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9. August 2016
Nervengift in der Flugkabine: Sozialgericht weist Klage gegen Unfallversicherung ab

Nervengift in der Flugkabine: Sozialgericht weist Klage gegen Unfallversicherung ab

Ein Flugbegleiter hat gegenüber der zuständigen Unfallversicherung auf Anerkennung einer Berufskrankheit wegen vergifteter Kabinenluft geklagt. Die Klage wurde vom Sozialgericht Berlin abgewiesen.

Ein Flugbegleiter war auf Grund einer diagnostizierten Nervenleitstörung und einer psychischen Erkrankung von Ärzten als fluguntauglich und damit arbeitsunfähig eingestuft worden. Der Kläger führte die Erkrankung auf vergiftete Kabinenluft im Flugzeug zurück und beantragte bei der Unfallversicherung die Anerkennung einer Berufskrankheit. Es bestehe Arbeitsunfähigkeit nach einer TCP-Vergiftung.

Berichte über Nervengift in der Kabine häufen sich

Berichte dieser Art von Piloten, Stewardessen und Flugbegleitern häufen sich laut dem Sozialgericht seit einigen Jahren. Als eine Ursache wird immer wieder das Nervengift TCP (Trikresylphosphate) genannt, das möglicherweise zusammen mit Öldämpfen von den Triebwerken durch die Belüftungsanlage an Bord der Maschinen gelangt. Vorkommnisse, bei denen in der Kabine plötzlich ein beißender Geruch wahrgenommen wird, bezeichnet man als „fume event“.

Berufskrankheit nur bei dauerhafter Belastung

Ein solches Ereignis hätte der Flugbegleiter im Oktober 2011 erlebt, woraufhin er erkrankt sei. Bei Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit der Berufsausübung kann ein Anspruch auf Verletztenrente gegen die Unfallversicherung bestehen. Allerdings nur, wenn eine „Berufskrankheit“ als Folge einer dauerhaften beruflichen Belastung (§ 9 SGB VII) oder ein Arbeitsunfall, also ein Schaden aufgrund eines konkreten, einmaligen Ereignisses (§ 8 SGB VII) festgestellt worden ist.

Mangel an Erkenntnissen über Gefahrstoffe in Flugzeugen

Im vorliegenden Fall ließ sich jedoch nicht beweisen, dass die Nervenerkrankung auf eine dauerhafte Belastung durch vergiftete Luft an Bord zurückzuführen ist. Die Klage auf Anerkennung einer Berufskrankheit wurde vom Sozialgericht Berlin abgewiesen. Es liege keine (von der Berufskrankheitenverordnung) anerkannte Berufskrankheit vor. Auch die Einstufung der Erkrankung als sogenannte (mit anerkannten Krankheiten vergleichbare) „Wie-Berufskrankheit“ komme nicht in Betracht. Zwar komme das vom Gericht eingeholte Gutachten zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen einer Berufskrankheit vorliegen könnten. Letztendlich habe der Gutachter aber nicht erklären können, wie die verschieden Stoffe zusammenwirkten. Er habe selbst eingeräumt, dass es noch offene Fragen über Gefahrstoffe im Arbeitsbereich des Klägers gäbe. Abgesehen davon habe der Kläger nur ein „fume event“ geschildert. Bei einer nur einmaligen Betroffenheit liege keine dauerhafte Belastung vor, was Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit sei.

Nach Auffassung des Gerichts sei es jedoch naheliegend, auch zu prüfen, ob das vom Kläger geschilderte „fume event“ nicht als Arbeitsunfall zu bewerten ist. Dieser Punkt war aber nicht Streitgegenstand. (tos)