AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
25. Juni 2018
Prüfung digital: Der Makler wird gläsern

Prüfung digital: Der Makler wird gläsern

Damit in der neuen digitalen Welt, die mittlerweile in die Maklerbüros Einzug hält, alles seine Ordnung hat, gibt es die „Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung digital“. Wie man sich diese zunutze macht und Fallen vermeidet, in die man aus Gewohnheit tappen könnte, erklärt Volker Schmidt von der SEB Steuerberatungsgesellschaft mbH.

Apps zur Kundenberatung, Online-Vergleichsprogramme, Routenplaner für die Fahrt zum Kunden, Unterschrift auf dem Tablet, automatische Terminvorlage, Online-Vertragsordner – die kleinen digitalen Helfer sind inzwischen im Maklerbüro allgegenwärtig. Sie machen vieles einfacher und übersichtlicher, verlangen aber auch eine Abkehr von über die Jahre eingeübten Arbeitsweisen. Das gilt seit Kurzem auch für die von vielen ungeliebte Betriebsprüfung. Auch das Finanzamt macht sich mittlerweile die digitale Welt zunutze. Viele werden das schon beim nächsten Prüftermin zu spüren bekommen.

Damit alles seine Ordnung hat, hat die Finanzverwaltung die „Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung digital“, kurz GOBD, entworfen. Ein 104 Seiten langes Schreiben regelt, wie die Buchhaltung unter den Bedingungen der Digitalisierung im Unternehmen abzulaufen hat. Zuvor legte der Gesetzgeber aber noch Hand an die Abgabenordnung. Wesentlichste Neuerung: Betriebsprüfer erhalten damit tiefen Einblick in alle IT-Systeme, die im Zusammenhang mit einer vom Unternehmen erbrachten Leistung stehen. Der Prüfer schaut sich also nicht nur die eigentliche Buchhaltung an, sondern zum Beispiel auch Kundenverwaltungssysteme und Online-Datenbanken, die Maklern zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit Pools zur Verfügung gestellt werden. Bisherige Regelungen zur Verschwiegenheit in Kundenangelegenheiten sind damit de facto ausgehebelt.

Neue Fehlerquellen für den Makler

Nach Meinung der Finanzverwaltung handelt es sich bei all dem keineswegs um Neuerungen. Regelungen, die früher schon für die papierne Buchhaltung galten, seien lediglich in die digitale Welt übertragen worden. Nichts Neues also? Doch, es entstehen zugleich neue Fehlerquellen für den Makler, die sich im Zuge von Betriebsprüfungen gegen ihn wenden können. So muss er eines künftig permanent im Auge behalten: Differenzen zwischen der Buchhaltung auf der einen Seite und allen anderen benutzten elektronischen Systemen auf der anderen sind tunlichst zu vermeiden. Spürt der Prüfer solche Abweichungen auf, steht sofort der Verdacht von Buchungsfehlern oder sogar Manipulationen im Raum.

Flankierend zu GOBD und zur Änderung an der Abgabenordnung ist eine Verfahrensanweisung zum ersetzenden Scannen erlassen worden. Vielfach scannen Makler vom Versicherer oder Pool zugestellte Papierbelege ein und vernichten sie anschließend. Der Beleg aus Papier wird also durch einen digitalen ersetzt. In einer gut funktionierenden Buchhaltung werden anschließend die digitalen Buchungen sofort mit den digitalen Belegen verknüpft. Der Prüfer kann sich damit durch einen Doppelklick sowohl die Buchung selbst als auch den entsprechenden Beleg anschauen.

Vereinfachung für alle Beteiligten

Damit entfällt das tiefe Eintauchen in dicke Leitz-Ordner und die aufwendige Suche nach den passenden Belegen. Das vereinfacht die Arbeit für alle Beteiligten. Die ersten Erfahrungen, die Steuerberater mit digitaler Buchprüfung gemacht haben, sind ausgezeichnet. Das Finanzamt bekommt eine CD mit der Buchführung der letzten drei Jahre und den dazugehörigen Belegen. Der Betriebsprüfer muss sich also gar nicht mehr ins Unternehmen bemühen, sondern prüft in seinem Büro im Amt am eigenen PC. Das ist für alle Seiten äußerst zeitsparend. Der Makler muss keinen Raum für den Prüfer vorhalten. Unter dem Strich sinken so auch die Kosten der Prüfungen. Der Finanzbeamte kommt dann allenfalls noch zur Betriebsbesichtigung und zur Schlussbesprechung.

