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16. März 2023
Tier-OP: Auch hohe Behandlungskosten sind zu tragen
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Tier-OP: Auch hohe Behandlungskosten sind zu tragen

Die Behandlungskosten eines verletzten Tieres betragen das Vielfache seines wirtschaftlichen Wertes. Muss der Verursacher der Verletzung beim Tier die Kosten für die Operation dennoch übernehmen? Darüber hatte das Oberlandesgericht Celle zu entscheiden.

Rein ökonomisch betrachtet mag ein Tier nur wenig wert sein. Wird es verletzt, kann es sein, dass der Schädiger Behandlungskosten zu ersetzen hat, die den Wert des Tieres um ein Vielfaches übersteigen. Dies hat das Oberlandesgericht Celle (OLG) geurteilt.

Behandlungskosten betragen 14.000 Euro

Im vorliegenden Fall hat ein 24 Jahre alter Wallach des Klägers im Sommer 2019 einen wirtschaftlichen Wert von etwa 300 Euro. Ein Sachverständiger beschrieb ihn als „Weidekameraden“, der als „Gesellschafter“ für andere Pferde diene. Dieser Wallach floh vor einem Hund, der auf die Pferdekoppel gelaufen war und das Pferd anschließend bis in den nächsten Ort verfolgte. Dabei stürzte das Pferd mehrfach und verletzte sich schwer. Der Kläger ließ es für mehr als 14.000 Euro in einer Tierklinik operieren. Doch gegen diesen im Vergleich zum wirtschaftlichen Wert enorm hohen Betrag wehrte sich der Hundehalter. Er wolle die Kosten nicht tragen, das sei unverhältnismäßig.

Pferd wurde „auf das Äußerste“ getrieben

Und die Richter am OLG haben entschieden, dass der Hundehalter den gesamten Schaden ersetzen muss, obwohl der Schaden auch auf den eigenen Fluchtinstinkt des Pferdes zurückzuführen war. Das Pferd hatte nicht etwa bloß aufgrund eines kurzen Erschreckens gescheut und war dann weggelaufen. Vielmehr wurde es von dem Hund über die Koppel, über den Weidezaun und weiter auf der Straße bis in die nächste Ortschaft „auf das Äußerste“ getrieben. Diese von dem Hund ausgehende Gefahr überwog den eigenen Verursachungsbeitrag durch das Pferd deutlich, so die Richter.

Streng wirtschaftliche Betrachtungsweise verbietet sich

Weiter entschied das OLG, dass die Behandlungskosten vollständig zu ersetzen sind, obwohl sie den wirtschaftlichen Wert des Tieres um das 49-Fache überstiegen. Aufgrund der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen verbietet sich eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise, lautete das Argument der Richter. Vielmehr sind sämtliche Umstände abzuwägen, unter anderem die Erfolgsaussichten der Behandlung, das Alter des Tieres und die Beziehung des Halters zu ihm. So war der betroffene Wallach das erste Pferd, das der Kläger erworben hatte und zu dem er von Anfang an eine besonders enge Bindung hatte. Außerdem habe sich das Pferd vor dem Unfall in einem sehr guten Zustand befunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (as)

OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023 – Az. 20 U 36/20

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