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15. Dezember 2023
Wann ist eine ärztliche Krankschreibung verdächtig?
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Wann ist eine ärztliche Krankschreibung verdächtig?

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts stellt klar: Der Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann infrage gestellt werden, wenn diese mit Kündigungsfristen zusammenfallen. Doch unter welchen Umständen gilt dies nun genau?

Seit Beginn dieses Jahres ist der traditionelle „Gelbe Schein“ größtenteils überflüssig geworden. Arbeitnehmer, die krankgeschrieben sind, müssen zwar ihren Arbeitgeber umgehend über ihre Arbeitsunfähigkeit informieren. Die Übermittlung des ärztlichen Attests (AU-Bescheinigung) erfolgt nun aber elektronisch auf Anforderung durch die Krankenkasse an den Arbeitgeber. Nach wie vor stellt sich jedoch die Frage nach der Beweiskraft eines ärztlichen Attests, insbesondere dann, wenn Krankheit und Kündigung im Spiel sind.

Gesund in den neuen Job

So auch in einem dem Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgelegten Einzelfall. Ein Arbeitnehmer legte nämlich unmittelbar nach Erhalt einer Kündigung mehrere AU-Bescheinigungen vor, die exakt bis zum Ende der Kündigungsfrist reichten. Und direkt am Tag darauf erschien die Person bei seinem neuen Arbeitgeber gesund und munter zum Dienst. Daher verweigerte der alte Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung. Die Vorinstanzen sprachen dem Arbeitnehmer allerdings zunächst die Entgeltfortzahlung für den gesamten Zeitraum zu.

Gesamtbetrachtung des Einzelfalls ist relevant

Doch die Richter am BAG in Erfurt kassierten die Entscheidungen der Vorinstanzen in Teilen wieder ein. Zwar könne ein Arbeitnehmer eine von ihm behauptete Arbeitsunfähigkeit mit ordnungsgemäß ausgestellten Bescheinigungen eines Arztes nachweisen, erläuterte das BAG in einer Pressemitteilung. Diese seien schließlich das gesetzlich vorgesehene Beweismittel.

Deren Beweiswert könne der Arbeitgeber aber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände beweisen kann, die „nach einer Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln“ geben. Dabei komme es allerdings weder darauf an, ob die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vom Beschäftigten oder vom Unternehmen ausgeht, noch, ob ein oder mehrere Atteste vorgelegt werden.

Arbeitnehmer trifft nun die Beweislast

Skeptisch wurden die Richter im vorgelegten Einzelfall aber dadurch, dass zwischen der in den Folgebescheinigungen festgestellten „passgenauen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit“ und der Kündigungsfrist ein zeitlicher Zusammenhang bestand. Außerdem hat der Arbeitnehmer unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufgenommen.

Unter diesen Umständen, so das BAG, treffe dem gekündigten Arbeitnehmer für den fraglichen Zeitraum die „volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit“, wenn er hierfür sein Gehalt bekommen wolle. Der Sachverhalt wurde daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das zuständige Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. (as)

BAG, Urteil vom 13.12.2023 – 5 AZR 137/23

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