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Steuern & Recht
8. Dezember 2023
Kein Risikoschutz: Wann ein Versicherer trotzdem leisten muss
man collecting water in bucket from ceiling

Kein Risikoschutz: Wann ein Versicherer trotzdem leisten muss

Obwohl im Zeitpunkt des Leitungswasserschadens gar kein Versicherungsschutz bestand, ist ein Gebäudeversicherer zur Leistung verpflichtet. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem aktuellen Urteil klargestellt. Was sind die Entscheidungsgründe der Richter?

Wenn es um Wohngebäudeversicherungen geht, stehen Versicherer, Vermittler und Versicherte oft vor Herausforderungen, besonders im Leistungsfall, wenn ungeklärte Rechtsfragen die Abwicklung erschweren. Dieses Spannungsfeld zwischen den Erwartungen der Beteiligten und den rechtlichen Rahmenbedingungen wurde im Licht eines aktuellen Urteils einmal mehr besonders deutlich. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hat nämlich einen Gebäudeversicherer zum Schadenersatz verurteilt, obwohl im Zeitpunkt des Leitungswasserschadens gar kein Versicherungsschutz mehr bestand.

Was war geschehen?

Ausgangspunkt des Rechtsstreites war die Scheidung zweier Eheleute. Diese hatten vereinbart, dass im Zuge der Scheidung das Eigentum an dem Wohnhaus von der Ehefrau auf den Ehemann übergehen soll. Die Ehefrau war auch Versicherungsnehmerin der Gebäudeversicherung. Lange vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch wandte sich der Ehemann daher an den Versicherer und bat um Übertragung des Versicherungsvertrages auf ihn.

Gegenüber dem Versicherungsvertreter äußerte er zudem die Befürchtung, dass seine Ex-Frau bis zur Eintragung im Grundbuch fällig werdende Versicherungsbeiträge nicht zahlen und dadurch der Versicherungsschutz gefährdet sein könnte. Trotz der so geäußerten Befürchtungen kümmerte sich der Vertreter nur um die Vertragsübernahme und die dafür erforderliche Zustimmung der Ex-Frau. Diese erfolgte allerdings wie auch die Zahlung der Versicherungsbeiträge nicht. Der Versicherer war im Zeitpunkt des Leitungswasserschadens aufgrund des Prämienverzuges daher leistungsfrei. Folglich lehnte das Versicherungsunternehmen die Schadenregulierung ab.

So lautete das Urteil

Die Richter am OLG bewerteten die Rechtslage dennoch anders. Demnach hafte der Versicherer dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) auf Schadenersatz. Das OLG führte hierzu aus, dass sich aus den geäußerten Bedenken ein hinreichender Anlass im Sinne von § 6 Abs. 1 VVG ergab, den Kläger auf die Möglichkeit zum Abschluss einer eigenen Gebäudeversicherung hinzuweisen. Laut dem OLG hatte der Kläger nämlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Versicherungsschutz aufrechterhalten und dem Einfluss seiner Ex-Frau entziehen wollte. Gerade weil eine Vertragsübernahme von der Zustimmung der Ex-Frau abhing, hätte der Abschluss einer eigenen Gebäudeversicherung empfohlen werden müssen. Da Letzteres auch möglich war und beratungsgerechtes Verhalten durch das Gericht vermutet wird, muss der Versicherer nun doch für den entstandenen Schaden in Höhe von 118.000 Euro aufkommen.

Schlussfolgerung des Urteils für Versicherungsmakler

„Dieses Urteil zeigt, dass auch Versicherungsgesellschaften hohe Beratungspflichten haben können“, erläutert Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte. „In Ausnahmefällen können solche Beratungspflichten sogar dann bestehen, wenn die Versicherung durch einen Makler vermittelt wurde. Daher sollten mit der Betreuung solcher Fälle immer Spezialisten beauftragt werden.“ (as)

OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.10.2023 – Az. 12 U 66/23

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