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30. Januar 2024
Neue Zinswelt: Die Gesamtanlage im Blick behalten

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Neue Zinswelt: Die Gesamtanlage im Blick behalten

Bonds are back – die Zinswende hat für die erneute Attraktivität von Anleihen als Anlageklasse gesorgt. Wie wird sich die Lage weiterentwickeln und inwiefern sollte man die inverse Zinskurve in Betracht ziehen? Ivan Domjanic von M&G Investments gibt einen Einblick, wie man sich am Anleihenmarkt positionieren sollte.

Ein Artikel von Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege DACH-Region bei M&G Investments

Nach dem Debakel an den Anleihemärkten im Jahr 2022 folgte im laufenden Jahr die Erholung. So konnten sich europäische Staatsanleihen beispielsweise insgesamt positiv entwickeln und zumindest einen Teil der Verluste seit Anfang 2022 wieder ausgleichen. Positiv hervorzuheben waren bislang auch Unternehmensanleihen und hier vor allem solche aus dem Hochzinssegment, das in der Regel stärker auf die Konjunkturlage reagiert als Papiere von Investment-Grade-Emittenten.

Überraschend stabile Konjunktur

Ein wesentlicher Grund für die solide Entwicklung der risikoreicheren Anleihesegmente wie etwa der Hochzinsanleihen liegt darin, dass die Konjunktur in den USA bislang trotz der deutlich gestiegenen Finanzierungskosten überraschend stabil geblieben ist. Zwar ist die jüngste Datenlage für Europa nicht ganz so positiv, allerdings scheint die Abkühlung bislang auch hier relativ milde auszufallen. Die Stabilität dürfte unter anderem auf die fiskalpolitische Unterstützung und die Ersparnisse aus der Zeit der Covid-Pandemie zurückzuführen sein. Es ist jedoch alles andere als sicher, dass diese beiden Aspekte auch in Zukunft die Konjunktur weiter antreiben werden. Hinzu kommt die Tatsache, dass steigende Zinsen ihre volle Wirkung in der Regel erst mit einiger Verzögerung entfalten. Das wirtschaftliche Umfeld bleibt daher mit Unsicherheiten behaftet.

Vor diesem Hintergrund stellt sich für Anleger nun die Frage, wie sie aktuell bei Anleihen agieren sollten.

Duration statt Cash

Eine Besonderheit am Anleihemarkt ist derzeit die inverse Zinsstrukturkurve: Anleger erhalten bei kurz laufenden Anleihen wie z. B. Geldmarktpapieren höhere Zinsen als bei solchen mit langen Laufzeiten. Viele Anleger fühlen sich daher im Geldmarktbereich sehr wohl, denn die Verzinsung ist durchaus attraktiv – bei einem Risiko, das gegen Null geht.

Das ist aus unserer Sicht jedoch zu kurz gedacht, denn Anleger sollten immer die Gesamtstruktur ihres Portfolios berücksichtigen. Zwar bieten Anleihen mit längeren Laufzeiten wie beispielsweise zehnjährige deutsche Bundesanleihen oder US-Treasuries eine niedrigere Verzinsung als Geldmarktinstrumente, das Chance-Risiko-Verhältnis der längeren Duration dieser Anleihen hat sich in den letzten zwei Jahren aber deutlich verbessert.

Sie können für den Fall, dass sich die Konjunktur stärker abkühlt als derzeit erwartet, eine sinnvolle Absicherung gegen Kursrückgänge am Aktienmarkt sein. Zwar ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Renditeniveaus am langen Ende noch etwas weiter steigen. In Anbetracht des voraussichtlichen Endes des Zinserhöhungszyklus dürfte das weitere Anstiegspotenzial nach M&G-Einschätzung jedoch relativ begrenzt sein, zumindest solange sich die Inflation weiterhin in Richtung der 2%-Marke bewegt. Denn ein deutlicher Anstieg der Renditeniveaus ohne einen plötzlichen Inflationsschub könnte für die Realwirtschaft erhebliche Konsequenzen haben. Ein erneutes Einschreiten der Zentralbanken wäre in einem solchen Szenario zu erwarten.

Hinzu kommt der mittlerweile attraktive Kupon, der die potenziellen Kursverluste im Falle weiter steigender Renditeniveaus ausgleichen oder zumindest abfedern kann. Sollten andererseits aber die Ablaufrenditen von zehnjährigen US-Treasuries beispielsweise um 100 Basispunkte sinken, was im Falle einer Rezession alles andere als unwahrscheinlich wäre, dann würde nach einem Jahr zusammen mit dem Kupon ein zweistelliges Plus winken. Bei noch stärker sinkenden Renditeniveaus wären theoretisch aktienähnliche Gewinne denkbar. Längere Laufzeiten bei Anleihen bzw. eine längere Duration als Absicherung gegen negative Szenarien und fallende Aktienmärkte erscheinen daher derzeit aus Gesamtportfolioperspektive sinnvoll.

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Ein Artikel von
Ivan Domjanic