AssCompact suche
Home

Investment

Vanguard will Zusammenarbeit mit Beratern 2024 weiter ausbauen

Auch 2024 dürfte ein spannendes Jahr für die Investmentbranche werden. Welche Herausforderungen stehen den Asset-Managern und den Anlegern bevor? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Moritz Schüßler, Head of Intermediated Retail Germany bei Vanguard.

Herr Schüßler, welche Themen und Entwicklungen werden Sie 2024 als Asset-Manager besonders im Blick haben?

Wir verfolgen weiter das Ziel, für möglichst viele Anleger einen effizienten und unkomplizierten Zugang zu den Kapitalmärkten zu ermöglichen. Im Jahr 2024 planen wir, dies durch die Erweiterung unserer Modellportfoliostrategien und eine beschleunigte Digitalisierung aller Geschäftsbereiche weiter zu verfolgen. Mit einer gesetzlichen Reformierung der privaten Altersvorsorge könnte zudem der ohnehin schon kontinuierlich wachsende ETF-Markt deutlich an Rückenwind gewinnen. Das haben wir fest im Blick.

Welche Anlageprodukte werden unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen im Fokus stehen?

Wir sehen Potenzial in breit gestreuten Indexprodukten wie ETFs und Indexfonds, ebenso in Multi-Asset-Produkten, darunter Modellportfolios und kosteneffiziente Multi-Asset-ETFs. Dank ihrer strategischen Ausrichtung sind diese Produkte weniger anfällig für kurzfristige Marktentwicklungen und unterstützen so Anleger dabei, ihre langfristigen Ziele zu erreichen. Auch in der Vermögensverwaltung sehen wir große Chancen für Indexstrategien in der Asset-Allokation, um die Produktkosten zu minimieren und Anlageergebnisse zu verbessern.

Welche vertrieblichen Vorhaben haben Sie?

Wir planen, unser Intermediated-Retail-Sales-Team in Deutschland weiter aufzustocken. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass unsere hohen Standards auch auf regionaler Ebene eingehalten werden. Gleichzeitig streben wir die Weiterentwicklung von Vanguard 360 an. Das beinhaltet den Ausbau unserer Beraterportale mit maßgeschneiderten Inhalten. Zudem planen wir Webinare und Workshops für jeden Teilnehmer – von Networking-Events bis zu Expertenrunden, online wie auch vor Ort.

 

Wann wird die EZB die Zinsen senken?

Am vergangenen Donnerstag wurde wieder die „Amundi Investment Konferenz“ ausgestrahlt. Neben geopolitischen und konjunkturellen Themen war dort eine der zentralen Fragen: Wann ist mit der ersten Zinssenkung zu rechnen?

Die Investmentwelt scharrt mit den Hufen. Der Markt wartet auf sie – die erste Senkung des Leitzinses nach zehn Erhöhungen zwischen Sommer 2022 und Herbst 2023. Aktuell liegt der Hauptrefinanzierungssatz, für den sich Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld leihen können, bei 4,50%. Besonders zu vernehmen waren die Erwartungen der Investoren auf Zinssenkungen bei der Jahresendrallye im Dezember 2023, die der Ansicht mancher Experten nach rein von diesen Hoffnungen geschürt worden war.

Wenig verwunderlich also, dass ein zentraler Bestandteil der Amundi Investment Konferenz am Donnerstag, 18.01.2023, die Spekulation über eventuelle Zinssenkungen war – oder vielmehr über den Zeitpunkt dieser.

Amundi: Zinssenkungen im ersten Halbjahr

Traditionell stellt ntv-Börsenexpertin und Moderatorin der Amundi Investment Konferenz Sabrina Marggraf Fragen an die Zuschauer vor den Bildschirmen, die diese dann beantworten können. Bei der ersten wurden die Zuschauer gefragt, wann sie denn mit der ersten Zinssenkung rechnen – im ersten Halbjahr, im zweiten Halbjahr oder dieses Jahr gar nicht. Und siehe da: 71%, also die deutliche Mehrheit, sehen die EZB erst im zweiten Halbjahr einlenken.

Doch Chief Investment Officer von Amundi Deutschland Thomas Kruse ist da anderer Meinung und reiht sich bei der Antwort ein, die 19% der Zuschauer wählten: Zinssenkungen im ersten Halbjahr. Den Grund dafür äußert er in seinem Vortrag zum Ausblick für die kommenden Monate sowie in der anschließenden Diskussionsrunde. Denn die aktuellen konjunkturellen Schwächen und auch die Exportabhängigkeit der EU-Länder dürften die Zentralbanken ein wenig unter Zugzwang bringen und so die erste Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten im Juni 2024 provozieren. Vier weitere würden laut Kruse folgen. Jedoch: Aufgrund der strukturellen Probleme, auch in Deutschland durch bspw. einen höheren Anteil erneuerbarer Energien zu einem aber hohen Preis, dürften die Zinssenkungen der EZB die Wirtschaft nicht so stark beflügeln.

Was, wenn die Zinssenkungen zu früh kommen?

Eine leicht andere Meinung äußert Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und Leiter Research bei der Bayerischen Landesbank. Für ihn werde sich die Inflation vor allem zu Beginn des Jahres hartnäckig halten, z. B. durch Preissteigerungen im Service-Bereich. Aus diesem Grund würden seiner Meinung nach die Notenbanken erst gegen Ende des Jahres aktiv, da sie auf eine Stabilisierung hoffen.

