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17. Oktober 2023
Betriebsinvaliditätsrente nur bei beendetem Arbeitsverhältnis?
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Betriebsinvaliditätsrente nur bei beendetem Arbeitsverhältnis?

Ein Beschäftigter hat aus gesundheitlichen Gründen Anspruch auf eine betriebliche Invaliditätsrente – doch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist diese Vertragsklausel rechtlich zulässig? Darüber hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.

Beschäftigte, die aus gesundheitlichen Gründen nur noch wenige Stunden am Tag oder gar nicht mehr arbeiten können, erhalten eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Auch die betriebliche Altersversorgung (bAV) kann eine Invaliditätsrente vorsehen. Oft aber finden sich in der Versorgungsordnung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Einschränkungen, die eine Zahlung abhängig vom Vorliegen bestimmter Umstände abhängig macht. Doch welche Einschränkungen sind rechtlich zulässig und welche nicht? Mit dieser Rechtsfrage hatten sich die jüngst die Richter am Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigt.

Arbeitgeber formuliert Voraussetzungen für Anspruch auf Invaliditätsrente

In dem BAG vorgelegten Fall hatte ein Arbeitnehmer ab November 2020 befristet bis Ende August 2022 eine Erwerbsminderungsrente bezogen. Im Januar 2021 beantragte er zusätzlich eine betriebliche Invaliditätsrente aus einer bAV. Sein Arbeitsverhältnis kündigte er zum 31.03.2022.

Doch der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung der Invaliditätsrente ab Januar 2021, dem Monat der Antragsstellung, und leistete die Rente erst ab April 2022. Seine Begründung: Nach den Vorschriften der Zusatzversorgungsordnung (ZVO) des Arbeitgebers erhalte ein Mitarbeiter nur dann Ruhegeld, wenn er wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe und rechtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Doch die Kündigung des Jobs erfolgte eben erst für Ende März 2022.

Daraufhin zog der Bezieher der Erwerbsminderungsrente vor Gericht. Ihm stehe die betriebliche Invaliditätsrente bereits ab Januar 2021 zu. Denn die Vorschriften der ZVO setzten nicht eindeutig genug das rechtliche Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis voraus. Jedenfalls sei die Regelung unwirksam, da er unzumutbar gezwungen werde, sein Arbeitsverhältnis zu beenden, um in den Genuss des Ruhegelds zu kommen.

Richter halten Anspruchsvoraussetzungen für zumutbar

Nachdem bereits die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, war der ehemalige Beschäftigte auch vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht erfolglos. Die Auslegung der Vorschriften der ZVO ergab nämlich, dass die ZVO das rechtliche Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis für einen Anspruch auf das betriebliche Ruhegeld in rechtlich zulässiger Weise voraussetzt. Die der Inhaltskontrolle unterliegende Regelung benachteilige den Beschäftigen nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben, heißt es im BAG-Urteil.

Es ist im Grundsatz nicht unzumutbar, die Zahlung einer betrieblichen Invaliditätsrente davon abhängig zu machen, dass eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bewilligt und das Arbeitsverhältnis beendet ist. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen werde dadurch kein unzumutbarer Druck auf den Arbeitnehmer zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt, erklärten die Richter. (as)

BAG, Urteil vom 10.10.2023 – 3 AZR 250/22

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