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23. Juli 2015
Maklerpflichten: „Ob man sich diese Arbeit noch leisten kann, zeigt sich innerhalb der nächsten zwei Jahre“

Maklerpflichten: „Ob man sich diese Arbeit noch leisten kann, zeigt sich innerhalb der nächsten zwei Jahre“

AssCompact hat bei Versicherungsmaklerinnen und -maklern nachgefragt, was sie selbst als ihre Pflichten ansehen und was sich durch die Regulierung für sie geändert hat. Heute gibt Versicherungsmaklerin Andrea Nicola Mayr ihre Einschätzung ab.

Die Maklerpflichten haben immer mehr zugenommen. Wie definieren Sie für sich Ihre drei wichtigsten Pflichten?

1. Unabhängige Beratung, das heißt, sich in den Kunden hinein versetzen und ihm nur das empfehlen, was er tatsächlich braucht und für seine Zukunft eine wichtige Säule darstellt.

2. Regelmäßige „Check-up- Termine“, um immer wieder auf dem aktuellsten Stand zu sein. Nichts ist schlimmer als einen Vertrag zu schließen und sich dann nicht mehr darum zu kümmern.

3. Dasein im Schadenfall – das sind die Momente, in denen der Kunde spürt, dass es auch auf kleine Klauseln ankommt und eben auf die Kompetenz und Weitsicht des Maklers.

Was hat sich durch die Regulierung diesbezüglich geändert?

Nichts.

Die Pflichten sind sehr stark mit Haftungsfragen verbunden. Fühlen Sie sich hier unter Druck?

Man stellt sich immer wieder die Situation in einem Gerichtssaal vor, während der Richter einem unangenehme Fragen stellt. Kann man die alle guten Gewissens beantworten, sollte man – hoffentlich – nichts zu befürchten haben. Aber ja, der Job ist nicht ohne. Dass er einen im schlimmsten Fall die Existenz kosten kann, wissen die wenigsten Kunden. Und natürlich wächst da der Druck.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen durch den Gesetzgeber nicht nur Maklerpflichten aufgebürdet wurden, sondern auch, dass Sie Rechte verloren haben?

Die Stimmung ist gerade erdrückend schlecht. Aber das liegt hauptsächlich an den neuen Vergütungsmodellen und den Umsetzungen des LVRGs. Es fehlt einfach die Anerkennung für die Makler unter uns, die einen wirklich guten Job machen. Wir – mein Bürokollege und ich – haben das Gefühl, man ist einfach nicht mehr in der Branche erwünscht, seitens des Gesetzgebers.

Wie sieht das Verhältnis zu den Produktgebern aus?

Nach wie vor gut. Aber die Stimmung ist zurzeit schlecht. Ich persönlich finde, die Produktgeber könnten sich doch auch auf andere Art und Weise beteiligen und sich mehr auf die Seite der Vermittler stellen, um die Stimmung zu heben und die Makler dort draußen zu unterstützen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem unabhängigen Zuschuss zu den Bürokosten? Oder sie bezahlen Papier und Druckerpatronen als kleinen Ausgleich für den Provisionseinbruch? Oder finden andere Lösungen …?

Wie sehen Sie die künftige Entwicklung?

Für mich wird es erst einmal ein Überlebenskampf. Ich schätze, es wird sich innerhalb der nächsten zwei Jahre zeigen, ob man sich diese Arbeit – die mir immer wahnsinnig viel Spaß gemacht hat – noch leisten kann.

Ich würde mir im Zusammenhang mit dem Thema Rechte/Pflichten wünschen, dass …

Rechte und Pflichten ausgeglichen und im Verhältnis zueinander stehen. Schön wäre vielleicht ein Ratgeber – ein Buch oder eine Magazinbeilage – in dem Fallbeispiele erläutert werden. Sprich, ganz konkret: Welche Makler hatten wegen welcher Vorwürfe in der Vergangenheit Probleme oder wurden verklagt und wie waren die Urteile, sodass man in Bezug auf seine eigene Arbeit mehr sensibilisiert wird. Ein Beispiel: Makler Heinz hat kein Beratungsprotokoll angefertigt – vor Gericht steht es Aussage gegen Aussage, er musste Entschädigungsleistungen in Höhe von x Euro zahlen. Das ist natürlich nur ein vereinfachtes Beispiel, aber es wäre mal schön zu wissen, was bislang in der Realität alles passiert ist.

Zur Person

Andrea Nicola Mayr ist Versicherungsmaklerin und Karrierecoach in Erlangen. Zusammen mit ihrem Kollegen Thomas Pieczynski berät sie insbesondere Akademikerinnen und Akademiker. Mayr belegte beim „Jungmakler Award 2014“ den dritten Platz in der Kategorie Neugründung.

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Ein Artikel von
Andrea Nicola Mayr