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19. März 2018
Erfolg im Gewerbegeschäft geht heute anders

Erfolg im Gewerbegeschäft geht heute anders

Wie man vom Verkäufer zum Risikocoach wird, wissen Thomas Burdack und Nikolaus Stapels, Experten bei gewerbevertrieb.de, genau. Sie haben sich das Know-how aus ihren erfolgreichen Tätigkeiten in der Assekuranz erarbeitet und berichten nun von den Hebeln und Strategien, die Vermittler im Gewerbegeschäft gezielt weiterbringen.

Was sind die Erfolgsfaktoren für einen umsatzstarken Vertrieb im Gewerbegeschäft?

Thomas Burdack: Durch meine langzeitigen Erfolgsanalysen habe ich fünf Hebel oder Treiber identifiziert, die den garantierten Erfolg im Gewerbegeschäft ausmachen. Im Einzelnen sind das: Mindset (eigene Einstellung/Verhalten), Strategie (welcher Weg führt zum Ziel), Fach- und Verkaufswissen, Struktur (Standards und Beratungskonzepte) sowie digitale Werkzeuge.

Warum nennen Sie Mindset an erster Stelle?

TB: Um neue Herausforderungen und „unverschämte“ Ziele anzupacken, muss man einen Traum oder Wunsch haben, der inspiriert und hohe Leistungsbereitschaft erzeugt. Monetäre Gründe allein reichen nicht. Nur wer Lust auf die „Spezies“ Unternehmer hat, der weiß, wie sie ticken und ihnen einen ganz besonderen Nutzen stiften will, ist im Firmenkundenvertrieb erfolgreich.

Das Privatkundengeschäft bekommen die Versicherer mit dem rasanten Fortschritt der Digitalisierung auch ohne den persönlichen Vermittler immer stärker in ihre Bücher. Deshalb ist der Fokus auf das Gewerbegeschäft zukünftig noch bedeutender für den Vermittler, und die Bereitschaft zur Investition in Weiterbildung gehört dann ebenfalls zum Mindset. Gewerbeversicherungen sind leider seit Langem nicht mehr prüfungsrelevanter Ausbildungsgegenstand unserer Branche. Wer aber Firmen nur mit seinem geprüften Privatkundenwissen berät, handelt grob fahrlässig.

Die produktive Arbeitszeit des Klein- und Mittelständlers ist sein wertvollstes Gut. Er befasst sich deshalb nicht mit zeitraubenden Steuer-, Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen oder sucht selber im Internet die Lösungen. Die ständige Verfügbarkeit dieser vier externen Berater führt ihn schnell und kompetent durch das Labyrinth artfremder Betriebsthemen. Wer hier kein Rollenverständnis wie gute Steuer- oder Rechtsberater hat und nicht aus seinem Verkäuferanzug rauskommt, behält in dieser Klientel das lädierte Image des Versicherungsvertreters. Mein Appell: Vollziehen Sie den Wandel vom Verkäufer von Versicherungen zum Risikocoach und Einkäufer von Risiken.

Welche Strategie empfehlen Sie denn dem Vermittler von Gewerbeversicherungen?

TB: Auch hier nenne ich wiederum fünf Schritte zur Umsetzung einer erfolgreichen Strategie: Erstens ist es wichtig, die eigenen Stärken zu erkennen und nicht den Großteil der Energie den eigenen Schwächen zu widmen. Zweitens: Das Motto muss lauten: „Konzentration statt Verzettelung“. Denn: Wer Neues machen will, muss erst Altes ab-/aufgeben. Drittens: Es ist essenziell, den „Engpass“ der Zielgruppe zu finden. Wer das brennendste Problem seiner Kunden kennt und am besten löst, macht sich unentbehrlich. Viertens: Nur mit Innovation gelangt man zu Alleinstellungsmerkmalen. Gerade die Digitalisierung lässt viele kreative Problemlösungen zu. Und last, but not least fünftens: Zielgruppenbesitzer wird man nur durch Kooperationen. Auch andere Branchen bedienen ja die gleiche Zielgruppe. Warum also nicht gemeinsam Mehrwerte und eine „Jagd- und Beutegemeinschaft“ schaffen?