Vorsicht, Falle

Bisherige Gepflogenheiten können Makler aber auch in die Falle führen. Ein Beispiel: Wenn elektronische Belege von Anfang an vorhanden sind, zum Beispiel in Form eines PDFs, dann gelten diese auch als Originalbeleg. Ein davon ausgedruckter Papierbeleg, der alten Gewohnheiten folgend angefertigt wird, hat dann keinerlei Belegfunktion mehr. Diesen erkennt das Finanzamt nicht an. Das gilt zum Beispiel auch für Kontoauszüge. Auch hier zählt die digitale Version und nicht der ausgedruckte Auszug. Nach den bisherigen Erfahrungen geschehen hier immer noch Fehler.

Aber wie so oft haben diese Veränderungen zwei Seiten: Der Aufwandsersparnis auf der einen steht die viel einfachere Überprüfbarkeit auf der anderen gegenüber. Abweichungen zwischen den Systemen, die wegen der digitalen Form nun viel schneller erkannt werden können, bringen für den Makler enorme Risiken mit sich. Das ist vielen noch nicht bewusst und ihren Steuerberatern ebenso wenig.

Der Steuerberater hat sich in der Vergangenheit um all diese Systeme, die der Makler nutzt, gar nicht gekümmert. Die wenigsten wussten, was da alles so im Einsatz ist. Wozu auch? Es gab einen Beleg, der wurde verbucht. Fertig war die Buchhaltung. Business as usual geht heute aber nicht mehr, weil ein permanenter Abgleich der verschiedenen Systeme erforderlich ist. Ein einfaches Beispiel dafür: Den Kalender von Outlook nutzen die meisten Makler, auch wenn sie bei der Digitalisierung mit ihrem Büro keine Vorreiterrolle spielen. Wenn die Eintragungen darin nicht mit der Spesenabrechnung übereinstimmen, dann hat der Makler ein Problem. Die Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit solcher parallelen Aufzeichnungen sind unter den neuen Bedingungen viel einfacher geworden. Ein weiterer typischer Fehler, der bei Buchprüfungen zum Verhängnis werden kann: Unterschiede zwischen den Einnahmen laut Bank und den Abrechnungen der Pools, zum Beispiel wegen einbehaltener Courtage und Stornierungen.

Umstellung kommt in die Gänge

Auf all das müssen sich Finanzdienstleister zunehmend einstellen. Noch wird die digitale Buchhaltung nicht flächendeckend gefordert. Aber früher oder später ist damit zu rechnen. Derzeit befinden wir uns noch in einer Übergangszeit. Am 01.01.2016 fiel der Startschuss. Da die meisten Betriebsprüfer ja auch aus der alten Papierwelt stammen, nimmt die Umstellung ein wenig Zeit in Anspruch. Die ersten Erfahrungen liegen aber mittlerweile vor.

Inzwischen fragen die Finanzämter in Vorbereitung auf die Betriebsprüfungen bereits detailliert nach den eingesetzten Systemen. Diese Auskünfte sollten tunlichst genau und wahrheitsgemäß erteilt werden. Danach entscheidet das Finanzamt, wo es überall Zugang möchte. Wenn dann bei der Prüfung plötzlich IT-Systeme auftauchen, die zuvor nicht aufgeführt worden waren, entsteht bereits ein Verdachtsmoment und der Prüfer wird zweimal hinschauen. Zugang will er zu allem, was vorhanden ist: Kundenverwaltungssysteme, Kalender, Daten bei Pools, Cloudspeicherplätze.

Nur so viel Datenzugang wie unbedingt erforderlich

Wenn der Prüfer Zugang zur Pool-Datenbank verlangt, sollte der Makler ihm aber nicht sein eigenes Passwort mitteilen. Stattdessen ist es ratsam, bereits im Vorfeld der Prüfung ein Kontrollpasswort mit zeitlich begrenzter Gültigkeit anzufordern. Mehr Datenzugang als unbedingt erforderlich muss dann auch wieder nicht sein.

Die Makler werden also alles in allem in Zukunft noch ein wenig sorgfältiger mit ihren Daten und Buchungen umgehen müssen. Wem das bewusst ist und wer mit seinem Steuerberater gemeinsam seine Hausaufgaben macht, hat von GOBD & Co. aber nichts zu befürchten.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2018, Seite 112 f.

 
Ein Artikel von
Volker Schmidt