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Steuern & Recht
9. April 2018
Vereinbarung von Honoraren und Servicegebühren: Was ist sinnvoll?

Vereinbarung von Honoraren und Servicegebühren: Was ist sinnvoll?

Honorar- und Servicegebührenkonzepte bilden inzwischen einen wichtigen Baustein in der Vergütung von Versicherungsmaklern. Aufgrund von Entwicklungen der jüngeren Zeit und dem Umsetzungsgesetz zur IDD haben sich die Rahmenbedingungen für solche Vergütungsvereinbarungen verändert, erläutern Jürgen Evers und Sascha Alexander Stallbaum, EVERS Rechtsanwälte für Vertriebsrecht.

Um der gesetzgeberischen Planwirtschaft auf dem Gebiet der Vertriebsvergütung gegenzusteuern, ist die Vereinbarung von Honoraren und Servicegebühren ein probates Mittel. Dabei gibt es jedoch rechtlich einiges zu beachten. Der Gesetzgeber zählt seit dem 23.02.2018 schon die Empfehlung bestimmter Versicherungen zur Versicherungsvermittlung, wenn diese Empfehlung auf einer Eigenleistung des Versicherungsvermittlers beruht (gemäß § 34d Abs. 1 Satz 3 GewO). Dabei kann es sich um eine Analyse von Kundendaten handeln oder um eine Rangliste von Versicherungen, anhand derer der Kunde nach Preis und Leistung eine Entscheidung über den Abschluss eines Versicherungsvertrages treffen kann.

Vergütungsvereinbarungen neben Courtagezusagen

Übersehen wurde freilich, dass insbesondere der Versicherungsmakler diese Leistungen häufig kostenfrei erbringen muss. Die Courtagezusagen der Versicherer stufen diese Leistungen nicht als vergütungspflichtig ein, da die Empfehlung einer Versicherung keine Tätigkeit ist, die der Versicherer vergüten könnte. Für den Kunden handelt es sich um eine werthaltige Nachweisleistung, die er indes nicht vergütet. Der klassische Fall ist die Ausarbeitung einer Empfehlungskonzeption durch den Versicherungsmakler, mit der der Kunde sich dann direkt an die Produktgeber wendet, um eben die empfohlenen Tarife abzuschließen.

Zumindest für den Fall, dass der Versicherungsmakler messbare Leistungen für den Kunden erbringt, die er vom Versicherer nicht vergütet erhält, sollte der Versicherungsmakler mit dem Kunden eine Vergütungsvereinbarung treffen dürfen. Allerdings müssen diese Vergütungsvereinbarungen einige Voraussetzungen einhalten, damit sie gegenüber dem Kunden wirksam sind. Gleiches gilt für Servicegebührenvereinbarungen, wenn mit ihnen Leistungen vergütet werden, die nicht der Versicherungsvermittlung zuzuordnen sind.

Widerrufsbelehrungen in Vergütungsvereinbarungen

Die Gesamtvergütung darf insbesondere nicht zur Entwertung eines Versicherungsvertrages führen. Vertragsmodelle, die diesem Verbot zuwiderlaufen, sind entweder dann nichtig, wenn sie gegen gesetzliche Verbote verstoßen (für Lebensversicherungen etwa §§ 169, 171 VVG) oder wenn sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligen (vgl. Arbeitsgericht Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 15.08.2016, Az.: 742 C 3/16). Besondere Sorgfalt erfordern außerdem die Widerrufsbelehrungen in den Vergütungsvereinbarungen. Abgesehen davon, dass Widerrufsbelehrungen zum Teil fehlen, so dass die Vergütung unter Umständen noch längere Zeit zurückgefordert werden kann, werden sie häufig falsch formuliert. Das kann zur Folge haben, dass der Versicherungsmakler zwar eine Leistung erbracht hat, dafür aber letztlich keine oder nur eine geringfügige Vergütung erhält (vgl. BGH, Urteil vom 07.07.2016, Az.: I ZR 68/15).