Michels weist hierbei darauf hin, dass es für den Markt fatal wäre, wenn die EZB die Zinsen zu früh sänke und es anschließend einen neuen Schwung an erhöhter Inflation gäbe. Dieser Aussage pflichtet Kruse bei, merkt aber ebenfalls an, dass bei einer nur etwas früher als erwarteten Zinssenkung die Märkte sich zwar noch einmal korrigieren würden – doch die Richtung des Marktes sei aufgrund jener Erwartungen vorgegeben. Wann diese schließlich einsetzt, sei zweitrangig. (mki)

Bild: © vadim yerofeyev – stock.adobe.com

 

Wie das Vertrauensproblem in der Finanzberatung lösen?

Auch in Deutschland wagen immer mehr den Schritt an den Kapitalmarkt. Doch oft wird es auf eigene Faust probiert. Studien zeigen, dass viele Anleger selbst über ihre Investitionen entscheiden und dabei weniger von Beratung Gebrauch machen. AssCompact hat bei Dr. Robert Bosch von BearingPoint nachgefragt.

Interview mit Dr. Robert Bosch,globaler Leiter Banking & Capital Markets bei BearingPoint
Herr Dr. Bosch, frei heraus: Warum gehen immer weniger zum Finanzberater?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind die Anleger immer besser informiert bzw. haben ein größeres Interesse entwickelt, sich mit den Themen Anlageentscheidungen und Investitionen auseinanderzusetzen. In den Medien werden z. B. Themen wie Altersvorsorge stärker thematisiert. Dadurch beschäftigen sich die Menschen mit Anlagen wie ETFs, Fonds und Aktien und sind so auch in der Lage, eigene Anlageentscheidungen zu treffen. Ein anderer Grund ist beispielsweise, dass die Investitionshürden immer niedriger werden. Depots können bei Anbietern kostenfrei geführt werden. Manche Anbieter bieten Anlagen ab 1 Euro an, dadurch sind Selbstentscheider eher bereit, in Produkte zu investieren, die volatiler in der Wertentwicklung sind, und gehen etwas höhere Risiken, aber auch Chancen ein. Ergänzend trägt hierzu noch der Trend des Frugalismus bei. Dabei leben Menschen so sparsam, dass sie möglichst früh in „Rente“ gehen können bzw. von ihrem Ersparten/ ihren Dividenden leben können. Hier informieren sich Menschen auch, wie sie bei geringsten Kosten möglichst effizient ihr Vermögen steigern können. Gebühren für Anlageberatungen sind hier eine gute Sparmöglichkeit. Eine weitere Auffälligkeit am Markt ist, dass die klassische Anlageberatung bei einigen etablierten Dienstleistern inzwischen an höhere Anlagevolumen gekoppelt ist – Kleinanleger werden somit ggf. in die Selbstentscheidung gedrängt.

Gibt es folglich ein Vertrauensproblem bei der Finanzberatung?

Dadurch, dass die Finanzbildung zunimmt, rechnen die Menschen schon nach, wie viele Gebühren sie einem Finanzberater zahlen müssen, bzw. regulatorische Vorgaben zwingen die Dienstleister, die Kosten offenzulegen. Vor allem in der bis vor Kurzem vorherrschenden Niedrigzinsphase wurden bei manchen Finanzprodukten selbst kleine Erträge von jährlichen Gebühren aufgefressen. Wenn so über Jahre und Jahrzehnte kaum Vermögenssteigerungen zu sehen sind, sinkt natürlich das Vertrauen in die vorhergehende Beratung.

Um das Vertrauen in die Finanzberatung zu stärken, ist entscheidend, dass Finanzberater transparent sind, eine klare Kommunikation pflegen, die Bedürfnisse und Ziele ihrer Kunden verstehen und sich darauf konzentrieren, in deren Interesse zu handeln. Zudem haben Regulierungsbehörden in den vergangen zehn Jahren viele Standards und Bestimmungen verbessert, um die Rechte und das Vertrauen der Kunden zu stärken.

Welche Folgen hat die vermehrt eigenständige Anlageentscheidung für Finanzinstitute?

Das Selbstbewusstsein und zunehmendes Anspruchsdenken selbstentscheidender Kunden stellt die Anbieter vor Herausforderungen. Laut unserer Umfrage nutzen bereits 37% der Befragten mehr als einen Anbieter zum Handel von Wertpapieren, sei es nun die eigene Hausbank, eine Depotbank, einen Vermögensverwalter, einen Anlageberater oder auch einen Broker. Dabei ist die Konkurrenz groß, insbesondere im digitalen Bereich.

Auch die Hürden zum Wechsel der Anbieter sind durch moderne digitale Lösungen gering wie nie. Aber hier gibt es bei einigen Anbietern noch Verbesserungsbedarf. So gaben 30% der Befragten an, dass sie den Eröffnungsprozess eines neuen Wertpapierdepots noch nicht komplett online durchführen konnten. Auch berichteten 20% der Befragten von Problemen beim Eröffnungsprozess. Hier schlummert noch Verbesserungspotenzial, um den Kunden ein möglichst schnelles und reibungsloses Onboarding-­Erlebnis zu ermöglichen.

Der „Empowered Customer“ entscheidet also selbst über seine Anlagen. Wie bewerten Sie diesen Umstand im Allgemeinen? Rechtfertigen die Renditeergebnisse das „Empowerment“?

