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28. August 2023
Wie Vater und Sohn eine Lücke bei der Schenkungsteuer nutzten

Wie Vater und Sohn eine Lücke bei der Schenkungsteuer nutzten

Ein Vater erbringt eine millionenschwere Einlage in Form einer ungebundenen Kapitalrücklage in das gemeinsam mit dem Sohn gegründete Unternehmen. Unterliegt das eingezahlte Kapital der Schenkungsteuer? Wohl nicht, denn Vater und Sohn haben sich eine Gesetzeslücke zunutze gemacht.

Eine sogenannte disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) stellt keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang dar. Das haben die Richter am Finanzgericht Hamburg (FG) entschieden.

Im vorgelegten Sachverhalt gründeten Vater und Sohn eine KGaA. Das Grundkapital wurde vollständig vom Vater als alleinigem Kommanditaktionär übernommen. Der Sohn leistete als persönlich haftender Gesellschafter (phG) eine Vermögenseinlage in die KGaA. Nach der Satzung der KGaA sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalkonten zum Gesamtkapital, das sich aus dem Grundkapital und der Vermögenseinlage zusammensetzt, am Gewinn und an den Rücklagen der KGaA beteiligt. Vorliegend betrug das Verhältnis 90% zu 10% zugunsten des Sohnes.

Kurz nach der Eintragung der KGaA erbrachte der Vater eine Einlage in mehrstelliger Millionenhöhe in eine ungebundene Kapitalrücklage der KGaA, die nach der Satzung nicht zu den Kapitalkonten zählt (sogenannte disquotale Einlage). Das zuständige Finanzamt sah darin einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang, erließ einen entsprechenden Schenkungsteuerbescheid gegenüber dem Sohn und wies seinen Einspruch als unbegründet zurück. Daraufhin legte der Sohn Klage vor dem FG ein.

Richter sehen Schenkungsteuertatbestand als nicht erfüllt an

Nach Auffassung der Richter gilt als Schenkung unter Lebenden zwar auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Allerdings hält das FG diese Voraussetzungen im vorgelegten Sachverhalt nicht für gegeben.

Bei der KGaA handele es sich zwar um eine Kapitalgesellschaft. Auch habe sich der Wert der Beteiligung des Klägers durch die disquotale Einlage des Vaters erhöht. Jedoch sei die Beteiligung des Klägers, weil er nicht an dem Grundkapital der KGaA beteiligt sei, kein „Anteil an einer Kapitalgesellschaft“ im Sinne des Gesetzes, argumentierten die Richter. So unterscheide das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) zwischen dem Anteil eines pHG an einer KGaA einerseits und dem Anteil an einer Kapitalgesellschaft andererseits. Dieselbe Unterscheidung liege auch den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des steuerrechtlichen Bewertungsgesetzes (BewG) zu Grunde. Nach Ansicht des Gerichts ist daher der vom Finanzamt herangezogene Schenkungsteuertatbestand nicht erfüllt.

Vater und Sohn machen sich Gesetzeslücke zunutze

Im Übrigen hält das Gericht auch weder einen anderen Schenkungsteuertatbestand für erfüllt – weder etwa § 7 Abs. 6 ErbStG (übermäßige Gewinnbeteiligung bei einer Personengesellschaft) noch den Grundtatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – noch sieht es einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO).

Dem Gericht sei während seiner Entscheidungsfindung durchaus bewusst gewesen, dass der Gesetzgeber mit den Vorschriften des ErbStG die Besteuerungslücken in Fällen disquotaler Einlagen habe schließen wollen. Im Gesetz sei aber eine – vom Kläger genutzte – Lücke verblieben. Sie zu schließen, liege außerhalb der Kompetenz der Finanzverwaltung und -gerichte, sondern sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Die Revision ist mittlerweile unter dem Az. II R 23/23 beim Bundesfinanzhof anhängig. (as)

FG Hamburg, Urteil vom 11.07.2023 – Az. 3 K 188/21

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