AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
19. Juni 2018
Krankentagegeld: Immer neue Karenzzeit bei gleichem Versicherungsfall?

Krankentagegeld: Immer neue Karenzzeit bei gleichem Versicherungsfall?

Die Leistungspflicht der Krankentagegeldversicherung endet in der Regel, sobald der Versicherte wieder arbeitsfähig ist. Was aber, wenn die Krankheit weiterhin behandelt werden muss, der Versicherungsfall also noch nicht beendet ist und abermals eine Arbeitsunfähigkeit auftritt?

Wenn der Versicherte wieder arbeitsfähig ist, endet in der Regel auch die Leistungspflicht der Krankentagegeldversicherung. In einem aktuellen Fall dauerte die Erkrankung jedoch an und war weiterhin behandlungsbedürftig, auch wenn der Versicherte zwischenzeitlich arbeitet. Der Bundesgerichtshof musste darüber entscheiden, was passiert, wenn also der Versicherungsfall andauert und in diesem Zeitraum weitere Arbeitsunfähigkeiten eintreten.

Neue Karenzzeit nach „Belastungsprobe“?

Im konkreten Fall klagte ein Psychotherapeut gegen seine Krankentagegeldversicherung auf Leistung für Karenztage. Im Versicherungsvertrag waren 3 Karenztage vereinbart. Er litt seit November 2008 an einer depressiven Erkrankung. Im Juni 2011 attestierte ihm der Arzt, dass er seitdem arbeitsunfähig sei. An einzelnen Tagen seien «Belastungserprobungen» erfolgt, während der der Kläger arbeitete. Die Erkrankung habe aber auch an diesen Tagen bestanden. Die Versicherung zahlte für den genannten Zeitraum Tagegeld, außer für die Tage, an denen der Kläger als Therapeut tätig war. Außerdem zahlte sie nicht für im Anschluss jeweils erneut angefallene Karenztage. Für diese Tage fordert der Kläger nun die Zahlung von Krankentagegeld.

Nachdem das Landgericht der Klage nur teilweise stattgegeben hatte, verfolgte der Kläger sein Anliegen vor dem BGH weiter. Dieser bestätigte, dass es sich bei der «Belastungsprobe» um eine Ausübung beruflicher Tätigkeit gehandelt habe. Diese unterbrach jeweils die Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Tarifbedingungen und damit auch die Leistungspflicht. Allerdings rechtfertige dies laut dem BGH auch, dass jeweils neue Karenzzeiten angesetzt wurden, wenn die Arbeitsunfähigkeit erneut eintritt. Es komme hierbei auf die Karenzzeitregelung im Einzelfall an.

Erneutes Ansetzen von Karenzzeit abhängig von Tarifbedingungen

Ist der Lauf der Karenzzeit an den Versicherungsfall geknüpft und endet die Arbeitsunfähigkeit obwohl die Krankheit weiter behandelt werden muss, so hat der Versicherte Anspruch auf Tagegeld, wenn er erneut arbeitsunfähig wird, ohne dass ihm erneut Karenzzeit angerechnet wird, weil es sich um denselben Versicherungsfall handelt. Die Karenzzeit kann dann für jeden Versicherungsfall nur einmal angesetzt werden. Ist hingegen der Lauf der Karenzzeit an den Leistungszeitraum bzw. den Eintritt von Arbeitsunfähigkeit geknüpft, so kann laut BGH die Karenzzeit innerhalb eines Versicherungsfalles mehrfach zum Tragen kommen. Im Streitfall ergebe die Auslegung der Bedingungen, dass diese auf den Beginn des Versicherungsfalles abstellen, so dass die Karenzeit insgesamt nur einmal angesetzt werden darf.

Dennoch hat der BGH den Fall an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Dieses muss klären, ob die Versicherung wegen Berufsunfähigkeit beendet sei und der Versicherte somit keinen Anspruch auf Krankentagegeld mehr hat. Der Kläger hatte nämlich von einem anderen Versicherer bereits rückwirkend eine Berufsunfähigkeitsrente erhalten. (tos)

BGH, Urteil vom 09.05.2018, Az.: IV ZR 23/17