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27. Februar 2019
Pleite der Verbraucherzentrale Bremen: Schadenfreude greift zu kurz

Pleite der Verbraucherzentrale Bremen: Schadenfreude greift zu kurz

Die Verbraucherzentrale Bremen ist insolvent. Dass ausgerechnet Verbraucherschützern die Pleite droht, weil sie zu wenig für Mitarbeiter zurückgelegt haben, ist ein gefundenes Fressen für die Finanzwirtschaft. Stand sie doch jahrelang selbst im Kreuzfeuer der Verbraucherschützer. Schadenfreude allein greift aber zu kurz.

Kommentar von Michael Herrmann, AssCompact

Mit dem Verbraucherschutz verhält es sich ähnlich wie mit der Bildung oder dem Schutz der Umwelt: dagegen kann keiner ernsthaft sein, über das „Wie“ lässt sich aber vortrefflich streiten. Zumindest beim Verbraucherschutz ist Deutschland zum Teil weiter über das Ziel hinausgeschossen. Vor lauter Dokumentation und sonstiger Regulierung bleibt etwa in der Finanzberatung heute teilweise kaum noch Zeit, für die individuelle Beratung.

Dass die Insolvenz der Verbraucherzentrale Bremen mit einer gewissen Portion Schadenfreude aufgenommen wurde, war zu erwarten – gerade in der Finanzwirtschaft, die von den Verbraucherzentralen regelmäßig ins Kreuzfeuer genommen wurde. Hämische Kommentare ließen denn auch nicht lange auf sich warten. Norman Wirth vom Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) nutzt die Steilvorlage für eine neuerliche Kritik an der mangelnden Ausbildung der Mitarbeiter der Verbraucherzentralen ins Sachen Altersvorsorge und Risikoabsicherung. Im Gegensatz zu professionellen Finanz- und Versicherungsvermittlern müssen sie schließlich keine Sachkunde nachweisen.

Einfach nur peinlich, peinlich findet es derweil der BVK. Die Sache ist für die Finanzbranche umso mehr ein gefundenes Fressen, da der Schwerpunkt der Verbraucherzentrale Bremen ausgerechnet der Bereich der Finanzen ist. Ausgerechnet die Menschen, die andere Menschen vor teuren Fehlern bei der Altersvorsorge schützen sollen, stehen bei der Altersvorsorge nun also selbst vor einem Scherbenhaufen.

Statt sich darüber zu freuen, sollte dieses traurige Ereignis als Anlass genutzt werden, damit alle Seiten sachlich darüber diskutieren, was die Verbraucher wirklich schützt und was nicht. Alle Regulierungen der Finanzberatung müssen auf den Prüfstand. Nur was wirklich dem Verbraucher hilft, darf übrigbleiben, um Platz für Beratung zu schaffen, denn das Thema private Altersvorsorge ist in der Tat komplex und beratungsintensiv. Dass Bundestagspolitiker wie Sebastian Steineke von der CDU twittern, dass die Causa grundsätzliche Fragen der Überwachung aufwirft, ist zumindest schon mal ein gutes Zeichen. Hoffentlich werden dem noch weitere und vor allem Taten folgen.

 
Ein Artikel von
Michael Herrmann