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18. Oktober 2023
Stolperfalle Stromkabel: Wie ist die Haftungsfrage?

Stolperfalle Stromkabel: Wie ist die Haftungsfrage?

Quer über den Boden verlegte Stromkabel sind eine Gefahr für die allgemeine Verkehrssicherheit. Obwohl die Person die Kabel zuvor erblickte, kam es dennoch zum Sturz. Wie liegt in diesem Fall die Haftungsfrage? Damit hat sich das Oberlandesgericht Köln beschäftigt.

Stolperfallen auf Wegen wie Stromkabel können schnell schwere Sturzverletzungen zur Folge haben. So erlitt eine Rentnerin, die auf einem Zebrastreifen die Straße überqueren wollte, schwere Arm- und Schulterverletzungen, als sie über ein am Boden liegendes Stromkabel stürzte – und das, obwohl die Fußgängerin zuvor das Kabel sogar wahrgenommen hatte. Die Rentnerin musste daraufhin unfallbedingt mit einem künstlichen Gelenkkopf versorgt werden.

Kabel diente der Stromversorgung von Marktständen

Das Kabel diente der Versorgung von Marktständen bzw. Verkaufswagen mit Strom. Dazu hatten die Marktbeschicker die Stromkabel entlang des Gehwegs und des Fahrbahnrandes verlegt. Die Stromkabel waren dabei weder am Boden befestigt noch durch sogenannte Kabelbrücken/Kabelmatten gesichert. Rechtlich umstritten war nun, ob durch die Marktbeschicker eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorlag und ob die Rentnerin, die das Kabel erkannte, ein Mitverschulden am Unfall trägt. Die Rentnerin selbst verlangte von den Standbetreibern Schmerzensgeld und Schadenersatz in Höhe von rund 15.000 Euro.

Marktbeschicker müssen für Verkehrssicherheit sorgen

Die Richter am OLG haben geurteilt, dass ein lose und quer zur Laufrichtung verlegtes Versorgungskabel für Marktstände und Verkaufswagen auf einem Wochenmarkt eine nicht hinreichend gesicherte Gefahrenstelle darstellt. Zwar beriefen sich die beklagten Marktbeschicker zu Recht darauf, dass (Jahr-)Marktbesucher aufgrund der ersichtlich dort nur temporären Errichtung von Ständen stets mit Hindernissen durch oberirdisch verlegte Versorgungsleitungen rechnen müssten und sich deshalb – anders als etwa Super- oder Baumarktbesucher – auf die unvermeidbaren, aber bekannten Behinderungen einstellen müssten. Doch zugleich muss der Verkehrssicherungspflichtige dafür sorgen, dass die im Rahmen der Verlegung von Versorgungsleitungen verbleibenden Gefahren durch eine gesonderte Abdeckung, etwa durch Gummi- oder Kunststoffmatten, abgesichert werden. Doch dies war im vorgelegten Einzelfall nicht geschehen.

Kabel stellen Stolperfalle dar

Vorliegend stellten jedenfalls die auf dem Boden im Bereich des Fußgängerüberwegs liegenden Versorgungskabel eine erhebliche Stolpergefahr dar, konkretisierten die Richter. Dies galt unabhängig davon, ob sie unmittelbar vor dem Sturz der Klägerin auf dem Fußgängerüberweg selbst oder im Bereich des davor befindlichen Gehwegs lagen. Denn sie waren weder gegen eine versehentliche Veränderung ihrer Ortslage, z. B. durch andere Fußgänger, noch gegen Wellenbildung gesichert.

Ein Mitverschulden liegt nicht vor

Darüber hinaus fiel der Rentnerin auch kein Mitverschulden zur Last, das anspruchsmindernd zu berücksichtigen wäre. Allein der Umstand, dass die Geschädigte vor Schadenseintritt die bestehende Gefahrenlage erkannt hat, begründet nicht, dass die Gefahr der Pflichtverletzung durch die Marktbeschicker zurückträte oder auch nur weniger schwer wiegen würde, so die Richter.

Maßgeblich sind in dieser Situation vielmehr die Umstände des Einzelfalls. Und die Rentnerin hatte überzeugend dargelegt, dass ein Mitverschulden ihrerseits ausgeschlossen sei. Denn die Kabel hätten sich im Augenblick des „Überschreitens“ bewegt. Daher sei sie überhaupt erst auf die Kabel getreten. (as)

OLG Köln, Urteil vom 03.08.2023 – Az. 7 U 173/22

Bild: © Gerhard Seybert – stock.adobe.com