AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
17. Januar 2018
„Fondsvermittlung kann derzeit selbstverständlich weiterhin gegen Provision erfolgen“

„Fondsvermittlung kann derzeit selbstverständlich weiterhin gegen Provision erfolgen“

Die MiFID II ist da, die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) nicht. Bei § 34 f-Vermittlern herrscht Verunsicherung. Zudem sorgen BaFin und Depotbanken für Irritationen. Was dies im Hinblick auf Provisionen, Aufklärungs- und Aufzeichnungspflichten heißt, erklärt Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM e.V., im AssCompact-Interview.

Herr Klein, zum 03.01.2018 ist in Deutschland die MiFID II in Kraft getreten. Bankinstitute sind daran gebunden, Finanzanlagenvermittler nicht. Das führt zu großer Verunsicherung. Warum sind Finanzanlagenvermittler noch nicht betroffen?

Die Finanzanlagenvermittler sind noch nicht betroffen, da die für sie maßgebliche Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) noch nicht neu gefasst wurde, daher gilt bis auf Weiteres die bestehende Verordnung.

Es gibt ohne einen nationalen Umsetzungsakt keine Direktwirkung von europäischen Richtlinien in Deutschland. Hinsichtlich der Neufassung der FinVermV liegt noch nicht einmal ein Referentenentwurf vor. Uns ist bekannt, dass die Abstimmung auf der Arbeitsebene der Ministerien derzeit erfolgt. Die Verordnung muss jedoch durch das Kabinett einer neuen Regierung beschlossen werden. Wie bald wir eine neue Verordnung sehen, hängt daher stark von dem Zustandekommen der neuen großen Koalition ab. Im Falle ihres Scheiterns und etwaiger Neuwahlen kann sich der derzeitige Status quo noch erheblich verlängern.

Es gibt einige Punkte, die §-34f-Vermittler besonders interessieren. Lassen Sie uns über Provisionen reden. Kann Fondsvermittlung durch gewerbliche Vermittler weiterhin gegen Provisionen erfolgen?

Die Fondsvermittlung kann derzeit selbstverständlich weiterhin gegen Provision erfolgen und, was noch wichtiger ist, §-34f-Vermittler dürfen aus diesen Provisionseinkünften auch weiterhin Gewinne erzielen. Zur Verunsicherung hat hier bedauerlicherweise beigetragen, dass einige Depotbanken den mit ihnen kooperierenden §-34f-Vermittlern Zusatzvereinbarungen übermittelt haben, die diese nicht nur zur Einhaltung für sie nicht geltender WpHG-Vorschriften verpflichten sollten, sondern auch dazu, zu versichern, dass die §-34f-Vermittler die Provisionseinkünfte ausschließlich zur Deckung des Beratungsaufwandes verwenden und aus ihnen keine Gewinne erzielen. Eine derartige Interpretation der Regelung würde daher tatsächlich dazu führen, dass die gegen Provision tätigen Vermittler ihr Geschäftsmodell einstellen bzw. nachhaltig umgestalten müssten. Aus diesem Grund fürchten viele im Zusammenhang mit der Neufassung der FinVermV ein Provisionsverbot durch die Hintertür, falls sich eine derart überspannte Interpretation der MiFID II auch im Bereich der gewerblichen Anlagevermittlung und Beratung durchsetzen würde. Hiergegen werden wir uns jedoch zusammen mit anderen Verbänden im vollem Umfang einsetzen und sehen uns hier auch argumentarisch gewappnet.

Wir erachten bereits die Auffassung der BaFin, dass es Finanzdienstleistungsinstituten untersagt ist, aus Provisionseinkünften Gewinne zu erzielen, als deutlich überzogen. Auf europäischer Ebene war zum Zeitpunkt der Verabschiedung der MiFID II eindeutig die Aussage erfolgt, dass ein gleichberechtigtes Nebeneinander beider Vergütungsmodelle das Leitbild ist. Hiervon verabschiedet man sich, wenn man Marktteilnehmer zwingt, Honorar- bzw. Gebührenmodelle zu entwickeln, um überhaupt noch Gewinne erzielen zu dürfen. Die Situation ist vergleichbar mit der eines Verlages, dem vorgeschrieben wird, Erträge aus Anzeigenverkäufen ausschließlich zur Finanzierung der Kosten der Redaktion einzusetzen. Auf diese Missinterpretation durch die BaFin hat beispielsweise der Verband der Auslandsbanken in seiner umfassenden Stellungnahme hingewiesen.

