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10. Januar 2018
Statt Insellösungen sollten Berater beim BRSG das große Ganze im Blick haben

Statt Insellösungen sollten Berater beim BRSG das große Ganze im Blick haben

Das BRSG enthält viele Einzelaspekte, die die bisherige bAV-Welt verändern. Anstatt Insellösungen zu schaffen, sollten Berater lieber ein Komplettpaket für den Arbeitgeber schnüren, meint Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender der Talanx Pensionsmanagement und verantwortlich für die betriebliche Altersversorgung (bAV) bei HDI. Tipps für die praktische Umsetzung liefert er gleich mit.

Herr von Löbbecke, das BRSG ist seit Jahresbeginn in Kraft. Ist das für Sie ein Grund, mit Optimismus in das Jahr 2018 zu starten?

Auf jeden Fall, denn das BRSG eröffnet Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Vermittlern und Produktanbietern neue Perspektiven: Arbeitgeber bekommen zusätzliche und verbesserte Möglichkeiten, eine Betriebsrente anzubieten. Für Arbeitnehmer gilt: Die Anreize zur Entgeltumwandlung wachsen. Betriebliche Vorsorge wird in vielen Fällen nochmals effizienter. Produktanbieter können beim Sozialpartnermodell mitmischen. Darüber hinaus wird das BRSG auch die bewährte bAV beflügeln. All das schafft neuen Beratungsbedarf – und damit verantwortungsvolle Aufgaben für Vermittler.

Seit Gesetzesbeschluss ertönt ja auch immer wieder der Aufruf, dass Versicherungsmakler das (Aufklärungs-)Gespräch mit ihren bAV-Kunden auf Arbeitgeberseite suchen sollen. Was passiert gerade am Markt?

Alle Arbeitgeber sind vom BRSG betroffen, egal ob groß oder klein, tarifgebunden oder nicht. Deshalb ist jeder Unternehmer gut beraten, jetzt die bAV in seinem Haus zu analysieren, die Handlungsoptionen zu prüfen und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Berater sollten Arbeitgeber dabei unterstützen. Denn der Informationsbedarf ist enorm und die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig. Berater, die Arbeitgebern jetzt als Wegweiser zur Seite stehen, können nachhaltig punkten.

Aufklärung allein ist vermutlich nicht genug, welche konkreten Handlungsempfehlungen kann er seinen Unternehmenskunden denn geben im Hinblick auf die Änderungen beim Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung, bAV-Riester oder auch der Besserstellung von Geringverdienern?

Statt Insellösungen für Einzelaspekte des BRSG anzubieten, sollten Berater das große Ganze im Blick haben. Das Ziel sollte sein, ein Komplettpaket zu schnüren, um die Vorsorgelandschaft des Unternehmens nachhaltig BRSG-konform zu machen. Wenn alles aus einem Guss ist, lassen sich die einzelnen Angebote optimal aufeinander abstimmen. So bekommen Arbeitgeber eine runde Lösung. Mein Tipp: Eine Versorgungsordnung stellt klare Spielregeln zur bAV auf, schafft Transparenz und mindert auch das Haftungsrisiko auf Arbeitgeberseite.

Einige Änderungen gelten ja erst zum Jahr 2019. Was ist hierbei zu beachten?

Richtig, einige Regelungen des BRSG werden stufenweise verpflichtend, zum Beispiel der 15%-ige Arbeitgeberzuschuss. Er wird ab 2019 im Neugeschäft und ab 2022 auch im Bestand obligatorisch. Rein rechtlich könnten Arbeitgeber sich 2018 also noch zurücklehnen und abwarten. Doch wer als Arbeitgeber seine Mitarbeiter motivieren möchte, sollte frühzeitig handeln. Ich rate deshalb dazu, alle Anforderungen des BRSG in einem Zug zu realisieren. So ein „großer Wurf“ hat konzeptionell oft mehr Potenzial und ist auf jeden Fall effizienter, als dasselbe Thema immer wieder anzupacken. Speziell beim Arbeitgeberzuschuss lässt sich so auch Konfliktpotenzial entschärfen. Ein einheitliches Vorgehen reduziert den Verwaltungsaufwand und sorgt für Gleichbehandlung.

