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18. Februar 2019
Provisionsabgabeverbot – weit entfernt von Eindeutigkeit

Provisionsabgabeverbot – weit entfernt von Eindeutigkeit

Der Fall gonetto hält die Diskussion um das Provisionsabgabeverbot am Köcheln. Ein Thema, das durch das Umsetzungsgesetz der IDD doch längst geklärt sein müsste. Oder doch nicht? Unterschiedlicher als die der Vermittlerverbände BVK und AfW könnten die Positionen zum Provisionsabgabeverbot kaum sein. Dabei gerät in zunehmender Schärfe auch die Aufsicht in den Fokus.

Beim Thema Provisionsabgabeverbot scheint noch kein Ende in Sicht zu sein. Jüngst hat das Maklerunternehmen gonetto, welches die Provisionsabgabe zu seinem Geschäftsmodell gemacht hat, einen erneuten Rückschlag vor Gericht hinnehmen müssen: Ein Eilantrag, welcher unterbinden sollte, dass die BaFin von ihr beaufsichtigte Versicherer dazu anhält, gonetto die Zusammenarbeit aufzukündigen, wurde abgelehnt. Dies ließ die Diskussion um Rechtmäßigkeit und Gerechtigkeit des im letzten Jahr neu eingeführten Verbots, Provisionen an Kunden weiterzugeben, wieder aufflammen und bringt darüber hinaus auch scharfe Worte gegenüber der BaFin hervor. Die Vermittlerverbände BVK und AfW haben sich im Zusammenhang mit gonetto erneut zum Provisionsabgabeverbot positioniert. Die Ansichten könnten gegensätzlicher nicht sein.

BVK: Provisionsabgabeverbot soll restriktiv ausgelegt werden

Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sieht im bisherigen Verfahren um gonetto seine Auffassung bestätigt, dass das in § 48b VAG verankerte Provisionsabgabeverbot „restriktiv ausgelegt“ und „streng angewendet“ werden soll. Seit Langem setzt sich der Verband dafür ein, dass Verbraucher nicht durch falsche Anreize zum Abschluss von Verträgen verleitet werden. Das Provisionsabgabeverbot unterbindet nach Ansicht von Heinz nicht nur „Geschäftsmodelle, die nicht den Fokus auf den Kundenbedarf legen, sondern Versicherungsnehmer zu Abschlüssen mit möglichst hohen Provisionsrückzahlungen animieren wollen, statt auf den angemessenen Versicherungsschutz zu achten“, sondern auch einen „ruinösen Wettbewerb“ zwischen Vermittlern und eine damit einhergehende Gefährdung ihrer Vergütungsbasis sowie ihrer Beratungsqualität. Die Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot, die gilt, wenn Sondervergütungen zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrages genutzt werden, sieht der BVK im Fall gonetto nicht anwendbar.

AfW: Benachteiligung von Versicherungsmaklern

Der Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. (AfW) kritisiert die Ungleichbehandlung von Versicherungsgesellschaften, Vertrieben und Vermittlern durch das Provisionsabgabeverbot zu Gunsten der Ausschließlichkeit. Die in § 48b Abs. 4 verankerte Ausnahme, auf die sich gonetto beruft, sieht der AfW als „Ermöglichung einer einfachen Umgehung des Provisionsabgabeverbots durch Versicherungsgesellschaften“ und eine Benachteiligung von Versicherungsmaklern. „Versicherungsunternehmen könnten somit über ihre Ausschließlichkeitsorganisation problemlos Provisionsabgabe bzw. Rabatte nach Gutsherrenart gewähren“, schreibt der AfW.

Grenzüberschreitung und Boykott eines Versicherungsmaklers?

Worum es dem AfW im Gegensatz zum BVK an Hand des gonetto-Falles jedoch viel mehr zu gehen scheint, ist die Vorgehensweise der BaFin, den unter ihrer Aufsicht stehenden Versicherungsunternehmen zu untersagen, mit dem Versicherungsmakler Geschäfte zu machen. Vorstand Norman Wirth wertet dies in einem bei Pfefferminzia veröffentlichten Text als „Boykottbefehl gegen ein Versicherungsmaklerunternehmen“ und eine „Grenzüberschreitung zulasten der treuhänderischen Sachwalter des Kunden“ unter dem Deckmantel des Provisionsabgabeverbots. Denn nicht die BaFin ist für die Aufsicht von gonetto zuständig, sondern die IHK, die den Ausnahmetatbestand vom Provisionsabgabeverbot für das Maklerunternehmen längst als bestätigt ansah.

Weit entfernt von einer Marktverhaltensregel

Das Provisionsabgabeverbot wird die Branche also wohl noch länger beschäftigen. BVK-Präsident Heinz hält es für wahrscheinlich, dass „vermeintlich clevere Unternehmen sich von Provisionsrabatten an Verbraucher Wettbewerbsvorteile versprechen und dieses Gesetz zu verletzen trachten werden“. Und der AfW scheint im Zusammenhang mit dem Verbot, der BaFin den zumindest verbalen Kampf angesagt zu haben. Von einer anerkannten Marktverhaltensregel – ob nun wünschenswert oder nicht – scheint das Provisionsabgabeverbot jedenfalls noch weit entfernt zu sein. (tos)

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Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Rainer Stieber am 18. Februar 2019 - 09:21

Das Provisionsabgabeverbot ist zu Recht in der Diskussion. Die Schutzfunktion, die Herr Heinz ihm zuspricht hat es so nicht. GDV und BVK, die sich hier ja in großer Einigkeit, auch in der Argumentation, bewegen, vertreten ein System, dass die Vermittler einseitig benachteiligt.
Der Versicherer darf Nachlässe geben, der Vermittler nicht. Diese Ungleichbehandlung verstößt im Grunde gegen den Grundsatz der Marktwirtschaft, der in unserem Grundgesetz steht.
So treibt dieses Verbot seltsame Blüten. Die Gewinnung von Leads im Rahmen einer Tombola ist nur dann zulässig, wenn der Kunde, der gewinnt, keinen Vertrag abschliesst. Zahlreiche Maßnahmen, die nach dem Wettbewerbsrecht zulässige Werbung darstellen, sind auf Grund des Verbotes nicht mehr möglich, sobald der Kunde, der einen Vertrag abschliesst, einen geldwerten Vorteil von mehr als EUR 15,00 hat. Soweit die enge Auslegung des Gesetzes.

Die zuständige IHK hat im Fall Gonetto das Geschäftsmodell als zulässig erachtet. BaFin steht das Recht der mittelbaren Aufsicht über Vermittler nach VAG nicht mehr zu. BaFin ist für die Aufsicht über Vermittler nicht zuständig. Politik un dGesetzgeber haben diese Aufsicht über die Vermittler der BaFin im Rahmen der Umsetzung der ersten Vermittlerrichtlinie bewusst entzogen. Das bedeutet, dass BaFin in diesem Fall keine Befugnis hat, Versicherungsunternehmen anzuweisen, mit Gonetto nicht zusammenzuarbeiten. Der Schaden, der Gonetto dadurch entsteht, dürfte im Rahmen der Amtshaftung durch BaFin zu tragen sein.
Wenn BaFin in dem Verhalten von Vermittlern einen Verstoß sieht, müsste diese Frage im Gewerbeausschuß diskutiert werden. Die IHK, als zuständige Behörde, könnte dann auch ihre Gründe darlegen, warum dies kein Verstoß ist. Dass BaFin dies nicht tut, macht deutlich, wie unsicher sich das Amt in seiner Position ist.