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19. Oktober 2023
Digitaler Euro: nächste Projektphase startet

Digitaler Euro: nächste Projektphase startet

Die Europäische Zentralbank plant, in den nächsten Jahren einen „digitalen Euro“ einzuführen, der das Bargeld als Zahlungsmittel im Euroraum nicht ersetzen, aber ergänzen soll. Bislang war man dabei, den rechtlichen Rahmen festzusetzen. Ab November 2023 geht es jedoch in die Vorbereitungsphase.

Das Projekt „digitaler Euro“ ist auf dem Vormarsch. Denn am Mittwoch hat die Europäische Zentralbank (EZB) die nächste Projektphase auf dem Weg zu einer digitalen Variante des Euros beschlossen. Am 01.11.2023 geht es los. Diesem Beschluss geht ein Gesetzentwurf der Frankfurter Notenbank voraus, der im Juni dieses Jahres vorgelegt wurde (AssCompact berichtete)

Mit dem digitalen Euro will man wohl gegen die Etablierung digitaler Währungen anderer Länden und privater Unternehmen gewappnet sein, wegen derer der Euro langfristig gesehen an Bedeutung verlieren könnte. Auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde betont: „Wir müssen unsere Währung auf die Zukunft vorbereiten“. Gerade in Deutschland wird Bargeld als Zahlungsmittel noch sehr geschätzt, in anderen Ländern sinkt der Anteil des Bargelds bei Bezahlungen schön länger. Komplett ersetzen soll der digitale Euro das Bargeld nicht, er wäre allerdings als allgemein zugängliches Mittel für digitale Zahlungen (zwischen Privatpersonen, an Verkaufsstellen, im Online-Handel und für staatliche Transaktionen) verfügbar, so die EZB in einer Pressemitteilung vom Mittwoch.

Vorbereitungsphase für digitalen Euro startet

Bislang war man in der Untersuchungsphase des Projekts „digitaler Euro“. Gestartet war diese im Oktober 2021, in erster Linie auch, um den rechtlichen Rahmen des volldigitalen Zahlungsmittels zu erörtern. Jetzt im November startet mit der Vorbereitungsphase der nächste Schritt. In dieser Phase werde, so die EZB, das Regelwerk für den digitalen Euro fertiggestellt und es würden Anbieter ausgewählt, die eine Plattform und die Infrastruktur für einen digitalen Euro entwickeln könnten.

Außerdem werde in dieser Phase getestet und erprobt, wie sich ein digitaler Euro entwickeln lässt, der sowohl den Anforderungen des Eurosystems als auch den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht wird, beispielsweise in Bezug auf Nutzungserlebnis, Datenschutz, finanzielle Inklusion und ökologischen Fußabdruck. Nach weiteren zwei Jahren werde der EZB-Rat erneut entscheiden, ob er zur nächsten Phase der Vorbereitungen übergeht. Denn das Einleiten der Vorbereitungsphase sei noch kein Beschluss darüber, ob ein digitaler Euro wirklich irgendwann ausgegeben wird. Dafür müsse erst der Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union abgeschlossen sein.

Das sagen die Banken

Bereits kurze Zeit nach der Verkündung der EZB äußerten sich deutsche Bankenverbände zu dem Beschluss. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) beispielsweise sieht diesen positiv. „Ein richtig gestalteter digitaler Euro kann Mehrwerte für Wirtschaft und Gesellschaft bieten. Er kann die europäische Souveränität im Zahlungsverkehr unterstützen und – zum Beispiel durch eine Offline-Funktionalität – die Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs auch in Krisensituationen stärken“, so Tanja Müller-Ziegler vom BVR-Vorstand.

Allerdings dürfe er nicht übereilt eingeführt werden. Denn negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft müssten vermieden und der digitale Euro in der Bevölkerung breit akzeptiert werden. Daher sei es wichtig, dass die EZB und Politik sich ausreichend Zeit für die demokratische Auseinandersetzung mit dem Thema nehmen, so Müller-Ziegler weiter.

BdB und LBBW skeptisch

Eher vorsichtige und skeptische Stimmen kommen vom Bundesverband deutscher Banken (BdB) und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). BdB-Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff: „Der digitale Euro ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, bei dem die deutschen Banken weiterhin aktiv mitarbeiten. Wir haben aber viele Fragen, die von der EZB noch beantwortet werden sollten. Unter anderem fehlt die konkrete Antwort darauf, welche Risiken ein digitaler Euro für die Finanzmarktstabilität haben kann.“

Digitalisierungsanalyst Guido Zimmermann von der LBBW sieht bisher wenig Nutzen aus Verbrauchersicht: „Der Nutzen des digitalen Euro dürfte für die Verbraucher sehr überschaubar bleiben. Salopp gesagt: Er ist eine Lösung auf der Suche nach einem Problem.“ Denn bereits heute würden die Bürger des Euroraums über zahlreiche digitale Bezahlmöglichkeiten wie das Online-Banking, die Debitkarte oder Zahlungsapps für das Smartphone verfügen. (mki)

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