BU-Rente: Befristete Kulanzleistung vs. sachgemäßes Anerkenntnis
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte hat vor dem Landgericht Lübeck ein rechtskräftiges Urteil zugunsten einer Kosmetikerin, die aufgrund des Verschleißes des Daumensattelgelenks (Rhizarthrose) ihren Beruf nicht mehr ausüben konnte, aber nur ein befristetes BU-Anerkenntnis vom Versicherer erhalten hatte, erstritten.
Die Sachlage
Die Kosmetikerin hatte seit Anfang 2014 Schmerzen im rechten Daumen. Ein MRT-Befund ergab die Diagnose einer Rhizarthrose. Die Frau stellte deswegen einen Antrag auf BU-Rente bei ihrem Versicherer. Dieser gestand der Versicherten für den Zeitraum vom 01.06.2014 bis 31.05.2015 eine monatliche Rente von 1.049,20 Euro zu. Zudem wurde sie von der Beitragspflicht befreit.
Kurz vor Ablauf des genannten Zahlungszeitraums musste die Klägerin dann jedoch ihre selbstständige Tätigkeit als Kosmetikerin aufgrund schlimmer werdenden Schmerzen einstellen. Sie wandte sich wieder an ihren Versicherer. Dieser beharrte auf seiner befristeten Anerkenntnis und teilte der Frau mit, dass eine Anerkennung oder Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht vorliege und diese auch nicht aus dem bisherigen Schriftverkehr abzuleiten sei.
Nachdem ein Arzt der Frau für ihren Beruf „Einschränkungen zu 100%“ bescheinigt hatte, stellte sie einen neuen Antrag auf BU-Leistungen. Der Versicherer holte daraufhin ein Gutachten ein, auf dessen Basis er zu dem Schluss kam, dass die Kosmetikerin ihren Beruf ohne wesentliche Beeinträchtigungen weiter durchführen könne. Er lehnte so die Zahlung weiterer Leistungen ab.
Dauerhafte BU-Zahlung erstritten
Die Frau nahm die Entscheidung nicht hin und so ging der Fall vor Gericht. Am 17.08.2018 entschied das Landgericht Lübeck schließlich zugunsten der Versicherten. Der Versicherer muss nun ab dem 01.06.2015 eine monatliche BU-Rente für die Dauer der BU an die Klägerin zahlen. Zudem muss der Versicherer die Klägerin von der Beitragszahlungspflicht für die Vergangenheit und die Zukunft freistellen.
Das Landgericht Lübeck folgte damit der Rechtsauffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte, welche sich unter anderem auf Rechtsstreitigkeiten mit BU-Versicherungen spezialisiert hat. Die Kanzlei vertrat die Ansicht, dass wenn Versicherer mit sogenannten „Kulanz-Angeboten“ im Rahmen befristeter Anerkenntnisse die eigentlich geschuldete Leistungsfallprüfung umgehen, zu einem gebotenen Anerkenntnis der Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zu verurteilen sind. Insbesondere dann, wenn der Versicherte nicht richtig belehrt worden sei und aus der Korrespondenz mit dem Versicherer nicht hervorgehe, dass es sich hierbei lediglich um eine Kulanzzahlung, respektive ein zeitlich befristetes Anerkenntnis handelte. Ein solches befristetes Anerkenntnis konnte vorliegend von der Versicherung ehedem gar nicht ausgesprochen werden, da hierzu keine Regelung in den Versicherungsbedingungen zu finden war, so Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke.
Kulanzangebote und zeitlich befristete Zahlungen prüfen lassen
Jöhnke verweist darauf, dass bei Befristungen der Berufsunfähigkeitsleistungen durch Versicherer nicht die überlegene Sach- und Rechtskenntnis des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer vergessen werden dürfe. Vor diesem Hintergrund seien hohe Ansprüche an die Belehrungen der Versicherer in derartigen Vereinbarungen gesetzt. Auch habe der Versicherer die ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen in der Gesamtheit zu bewerten und notfalls eigene Erhebungen mittels weiterer medizinischer Begutachtung einzuholen, bevor er über seine Leistungspflicht entscheidet.
Vor diesem Hintergrund sollten Versicherte derartige „Kulanz-Angebote“ oder „zeitliche befristete Zahlungen“ nicht ungeprüft akzeptieren und stets fachanwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen, erklärt Jöhnke. Bei BU-Leistungsfällen seien Versicherungsnehmer gut beraten, bereits von Anfang an anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Vermittler-Seminare in der nächsten Woche
Die auf Versicherungsrecht und Vertriebsrecht spezialisierte Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte informiert im Rahmen ihrer Vermittler-Seminare vom 24.09.bis 27.09.2018 ausführlich zu verschiedenen rechtlichen Themen, unter anderem auch zur BU. Die Seminare finden an den Standorten Hamburg, Dortmund, Frankfurt und Leipzig statt. Näheres dazu unter Vermittler-Seminare 2018.
LG Lübeck, Urteil vom 17.08.2018, Az.: 4 O 170/16