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BU

Zurich startet BU für Schüler

Die Zurich Gruppe Deutschland launcht zum Jahreswechsel eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler ab zehn Jahren. Neben der Berufsunfähigkeit ist für die Dauer der Schulzeit auch der Verlust von zehn Grundfähigkeiten mitversichert.

Die Zurich Gruppe Deutschland bietet künftig eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) für Schüler ab einem Alter von zehn Jahren an. Die neue Police „Junior BU+“ (Produktname im Bankvertrieb: „Junior BerufsKasko“) ist ab Januar 2024 abschließbar.

Neben dem Risiko der Berufsfähigkeit bietet das neue Produkt auch Schutz gegen den Verlust von zehn Grundfähigkeiten. Die folgenden Fähigkeiten sind während der Schulzeit oder bis zu einem maximalen Alter von 21 Jahren mitversichert: Sehen, Hören, Sprechen, Sitzen, Gehen, Schreiben, Tastaturgebrauch, Handgebrauch, Greifen und Halten sowie Treppensteigen.

Verzicht auf abstrakte Verweisung auf einen anderen Schultyp

Die maximale Rentenhöhe beträgt laut dem Unternehmen 1.500 Euro ohne Dynamik und 1.250 Euro mit Dynamik. Zudem verzichtet der Versicherer auf die abstrakte Verweisung auf einen anderen Schultyp. Bei Versetzung in die gymnasiale Oberstufe oder dem erstmaligen Beginn einer Ausbildung, eines Studiums oder einer Berufstätigkeit ist eine Besserstellung der Berufsgruppe möglich.

Die Absicherung in jungen Jahren hat den Vorteil, dass die versicherten Personen meist gesund sind und entsprechend niedrige Beiträge für die gesamte Vertragslaufzeit erhalten können, unabhängig von der späteren beruflichen Entwicklung, so die Zurich Gruppe Deutschland.

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HDI verzichtet in der BU vollständig auf Verweisung

Ab Jahreswechsel verzichtet die HDI in ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung EGO Top vollständig auf die Verweisung. Damit soll die Leistungsprüfung erheblich vereinfacht werden. Die Neuerung stellt laut dem Versicherer einen Meilenstein in der Branche dar.

Die HDI verzichtet ab dem 01.01.2024 für alle neu abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) vollständig auf die Regelungen zur Verweisung. Das Produktupdate der HDI EGO Top BU soll die Leistungsprüfung erheblich vereinfachen – solange eine mindestens 50%-ige Berufsunfähigkeit für den zuletzt ausgeübten Beruf besteht, wird eine BU-Rente gezahlt, unabhängig davon, ob der Versicherte einen anderen Beruf aufgenommen hat.

Die Neuerung stellt einen Meilenstein in der Branche dar, so das Unternehmen. „Mit dem vollständigen Verzicht auf Verweisungen in der Erst- und der Nachprüfung ist ein neues Level in der Geschichte in der Arbeitskraftabsicherung in Deutschland erreicht“, so Thomas Lüer, Vertriebschef HDI Versicherungen.

Anpassungen bei den Prämien und den Gesundheitsfragen wurden nicht vorgenommen. Das Unternehmen erhofft sich durch die Änderungen weiteres Wachstum im Neugeschäft.

Teleclaiming und „Vor-Ort-Service“ im Kundenservice

Auch im Kundenservice gibt es Veränderungen. Der Versicherer bietet Kunden nun Teleclaiming sowie einen „Vor-Ort-Service“ an. Beim Teleclaiming hilft ein Mitarbeiter Kunden telefonisch dabei, BU-Leistungsanträge auszufüllen. In besonders schweren Fällen machen Mitarbeiter auch Hausbesuche, um Versicherte dabei zu unterstützen, die erforderlichen Angaben zu machen. (js)

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Franke und Bornberg: BU-Leistungspraxis auf hohem Niveau

Fast vier von fünf BU-Anträgen werden bewilligt. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Antrags. Die Versicherer haben derweil noch mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Das sind einige der Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten 8. BU-Leistungspraxisstudie von Franke und Bornberg.

Um die Arbeitskraftabsicherung ranken sich weiterhin viele Mythen. Neben „zu teuer“ und einer „Mich-trifft-es-sowieso-nicht“-Mentalität vieler Arbeitnehmer wird der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) auch immer wieder nachgesagt, sowieso nicht zu zahlen, wenn es darauf ankommt. Aus diesen und anderen Gründen entscheiden sich viele, sich nicht abzusichern.

