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22. September 2023
Versicherer darf kein Attest vor Reisestornierung verlangen
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Versicherer darf kein Attest vor Reisestornierung verlangen

Ein Versicherer verlangt bei der Stornierung einer Reise aus gesundheitlichen Gründen ein Attest. Laut Vertragsklausel muss diese Bescheinigung aber bereits vor der Reisestornierung eingeholt werden. Eine unzulässige Benachteiligung, wie das Landgericht München entschied.

Ein Reiseversicherer darf, unmittelbar bevor der Versicherte eine Reise aus gesundheitlichen Gründen stornieren muss, kein ärztliches Attest als Nachweis für die Erkrankung verlangen. Das hat das Landgericht München (LG) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden.

Attest muss vor Stornierung der Reise eingeholt werden

Im vorgelegten Sachverhalt hat der beklagte Versicherer – die ERGO Reiseversicherung – in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen von den Versicherten verlangt, dass diese, bevor sie eine Reise aus gesundheitlichen Gründen stornieren wollen, ein ärztliches Attest besorgen müssen. Konkret hieß es dort: „Das ärztliche Attest müssen Sie vor Stornierung der Reise einholen.“

Diese Klausel hielten die Verbraucherschützer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (Verbraucherzentrale) für rechtswidrig, da sie den Versicherten in unzulässiger Weise benachteilige. Daraufhin forderte die Verbraucherzentrale vom Versicherer eine Unterlassungserklärung. Diese wollte der Versicherer aber nicht abgeben, sodass die Verbraucherschützer den Rechtsweg wählten.

Klausel erschwert Verbrauchern Leistungen aus der Police

Die zuständige Kammer des Gerichts folgte der Auffassung der Verbraucherzentrale: Die vom Versicherer gewählte Klausel ist rechtswidrig. Die Richter am LG merkten in ihrem Urteil an, dass es zum einen durchaus gesundheitliche Probleme gebe, bei denen kein Anlass dafür existiere, ein Attest bereits vor einer Stornierung einzuholen. Durch die Klausel könnte sich der Versicherer daher einen Weg eröffnen, die Leistung zu verweigern mit der Begründung, das Attest sei nicht vor der Reisestornierung eingeholt worden. Dies benachteilige laut Richter vor allem diejenigen Fälle, in denen es für die Versicherten unmöglich sei, vor der Stornierung der Reise ein Attest einzuholen.

Zum anderen müsse der Versicherte durch die Pflicht, bereits vor Stornierung ein Attest einzuholen, nicht nur rückwirkend seine Reiseunfähigkeit, sondern zusätzlich auch noch seine Unfähigkeit zur Attesteinholung vor Stornierung nachweisen. Dies liege aber nicht im Interesse des Versicherten, sondern erschwere Verbrauchern die Geltendmachung ihrer Rechte aus der abgeschlossenen Reiseversicherung. Die verwendete Versicherungsbedingung der ERGO Reiseversicherung ist daher unwirksam. (as)

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