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Steuern & Recht
6. September 2023
Wer haftet bei Kollision mit verkehrswidrig wendendem Auto?

Wer haftet bei Kollision mit verkehrswidrig wendendem Auto?

Ein Autofahrer darf sich nicht darauf verlassen, dass ein verkehrswidrig auf seiner Fahrbahn zum Zwecke des Wendens querstehendes Fahrzeug rechtzeitig weiterfährt. Stattdessen muss der Fahrer eine Kollision durch vollständiges Anhalten seines Fahrzeugs verhindern.

Das Landgericht Hanau (LG) hat per Beschluss entschieden, dass den Fahrer eines Fahrzeuges, der in ein anderes Fahrzeug, welches auf seiner Fahrbahn vor ihm verkehrswidrig wendet, hineinfährt, obwohl er die Kollision durch vollständiges Abbremsen hätte verhindern können, ein 50%iges Mitverschulden am Unfall trifft.

Kläger nahm Unfall billigend in Kauf

Im vorgelegten Sachverhalt hat der beklagte Autofahrer mit seinem Fahrzeug verkehrswidrig auf der Straße gewendet. Zu diesem Zweck schlug er zum Wenden ein, musste jedoch auf seiner Fahrspur halten, da sich auf der Gegenfahrbahn noch Gegenverkehr befand. Der Kläger näherte sich dem Beklagtenfahrzeug auf derselben Fahrbahn. Nachdem er das vor ihm quer stehende Fahrzeug bemerkte, hupte er und verlangsamte seine Geschwindigkeit, fuhr jedoch in das Beklagtenfahrzeug hinein.

Nachdem der Beklagte dem Kläger die Hälfte des ihm entstandenen Schadens ersetzt hatte, machte der Kläger nunmehr auch die übrigen Schadenskosten geltend, da er der Ansicht ist, dass der Verkehrsunfall ausschließlich von dem Beklagten aufgrund seines verkehrswidrigen Wendemanövers verursacht worden sei.

LG: Verstoß gegen Rücksichtnahmegebot

Das LG aber ist dieser Ansicht nicht gefolgt, sondern hält den Kläger zu gleichen Teilen für den Verkehrsunfall für mitverantwortlich. Zwar sei dem Beklagten zunächst vorzuhalten, dass er verkehrswidrig auf der Straße gewendet und zudem quer auf der Fahrbahn zum Stehen gekommen sei. Demgegenüber sei dem Kläger ein im Ergebnis gleich hohes Fehlverhalten vorzuwerfen. Denn dieser hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte sein Fahrzeug von der Fahrbahn entfernt, bevor er die Stelle passiert. Obwohl er tatsächlich rechtzeitig abbremsen konnte, habe er lediglich seine Geschwindigkeit verringert und sei somit ohne zwingenden Grund in das Beklagtenfahrzeug hineingefahren. Das stelle laut LG einen Verstoß gegen das allgemeine verkehrsrechtliche Rücksichtnahmegebot dar.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. (as)

LG Hanau, Hinweisbeschluss vom 13.06.2023 – Az. 2 S 62/22

Bild: © Anton – stock.adobe.com