Eine finale Antwort, ob die Renditeergebnisse die Selbstentscheidung rechtfertigen, können wir nicht geben bzw. es ist nicht bekannt, ob diese allgemein besser sind als jene von Anlageberatern und Vermögensverwaltern. Die Anbieter sollten sich dem Umstand und der Entwicklung bewusst sein, um ihr Angebot, ihre Dienstleistung bzw. Plattform entsprechend auszurichten.

Spielt dabei auch Selbstüberschätzung seitens der Anleger eine Rolle?

Es ist anzunehmen, dass der ein oder andere Anleger sich in seinen Anlageentscheidungen überschätzt, insbesondere wenn er sich zu Einzelanlagen oder zu starker Gewichtung auf Einzeltitel, Branchen etc. hinreißen lässt. Andererseits bieten der Markt und die vielen Informationsquellen einen guten Überblick, um das eigene Portfolio zu diversifizieren bzw. einfachheitshalber direkt in ETFs zu investieren.

Schlägt sich auch bei der Geldanlage das Klischee nieder, dass tendenziell eher die Männer zu Selbstüberschätzung neigen? Wie handhaben es die Frauen?

Das ist ein viel diskutiertes Thema. Es gibt Studien und Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede im Verhalten bei der Geldanlage gibt. Einige dieser Unterschiede könnten mit Selbstüberschätzung in Verbindung stehen.

Bei Frauen kann grundsätzlich beobachtet werden, dass das Thema immer mehr an Bedeutung gewinnt. In den letzten Jahren sind vor allem die Themen Vermögensaufbau zur Altersvorsorge zentraler Motivator. Hier wurden viel Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung durch Medien und Finanzinstitute betrieben. Trotzdem sind Frauen immer noch in der Unterzahl, was das Anlageverhalten betrifft. Der Frauenanteil an unserer Kundenumfrage war nur knapp 34%. Das würde die Annahme bestätigen.

Jedoch ist zu betonen, dass eine ausgewogene und gut durchdachte Anlagestrategie, die zu den individuellen Zielen und Präferenzen passt, entscheidend ist, unabhängig vom Geschlecht. Eine diversifizierte und langfristige Herangehensweise kann dabei helfen, die Auswirkungen von übermäßigem Selbstvertrauen oder impulsivem Handeln zu mildern.

Gibt es auch eine Diskrepanz zwischen jüngeren und älteren Menschen beim Interesse an Finanzberatung?

Jüngere Anleger, vor allem männliche, sind oft grundsätzlich digital affiner und offener für neue Angebote als ältere. Sie haben oft bereits unterschiedliche Anbieter für ihr Gehaltskonto, ihr Tagesgeld und sind damit auch nicht mehr gebunden an eine Hausbank. Das erschwert auch die Beratung durch eine solche. Zudem haben junge Kunden oft alle Eröffnungsprozesse komplett digital durchlaufen und haben keinen Bezug zu einem Berater bzw. sehen auch keinen Bedarf daran.

Aber auch hier muss man bedenken, dass es bei jüngeren Anlegern oft um vergleichsweise wenig Vermögen geht, das angelegt werden soll, bzw. oft einfache Produkte wie ein ETF-Sparplan zum Einsatz kommen. Dieser bedarf weniger Beratung. Wogegen, wie bereits erwähnt, bei hohen Anlagevolumina durchaus eine Beratung gefragt ist.

Hand aufs Herz: Wie macht man den Menschen persönliche Finanzberatung wieder schmackhaft?

Bei der persönlichen Beratung geht es um verschiedene Punkte. Beispielsweise um die emotionalen Aspekte von Finanzen. Menschen haben oft Ängste, Unsicherheiten oder bestimmte emotionale Verbindungen zu Geld. Ein Finanzberatungsansatz, der auf emotionale Intelligenz eingeht, kann eine bessere Verbindung zu den Kunden herstellen.

Persönliche Beratung muss aber auch einen Mehrwert aufzeigen. Ein Beispiel kann die Individualisierung sein. Gestaltet man die Finanzberatung so, dass sie auf die individuellen Bedürfnisse, Ziele und Lebenssituationen der Menschen zugeschnitten ist, so kann eine personalisierte Herangehensweise die Relevanz und den Nutzen der Beratung erhöhen.

Natürlich ist es auch wichtig, die Kosten und Gebühren transparent darzustellen. Eine klare und faire Gebührenstruktur kann das Vertrauen stärken und Bedenken hinsichtlich versteckter Kosten ausräumen.

Unterstützen auch Sie die Finanzberater hierbei? Wie?

Selbstverständlich ja, wir helfen unseren Klienten, die Herausforderungen der heutigen Zeit zu meistern, und begleiten insbesondere die Transformation in die digitale Welt. Beispielsweise entwickeln wir gemeinsam ein ansprechendes (End-)Kundenerlebnis, das sowohl digital als auch stationär den modernen Anforderungen entspricht und auch Trends berücksichtigt, etwa die Anlage in Kryptowerte. Wir designen Prozesse unter Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen und helfen bei Entscheidungen sowie der technischen Auswahl, um kosteneffizient Abläufe zu etablieren. Unsere Kunden sind mit unserer Dienstleistung für die Zukunft gerüstet.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Robert Bosch, BearingPoint

 
Ein Interview mit
Dr. Robert Bosch

apoAsset rechnet 2024 mit mehr Multi-Asset

Auch 2024 dürfte ein spannendes Jahr für die Investmentbranche werden. Welche Herausforderungen stehen den Asset-Managern und den Anlegern bevor? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Claus Sendelbach, Geschäftsführer von apoAsset.