Über die Konsequenzen, die für den Kunden mit der Vergütung verbunden sind, muss der Versicherungsmakler ihn informieren. Diese Beratung muss dokumentiert werden. Anderenfalls kann der Kunde dem Vergütungsanspruch einen Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe entgegenhalten (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2016, Az.: 12 U 144/15, VertR-LS 4 – Atlanticlux 45). Im Ergebnis erhält der Makler bei einem Verstoß gar keine Vergütung.

Honorarvereinbarung bei Bruttotarifen

In der Regel wird ein Versicherungsmakler mit dem Kunden kein gesondertes Honorar vereinbaren, wenn er für die Vermittlungsleistung schon vom Versicherer eine Courtage erhält. Zulässig ist dies gleichwohl, denn eine gesetzliche Regelung, die dem Makler eine solche Vereinbarung verbietet, gibt es nicht. Der Schicksalsteilungsgrundsatz, mit dem die Unzulässigkeit solcher Honorarver­einbarungen begründet wird, hat keine Gesetzeskraft. Der BGH wiederum hat entschieden, dass der Schicksalsteilungsgrundsatz zwar im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer gilt, nicht aber im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsvermittler (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2005, Az.: III ZR 251/04, VertR-LS 10 Atlanticlux 4). Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Es bestehen jedoch keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken dagegen, zusätzlich zur Courtage eine Vergütung vom Kunden zu vereinnahmen, wenn der Makler dies deutlich und rechtzeitig offenlegt, nämlich bevor der Kunde seine Vertragsentscheidung trifft.

Verbot von Fehlanreizen

Nach der neuen Rechtslage sind Versicherungsvermittler verpflichtet, „stets ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse des Kunden zu handeln“ (§§ 1 Abs. 1 Satz 1, 59 Abs. 1 Satz 2 VVG). Dies schließt es ein, sogenannte Fehlanreize im Vergütungssystem zu vermeiden, die der Beratung im bestmöglichen Kundeninteresse entgegenstehen könnten. Besonders hohe Vergütungen, die mit dem Kunden direkt vereinbart werden, oder solche Vereinbarungen, die eine Vergütung nicht anpassen, wenn der Kunde den Versicherungsvertrag vorzeitig beendet, könnten gegen dieses Verbot von Vergütungsfehlanreizen verstoßen. Dies dürfte für brutto ebenso wie für netto kalkulierte Versicherungen gelten. Deshalb dürften Vermittlungshonorare von 7,79% der Summe aller bis zum vorgesehenen Vertragsablauf vom Kunden zu zahlenden Beiträge (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 30.08.2000, Az.: 23 S 438/99) unzulässig sein. Fraglich aber ist die Grenze zum Fehlanreiz. Da das LVRG nur die dem Kunden zu belastenden Abschlusskosten maximiert, kann es als Messlatte wohl nicht herangezogen werden.

Schicksalsteilungsgrundsatz als Maßstab für Fehlanreize

Grundsätzlich sollte man sich bei Vermittlungshonoraren am Schicksalsteilungsgrundsatz orientieren, um den Vorwurf des Fehlanreizes zu vermeiden. Denn die Loslösung des Vermittler­honorars von der Prämienleistung über 60 Monate steht in einem gewissen Spannungsverhältnis dazu, Kunden bestmöglich zu beraten und ihnen Produkte zu empfehlen, die sie langfristig mit den erforderlichen Prämien bedienen können. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der gegen Vermittlungshonorar arbeitende Makler einen erheblich größeren Beratungsaufwand hat. Dem muss in angemessener Weise Rechnung getragen werden. Ob und in welchem Umfang die Rechtsprechung Vereinbarungen künftig für zulässig erachtet, kann derzeit noch nicht gesagt werden, hier betreten die Versicherungsmakler rechtliches Neuland.

Auch wenn das Umsetzungsgesetz zur IDD und die Entwicklungen in der Rechtsprechung für Versicherungsmakler nicht unbedingt eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Servicevereinbarungen mit sich gebracht haben, ist in den Punkten der Vergütungshöhe und des Insverdienenbringens der Vergütung durchaus noch einiges offen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2018, Seite 124 f.

