AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
9. April 2018
Hinweispflichten des Unfallversicherers gegenüber der versicherten Person

Hinweispflichten des Unfallversicherers gegenüber der versicherten Person

Ein Unfallversicherer hat gewisse Hinweispflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer. Doch trifft ihn diese Pflicht auch gegenüber der versicherten Person, zum Beispiel im Falle einer Versicherung auf fremde Rechnung?

Èine Hinweispflicht des Unfallversicherers besteht lediglich gegenüber dem Versicherungsnehmer, nicht jedoch gegenüber der versicherten Person. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden. Weist der Versicherer den Versicherungsnehmer rechtzeitig auf etwas die Versicherung betreffendes hin, so kann er sich gegenüber der versicherten Person auf Ausschlussfristen der Versicherungsbedingungen berufen.

Versicherer bezweifelt den Unfall

Im konkreten Fall war eine Frau aus dem Fenster gestürzt, nachdem sie sich vor geöffnetem Fenster auf einen Sessel gestellt hatte. Sie verlangte daraufhin Leistungen aus der privaten Unfallversicherung ihres zwischenzeitlich verstorbenen Ehemanns.

Die Versicherung schickte ein Schreiben an den Ehemann der Klägerin als Versicherungsnehmer, in dem sie darauf hinwies, dass zur Feststellung der Invalidität eine 15-Monats-Frist gelte. Schließlich war der Versicherer der Ansicht, der Sturz sei entweder im Rahmen eines Suizidversuchs oder unter einer Geistes- oder Bewusstseinsstörung erfolgt. In beiden Fällen bestehe kein Versicherungsschutz.

Fenstersturz als Unfall trotz Depressionen?

Das Oberlandesgericht entschied, dass die Klägerin Anspruch auf Krankenhaustagegeld hat. Der Versicherer hätte den Nachweis erbringen müssen, dass der Sturz aus einem Fenster kein Unfall war. Nach Meinung des Gerichts ist dieser Nachweis jedoch nicht erbracht, wenn der der vom Versicherten dargestellte plausible Ablauf nicht widerlegt ist. Dabei ist unerheblich, dass die Klägerin sich seit langem wegen manischer Depressionen und einer bipolaren Störung in psychologischer Behandlung befand und sich bereits einmal versuchte zu erhängen. Es sei plausibel, dass sie unfreiwillig stürzte, weil sie das Gleichgewicht verlor.

Keine weitere Hinweispflicht bei Versicherung auf fremde Rechnung

Ansprüche auf Invaliditätsleistung seien allerdings unbegründet. Eine Invalidität wurde ärztlich nicht festgestellt. Der Versicherer kann sich laut dem Gericht auch auf den Ablauf der Ausschlussfrist berufen. Sie hatte den Ehemann und Versicherungsnehmer auf die Notwendigkeit der Invaliditätsfeststellung und die Frist ordnungsgemäß hingewiesen. Dies reiche gemäß § 186 VVG aus und müsse auch im Rahmen der „Versicherung für fremde Rechnung“ nicht zusätzlich gegenüber der versicherten Person erfolgen. Und zwar auch dann nicht, wenn diese, und nicht der Versicherungsnehmer, den Schadenfall angezeigt hat. Denn bei einer Versicherung für fremde Rechnung sei davon auszugehen, dass der Versicherungsnehmer auch für die Einhaltung der Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen sowie Fristen zugunsten der versicherten Person Sorge trage.

Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen. (tos)

OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.02.2018, Az.: 12 U 111/17