Herr Sendelbach, welche Themen und Entwicklungen werden Sie 2024 als Asset Manager besonders im Blick haben?

Am globalen Gesundheitsmarkt erwarten wir 2024 spannende neue Impulse, zum Beispiel durch Innovationen und M&A-Aktivitäten. Mit dem Ende des starken Zinsanstiegs dürften auch „abgestrafte“ Wachstumswerte wieder in den Fokus kommen. Auch zu beachten: „Fixed Income is back“, Multi-Asset-Strategien gewinnen durch diese Anlageklasse neue Möglichkeiten und Vorteile. Steigende regulatorische Anforderungen wie zum Beispiel durch ESG oder DORA zwingen außerdem zu weiteren Effizienzsteigerungen in allen Bereichen.

Welche Anlageprodukte werden unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen im Fokus stehen?

Vernachlässigte und mittlerweile günstige Small und Mid Caps vor allem aus dem Healthcare-Bereich sollten eine Renaissance erfahren.

Auch werden defensivere, rentenlastige Anlageprodukte im Rahmen von Multi-Asset-Strategien wieder mehr im Fokus stehen.

Welche vertrieblichen Vorhaben haben Sie?

Ziel in 2024 ist, unsere Vertriebsaktivitäten weiter zu intensivieren. Der Fokus der Vertriebsunterstützung wird dabei auf digitalem Content liegen. Unsere Partnerschaften sollen weiter ausgebaut und vertieft werden. Aus Effizienzgründen werden wir uns dabei noch stärker fokussieren.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Wir sammeln mit KI erste Erfahrungen im Bereich Marketing und Kommunikation und wollen diese später in weitere Unternehmensbereiche einbringen. Primäres Ziel wird dabei die Effizienzsteigerung sein.

Darüber hinaus investieren wir seit Jahren mit unseren Fonds in künstliche Intelligenz – zum einen mit Gesundheitsfonds in Unternehmen für KI in der Medizin, zum anderen mit unserem Multi-Themen-Fonds in den Megatrend KI allgemein.

 

Diese Risiken sollten Anleger und Berater beachten

Die traditionelle „Jahresendrallye“ an der Börse hat Ende 2023 eine euphorische Stimmung am Kapitalmarkt hinterlassen. Doch wie optimistisch sollten Anleger, Finanzberater und Portfoliomanager ins neue Börsenjahr 2024 starten? AssCompact hat bei mehreren Experten nachgefragt.

2023 war gewiss ein besseres Jahr an der Börse als 2022. Doch die hohen Zinsen, die seit Juli 2022 zehnmal in Folge von der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt erhöht wurden, die Inflation und die krisengezeichneten Umstände auf der Welt haben am Kapitalmarkt ihre Spuren hinterlassen. Aber dann ging, passend zur Adventszeit, ein Licht auf – die „Jahresendrallye“ setzte ein, der Deutsche Aktienindex notierte Mitte Dezember erstmals über 17.000 Punkte. Die Stimmung an der Börse war geradezu euphorisch.

Aber früher oder später holt einen eben doch die Realität ein. Die geopolitische Lage ist u. a. mit dem Ukraine-Krieg und dem Nahost-Konflikt über die Feiertage nicht ruhiger geworden. Und auch wenn die Zinshebel im Frankfurter Bankenviertel in der letzten Sitzung des Jahres unverändert blieben – der Hauptrefinanzierungssatz liegt nach wie vor bei 4,5% – ist die Inflation in Deutschland Dezember 2023 wieder auf 3,7% gestiegen. Werden die Risiken bei der Geldanlage derzeit unterschätzt? AssCompact hat bei mehreren Fondsgesellschaften nachgefragt und die Ergebnisse zusammengefasst.

„Zinsfantasien“ an der Börse

Zu viel Optimismus bei den Anlegern? Dr. Hans-Jörg Naumer, Director Global Capital Markets & Thematic Research bei Allianz Global Investors, denkt wohl schon. Seiner Meinung nach befinde man sich derzeit in einer „etwas eigenartigen Diskussionslage an den Kapitalmärkten“ wie er auf Nachfrage mitteilt. „Auf Zinsfantasien allein kann kein Markt mittelfristig aufbauen, genau das steckte aber hinter der sich über Wochen erstreckenden ‚Jahresendrallye‘.“ Bereits im Lauf des vergangenen Jahres ging man davon aus, dass die Kursgewinne, die teilweise unmittelbar nach Zinserhöhungen der EZB eingesetzt hatten, dadurch bedingt waren, dass die Anleger mit dem baldigen (oder schon erreichten) Zinszenit gerechnet hatten.

