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16. April 2018
Leitbild des Maklers: Hochwertige Beratung und fachmännische Risikoerfassung

Leitbild des Maklers: Hochwertige Beratung und fachmännische Risikoerfassung

Versicherungsmakler müssen sich noch mehr auf ihre wichtigsten Aufgaben konzentrieren: gute Beratung und umfassende Risikoanalyse. Darauf lässt sich die Positionierung gegenüber Kunden und Versicherer aufbauen. Zudem sollten Makler genau hinsehen, welche Arbeiten künftig die Versicherer und welche sie selbst übernehmen, sagt Dr. Georg Bräuchle, seit November 2015 Präsident des Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e. V. (ehemals VDVM) und Geschäftsführer der Marsh GmbH.

Herr Dr. Bräuchle, herrscht bei Versicherungsmaklern nach all den Regulierungsmaßnahmen dennoch business as usual?

Im Moment gibt es natürlich noch eine gewisse Unsicherheit, weil wir noch keine endgültigen Verwaltungsvorschriften haben, wie die IDD umzusetzen ist. Denken wir beispielsweise an das Thema Weiterbildung. Da gibt es ja noch einige Detailfragen, die geklärt werden müssen. Aber auf der anderen Seite, ja, besteht auch eine gewisse Gelassenheit dahingehend, dass wir die Vorschriften gut und rechtzeitig erfüllen können.

Haben Sie denn Frieden damit geschlossen, dass es in Deutschland die Unterscheidung zwischen Versicherungsberater und Versicherungsmakler gibt und man sich hier nicht zu der österreichischen Lösung, also dem „Versicherungsmakler- und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ hat durchringen können?

Diese Unterscheidung gab es ja schon immer. Unser Ansinnen ist es, dass diese Unterscheidung hinfällig wird und entsprechend der Situation in Österreich geregelt wird. Das halten wir nach wie vor für den richtigen Ansatz. Aber da wird sich jetzt kurzfristig nichts ändern, die Reform steht. Wir werden natürlich an unserer Forderung festhalten, wenn sich der Gesetzgeber der Versicherungsvermittlung das nächste Mal widmet.

Erwarten Sie, dass die Regulierung eine neue Qualität in der Beratung bringen wird? Ihr Verband will sich ja als Verband der Qualitätsmakler vom Markt absetzen.

Unser Verband hat jetzt fast 900 Mitglieder, beim DIHK registriert sind über 40.000 Makler. Daher ist das natürlich nur ein kleiner Ausschnitt. Aber wir und auch der Gesetzgeber wollen ein hohes Qualitätsniveau. Wenn wir das erfüllen, wird uns der Gesetzgeber auch wieder zuhören. Die regelmäßige Weiterbildung ist ja ein Schritt in die richtige Richtung. Die industriellen und professionellen Nachfrager nach unseren Dienstleistungen, mit denen sich ein Großteil unserer Mitglieder hauptsächlich beschäftigt, schauen von sich aus auf die Professionalität ihrer Makler. Probleme gibt es eher bei der Beratung von Privatkonsumenten. Die Öffentlichkeit unterscheidet aber bei Missbrauchsfällen nicht und deshalb haben wir ein großes Interesse, unseren Qualitätsaspekt quasi als Monstranz vor uns herzutragen.

Erwarten Sie denn eine Spreizung am Markt?

Also, ich kann mir vorstellen, dass Makler, die keine hochwertige Beratung anbieten können, sich künftig schwertun, sich gegen InsurTechs und andere Vertriebswege zu behaupten. Spreche ich aber mit unseren Mitgliedsunternehmen, die im Privatkundengeschäft tätig sind, höre ich nichts von solchen Problemen: Die leisten eine gute Beratung und sehen sich deshalb nicht ernsthaft bedroht. Wer jedoch nur den Tarif ablesen kann, der wird langfristig keine Überlebenschance mehr haben.

Nun wagen ja einige Makler den Sprung in das Gewerbegeschäft. Wie beobachten Sie die Entwicklung?

Dafür muss man qualifiziert sein. Gewerbegeschäft wird häufig unterschätzt. Zwar sind die Prämienvolumina dort gar nicht so hoch, trotzdem lauern natürlich auch im Kleingewerbebereich besondere Risiken. Einen in dieser Hinsicht sehr anschaulichen Fall hatte der BGH 2014 zu entscheiden: Ein Versicherungsmakler hatte für einen Kachelofenbauer eine Betriebshaftpflichtversicherung eingedeckt. Nicht berücksichtigt wurde, dass der Kachelofenbauer ab und zu auch mal reine Fliesenlegerarbeiten ausführte. So hatte er für eine Dialysepraxis ein Wasserbecken gefliest, das war undicht, das Wasser trat in das Gebäude ein und es entstand ein ziemlich hoher Schaden. Versichert war aber nur das Betriebs­risiko „Kachelofenbau“, nicht auch „Fliesenleger“. Die Risikoerfassung und damit die Betriebsbeschreibung waren unzureichend. Auch beim Gewerbegeschäft ist eine gründliche und fachmännische Risikoerfassung enorm wichtig, sonst gibt es Haftungsfälle.

