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13. Juni 2016
Regeln, Transparenz und Newcomer: Was auf Versicherungsmakler zukommt

Regeln, Transparenz und Newcomer: Was auf Versicherungsmakler zukommt

Die IDD steht und trotzdem bleiben Fragen offen, was auf die deutschen Versicherungsmakler zukommen wird. In Zweifel wird gezogen, ob die Regulierung Transparenz für die Verbraucher schafft. Und während sich die Branche mit diesen Themen beschäftigt, drängen neue digitale Ideen in den Markt, für die Regeln vorerst noch ein Fremdwort ist. All dies bot viel Gesprächsstoff auf dem VDVM Makler-Symposium in der vergangenen Woche.

Bis Ende Februar 2018 muss die IDD in nationales Recht umgesetzt werden, bis dahin bleibt es dem deutschen Gesetzgeber überlassen, die IDD für den deutschen Markt auszulegen und in ein Gesetz zu fassen. Allzu sehr sollte der Gesetzgeber von der Richtlinie nicht abweichen, meint Prof. Dr. Thomas Köhne von der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin. Die Regulierung ufere aus und die IDD bringe bereits einen tiefen Eingriff in das betriebswirtschaftliche Handeln der Versicherungsvermittler. Die Regeln sollten daher auf nationaler Ebene nicht noch weiter verschärft werden, erklärte er auf dem gut besuchten 8. VDVM Makler-Symposium, das in der vergangenen Woche in Berlin, in unmittelbarer Nähe der Bundesinstitutionen, stattfand. Prof. Köhne zählte eine Vielzahl von Formulierungen und Begriffe auf, die in der Umsetzung noch etliche Probleme aufwerfen könnten. So enthalte die IDD die Vorgabe, dass die Beratung im bestmöglichen Interesse der Kunden stattzufinden habe. Dies ziehe im Grunde den sogenannten „Best Advice“ nach sich und nicht den zurzeit in Deutschland geltenden „Suitable Advice“. Auch bei dem Begriff des Interessenkonflikts gebe es noch Unklarheiten. Zudem müsse zwar nach IDD nicht die Höhe der Provision offengelegt werden aber die Art der Vergütung. Nach Einschätzung Köhnes hieße das auch, dass beispielsweise auch über Folge- und Staffelprovisionen informiert werden müsse, was sich in der Praxis aber nicht so einfach darstelle. Bei der Offenlegung der Kosten bei Versicherungsanlageprodukten moniert er, dass bisher noch nicht klar definiert ist, was überhaupt ein Versicherungsanlageprodukt sei.

Wer kennt schon die POGs?

Im Bewusstsein der Makler dürften des Weiteren die POGs (Product Oversight and Governance Arrangements) der EIOPA noch gar nicht angekommen sein. Diese Produktgenehmigungsverfahren – wie es sie schon früher einmal auf nationaler Ebene gab – hätten wohl auch Auswirkungen auf die Versicherungsmakler, so Köhne. Auch in den Vermittlerbüros müssten die Prozesse neu aufgestellt werden und in der Beratung müsse eine Übereinstimmung der Zielgruppen mit den Produktklassifizierungen gefunden werden.

Intransparenz durch Gesetzgeber und Versicherer

„Staatlich angeordnete Intransparenz“ nennt Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV) diese Art von Regulierung. Im Blick hat er dabei insbesondere die Offenlegung der Effektivkosten. Der BdV wirkt zwar an der jetzigen Ausarbeitung der Darstellung mit, aber ob man die Ergebnisse tatsächlich mittragen könne, sei noch unklar. Wenn nicht, werde der BdV Klage erheben, machte Kleinlein auf dem VDVM-Symposium deutlich. Der BdV hatte ursprünglich eine transparente Offenlegung der Kosten gefordert. Noch mehr Verwirrung würden die weiteren Vorgaben und Umsetzungen von PRIIPs, KID und PIA bringen. Auch das Agieren mit unterschiedlichen Risikoklassen auf europäischer und nationaler Ebene mache Kosten und andere Kennzahlen nicht transparenter.

Zudem kritisierte Kleinlein auch deutlich die Unverständlichkeit von Produkten. Kosten und Funktionsweisen der Produkte würden immer intransparenter. Die Auswirkungen von Optionen in Produkten seien vielen Verbrauchern nicht klar. Zu viele versteckte und unverständliche Regelungen seien in den Bedingungen enthalten. Zudem seien Standmitteilungen für Verbrauchbar kaum eingängig lesbar. Die Kritik des BdV ziele daher eher gegen die Versicherer und deutlich weniger gegen die Vermittler, erklärte Kleinlein in Berlin.

Neue Player – gleiche Regeln?

Mehr Transparenz, mehr Kundenorientierung und keine Interessenkonflikte – das versprechen die neuen Player am Vermittlermarkt. Oder wenigstens ist es das, was viele Verbraucher in Vergleichsportalen, InsurTechs und Start-ups hineininterpretieren. Und wie Johannes Cremer von moneymeets auf dem VDVM-Symposium erklärte, sind immer mehr Verbraucher bereit, den Markt-Newcomern ihr Vertrauen zu schenken.

Gerne gehen die neuen Unternehmen über die Grenzen der bisherigen Regeln hinaus. Dabei bleiben die Fragen die gleichen: Was bedeuten Beratung, Interessenkonflikte, Informations- und Offenlegungspflichten eigentlich? Ein bisschen Klarheit mag hier in Teilen das anstehende Urteil zur Klage des BVK gegen Check24 bringen.

Die Grenzen des Möglichen werden in naher Zukunft wohl weiter ausgelotet werden. Schon mittelfristig dürften sich die Geschäftsmodelle jedoch annähern: Die Digitalisierung hält bei den Versicherungsmaklern Einzug und die neuen Tech-Unternehmen werden der Realität und der Regulierung ins Auge sehen müssen. Das Ziel dabei sei weiterhin ein „Level Playing Field“, ein Markt mit gleichen Regeln und Voraussetzungen für alle, so VDVM-Vorstand Dr. Hans-Georg Jenssen abschließend. (bh)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Frank L. Braun am 15. Juni 2016 - 09:54

Was Prof. Dr. Köhne mit „betriebswirtschaftlicher Veränderung“ umschreibt, ist der „Beratungszeitaufwand“ im Vorfeld der Vermittlung eines Geldanlage-/Altersvorsorge-Produktes. Dieser „beste Rat“ entsprechend den Product Governance Regeln erfordert immer eine „ganzheitliche Finanzberatung“ mit dem bekannten Aufwand von 3-4 Terminen (5-10 Std.).

Sofern diese „individuelle Finanzfortbildung“ von Verbrauchern nicht mit einer Honorar-Option unterlegt ist, wird es wesentlich häufiger zu „Umsonst-Beratungen“ kommen. Insbesondere bei der „Wertschwankungs-Verträglichkeits-Prüfung“.

Nur wer diese „betriebswirtschaftliche Veränderung“ ab sofort aufgreift wird eine nachhaltige Berufszukunft haben. Interessant sicherlich, dass es bereits praxiserprobte Wege gibt, die sogar von der ESMA (MiFID/IDD Richtlinien vorgebende Behörde) im Abschlussreport als nützlich hingewiesen wurde: „Beratungsprozess nach DIN ISO 222222.

Anm. Wird der Mehrwert der „individuellen Finanzfortbildung“ nach DIN ISO 22222 aufgezeigt, zahlt die Zielkundschaft auf Anhieb gerne ein Beratungshonorar, sofern es nicht zum Abschluss mit den bekannten Vergütungen kommt, s.eBook bei www.mwsbraun.de