Doch laut dem Analysehaus Franke und Bornberg wird die Kritik an der BU langsam leiser. Stattdessen stehen mehr und mehr Fakten im Vordergrund. Grundlage dieser Einschätzung ist die 8. BU-Leistungspraxisstudie, die das Analysehaus kürzlich veröffentlicht hat. Für die Studie legten zehn BU-Versicherer, inklusive der vier Marktführer hierzulande, ihre Prozesse und Daten in der BU-Leistungsprüfung offen. Insgesamt machen die Teilnehmer etwa 60% des deutschen BU-Marktes aus.

Anerkennungsquote schwankt je nach Art der Krankheit

Mit einem der oben genannten Vorurteile räumt die Studie gleich auf: Die große Mehrheit der Entscheidungen fällt demnach zugunsten der Versicherten aus: 78,04% aller Anträge wurden im Jahr 2022 bewilligt – die Quote bliebt damit laut Franke und Bornberg im Vergleich zu den Vorjahren stabil.

Kam es doch zu einer Ablehnung, war der Grund in mehr als der Hälfte der Fälle (58,6%) das Nicht-Erreichen des vertraglich vereinbarten BU-Grades, darauf folgten Anfechtungen und Rücktritte (20,41%). Allerdings ist die Anerkennungsquote nicht bei jeder Art von Krankheit gleich – während 95% der Anträge wegen Krebs anerkannt werden, sind es bei psychischen Leiden knapp drei Viertel (72,5%). Im Vergleich zum Vorjahr ist das zwar ein Plus von 3%, zeigt aber, dass es für Versicherer ein Problem bleibt, psychische Erkrankungen, ihre Folgen für die berufliche Tätigkeit und die weitere Prognose einzuschätzen, so die Analysten.

 

Franke und Bornberg: BU-Leistungspraxis auf hohem Niveau

 

Die Studie zeigt auch, dass das Alter der Versicherten damit zu tun hat, ob ein Antrag Erfolg hat. Bei älteren Versicherten werden Anträge häufiger bewilligt als bei jüngeren (siehe Grafik). Ab Ende 40 steigt die Kurve der Anerkennungen. Jenseits der 60 gibt es kaum noch Ablehnungen, wie die Analyse der Ratingagentur zeigt.

Psychische Leiden häufigster Grund für Berufsunfähigkeit

Obwohl sie die häufigsten Ablehnungen zur Folge hatten, waren psychische Leiden mit 28,44% der Fälle im Jahr 2022 die häufigsten Auslöser für eine Berufsunfähigkeit. Weitere häufige Auslöser sind Krankheiten am Bewegungssystem (22,76%) und Krebserkrankungen (19,48%). Unfälle spielen dagegen mit 3,38% nur eine untergeordnete Rolle.

Dabei sind Frauen häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen als Männer, Männer werden dagegen häufiger aufgrund von Krankheiten des Muskel-Skelettsystems oder aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen berufsunfähig als Frauen.

Corona-Pandemie hat Spuren hinterlassen

Die Regulierungsdauer beträgt etwa sechs Monate. Das gilt sowohl für Annahmen als auch für Ablehnungen. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist diese Dauer sogar etwas angestiegen. Auch hier spielt die Art der Erkrankung eine Rolle – bei psychischen Erkrankungen und Unfällen dauert es normalerweise länger bis zur Entscheidung als etwa im Falle einer Krebserkrankung.

Den Abschluss der Leistungsprüfung zu verschnellern ist für Versicherer „nicht trivial“, heißt es in der Studie. Nicht nur haben sie auf einige Phasen der Regulierung keinen direkten Zugriff – obwohl es hier „vielversprechende Ansätze“ von einigen Unternehmen gibt, um kurze Reaktionszeiten von weiteren Beteiligten zu fördern – sondern auch hier hat die Corona-Pandemie ihre Spuren hinterlassen: Die Versicherer haben seither vermehrt mit Fachkräftemangel zu kämpfen. „Der Markt für qualifizierte BU-Leistungsprüferinnen und -prüfer scheint leergefegt“, schreiben die Analysten. Unternehmen versuchen daher, den Personalengpass mit Nachwuchs aus den eigenen Reihen zu stärken. Auch fehlende Fachärzte und Gutachter sowie spät eintreffende Stellungnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft verlangsamen den Prozess.

Erfolgsfaktor Mensch

Trotz allen Hürden betreiben die teilnehmenden BU-Versicherer die BU-Leistungsprüfung „fachlich und organisatorisch auf hohem Niveau“, so Franke und Bornberg. Der entscheidende Erfolgsfaktor ist und bleibt dabei der Mensch – künstliche Intelligenz und Machine Learning spielen in der BU-Leistungsprüfung weiterhin eine nur untergeordnete Rolle.

