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5. Dezember 2016
So finden Sie Ihre Mitarbeiter der neuen Generation

So finden Sie Ihre Mitarbeiter der neuen Generation

Der Versicherungsvertrieb braucht Nachwuchs, doch tut sich schwer bei der Gewinnung junger Mitarbeiter. Andreas Buhr, der Experte für Führung im Vertrieb, zeigt, was die Finanz- und Versicherungsdienstleister über die Generation Y und für ein erfolgreiches Recruiting 3.0 wissen müssen.

Sinn schlägt Status, Glück schlägt Geld, „frei gestalten“ schlägt „arbeiten müssen“, Life-Work- Balance schlägt Work-Life-Balance. Die Generation Y tickt grundlegend anders als die Generationen früher. Geld und Prestige haben für die 20- bis 30-Jährigen weniger Gewicht als berufliche Selbstbestimmung, ein positives Betriebsklima, ein gutes Firmenimage aufgrund für sie passender Werte und die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben. Für die Finanz- und Versicherungsunternehmen bedeutet das: Sie müssen umdenken. Und zwar schnell. Denn zum einen herrscht in der Branche immer noch vielfach eine Unternehmenskultur vor, die junge Talente eher abschreckt. Zum anderen ist es mit dem Image des Versicherungsvertriebs ohnehin nicht zum Besten bestellt. Hinzu kommt: Die Assekuranz braucht dringend Nachwuchs. Die Personalsituation sieht hier alles andere als rosig aus: Weniger als 5% der Vermittler sind unter 30 Jahre alt, mehr als die Hälfte älter als 50 Jahre – und ca. ein Drittel bis die Hälfte von Letzteren werden in den kommenden 10 bis 15 Jahren in den Ruhestand abwandern, wie eine Studie der Versicherungsforen Leipzig und der Fachhochschule Dortmund zeigt.

Dass aufgrund des Fachkräftemangels quasi ein Rollenwechsel entstanden ist, erschwert die Situation zusätzlich: Die Talente der Generation Y wissen, dass der Kreis an qualifizierten Nachwuchsführungskräften schrumpft, dass Fach- und Führungskräfte extrem umworben sind. Sie bringen daher ein ganz anderes Selbstvertrauen mit als ihre Vorgänger, fordern, stellen Ansprüche. Sie sind über ihre potenziellen Arbeitgeber viel besser informiert als früher – und stellen mit alldem den Bewerbungsvorgang auf den Kopf: Gute Bewerber im Vertrieb können sich heute ihren Arbeitgeber aussuchen.

Der Mitarbeiter 3.0 sucht nicht – er will gefunden werden

Der Versicherungsvertrieb ist in Sachen Recruiting junger Mitarbeiter – ich nenne sie auch Mitarbeiter 3.0 – also extrem gefordert. Dies vor allem auch, weil die Regeln der Suche derzeit neu geschrieben werden. Es gilt Recruiting 3.0! Wer heute eine klassische Stellenanzeige in der Tageszeitung schaltet, bekommt kaum noch Resonanz. Der Mitarbeiter 3.0 schaut nicht im Stellenteil des Westfalenblatts oder irgendeiner anderen Zeitung seiner Region, ob eine neue Chance auf ihn wartet. Der Mitarbeiter 3.0 sucht meist nicht – er will gefunden werden und stellt Personaler damit vor eine große Herausforderung: Heute ist es so, dass Unternehmen sich geradezu beim Mitarbeiter bewerben müssen, nicht umgekehrt. Die Besten der Besten unter den Vertrieblern jedenfalls schreiben schon lange keine Bewerbungen mehr!

Was können Sie tun? Wie finden Sie die für Sie passenden jungen Nachwuchskräfte? Fest steht: Sie müssen Ihre Rekrutierungs-Strategie ändern. Neue Werkzeuge nutzen. Und: Sie müssen persönlicher werden! Verlassen Sie die starren Regeln der früheren Mitarbeitersuche. Diese findet heutzutage immer und überall statt! Zumindest überall dort, wo sich Profis aus der Branche aufhalten: auf Messen, auf Veranstaltungen, unterwegs! Und natürlich auch im Web 3.0, in den sozialen Medien, in Foren – und auf Online-Jobbörsen.