Hinzu kommen für Naumer zum einen die Konjunkturdebatte – ob die USA doch noch durch eine Rezession muss und wie die Fed weiter agieren wird – sowie die geopolitische Situation, die für Volatilität sorgen dürften. „Euphorie allein ist keine Grundlage. Es muss gute Gründe dafür geben.“

Dementsprechend sieht auch die DWS von einer Erhöhung ihrer Jahresprognose für das Börsenjahr 2024 ab, meldet Global CIO Björn Jesch auf Anfrage – und das obwohl die von dem Vermögensverwalter für 2024 vorhergesagten Kursziele an den Aktienmärkten bereits zu Beginn des Jahres erreicht oder übertroffen wurden: „Momentan sehen wir keinen Grund, die Kursziele hochzuschrauben. Denn dafür müssten entweder die Renditen von zehnjährigen US-Staatsanleihen zum Jahresende deutlich unter den von uns erwarteten 4,2% liegen oder die Unternehmensgewinne deutlich besser ausfallen als bei unserer November-Prognose erwartet. Dafür gibt es momentan keine Anzeichen.“

Geopolitische Risiken sind präsent

Der Chef des Franklin Templeton Institute, Stephen Dover, sieht einen großen Risikofaktor in der Geopolitik: „Sollten sich die derzeitigen Kriege ausweisen, könnte die Energieversorgung gefährdet werden und die Risikoprämien würden in die Höhe schnellen. Höhere Energiepreise könnten dann die Zentralbanken in eine Zwickmühle bringen, da sie die Fortschritte bei der Desinflation abschwächen oder umkehren würden.“ Hier komme es dann stark auf die von den Zentralbanken in die Wege geleiteten Zinsentwicklungen an – wenn diese nämlich dann nur langsam „die Zügel lockern“, so Dover, würden die Aktienmärkte noch anfälliger sein, als Franklin Templeton erwarte. Ebenso könnte ein Ausbruch von Feindseligkeiten in anderen Ländern die Lieferketten für andere Rohstoffe oder Industriegüter unterbrechen, was wiederum nachteilige Folgen für die Anlegerportfolios hätte.

Das sollten Anleger und Berater beachten

Und trotz aller Risiken: Für Dr. Hans-Jörg Naumer von AllianzGI ist das größte Risiko ein „rein menschliches“, nämlich dass plötzliche Stimmungswechsel die Verlustaversion beflügeln und zu unüberlegten taktischen Anpassungen führen könnten, entstanden daraus, dass Finanzberater mit ihren Kunden in der Regel an einer längerfristigen Kapitalanlage arbeiten. Entscheidend sei hier, dass die Strategie des Portfolios, also die langfristige Ausrichtung, steht.

Berater sollten mit ihren Kunden überlegen, ob sich bei einer dauerhaft höher erwarteten Inflation genügend Sachwerte, also Aktien, in dem Portfolio befinden, um die Kaufkraft des Vermögens zumindest zu erhalten – und zwar unabhängig von der Tageslage. Unterschätzt werden sollte dabei nicht die stabilisierende Wirkung von Dividenden, denn Dividendenzahlungen hätten gerade in der jüngeren Vergangenheit in Europa stark zur Gesamtperformance von Aktien beigetragen, so Naumer.

Qualität im Fokus

Für Stephen Dover von Franklin Templeton sollten Anleger ebenfalls Dividenden im Auge behalten, allerdings liege für ihn die Präferenz hier nicht bei der reinen Dividendenrendite. Denn zu den Aktien mit hoher Dividendenrendite würden viele zyklische oder übermäßig fremdfinanzierte Unternehmen gehören. Deren Kurse würden in Zeiten schwacher Erträge grundlegend gedrückt. „Wir bevorzugen Qualität bei Dividenden. Qualitätsunternehmen, die auf der Grundlage nachhaltiger und weniger schwankungsanfälliger Rentabilitätsquellen beständige Dividendenzuwächse erzielen, können in schwierigen Märkten eine bessere Stabilität und einen besseren Schutz vor Kursverlusten bieten.“

Für Dover werden makroökonomisch bedingte Wachstums- und Gewinnenttäuschungen „wahrscheinlich global“ sein. Anleger sollten daher das Risiko auf zyklischere Sektoren und bis zu einem gewissen Grad auch Regionen reduzieren. Ein schwächerer Dollar werde sich auch auf die regionale Allokation auswirken. Gleichzeitig aber würden einige wenige leistungsstarke Unternehmen weiterhin die breiten US-Indizes anführen, bedingt durch das Versprechen der künstlichen Intelligenz und anderer digitaler Transformationen in der Wirtschaft. (mki)

Bild: © PiyawatNandeenoparit – stock.adobe.com

 

KI und Tech werden laut DJE weiter relevant bleiben

Auch 2024 dürfte ein spannendes Jahr für die Investmentbranche werden. Welche Herausforderungen stehen den Asset-Managern und den Anlegern bevor? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Thorsten Schrieber, Vorstand der DJE Kapital AG.

Herr Schrieber, welche Themen und Entwicklungen werden Sie 2024 als Asset Manager besonders im Blick haben?

Wir erwarten, dass das Jahr 2024 im Fondsvertrieb, wie auch 2023, stark von der Zinsentwicklung geprägt sein wird. Sollten sich die wirtschaftlichen Perspektiven weiter eintrüben und die Inflation sich weiter in die richtige Richtung bewegen, dann sind doch schneller Zinssenkungen möglich als allgemein angenommen. Das würde auch bedeuten, dass die derzeitigen attraktiven Angebote von Zinsderivaten und Zinsplattformen ihren kompetitiven Vorteil einbüßen und traditionelle Fondsanlagen wie Multi-Asset wieder in den Vordergrund rücken. Langfristig ist eine positive Real-Rendite letztendlich nur durch Investitionen in Produktivkapital möglich. Wir gehen davon aus, dass neben den Multi-Asset-Anlagen auch die KI-getriebenen Tech-Themen relevant sein werden. Mit Blick auf regulatorische Anpassungen auf europäischer Ebene kann auch das Thema ELTIF, gerade in Bezug auf Infrastrukturthemen, positives Momentum in 2024 erlangen. Bei erneuten krisenbezogenen Entwicklungen sollte der Gold- und Ressourcenbereich nicht unberücksichtigt sein.