Standardprodukte der Versicherer helfen da wenig?

Natürlich verstehe ich, dass Versicherer ihre Admin-Kosten niedrig halten müssen, und das tun sie mit den Standard­deckungen. Entscheidend sind aber die Beratung und die Risikoerfassung im Vorfeld. Dann kann ich entscheiden: Tut es eine Standarddeckung oder brauche ich hier mehr? Ein guter Rat ist es, große Sorgfalt auf eine umfassende Betriebsbeschreibung zu verwenden, damit eben alle Risiken erfasst und abgesichert werden.

Präventionsmaßnahmen spielen dabei eine immer größere Rolle. Lohnt sich dies für den Makler?

Wenn ein Makler eine hochwertige Beratungsdienstleistung abliefert, dann spürt dies das Unternehmen. Das lohnt sich dann auch finanziell, der Makler wird hier eine entsprechende Vergütung erzielen. Gegebenenfalls auch mit einem Zusatzhonorar. Das rate ich auch allen Kollegen, sich hier selbstbewusst zu positionieren.

Ich kann auch an dieser Stelle nur noch einmal wiederholen, dass die Zukunftsentwicklung davon geprägt sein wird, dass sich der Makler um seine Beratungsaufgaben kümmern muss. Die Beratung über die Risikosituation wird ein ganz wichtiger Aspekt sein. Durch die zunehmende Komplexität, auch getrieben durch die Digitalisierung bei den Firmenkunden, nimmt diese Bedeutung noch zu. Da muss der Makler wirklich ausgeschlafen sein. Wenn er es ist, wird auch die Vergütung stimmen.

Wie sieht es denn in der Zusammenarbeit mit den Ver­sicherern aus? Wo gibt es besonderen Handlungsbedarf?

Die Versicherer haben alle Druck, ihre Admin-Kosten im Griff zu behalten. Gleichzeitig müssen sie die Digitalisierung stemmen und ihre IT modernisieren. An dieser Stelle geht es nun immer darum, wie wir unsere Arbeitsprozesse abstimmen, um möglichst effizient die Policen und das gesamte Geschäft zu verwalten – und das ohne Doppelarbeiten. Dabei geht es auch darum, den Kuchen zu verteilen: Wer bekommt wie viel für seine Admin-Arbeit? Wie weit will ein Versicherer einem Makler entgegenkommen, der Policen oder Risikoberichte erstellt? Das Thema Arbeitsteilung kann man durchaus als Verteilungskampf sehen. Hier werden wir mit den Versicherern noch einige Diskussionen haben.

Und natürlich hat sich auch das Thema Schadenregulierung bisher nicht in Wohlgefallen aufgelöst, obwohl ich schon das Gefühl habe, dass sich an der einen oder anderen Stelle ein anderes Bewusstsein bildet und eine entgegenkommendere Regulierung entsteht. Auch sind wir mit der Zeichnungsbereitschaft für bestimmte Risiken und Branchen nicht zufrieden. Hier sehen wir bei einigen Versicherern immer noch generalisierte Zeichnungsverbote für bestimmte Branchen wie etwa die Holz- oder Recyclingindustrie.

Lassen Sie uns noch einmal auf die Arbeitsteilung sehen. Geht es hier nur um Geld oder auch um den Zugang zum Kunden?

Wir müssen natürlich aufpassen, dass sich der Versicherer hier nicht an die Kundenschnittstelle setzt. Wir als Makler wollen diese weiterhin besetzen. Deshalb ist es wichtig, dass Makler sich mit den Versicherern verständigen, wie IT-Lösungen in der Admin künftig aussehen.

Wie könnte denn der Versicherer die Kundenschnittstelle besetzen?

Das kann der Versicherer etwa insofern machen, als er eine IT-Lösung anbietet, mit der der Kunde beispielsweise Umsatz- oder Schadenmeldungen über ein Portal direkt an den Ver­sicherer melden kann. Das ist ein Thema, wo ich als Makler sagen muss: „Obacht, will ich das wirklich zulassen?“

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2018, Seite 104 f.

 
Ein Artikel von
Dr. Georg Bräuchle