Online-Jobbörse statt Stellenmarkt

Online-Stellenbörsen haben schon längst die klassische Aufgabe der Stellenanzeige übernommen. Mit Vorteilen für Unternehmen und Bewerber: Sie erreichen mehr potenzielle Kandidaten. Denn die Jobbörsen im Internet werden von mehr Menschen genutzt als Ihre regionale Tageszeitung Leser hat. Dabei informieren die meisten Online-Stellenportale ihre Kunden regelmäßig per Newsletter über offene Vakanzen. Und: Die Kandidaten können sich schnell und unkompliziert über Ihr Unternehmen, Ihr Image erkundigen.

Aber auch Ihre potenziellen Bewerber selbst hinterlassen auf stepstone.de, monster.de, jobware.de, experteer.de sowie auf dem speziell für die Versicherungsbranche gegründeten Portal versicherungskarrieren.de ihr Profil. Denn auch wenn er aktuell nicht auf der Suche ist – für interessante Angebote ist der Mitarbeiter 3.0 immer offen. Vor allem für Angebote von Unternehmen, mit denen er sich identifizieren kann, die ähnliche Wertvorstellungen haben wie er selbst.

Mein Tipp an dieser Stelle: Definieren Sie im Vorfeld Ihrer Suche Ihre persönlichen Anforderungskriterien und Schlüsselwörter. Das hilft, klare Suchprofile und Schlagwörter in die Suchmaske einzugeben. Und es führt automatisch dazu, dass Sie sich selbst darüber klar werden (und festlegen), wen Sie eigentlich genau suchen.

Das Web 3.0 als Bewerberplattform

Das Web 3.0 bietet aber noch weitaus mehr als einzelne Online-Stellenbörsen. Es ist eine einzige große Bewerberplattform. Denn strikte Trennung von Privatem und Beruflichem ist schon längst passé. Die Grenzen verschwimmen – sowohl bei Facebook und Twitter als auch in klassischen B2B-Netzwerken wie XING oder LinkedIn. Das heißt aber auch: Versicherungsunternehmen auf der Suche nach neuen Mitarbeitern für den Vertrieb müssen aktiver werden. Sie müssen auf potenzielle Kandidaten zugehen, sie einfach auch direkt über die Netzwerke ansprechen.

Beispiel XING: Die Mitglieder-Profile hier geben zahlreiche Möglichkeiten, sich über potenzielle Kandidaten zu informieren und diese dann gezielt anzusprechen. Durch die „erweiterte Suche“ können Sie nach Positionen, Branchen oder aktuellen bzw. ehemaligen Arbeitgebern suchen. Das hilft dabei, die Liste potenzieller Kandidaten einzuschränken, um nur mit den wirklich interessanten Kontakt aufzunehmen. Und wer eine Premiummitgliedschaft hat, der sieht sogar, wer sich sein Profil angesehen hat.

Aber nicht nur das Business-Portal XING sowie LinkedIn, das ähnlich funktioniert, sollten zur Mitarbeitersuche genutzt werden. Auch bei Facebook gilt es anzudocken. Das funktioniert nicht so komfortabel wie bei XING, weil hier nicht gezielt nach Kompetenzen und Erfahrungen gesucht werden kann. Wenn Sie einen Mitarbeiter über Facebook finden möchten, müssen Sie selbst auch gefunden werden! Seien Sie also aktiv. Pflegen Sie Ihre Fanpage, posten Sie regelmäßig und achten Sie dabei auf eine zielgruppengerechte Bewerberansprache.

Die Generation Y ist schnell wechselbereit

Lassen Sie außerdem immer Ihr Netzwerk wissen, wenn Sie kompetente junge Mitarbeiter suchen. Erwähnen Sie es bei Gesprächen mit Kollegen, im Bekanntenkreis oder auch bei Kunden. Die Chancen stehen insgesamt gut, dass der eine oder andere Ihrer Kontakte jemanden kennt, der gerade mit seiner beruflichen Situation unzufrieden ist. Der offen ist für attraktive, gute Angebote. Laut einer aktuellen Umfrage von Deloitte fackelt die Generation Y nicht lange, wenn sie beruflich unzufrieden ist, sondern streckt sofort ihre Fühler nach einem neuen Job aus. Empfehlungsmarketing wird daher auch im Rahmen der Mitarbeitersuche immer wichtiger. Fackeln auch Sie nicht lange, legen Sie los!

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2016, Seite 114 f.

 
Ein Artikel von
Andreas Buhr