„Wer möchte schon Kunden erklären, dass eine Maschine über ihre Leistung entschieden hat? Auf beiden Seiten des Leistungsantrags stehen immer noch Menschen im Mittelgrund“, so Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer von Franke und Bornberg. Der Einsatz von KI sei für Versicherer trotzdem auch im Leistungsfall möglich, um weitere Effizienzvorteile zu erschließen. (js)

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BU: Die rechtlichen Folgen der konkreten Verweisungsmöglichkeit

In Fällen der Berufsunfähigkeit kann es zu Verweisungen des Versicherten durch den Versicherer kommen. Eine Grundlage der Verweisung kann die konkrete Verweisungsklausel des Versicherers sein. Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke erklärt in seiner regelmäßig erscheinenden BU-Kolumne, welche Auswirkungen eine konkrete Verweisung in den Versicherungsbedingungen einer BU hat.

Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Versicherungsbedingungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung enthalten grundsätzlich eine konkrete Verweisungsmöglichkeit für die Versicherung. Im Falle einer Berufsunfähigkeit kann eine solche Verweisung erhebliche Auswirkungen auf die Ansprüche des Versicherungsnehmers haben. Denn selbst wenn der Versicherte seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, könnte eine Leistung verweigert werden, wenn er tatsächlich bereits einer anderen Tätigkeit nachgeht. Doch woran erkennt man eine konkrete Verweisungsklausel in den Versicherungsbedingungen? In welchen Fällen ist sie einschlägig und was muss der Versicherungsnehmer gegebenenfalls beweisen? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden beantwortet.

Die typische konkrete Verweisungsklausel

Konkrete Verweisungsklauseln sind in fast allen Versicherungsverträgen zu finden. Die Formulierungen unterscheiden sich oftmals in ihren Details voneinander, im Kern findet sich jedoch die folgende Formulierung:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person […] keiner anderen, ihrer Ausbildung, ihren Fähigkeiten und ihrer bisherigen Lebensstellung entsprechenden beruflichen Tätigkeit nachgeht.“

Durch die konkrete Verweisung erfolgt also die Definition der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit und damit die wesentliche Voraussetzung, um Versicherungsleistungen beanspruchen zu können. Gemäß der Klausel ist der Versicherungsnehmer nicht bedingungsgemäß berufsunfähig, wenn er tatsächlich – also konkret – einer neuen Tätigkeit nachgeht, die mit seiner bisherigen Lebensstellung vergleichbar ist.

Anforderungen und Probleme der konkreten Verweisung

Voraussetzung für die Verweisung des Versicherungsnehmers auf eine andere Tätigkeit ist, dass er diese tatsächlich bereits aufgenommen hat. Die Tätigkeit muss indes inhaltlich „anders“ sein als der bisherige ausgeübte Beruf, darf also nicht deckungsgleich sein. Denn wird nach außen ein anderer Beruf ausgeübt, der inhaltlich mit dem bisherigen Beruf übereinstimmt, kann sich die berechtigte Frage stellen, ob grundsätzlich überhaupt eine Berufsunfähigkeit vorliegt.

Entscheidend ist weiterhin die Frage, ob die neu ausgeübte Tätigkeit mit der bisherigen Lebensstellung vergleichbar ist. Es kommt hierbei darauf an, ob die notwendige Qualifikation für den neu ausgeübten Beruf mit derjenigen des alten Berufes vergleichbar ist und ob wesentliche Merkmale des alten Berufes auch in dem neuen Beruf vorausgesetzt werden. Die bloße Ausübung der neuen Tätigkeit lässt noch nicht darauf schließen, dass diese Anforderungen gewahrt sind, sie kann jedoch ein Indiz dafür darstellen. Generell kommt es bei der Vergleichbarkeit der Lebensstellung auch darauf an, ob das Einkommen im Vergleich mögliche andere abweichende Gesichtspunkte der Lebensstellung ausgleichen kann.

Dauerhaftigkeit der Verweisungstätigkeit

Um die Lebensstellung des Versicherten überhaupt prägen zu können, muss die neu aufgenommene Tätigkeit zudem eine gewisse Dauer aufweisen. Wann eine neu aufgenommene Tätigkeit nicht mehr kurzfristig ist, wird im Einzelfall betrachtet. Jedenfalls wird grundsätzlich keine Kurzfristigkeit mehr angenommen, wenn die Schwelle einer sechsmonatigen Probezeit überwunden ist. Zu betrachten ist also, ob die Tätigkeit, für die sich der Versicherte entschieden hat, tatsächlich dazu geeignet ist, die bisherige Lebensstellung zu wahren oder nicht. Ob es ihm dabei möglich wäre, die Tätigkeit so zu gestalten, dass dies der Fall ist, ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist der Versicherer an die Entscheidung des Versicherten hinsichtlich Art und Umfang der neu ausgeübten Tätigkeit gebunden.

