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20. April 2018
P&R-Pleite: Massenklagen mit Textbausteinen erwartet

P&R-Pleite: Massenklagen mit Textbausteinen erwartet

Die Firma P&R ist weitgehend insolvent. Kanzleien ringen jetzt um Mandate der betroffenen Anleger und beklagter Vermittler. Rechtsanwalt Oliver Renner von der Kanzlei Wüterich Breucker zeigt anhand von Urteilen, wie sich Vermittler wappnen können und warum Copy-and-Paste nicht funktioniert.

P&R, eine Firma, die Investitionen in Container anbietet und ihren Sitz in München hat, ist weitgehend pleite. Für die P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH, die P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH sowie die P&R Container Leasing GmbH wurden vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Gibt man nun unter google.de den Begriff „P&R Container“ ein, ist festzustellen, dass das Ringen von Anlegerschutzkanzleien um die wohl 50.000 betroffenen Anleger begonnen hat. Auch aufseiten der Vermittler werben zahlreiche Kanzleien um Mandate.

Die Folge wird sein, dass in den nächsten Jahren die Gerichte mit massenweisen Klagen beschäftigt werden. Containerweise werden dann Schriftsätze bei Gericht eingereicht, die mit einer Ansammlung von Textbausteinen angereichert sind. Wie wehren sich Vermittler hiergegen am besten?

Soweit es um anlagespezifische Umstände geht, ist die Fertigung von Klagen mit der copy-and-paste-Funktion des Computers sicherlich sinnvoll. Der Bundesgerichtshof hält Klagen mit Textbausteinen nicht grundsätzlich für unzulässig. Es muss aber auch Vortrag zum konkreten Fallgeschehen in den Klagen enthalten sein. (BGH, Urteil vom 06.12.2012 – III ZR 66/12). Fehlt dies, dann ist die Klage gegen den Vermittler unschlüssig und wird alleine schon deshalb abgewiesen. Dass dies oftmals der Fall ist, zeigen die nachfolgend exemplarisch aufgezeigten Entscheidungen:

OLG Celle, Beschluss vom 17.07.2017, Az. 11 U 66/17:

„Für den Senat drängt sich nach alldem der Eindruck auf, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers – der nach der Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht diesen angeschrieben und zu einem Vorgehen gegen die Beklagte überhaupt erst veranlasst hat – seine namens und in Vollmacht des Klägers angefertigten Schriftsätze aus Textvorlagen zusammengestellt hat, denen der notwendige tatsächliche Bezug zu dem Lebenssachverhalt des vorliegenden Falles fehlt. Dieser Eindruck gibt Anlass, den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten darauf hinzuweisen, dass die Partei im Zivilprozess gemäß § 138 Abs. 1 ZPO vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen hat.“

OLG Bamberg, Beschluss vom 16.02.2015, Az. 4 U 72/14:

„Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich entsprechend der hier praktizierten Klageschablone bereits die ursprüngliche Darstellung der Anbahnungsgespräche – weitab von einer strukturierten, aus sich heraus nachvollziehbaren Schilderung des äußeren Ablaufs und der inhaltlichen Einzelheiten der einzelnen Unterredungen oder gar signifikanter Details – im Wesentlichen nur aus Textbausteinen zu angeblichen Aussagen des Vermittlers zusammensetzt und auch die schrittweise Umstellung des Klagevortrags einem Textmuster entspricht, das in gleicher Weise offenbar auch in (den) Parallelverfahren verwendet wird.“

LG Lüneburg, Urteil vom 25.03.2014, Az. 5 O 58/14:

„Vorliegend fehlt es im Übrigen an jedem konkreten fallbezogenen Vorbringen, und es ist weder Aufgabe des Gerichts, den Sachverhalt aus irgendwelchen Anlagen zusammenzusuchen, noch Aufgabe des Gegners, ohne substantiiertes Klagevorbringen seinerseits konkrete Einzelheiten zu dem Vertragsverhältnis mit den Klägern vorzubringen“

OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.03.2011, Az. I-6 U 201/09:

„Die Herrn F. diesbezüglich in den Mund gelegten Äußerungen sind textgleich mit den Äußerungen, die in dem Parallelverfahren mit dem Az. 6 U 189/09 ein Angestellter der A-Bank getätigt haben soll. Die Verwendung von Standardtextbausteinen durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers, die auch in dem Parallelverfahren den Anleger vertreten, ersetzt nicht einen auf die konkreten Verhältnisse zugeschnittenen Tatsachenvortrag. Nur dieser kann Grundlage für eine Verurteilung oder Gegenstand eines Beweisantrags sein.“

Masse ist nicht gleich klasse. Textbausteine ersetzen nicht notwendigen konkreten Vortrag, weder aufseiten der Anleger noch aufseiten des verklagten Vermittlers. Das einzelne Mandat und der individuelle Fall bleiben dabei auf der Strecke. Am Ende sind es differenzierte Einzelheiten und Feinheiten, die den Ausgang des Prozesses entscheiden können. Diese können nicht mit der copy-and-paste-Taste gefunden werden, sondern nur durch individuelles Arbeiten am einzelnen Fall.

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Ein Artikel von
Oliver Renner