Welche Anlageprodukte werden unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen im Fokus stehen?

Wie u. a. vom Deutschen Aktieninstitut belegt haben sich Aktien über 120 Jahre, von 1900 bis 2020, in 16 Industrienationen um den Faktor 750 vervielfacht, wohingegen Anleihen sich nur verelffachen konnten. Für Anlegerinnen und Anleger bedeutet dies, dass sie im Rahmen der individuellen Risiko-Ertragserwartung zumindest in Mischfonds investiert sein sollten. Wir glauben daher nach wie vor an diese Anlagekategorie. Aber solange das Kapitalmarktumfeld bei Staats- und Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich Renditen zwischen 4 und 6% abwirft, sollte man durchaus zugreifen. Hier empfehlen sich dann solide Rentenfonds wie der DJE – Zins Global, der aktuell eine Ablaufrendite von 5,6% aufweist.

Welche vertrieblichen Vorhaben haben Sie?

Für unser Haus liegt ein starker Schwerpunkt bei Banken und Sparkassen, das wird auch im kommenden Jahr so sein. Getrieben durch regulatorische Entwicklungen, insbesondere das Damoklesschwert des Provisionsverbots, werden wir dem Vermittlermarkt, insbesondere Pools, auch den Zugang zu unseren Vermögensverwaltungsdienstleistungen anbieten: sowohl bei Einzeltiteln mit unserer Online-Vermögensverwaltung Solidvest als auch mit unserer Fondsvermögensverwaltung (Fonds und ETFs), die bis Frühjahr 2024 dann komplett digitalisiert sein wird.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Digitalisierung bedeutet für uns u. a., KI-basierte Prozesse im Bereich Marketing und Vertrieb einzusetzen. Seit 2014 nimmt bei uns die Digitalisierung im Investmentprozess breiten Raum ein und wird ständig weiterentwickelt. Heute kümmern sich bereits fünf Datenanalysten darum, unsere Engine „Trendfinder“ im KI-Sinne zu begleiten. Als aktiver Fondsmanager gehen wir aber davon aus, dass auch morgen noch Anlageentscheidungen persönlich getroffen werden, aber KI das Werkzeug zur Datenaufbereitung und -interpretation sein wird.

 

Warum aktives Investieren 2024 wieder „in“ ist

Aktives Investieren gerät durch seine höheren Kosten immer wieder in die Kritik. Gerade Krisenzeiten gelten jedoch als „beste Zeit“, den Markt zu schlagen. Für BlackRock steht die aktive Strategie 2024 wieder mehr im Vordergrund. Kapitalmarktstratege Dr. Martin Lück erklärt die Hintergründe im Interview.

Interview mit Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie bei BlackRock für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Osteuropa
Herr Dr. Lück, BlackRock rät in seinem globalen Kapitalmarktausblick für 2024 zu einem aktiveren Portfolio-Ansatz. Warum?

Wir denken, dass sich die Welt einerseits von den Folgen der Pandemie erholt, andererseits aber auch mit Klimakrise, demografischem Wandel und Veränderungen in der Geopolitik vor großen Herausforderungen steht. Vieles spricht dafür, dass sich in dieser neuen Welt die Anlageerträge wieder stärker unterscheiden als in früheren Jahrzehnten. Und genau das spricht für aktiveres Portfoliomanagement.

Aktives Investieren hat in letzter Zeit im Vergleich zu passiven Anlagen häufig den Kürzeren gezogen – zumindest laut einigen Studien. Wird sich dann also jetzt der Spieß umdrehen?

Sagen wir es so: Im bisherigen Anlageregime, in dem lange geringe Volatilität und extrem niedrige Zinsen vorherrschten, gab es weniger Möglichkeiten, Überträge zu generieren. In einem Umfeld von mehr Unsicherheit kommt es wieder eher auf die Expertise der Manager an. Die Chance für geschickte Investoren, den „Markt zu schlagen“, wird also wieder größer.

Die Ansage ist aber nicht „aktiv statt passiv“… oder? BlackRock ist über die iShares-Marke ja stark im ETF-Geschäft vertreten.

Wir plädieren für einen Gesamtportfolioansatz. Also eine Kombination aus Index- und Alpha-Strategien. Aktives und indexbasiertes Investieren ergänzen sich also, statt sich gegenseitig auszuschließen.

Die Entscheidung, aktiv zu investieren, ist nur der erste Schritt. Welche aktiven Investitionen würden Sie den Anlegern 2024 denn konkret empfehlen?

Der aktive Part beginnt schon bei der richtigen Einordnung der Makro-Konstellation. Es wäre zum Beispiel aus unserer Sicht ein Fehler, auf die gesamtwirtschaftliche Lage durch die Brille eines typischen Konjunkturzyklus zu blicken. Und die Einschätzung, dass uns das Risiko von Angebotsknappheiten, etwa im Bereich Energie, Rohstoffe oder Arbeitskräfte, und damit einer höheren Volatilität an den Kapitalmärkten erhalten bleiben wird, verdeutlicht die Notwendigkeit, das Depot öfter aktiv zu überprüfen, statt es auf Autopilot laufen zu lassen.

Die unruhige Weltlage wird morgen nicht vorbei sein. Bleibt aktives Investieren aus Ihrer Sicht erstmal der „Way to go“ – trotz der häufig kritisierten hohen Gebühren?

