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7. Juli 2015
Was bedeutet die IDD für „gut beraten“?

Was bedeutet die IDD für „gut beraten“?

Die vor wenigen Tagen geschlossene Vereinbarung zur EU-Vermittlerrichtlinie (IDD) enthält eine Weiterbildungspflicht für Versicherungsvermittler. Die Hoffnung der deutschen Brancheninitiative „gut beraten“, bei der über 100.000 Vermittler ein Weiterbildungskonto führen, dass ihre Standards auf EU-Ebene übernommen werden, hat sich nicht erfüllt: Die EU-Anforderungen liegen deutlich darunter. Was heißt dies für „gut beraten“? Nachgefragt bei Dr. Katharina Höhn, geschäftsführendes Vorstandsmitglied „gut beraten“.

Die IDD sieht eine Weiterbildungspflicht für Versicherungsvermittler von mindestens 15 Stunden vor. „gut beraten“ fordert innerhalb von fünf Jahren 200 Weiterbildungspunkte zu sammeln. Dies entspricht jährlich durchschnittlich 40 Punkten. Was bedeutet das für die deutsche Initiative?

Zunächst möchte ich betonen, dass das finale Papier noch nicht vorliegt. Nach unseren Informationen aus dem Verfahren sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedsstaaten eine Weiterbildungsverpflichtung einführen sollen, die mindestens 15 Stunden pro Jahr entspricht. Die Trägerverbände der freiwilligen Initiative „gut beraten“ begrüßen die Einführung eines europaweiten Mindeststandards für die Weiterbildung der Vermittler. Ein regelmäßiges Durchlaufen einer Pflichtprüfung – wie es zeitweise auch im Gespräch war – hat sich dankenswerter Weise nicht durchgesetzt. Nun können die Mitgliedsstaaten Weiterbildungsanforderungen einführen, die zu den Bildungssystemen und Bildungsniveaus der jeweiligen Länder passen.

Die Trägerverbände haben sich von Anfang an dafür stark gemacht, dass wir vom Berufsbild eines professionell aufgestellten Vermittlers ausgehen, der seine Weiterbildung passend zu seinem Portfolio und seiner beruflichen Entwicklung wählt. Wir haben einen inhaltlichen Rahmen abgesteckt, der für alle Arten von Vermittlern genügend Spielraum lässt und dennoch den Anforderungen des Verbraucherschutzes Rechnung trägt, die Fach- und Beratungskompetenz im Interesse des Kunden zu stärken. Auch waren sich die Trägerverbände schnell über den zeitlichen Anspruch einig, den die jährliche Weiterbildung haben sollte, und das sind mindestens 40 Weiterbildungseinheiten von 45 Minuten bzw. 30 Zeitstunden.

Über 106.000 Versicherungsvermittler haben seit Einführung der Weiterbildungsdatenbank im April 2014 bis zum Stand 30.06.2015 ein Weiterbildungskonto eingerichtet, und sie beteiligen sich mit insgesamt über fünf Millionen Weiterbildungspunkten. Daran erkennt man, dass der von „gut beraten“ formulierte Anspruch in weiten Teilen der Vermittlerschaft bereits gelebt wird. Vermittler, die sich an „gut beraten“ beteiligten und die Anforderungen erfüllen, sind nun zum einen auf der sicheren Seite, zum anderen profilieren sie sich mit einem angemessen hohen Weiterbildungsstandard im eigenen Interesse und im Interesse ihrer Kunden.

Schließlich möchte ich bemerken, dass das originäre Ziel der freiwilligen Initiative darin besteht, dass Vermittler ihre am Markt erforderlichen Kompetenzen weiter entwickeln. Dazu benötigt es aus Sicht der Trägerverbände in einem hochkomplexen Versicherungsmarkt wie wir ihn in Deutschland haben eine regelmäßige Weiterbildung von 30 Stunden im Jahr. Es geht bei „gut beraten“ nicht darum, eine Vorschrift auf Minimalniveau gerade so zu erfüllen. Im Innendienst der Versicherungswirtschaft beträgt die durchschnittliche jährliche Weiterbildungszeit übrigens 58,1 Stunden.

Wird es neben „gut beraten“ zukünftig eine „staatliche Stelle“ zur Verwaltung des Punktekontos geben?

Der deutsche Gesetzgeber wird ein Verfahren etablieren, welches den Anforderungen der EU-Richtlinie im Hinblick auf Überprüfbarkeit der Weiterbildungsverpflichtung gerecht wird. Dies kann auf verschiedenen Wegen geregelt werden. Wir werden uns gemeinsam mit den Trägerverbänden dafür stark machen, dass wir auf dem aufsetzen, was durch „gut beraten“ bereits entwickelt wurde.

Wird der deutsche Gesetzgeber der europäischen Richtlinie folgen oder wird es in Deutschland eine „strengere“ – was ja möglich ist – Weiterbildungsverpflichtung geben?

Der Einigung auf 15 Stunden Weiterbildung pro Jahr innerhalb der EU ging ein intensiver Diskussionsprozess und die Suche nach einem Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen voraus – in solchen Prozessen einigt man sich häufig auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.

Die Geschäftsstelle „gut beraten“ wird sich gemeinsam mit den Trägerverbänden dafür einsetzen, dass wir bei unserem eingeführten Standard von 30 Stunden im Jahr bleiben, der ja erwiesenermaßen trägt. Den Standard für unsere freiwillige Brancheninitiative haben wir für angemessen gehalten, als es keine gesetzlichen Vorgaben gab. Wir haben uns dabei an den Weiterbildungsanforderungen für Anwälte und Steuerberater orientiert, denn exzellente Kundenberatung durch professionell agierenden Vermittler ist uns wichtig. An dieser Haltung ändert der kleinste gemeinsame Nenner, der auf europäischer Ebene gefunden wurde, nichts. (kb)

 
Ein Artikel von
Dr. Katharina Höhn