 
 
Ein Artikel von
Sascha Alexander Stallbaum
Jürgen Evers

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Markus Lörch am 09. April 2018 - 12:24

Liebe Herren Rae,
ich sehe ihre Ausführungen zum Thema Widerrufsbelehrung doch etwas kritisch, da ich nicht der Auffassung bin, dass diese immer zwingend vorgeschrieben ist.
Gerade für den Fall, dass ich ganz klar einen reinen Nettotarif vermittle und die gegenseitigen Rechte und Pflichten in einem Vertrag, der von beiden Seiten unterzeichnet wird, beschreibe, sehe ich keine zwingende Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung.
Es ist mir nicht ersichtlich, warum ein Vertrag nichtig sein sollte, wenn der Kunde weiß, dass die Vergütung nicht zurückerstattet wird, bei vorzeitiger Kündigung. Bei wiederkehrenden Zahlungen oder Mischformen ist das ein anderes Thema, da würde ich auch eine Widerrufsbelehrung empfehlen.
Ich freue mich auf Ihre Ausführungen

Gespeichert von Sascha Alexand… am 10. April 2018 - 11:24

Sehr geehrter Herr Lörch,

vielen Dank für Ihre Nachfragen. Diese möchten wir Ihnen gerne wie folgt beantworten:

Es trifft zu, dass nicht immer ein Widerrufsrecht besteht, wenn Versicherungsmakler mit ihren Kunden eine gesonderte Vergütungsvereinbarung treffen. Grundsätzlich richtet sich das Widerrufsrecht nach den allgemeinen Regeln. D.h., wenn die Vergütungsvereinbarung außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz abgeschlossen wird, und Vertragspartner ist ein Verbraucher, besteht für diesen ein Widerrufsrecht (§ 312g Abs. 1 BGB). Suchen Sie den Kunden also zu Hause auf, handelt es sich um einen Verbraucher und lassen ihn zu Hause auch den Maklervertrag und die Vergütungsvereinbarung unterschreiben, ist für letztere eine Widerrufsbelehrung erforderlich. Diffizil wird es, wenn zwar die Vereinbarung in einem Geschäftsraum abgeschlossen wird, der Versicherungsmakler die Anbahnung aber außerhalb dieser Geschäftsräume initiiert hat (vgl. § 312b Abs. 1 Nr. 3 BGB). Auch dann kann ein Widerrufsrecht bestehen, wobei die Auslegung der Situation eine rechtliche Unwägbarkeit für den Makler bereithält: Ist § 312b Abs. 1 Nr. 3 BGB einschlägig - dann besteht ein Widerrufsrecht trotz Vertragsabschlusses in den Geschäftsräumen - oder nicht - dann besteht es nicht.

Wenn der Versicherungsmakler nicht sicherstellen kann, dass Vertragsanbahnung und Vertragsabschluss mit einem Verbraucher in seinen Geschäftsräumen erfolgen, empfehlen wir daher unbedingt die Aufnahme einer Widerrufsbelehrung. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Versicherungsmakler am Ende überhaupt keine Vergütung für seine Leistung erhält. Dies ist unabhängig davon, ob ein reiner Nettotarif vermittelt wird oder ob ein Mischmodell der Vergütung vereinbart wird. Handelt es sich um einen Gewerbekunden, besteht für diesen u.U. kein Widerrufsrecht. Hier muss der Makler aber darauf achten und im Zweifel selbst beurteilen, ob der Betreffende den Versicherungsvertrag als Verbraucher oder als Unternehmer abschließt (vgl. z.B. AG Charlottenburg, Urteil v. 23.03.2016 - 215 C 318/ 15).

Wegen der Problematik, wenn der Kunde nicht über bestimmte Inhalte und Folgen der Vergütungsvereinbarung informiert wird, verweisen wir auf die in unserem Beitrag zitierte Rechtsprechung.