Wie gesagt: die Kombination entscheidet. Die höheren Gebühren für aktiv gemanagte Fonds rechtfertigen sich ja durch die Aussicht auf Übererträge. Die ist in einigen Teilen des Portfolios vielversprechender als in anderen. Ausschlaggebend sind immer die individuellen Anlageziele, vor allem also Ertragserwartung, Risikobereitschaft sowie Zeithorizont.

Wie wird sich das Ende der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken darauf auswirken? Zumindest dieses steht ja im Lauf des Jahres in Aussicht.

Die Aussicht auf ein Ende der Zinsanhebungen hat ja schon zu einem vorgezogenen Weihnachtsgeschenk für Anleger geführt. Wenn sich diese Erkenntnis im Laufe des Jahres bestätigt, es also keine weiteren Zinserhöhungen gibt, dürfte das weitgehend eingepreist sein. Eher steht die Frage im Raum, ob bezüglich schon bald anstehender Zinssenkungen die Markterwartungen nicht ein bisschen weit vorgeprescht sein könnten.

Ein Schlusswort mit Blick auf die Reise, die den Anlegern 2024 bevorsteht?

Auch 2024 dürfte volatil bleiben. Wichtig ist es, trotz vielfältiger Unsicherheiten investiert zu sein.

Bild: © ipopba – stock.adobe.com; © BlackRock

 

Amundi greift 2024 den ELTIF an

Auch 2024 dürfte ein spannendes Jahr für die Investmentbranche werden. Welche Herausforderungen stehen den Asset-Managern und den Anlegern bevor? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Alexander Koch, Head of Third-Party Distribution von Amundi Deutschland.

Welche Themen und Entwicklungen werden Sie 2024 als Asset-Manager besonders im Blick haben?

Zinsen. Hier wird es spannend zu sehen, wie sich diese 2024 entwickeln und welche Auswirkungen dies z. B. auf Tagesgeld hat. Für uns zählen ETF-Sparpläne daher auch 2024 zu den Trendthemen. Zudem das Thema Altersvorsorge und Anlagethemen rund um Vorsorge. Und last, but not least: das Thema Nachhaltigkeit. Real Assets über ELTIFs bieten hier Investmentoptionen, die nicht nur für institutionelle Investoren interessant sind, sondern nach der Anpassung der Investmentvorgaben für ELTIFs auch für Privatanleger.

Welche Anlageprodukte werden unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen im Fokus stehen?

Bei den Kunden stehen 2024 zinsnahe oder thematische Investitionslösungen im Fokus. Zudem diskutieren wir mit unseren Kunden die Themen Real Assets sowie Dividendenstrategien.

Welche vertrieblichen Vorhaben haben Sie?

Wir sind in Deutschland bei institutionellen und Third-Party-Kunden sowie im Retailgeschäft gut verankert. Dabei profitieren wir von unserem umfangreichen aktiven wie passiven Produktangebot, aber auch von unseren Möglichkeiten, maßgeschneiderte Lösungen für unsere Kunden zu entwickeln. Unsere regionale Aufstellung im Retail-Bereich kommt bei den Kunden sehr gut an. Wir pflegen einen intensiven Austausch mit ihnen, der 2024, in dem eine dynamische Allokation in den Portfolios notwendig ist, noch wichtiger wird.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Die Abläufe zwischen Front- und Backoffice leiden unter der zunehmenden Komplexität, die durch neue Produkte, insbesondere im Bereich der alternativen Investments, sowie die regulatorischen Veränderungen ausgelöst werden. Amundi investiert bereits seit Gründung 2010 in die Weiterentwicklung seiner eigenen Portfoliomanagement Plattform ALTO. Die Expertise und das Know-how, das sich der Konzern über diese Zeit aufgebaut hat, ist enorm. Seit 2021 bieten wir ALTO daher auch unseren Kunden und Dritten an.

 

ÖKOWORLD will mit „dunkelgrün“ auch die Jüngeren ansprechen

Auch 2024 dürfte ein spannendes Jahr für die Investmentbranche werden. Welche Herausforderungen stehen den Asset-Managern und den Anlegern bevor? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Andrea Machost, Vorständin für den Privatkundenvertrieb bei ÖKOWORLD.

Frau Machost, welche Themen und Entwicklungen werden Sie 2024 als Asset-Manager besonders im Blick haben?

Das Greenwashing einzelner Anbieter hat in den vergangenen Jahren zu einer starken Verunsicherung der Verbraucher gegenüber nachhaltigen Anlageprodukten geführt. Da wir jedoch diejenigen sind, die sich seit vielen Jahren auf strenge, transparente und konsequente Kriterien in unseren Fonds spezialisiert haben, erwarten wir schon bald wieder eine steigende Nachfrage. Weitere Themen für 2024 sind: Künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien, Emerging Markets. Besonders für aktive Stockpicker sehen wir top Chancen.

 Welche Anlageprodukte werden unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen im Fokus stehen?

Sowohl auf der Anlageseite als auch im Vorsorgebereich sehen wir Chancen für eine Weiterentwicklung unserer dunkelgrünen Produkte. Beispielsweise wollen wir für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge auch ratierliche Anlagen mit in unser Angebot aufnehmen. Zusätzlich planen wir, unsere Aktivitäten im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge weiter auszubauen.

Welche vertrieblichen Vorhaben haben Sie?