Welches Fachwissen muss denn der Gewerbeversicherungsvermittler im Rucksack haben?

Nikolaus Stapels: Basis ist natürlich das Sparten- und Produktwissen. Die Schwäche vieler Vermittler liegt aber in der Analyse, um alle Werte und Risiken von Unternehmen vollständig zu erkennen. Auch die sogenannte Policenpathologie darf sich nicht nur auf den Preisvergleich beschränken. Billiger sein reicht nicht. Wer über den Preis kommt, geht auch wieder über den Preis. Erwischen Sie den Wettbewerb doch mal bei Fehlern im Deckungskonzept oder bei der Summenermittlung. Das bricht Vertrauen und schafft Wechselbereitschaft beim Kunden.

Der Trendforscher Sven Gábor Jánszky prognostiziert, dass wir in zehn Jahren zu 50% Risikocoach und zu 50% Risikomanager sind. Als Coach werden wir verhindern, dass Schäden eintreten. Als Risikomanager werden wir neu auftretende Schadenwahrscheinlichkeiten absichern. Dem tragen Weiterbildungen zum zertifizierten Risk Manager (ISO 31000), zum TÜV-zertifizierten Gewerbeberater oder zum zertifizierten Cyberexperten Rechnung, und deshalb bieten wir diese anspruchsvollen Weiterbildungen gemeinsam mit ausgesuchten Kooperationspartnern an. Auch der von mir entwickelte digitale Notfallordner für Unternehmen ist hierfür ein Beispiel.

Als Erfolgstreiber nannten Sie auch Beratungsstandards. Sind Standards nicht eher ein Thema für das Breitengeschäft?

NS: So wie die Anamnese dem Arzt ein genormtes Vorgehen zur Erstellung der Diagnose abverlangt, so sollte auch der Versicherungsberater strukturiert vorgehen. Das ist derzeit aber noch eine (zu) große Herausforderung für Vermittler und deren Organisationen. Obwohl die IDD hier ein wichtiger Treiber ist, gelingt es den Vertriebsorganisationen und den IT-Managern nicht, die Wünsche, Bedürfnisse und Ziele ihrer Gewerbekunden nach einheitlichem Vorgehen zu erfassen, um gleiche Lösungen zu erhalten. Hier macht der Arbeitskreis Beratungsprozesse einen sehr wichtigen Job.

Softwaretools könnten ebenfalls ein standardisiertes Vorgehen sowie Zeit- und Qualitätsvorteile schaffen. Die heute im Markt befindlichen Gewerbeprogramme fokussieren sich aber weitgehend auf Produkt-, Preis- und Bedingungsvergleiche. Eine Werte- und Risikoinventur, die einer Produktauswahl vorausgehen muss, überlässt man weiterhin dem Können des Beraters. So ist es bei den meisten Vermittlern noch zufallsgetrieben, ob zum Beispiel das Cyberrisiko oder der Verlust durch Forderungsausfall zur Sprache kommen. Hier bieten wir Entwicklern von Gewerbeberatungssoftware eine Zusammenarbeit an, um diesen unerlässlichen Teil der Beratung auch digital zu lösen.

Dazu zwei Beispiele: Mit der Ermittlung von Versicherungssummen für Cyberrisiken haben über 86% der von uns befragten Berater keine Erfahrungen. Die Versicherer bieten hier nur pauschale Deckungssummen an. Auch die Kunden sind mit der Summenermittlung überfordert. Ich habe deshalb eine Software entwickelt, die eine Gefährdung durch Cyberrisiken einschätzt und dann die individuelle Versicherungssumme ermittelt. Als Basis hierfür habe ich umfangreiche Schadenauswertungen herangezogen.

Ungenau ist vielfach auch die Wertermittlung von Gewerbebauten. Oft werden einfach die Werte aus der Vorversicherung ungeprüft übernommen. Nunmehr liefert auch hier eine gediegene Software die Versicherungssummenermittlung auf Basis von Katasteramtsdaten und künstlicher Intelligenz. Ein Foto mit dem Smartphone reicht, um die Wertermittlung zu starten.

Das Interview lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition „Gewerbeversicherung“, Seite 12.

 
Ein Artikel von
Thomas Burdack
Nikolaus Stapels