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1. Oktober 2014
Nordbayerischer Versicherungstag 2014: „Nicht mehr Regulierung, sondern bessere Regulierung“

Nordbayerischer Versicherungstag 2014: „Nicht mehr Regulierung, sondern bessere Regulierung“

Am 30.09.2014 hat der 9. Nordbayerische Versicherungstag in Nürnberg an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) stattgefunden. Das Leitthema lautete: „Unternehmerisches Handeln in Zeiten zunehmender Regulierung“. Die Veranstaltung wurde in bewährter Weise vom Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft Nordbayern-Thüringen und dem Forum V organisiert. Rund 400 Teilnehmer konnten die Organisatoren begrüßen.

Die derzeitigen Regulierungsmaßnahmen beschäftigen in einem massiven Ausmaß die Versicherungswirtschaft. Vor diesem Hintergrund stand die Frage, ob unternehmerisches Handeln überhaupt noch möglich ist, im Mittelpunkt des 9. Nordbayerischen Versicherungstags. Mit dieser Frage sei man am Puls der Zeit, so Prof. Dr. Nadine Gatzert, Vorsitzende des Forum V und Inhaberin des Lehrstuhls für Versicherungswirtschaft und Risikomanagement an der FAU, die die Veranstaltung moderiert hat.

Nicht im Interesse der Kunden

In seinem Begrüßungswort betonte Dr. Armin Zitzmann, Vorstandsvorsitzender der NÜRNBERGER Versicherungsgruppe, dass es in der Versicherungswirtschaft kein Marktversagen gegeben habe, das eine solche Regulierungswelle gerechtfertigt hätte. Allerdings sei es wie das Wetter, auch dieses könne man sich nicht aussuchen. Er betonte aber, dass die Proportionalität gewahrt werden müsse. Viele kleinere und mittelständische Versicherer seien mit der derzeitigen Situation überfordert. Als Vorstand verbringe er neun Zehntel seiner Zeit mit den Folgen der Regulierungsmaßnahmen und nur ein Zehntel mit dem Kerngeschäft eines Versicherers. Dies sei nicht im Interesse der Kunden.

Die Politik sollte deshalb darauf achten, die gesetzlichen Vorgaben nicht zu überziehen. Im Zusammenhang mit dem Lebensversicherungs-Reformgesetz (LVRG) lobte Zitzmann das Vorgehen Bayerns, denn in den Stellungnahmen der Bundesländer zum Gesetzentwurf des LVRG sei Bayern das einzige Bundesland gewesen, das nicht nur die Verbrauchersicht beleuchtet, sondern auch die Sicht der Versicherer berücksichtigt hatte.

Augenmaß erforderlich

Passend zu dieser Aussage referierte der bayerische Staatssekretär der Finanzen, Albert Füracker, zu den „Herausforderungen für den Versicherungsstandort Bayern“. Er vertrat damit den angekündigten bayerischen Finanzminister Dr. Markus Söder. Dieser musste sich aufgrund der Verabschiedung des Doppelhaushaltes im bayerischen Landtag entschuldigen.

Füracker betonte die Bedeutung der Versicherungswirtschaft für Deutschland und für Bayern. Mit Nürnberg und Coburg habe man wichtige Versicherungsstandorte in Bayern. So sei Coburg sogar im Verhältnis zu der Einwohnerzahl der Versicherungsstandort Nummer 1 in Deutschland. Weiter betonte er, dass die Versicherungswirtschaft zum Gelingen der Gesellschaft beitrage.

Hinsichtlich der derzeitigen Regulierungsmaßnahmen habe er manchmal den Eindruck dass die EU nicht so kompliziert wäre, wenn Deutschland nicht dabei wäre. Aber es sei verständlich, dass die Politik so reagiere, denn es sei vieles passiert, was man sich niemals habe vorstellen können. Daher bestehe ein Spannungsfeld der Erwartungen der Verbraucher und Steuerzahler nach möglichst umfassender Regulierung einerseits und Finanzinstituten nach angemessener Handlungsfreiheit und tragbarer Kostenbelastung andererseits. Grundsätzlich seien sich Branchenteilnehmer einig, dass Regulierung notwendig sei, aber eben auch Augenmaß: „Wir benötigen nicht mehr Regulierung, sondern eine bessere Regulierung“, so Füracker.

Das Grundübel sei die langanhaltende dauernde Niedrigzinsphase und die erneute Senkung des Leitzinses mache Sorgen. Damit sei der Spielraum für die konventionelle Geldpolitik ausgeschöpft. Billiges Geld löse aber dauerhaft keine Probleme. Dadurch würden sogar Fehlanreize geschaffen. Auch mache eine mögliche Blase auf dem Immobilienmarkt Sorge. „Wir haben keine Eurokrise sondern eine Staatsschuldenkrise“, so Füracker. Strukturreformen in den europäischen Krisenländern müssten dringend angegangen werden. „Die Versicherungswirtschaft ist stark. So schlechte Politik kann man gar nicht machen, dass sie das nicht übersteht“, so das Schlusswort vom Staatssekretär.

Erstmals Bankenbranche vertreten

Zum ersten Mal auf dem Forum V wurde mit Dr. Ulrich Schürenkrämer, Mitglied Management Committee Deutschland, Deutsche Bank AG, ein Vertreter der Bankenwirtschaft eingeladen. Gatzert betonte, dass dies für einen Blick über den Tellerrand sorge, schließlich habe die Bankenbranche schon einiges an Reformen hinter sich. Dies bestätigte auch Dr. Ulrich Schürenkrämer in seinem Vortrag. Sein Thema lautete: „Finanzdienstleistungen 4.0 – Leiden oder Leidenschaft“. Als anschauliches Beispiel an Regulierungsmaßnahmen im Bankensektor nannte er die Reformpakete des Basler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. So habe Basel I mit 80 Seiten angefangen, Basel II kam auf 300 Seiten, Basel II auf 3.000 Seiten und es werde schon an Basel IV gearbeitet.

Kontinuität als Faktor für die Kundenzufriedenheit

Von der Regulierung wechselte Schürenkrämer dann das Thema hin zur Digitalisierung in Gesellschaft und Wirtschaft. So habe sich das Kundeverhalten aufgrund der Digitalisierung geändert. Gleichzeitig hat das Internet als Informationsquelle die Finanzprodukte und Serviceangebote beeinflusst. Damit sei für das Beratungsgeschäft entscheidend, dass eine emotionale Kundenbindung erreicht werde. Die persönliche Beratung sei als Informationsquelle nach wie vor wichtig, einfache Produkte werden aber verstärkt online abgewickelt. Schürenkrämer mahnte abschließend an, dass die Branche trotz Regulierung weiterhin innovativ sein müsse. Es sei ungemein wichtig, die verbleibenden Spielräume innerhalb des gegebenen Rahmens optimal zu nutzen. (kb)

Quelle Bildergalerie: BWV/ Forum V.