspflichtigen Einkommens oder maximal 1.410 Euro pro Monat in die Rentenversicherung einzahlen, waren es im Jahr 2009 19,9% oder maximal 11.172 Euro monatlich.

DIW-Forscher fordert breitere Datenbasis für Rentenreformen

Der DIW-Wissenschaftler Lüthen unterstreicht: „Die gesetzliche Rente ist keine Sparbüchse, sondern eine Versicherung.“ Die Verzinsung der Rentenbeiträge dürfe allerdings nicht zu klein werden. Andernfalls drohe die Rentenversicherung an Attraktivität zu verlieren, zudem würde für die Versicherten das Risiko, im Alter arm zu sein, immer weiter steigen. Im Zuge des demografischen Wandels und folglich auch künftig anstehender Rentenreformen sei es daher wichtig, die Auswirkungen solcher Reformen zuverlässig berechnen zu können. Lüthen spricht sich dafür aus, für entsprechende Untersuchungen künftig grundsätzlich – wie im Falle seiner Studie – auch reale Lebensläufe heranzuziehen statt ausschließlich stilisierte Biografien, die die gesamte Bevölkerung repräsentieren sollen, dies aber nur unzureichend können. So ließe sich die Aussagekraft von Vorausberechnungen erhöhen. Genaueres lässt sich im aktuellen Wochenbericht des DIW nachlesen. (ad)