ÖKOWORLD war in der Vergangenheit stark auf eine ältere Zielgruppe ausgerichtet. Das wollen wir ändern. Wir werden in Zukunft deutlich stärker auch jüngere Menschen ansprechen, ohne unsere bisherige Zielgruppe zu vernachlässigen. Jüngere Menschen sind überaus umweltbewusst und engagieren sich sehr stark für Nachhaltigkeit und für den Klimaschutz. Diese Veränderung wird Einfluss haben auf unsere Aktivitäten in den Bereichen Marketing und Vertrieb.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Die neuen Möglichkeiten für den Einsatz von künstlicher Intelligenz verfolgen wir sehr intensiv. Mehr noch: Wir überlegen, hier diese Technik zu nutzen, um künftig einfachere Standardprozesse zu automatisieren.

 

Ausblick: Chancen schaden nur denen, die sie nicht nutzen

Auch 2024 dürfte ein spannendes Jahr für die Investmentbranche werden. Welche Herausforderungen stehen den Asset-Managern und den Anlegern bevor? Robert Halver von der Baader Bank AG schaut für AssCompact u. a. auf die Themen Geldpolitik, Rohstoffe, Aktienmärkte und Kryptos.

Ein Artikel von Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG

Welche Daten sind im nächsten Börsenjahr bestimmend und was heißt das für die Anlageklassen?

Wenn dich der deutsche Standort nicht liebt, wie gut, dass es noch andere gibt

Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland ist getrübt. Tatsächlich sind ideologische „Wirtschaftsexperimente“ kaum geeignet, die massiven Strukturdefizite und Verunsicherung bei Unternehmen und Konsumenten zu beheben.

Doch für Aktienkurse positiv, findet eine zunehmende Verlagerung deutscher und europäischer Unternehmen in Standorte wie Amerika und Asien statt, die massiv in zukünftiges Wachstum investieren. So machen sie sich unabhängiger von den heimischen Niederungen und laben sich an den weltwirtschaftlichen Perspektiven.

Geldpolitik: Die Wende der Zinswende

In den USA und der Eurozone sind 2024 Inflationsraten von 2% möglich. Nach einem Verweilen auf dem aktuellen Zinsplateau rechnen die Finanzmärkte ab Frühjahr jeweils mit drei Zinssenkungen. Da wir uns also auf dem Zinsgipfel mit anschließendem Abstieg befinden, sind Anlagen in möglichst lang laufende Staats- und Unternehmensanleihen zu empfehlen, um vom Kurshebel zu profitieren. Festgelder sind aber mit Vorsicht zu genießen: Mit den Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank werden auch die Anlagezinsen fallen.

Grundsätzlich gilt: Wenn Zinsen der natürliche Feind der Aktien sind, haben Letztgenannte 2024 wenig zu befürchten.

Rohstoffe: Für und Wider

Öl hat um die 80 US-Dollar je Barrel eine Unterstützung. Doch ist aufgrund der Revitalisierung von Fracking, Kernkraft und Kohle sowie dem Ausbau von alternativen Energien auch nicht mit Notierungen in Richtung 100-US-Dollar-Marke oder darüber zu rechnen. Längerfristig spricht das Megathema Klimaschutz für höhere Metallnachfrage. Mit der Zinsentspannung in Amerika und daher Dollar-Beruhigung ist ein Goldpreis deutlich über 2.000 US-Dollar je Unze zu erwarten.

Aktienmärkte: Die Wiederentdeckung Europas

US-Aktien bleiben zwar der Anlageklassiker. Doch sprechen eine weiche US-Konjunkturlandung sowie eine Wirtschaftsstabilisierung in China deutlich für europäische Export- und Industriewerte auch aus der zweiten Reihe. Nicht zuletzt wird 2024 wieder ein gutes Dividendenjahr.

Ein politisches Risiko für Europa ist allerdings die US-Präsidentschaftswahl Ende 2024, bei der nach Umfragen ein Republikaner in das Weiße Haus einziehen könnte. In Japan bleibt die freizügige Bank of Japan der beste Freund des Aktienmarkts.

Schwellenländer: Wieder einen Blick wert

Aufgrund der Zinsentspannung der Fed werten die Währungen der Schwellenländer auf, was die Kapitalflucht in die USA bremst und den Schuldendienst für Dollar-Kredite senkt. Insbesondere profitieren zyklische oder techlastige Märkte in Südkorea, Taiwan oder Indien. Von der Verschiebung der US-Produktion aus China profitieren Mexiko und Brasilien. Zu einem echten Aktien-Durchbruch in China kommt es erst, wenn mehr Marktwirtschaft betrieben wird.

Branchenbetrachtung: Die Wiedergeburt der Substanzwerte

Tech-Aktien auch aus der zweiten Reihe bleiben wegen der Zinsberuhigung und angesichts der Digitalisierung und KI aussichtsreich.

Über die Reflation der Weltkonjunktur stehen aber auch zyklische europäische Konjunkturwerte im Fokus, die teilweise dramatisch unterbewertet sind.

Kryptos: Sie gehören mittlerweile zur Anlage-Familie, sind aber spekulativ

Mit den Zinssenkungsfantasien und der Vielzahl an Anträgen auf Bitcoin- und Ethereum-ETFs kommt es zu weiterem Tauwetter im „Krypto-Winter“. Doch aufgrund der im Vergleich z. B. mit Aktien erschwerten Einschätzung sind Kryptos nicht als klassisches Investment zu betrachten.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Baader Bank

 
Ein Artikel von
Robert Halver