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15. Juni 2023
EZB erhöht Leitzins zum achten Mal in Folge

EZB erhöht Leitzins zum achten Mal in Folge

Nachdem die US-amerikanische Notenbank Fed vorerst eine Pause eingelegt hat, lässt sich die Europäische Zentralbank nicht beirren und hält an ihrer Politik fest. Zum achten Mal in Folge erhöhte sie am Donnerstagnachmittag den Leitzinssatz.

Zustände wie vor der großen Finanzkrise – so lange ist es her, dass der Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) bei 4% lag. Doch die Notenbank ist den Schritt gegangen, wie auf einer Konferenz am Donnerstagnachmittag, 15.06.2023, verkündet wurde. Zuletzt wurde der Leitzins im Juli 2007 auf dieses Niveau gebracht. Es ist die achte Leitzinserhöhung in Folge seit Juli 2022. Schneller war der Leitzins in der Geschichte der EZB noch nie auf diese Höhe angehoben worden.

Der Hauptrefinanzierungssatz regelt, zu welchem Zinssatz sich Banken bei der EZB Geld leihen können. Der neue Satz gilt ab dem 21.06.2023 – bis dahin bleibt er noch bei 3,75%. Der Einlagesatz, zu dem Banken ihr Geld bei der EZB parken können, liegt ab dem 21. Juni ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte höher und somit bei 3,50%.

Zinserhöhungspause in den USA

Die Fed hatte am Mittwoch bei ihren Erhöhungen eine Pause eingelegt, doch die EZB bleibt im Euroraum somit weiter hartnäckig – bei den Investment-Unternehmen war die Erhöhung mehr oder weniger erwartet worden. Vermögensverwalter wie Neuberger Berman, Goldman Sachs oder Carmignac hatten im Vorfeld in ihren eigenen Unternehmensmitteilungen bereits geäußert, dass sie mit weiteren Erhöhungen rechnen würden.

Der Kampf gegen die Inflation

Die EZB begründet ihre Entscheidung damit, dass die Inflationsrate sich zwar verringert habe, den Projektionen zufolge jedoch zu lange zu hoch bleiben werde. Die Notenbank sei weiterhin entschlossen, zeitnah wieder auf 2% p. a. zu kommen. Fachleute des Eurosystems hätten laut EZB gesamtwirtschaftliche Projektionen erstellt, die mit einer durchschnittlichen Gesamtinflation 2023 von 5,4%, 2024 von 3,0% und 2025 von 2,2% rechnen würden. Im Mai war die Inflation im Euroraum zuletzt deutlich zurückgegangen, auf 6,1%.

„Die Indikatoren für den zugrundeliegenden Preisdruck sind nach wie vor stark, auch wenn sich einige erste Anzeichen einer Abschwächung zeigen“, so die Bank. Die bisherigen Zinserhöhungen würden stark auf die Finanzierungsbedingungen durchwirken und sich allmählich in der gesamten Wirtschaft niederschlagen. Kurzum: Kreditkosten seien stark gestiegen und das Wachstum der Kreditvergabe verlangsame sich. Die verschärften Finanzierungsbedingungen seien ein wesentlicher Grund, warum die Inflation den Projektionen zufolge weiter in Richtung Zielwert zurückgehen werde.

Stimmen aus der Branche

Unmittelbar nach der Entscheidung wurden bereits mehrere Stimmen und Meinungen zur Zinserhöhung laut. So findet bspw. Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, die Erhöhung des Leitzinses um 0,25 Prozentpunkte eine „überzeugende Entscheidung“ der EZB. „Die Zinserhöhungen nun ganz zu stoppen, hätte vor allem die jüngeren Erfolge bei den Inflationserwartungen sofort wieder gefährdet.“

Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK hat ebenfalls mit der Entscheidung gerechnet. Jedoch: „Dabei könnten die Konjunkturdaten in Europa aktuell kaum schlechter ausfallen. Besonders Deutschland bereitet Sorgen.“ Trotzdem hält Lang einen weiteren Zinsschritt im Juli weiterhin für wahrscheinlich.

Auch der Zentrale Immobilien Ausschuss e. V. (ZIA) sieht „massive negative Auswirkungen“ der Zinspolitik kommen. Oliver Wittke, Hauptgeschäftsführer des ZIA: „Allen Beteiligten muss […] klar sein, dass die Verschärfung der Geldmarktpolitik die Immobilienbranche unter enormen Druck setzt.“ Denn schon jetzt hätten Projektentwickler allerorten Probleme, ihre Vorhaben rentabel zu finanzieren, einige hätten sie bereits auf Eis legen müssen. Die Leidtragenden seien dann am Ende auch die Menschen in Deutschland, die händeringend nach Wohnungen suchen. (mki)

Bild: © Martin Muniz – stock.adobe.com