Inwieweit müssen die Arbeitnehmer nun ebenfalls angesprochen werden?

Ein ganz wichtiges Thema! Schließlich ist das zentrale Ziel des BRSG, mehr Arbeitnehmern zu einer Betriebsrente zu verhelfen. Das kann nur gelingen, wenn die Mitarbeiter abgeholt werden. Grundsätzlich sollten Arbeitgeber ihre Belegschaften so früh wie möglich informieren. Das setzt aber voraus, dass sie zuvor entschieden haben, was sie den Mitarbeitern konkret anbieten wollen. Wenn Optionen vorgestellt werden, die am Ende überhaupt nicht verfügbar sind, könnten Mitarbeiter enttäuscht sein. Deshalb: erst konzipieren, dann kommunizieren.

Ein wichtiger Baustein des BRSG ist das Sozialpartnermodell. Sie reagieren darauf in Form eines Pensionsfonds. Sind Sie startklar?

Wir liegen mit den Arbeiten voll im Plan. Die Aufgabe ist komplex, weil wir eine innovative Lösung entwickeln, die am Markt einzigartig sein wird. Mehr dazu in Kürze.

Sind die Sozialpartner startklar? Und inwiefern hängt dies zeitlich auch mit der Erneuerung von Tarifverträgen zusammen?

Auch für die Tarifparteien ist das Sozialpartnermodell Neuland. Unsere Gespräche mit diversen Sozialpartnern haben gezeigt, dass die Beteiligten noch in einer Orientierungsphase stecken und keine konkreten Pläne auf dem Tisch liegen. Die bestehenden Tarifverträge gelten grundsätzlich bis auf Weiteres und können auch unverändert für den Aufbau einer Betriebsrente genutzt werden.

Nicht tarifgebundene Betriebe sollten Ihrer Ansicht nach eine eigenständige bAV aufbauen bzw. bewahren und sich nicht an einen Tarifvertrag anhängen. Warum?

Mit der bewährten bAV können Unternehmen ihren Mitarbeitern eine individuelle Betriebsrente anbieten, die genau auf den Bedarf der Belegschaft zugeschnitten ist. Der Arbeitgeber erhält ein Alleinstellungsmerkmal. Damit kann er auf dem Arbeitsmarkt punkten. Das Sozialpartnermodell wird die bewährte bAV nicht ersetzen, sondern beide Systeme werden nebeneinander koexistieren.

Liegt hier die Zukunft für den Versicherungsmakler?

Sowohl die bewährte bAV als auch das Sozialpartnermodell bieten Beratern neues Potenzial. In der bewährten bAV wird allein der 15%-ige obligatorische Arbeitgeberzuschuss, den das BRSG vorsieht, die Nachfrage von Arbeitnehmerseite enorm steigern. Auch durch die neue Geringverdiener-Förderung ergeben sich Anknüpfungspunkte: Immerhin werden unter bestimmten Voraussetzungen bAV-Beiträge des Arbeitgebers für Mitarbeiter mit geringem Einkommen vom Staat mit 30% subventioniert – eine effiziente Alternative zur klassischen Gehaltserhöhung. Welche Rolle die Vermittler im Sozialpartnermodell konkret spielen werden, ist zwar noch offen. Fest steht aber: Mehr Komplexität führt immer auch zu mehr Beratungsbedarf. (bh)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Werner Hoffman… am 10. Januar 2018 - 23:28

Jeder Arbeitgeber sollte sich im neuen BRSG auskennen. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die rechtlichen Möglichkeiten, sondern auch in Bezug auf die betriebswirtschaftlichen Chancen.
In ca. 4-6 Wochen erscheint ergänzend zum BMF-Schreiben v. 6.12.2017 auch ein Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes, das sozialversicherungsrechtliche Wirkungen bei der Verbeitragung anpasst.
Für Arbeitgeber und Steuerberater erscheint demnächst ein bAV-Leitfaden, der die betriebswirtschaftlichen Chancen berücksichtigt.

Interessenten können sich auf der Internetseite:

http://www.bav-leitfaden.de/content/vormerkung-fuer-bestellung/

vormerken lassen.