Selbst wenn jedoch die deutschen Finanzdienstleistungsinstitute dies klaglos akzeptieren wollen, wäre eine Übertragung des Gewinnerzielungsverbots auf Provisionen der §-34f-Vermittler nicht sachgerecht. Der 34f-Vermittler ist bekanntlich auf die Erbringung von Vermittlungs- und Beratungsleistungen beschränkt und hat, anders als Banken, nicht die Möglichkeit, durch weitere Wertpapiernebendienstleistungen Gebühreneinkünfte zu erzielen. Auch Handelsmargen durch Eigengeschäfte sind ihm nicht möglich, da er sich bekanntlich keinen Besitz an Wertpapieren und Geldvermögen seiner Kunden verschaffen darf. Auch ist der §-34f-Vermittler auf eine stark eingeschränkte Produktpalette reduziert, in der – anders als beispielsweise bei Zertifikaten und ähnlichen – die Gebühren- und Provisionsstruktur sehr transparent ist.

Das vom Gesetzeber angelegte Nebeneinander von Honorar- und Provisionsvermittlung würde seinen Sinn verlieren, wenn man dem Provisionsvermittler auferlegen würde, dass er aus diesen Einkünften keine Gewinne erzielen darf. In diesem Fall wäre er gezwungen, ein Honorarmodell anzubieten. Es gibt im Bereich der §-34f-Vermittlung keinerlei Missstände, etwa durch erhebliche Kundenschädigung im Bereich der Investmentfondsvermittlung, die einen solchen massiven, gesetzgeberischen Eingriff rechtfertigen könnten. Vor diesem Hintergrund wäre auch eine Grundgesetzwidrigkeit eines solchen regulatorischen Eingriffes evident.

Anleger müssen künftig im Beratungsgespräch in Euro und Cent über die Kosten eines Produkts und einer Wertpapierdienstleistung informiert werden. Was bedeutet dies für Banken und was für die §-34f-Vermittler?

Bei den Informationen zum Zeitpunkt des Abschlusses ergeben sich keine wesentlichen Änderungen. Hier haben die Banken und auch die meisten Vermittler bereits die konkreten Provisionen in Euro und Cent benannt. Lediglich für den Fall, in dem die Anlagesumme zum Zeitpunkt der Beratung nicht feststand, erfolgte eine prozentuale Offenlegung. Herausfordernd für die Branche ist die Pflicht, einmal im Jahr die konkret erhaltenen Provisionen für das jeweilige Kundendepot mitzuteilen. Dies ist zum einen organisatorischer Aufwand und es wird sich zeigen, wie Kunden, die ihre Betreuung nicht als hilfreich wahrnehmen, auf eine solche Information reagieren.

Was ist mit den Aufzeichnungspflichten? Banken müssen Telefongespräche künftig aufzeichnen und fünf Jahre aufbewahren.

Auch Banken müssten nicht alle Telefongespräche mit Kunden aufzeichnen, sondern nur diejenigen in denen Order- oder Beratungsinhalte zu einem konkreten Finanzinstrument besprochen werden. Es ist zu befürchten, dass hier zur generellen Vereinfachung eine undifferenzierte Totalaufzeichnung erfolgt. Dies belegt bereits, wie unausgegoren und unverhältnismäßig diese gesetzliche Regelung ist. Für den §-34f-Vermittler gilt aktuell noch keine Aufzeichnungspflicht. Wir hoffen hier eine angemessenere Regelung in der FinVermV zu erhalten. Etwa, dass eine Aufzeichnung nicht erfolgen muss, wenn der Kunde vor seiner Anlageentscheidung eine Geeignetheitserklärung erhält oder es nach dem Telefonat noch zu einer persönlichen Begegnung mit dem Vermittler kommt, in der die Anlageentscheidung final umgesetzt wird.

Was können Finanzanlagenvermittler denn aktuell überhaupt tun, um sich auf MiFID II vorzubereiten?

Sie können sich beispielsweise bereits jetzt mit der neuen Gewichtung der Anlageziele im Bereich der Geeignetheitsprüfung vertraut machen. Der Gesetzgeber wird auch bei der Neufassung der FinVermV vorgeben, dass zukünftig die Risikotoleranz und Risikotragfähigkeit des Kunden im Vordergrund stehen und nicht die Renditeziele. Die Risikotragfähigkeit ist dabei nicht allein durch den Kunden – etwa in einer Skala – festzulegen, sondern hier muss der Berater objektive Parameter des Kundenumfelds und seiner persönlichen Situation beurteilen um zu ermessen, welches Verlustpotenzial der Kunde im worst case „aushalten“ kann. Es ist daher zu empfehlen, sich jetzt mit den neuen Angeboten im Bereich der Beratungs- und Dokumentationssoftware vertraut zu machen. Vermittler können auch bereits mit einer Geeignetheitserklärung nach WpHG-Vorgaben arbeiten, da diese gegenüber den bisher verwendeten Beratungsprotokollen qualitativ nicht zurückfallen. (bh)

 
Ein Artikel von
Martin Klein