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7. November 2023
Wenige BU-Versicherer gewähren Einblick in Leistungspraxis
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Wenige BU-Versicherer gewähren Einblick in Leistungspraxis

Das BU-Leistungspraxisrating 2023 des Analysehauses Franke und Bornberg hat die Leistungspraxis einiger Versicherer bei der Berufsunfähigkeitsversicherung untersucht. Fazit: Die meisten Versicherer regulieren hervorragend – doch nur wenige gewähren Einblick in ihre Prozesse im Leistungsfall.

Wie arbeiten die Versicherer im Leistungsfall bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)? Dieser Frage hat sich die Ratingagentur Franke und Bornberg in ihrem neuen BU-Leistungspraxisrating 2023, welches am Montag veröffentlicht wurde, gewidmet. Denn: Wichtig sei, so Franke und Bornberg, bei der BU nicht nur das passende Produkt und ein stabiler Versicherer, sondern auch die Qualität der Leistungsprüfung. Wie professionell und kundenorientiert gehen die Gesellschaften mit Leistungsanträgen um? Wie lange dauert es vom Eingang einer Anzeige bis zur Entscheidung? Und welche Versicherer agieren transparent und fair?

Laut Franke und Bornberg sei das Rating zur Leistungspraxis nur mit Zustimmung des jeweiligen Versicherers möglich – anders als beim Tarifrating. Auch aus diesem Grund besteht das BU-Leistungspraxisrating lediglich aus neun Versicherern, denn längst nicht alle Gesellschaften erlauben Einblick in ihre Leistungspraxis.

Darauf wurde beim Rating geachtet

Wie kundenorientiert, fair und transparent die Gesellschaften die BU-Leistungsansprüche ihrer Versicherten behandeln, prüft Franke und Bornberg grundsätzlich vor Ort, so die Agentur in ihrer Mitteilung zum Rating. Das Urteil basiert auf einer Stichprobe von mindestens 125 sorgfältig durch die Prüfer ausgewählten Leistungsfällen je Gesellschaft. Grundlage für das Leistungspraxisrating 2023 bilden Regulierungen aus dem Jahr 2022. Bearbeitungsdauer, Anteile von abstrakter Verweisung und Vorgaben zur Umorganisation fließen in das Urteil ebenso ein wie Befristungen und Individualvereinbarungen sowie Rücktritte und Anfechtungen.

Weiterhin untersuchen die Analystinnen und Analysten, wie die Unternehmen ihre Versicherten in dieser schwierigen Situation begleiten. Positiv bewertet werden hier z. B. das individuelle Eingehen auf die Antragsteller, durch individuell zugeschnittene Fragebögen nach vorheriger Kontaktaufnahme. Für Geschäftsführer Michael Franke sollten Versicherte auch im Leistungsfall als Menschen und nicht als Verwaltungsvorgänge behandelt werden – dies treffe gleichermaßen auf die Begutachtung komplexer Gegebenheiten vor Ort durch geschulte Mitarbeiter zu, bspw. bei Selbstständigen. So könnten sie Abläufe und Anforderungen des Arbeitsplatzes wirklichkeitsnah einschätzen. Auch sollte Kunden das Ergebnis der Leistungsprüfung so transparent und nachvollziehbar wie möglich mitgeteilt werden.

Sechs von neun Versicherern mit Bestnote

Die Höchstbewertung von FFF+ bzw. „hervorragend“ erreichten sechs der neun angetretenen Versicherer, nämlich Allianz, ERGO, Generali, HDI, NÜRNBERGER und Zurich. Ein „sehr gut“ bzw. FFF erhielten die übrigen drei: Gothaer, Hannoversche und SIGNAL IDUNA. Laut Michael Franke sei die Wahrscheinlichkeit eines guten Abschneidens umso größer, je häufiger ein Unternehmen am BU-Leistungspraxisrating teilnehme. Diesen Effekt führt der Geschäftsführer hauptsächlich darauf zurück, dass die Ratings Benchmarks liefern, für Transparenz sorgen und zugleich den Blick für Verbesserungen schärfen.

Am Rating teilgenommen haben noch mehr Versicherer – allerdings haben diese der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse nicht zugestimmt.

Fakten und Trends in der BU-Regulierung

Etwas verlängert hat sich laut der Untersuchung die Dauer der Leistungsprüfung. Diese dauerte 2022 durchschnittlich 184 Tage. Dies sei wohl auch bedingt durch den Fachkräftemangel. „Abwerbungen durch Mitbewerber und BU-Dienstleister haben die ohnehin knappen Personalressourcen einiger Gesellschaften weiter ausgedünnt“, so Franke und Bornberg. Als Gegenmaßnahme setzen die Versicherer verstärkt auf eigenen Nachwuchs – mit Erfolg. Doch auch auf Arztberichte und vor allem Gutachten mussten die Versicherer 2022 noch länger warten als zuvor.

Zeitersparnis verspreche der Einsatz des Telefons anstelle von Papier. Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken bei Franke und Bornberg: „Der Formularmarathon ist ein Auslaufmodell. Wer konsequent telefoniert und Fragen gemeinsam mit dem Kunden durchspricht, kann die Regulierung deutlich abkürzen.“ Auch würden erste Gesellschaften positive Erfahrungen mit Chats in geschützten Portalen sammeln.

Digitale Prozesse und künstliche Intelligenz bieten außerdem viel Potenzial für schnellere Entscheidungen, so die Ratingagentur. Bspw. könnten umfangreiche Arztberichte in Zukunft automatisch so strukturiert werden, dass Leistungsprüfer einen besseren Überblick gewinnen. Rückversicherer hätten schon jetzt automatisierte Entscheidungshilfen entwickelt, die in der Praxis als Zweitmeinung dienen, aber aus Sicht der befragten Versicherer erfahrene und empathische Leistungsprüfer bislang noch nicht ersetzen könnten.

Wertung und Ausblick

Es sei ein Warnsignal für Verbraucher und Vermittler, dass noch immer zu wenige Versicherer auf eine unabhängige Bewertung ihrer Leistungsprüfung setzen. Denn erst hier entscheide sich, ob ein Vertrag seinen Zweck erfüllt, so Franke und Bornberg. Teilnehmende Gesellschaften könnten im Laufe der Jahre mit einer überzeugenden Leistungspraxis punkten und erhalten außerdem einen detaillierten Untersuchungsbericht, der individuelle Ansatzpunkte und Hebel für weitere Verbesserungen aufzeigt.

Die vollständige BU-Leistungspraxis-Studie enthält noch weitere Informationen u. a. zu Ursachen der Berufsunfähigkeit, Anerkennungs- und Ablehnungsquoten, Bearbeitungsdauern und Prozessquoten. Diese wird Franke und Bornberg demnächst vorstellen. (mki)

Bild: © MrPanya – stock.adobe.com