Darlegungs- und Beweislast bei der konkreten Verweisung

Sollte sich der Versicherer auf die konkrete Verweisungsklausel berufen, stellt sich die Frage, hinsichtlich welcher Tatsachen die Parteien beweispflichtig sind. Wird bereits eine andere Tätigkeit ausgeübt, obliegt es dem Versicherten zu beweisen, dass diese keine bedingungsgemäße Vergleichstätigkeit darstellt. Dies ergibt sich daraus, dass der Versicherer im Gegensatz zum Versicherten nicht weiß, welche konkreten Anforderungen die neue Tätigkeit mit sich bringt. Der Versicherte muss detailliert vortragen, weshalb die neue Tätigkeit die bisherige Lebensstellung nicht wahrt. Gelingt ihm der Beweis der fehlenden Vergleichbarkeit der Lebensstellung, muss wiederum der Versicherer beweisen, dass eine Vergleichbarkeit der Lebensstellung eben doch vorliegt. Die Beweislast trifft den Versicherten demnach um einiges „härter“, wenn er bereits eine neue Tätigkeit aufgenommen hat und sich auf die fehlende Vergleichbarkeit der Lebensstellungen berufen will.

Fazit und Hinweise für Versicherungsnehmer

Im Falle des Eintritts einer Berufsunfähigkeit gilt es angesichts der konkreten Verweisung für den Versicherungsnehmer einiges zu beachten. Zunächst muss auf die genaue Formulierung der Klausel geachtet werden. Denn diese gibt vor, unter welchen Voraussetzungen noch keine Tätigkeit im Sinne der Berufsunfähigkeitsklausel vorliegt. Generell ist immer darauf zu achten, ob die neue Tätigkeit eine vergleichbare Lebensstellung mit sich bringt oder nicht. Dieses wird jedoch immer im Einzelfall zu prüfen sein.

Weitere wissenswerte Beiträge zum Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung sind hier auf der Website der Kanzlei Jöhnke & Reichow zu finden.

Und lesen Sie weitere relevante BU-Kolumnenbeiträge auf asscompact.de:

Bild: © Studio_East – stock.adobe.com; © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Vielen fehlt Geld für Arbeitskraftabsicherung

Die Sorge, nicht genug Geld für die Absicherung der eigenen Arbeitskraft zu haben, ist hierzulande groß – v. a. unter Frauen. Eine Studie von MetallRente zeigt aber auch, dass viele glauben, bei Berufsunfähigkeit sichere sie eine staatliche Rente ab. Wie realistisch wird dieses Risiko eingeschätzt?

Mit Blick auf die Inflation befürchtet zurzeit über die Hälfte der Menschen in Deutschland (54%), nicht genug Geld für die Absicherung der eigenen Arbeitskraft zu haben. Besonders viele Frauen machen sich darüber Sorgen. Das hat die aktuelle Studie „Wie steht es um die Arbeitskraftabsicherung in Deutschland?“, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Public im Auftrag des Versorgungswerks MetallRente, herausgefunden.

Frauen sichern sich mangels Geld nicht gegen Berufsunfähigkeit ab

Die Studie zeigt nun, dass 63% der Frauen besorgt sind, sich zusätzliche Vorsorge etwa für den Fall einer Berufsunfähigkeit nicht leisten zu können. Dies ist laut MetallRente ein Anstieg um 21 Prozentpunkte im Vergleich zu 2020. Mangelndes Geld wird auch als häufigster Grund für eine fehlende Arbeitskraftabsicherung genannt. Demnach sagen 38% der Frauen, die nicht vorsorgen, dass es am Geld liege. Doch auch bei Männern ist der Anteil gestiegen: Dass ihnen das Geld für die Arbeitskraftabsicherung fehlt, geben nun 32% an (2020: 21%).

Glaube an „Versorgungsillusion“ verbreitet

Die Studie hat auch die „Versorgungsillusion“, bei Berufsunfähigkeit durch eine staatliche Rente abgesichert zu sein, untersucht. Insgesamt haben MetallRente zufolge 54% fälschlicherweise diese Annahme. Es zeigt sich auch: Mehr Männer (58%) als Frauen (49%) gehen von dieser Fehlannahme aus.

Viele haben Sorge, psychisch zu erkranken

58% der Frauen zeigen sich ob der Vorstellung besorgt, im Laufe ihres Berufslebens psychisch zu erkranken und dadurch nicht mehr arbeiten zu können. Das sind 15 Prozentpunkte mehr als 2020. Bei den männlichen Befragten sind es 48%. Am Anfang der Corona-Pandemie 2020 waren es übrigens insgesamt 30%.

So schätzen Befragte das Berufsunfähigkeitsrisiko ein

Vielen fehlt Geld für Arbeitskraftabsicherung

Das Risiko, berufsunfähig zu werden, schätzen 29% der Befragten realistisch ein. Laut GDV sind rund 25% der Beschäftigten in Deutschland im Laufe ihres Arbeitslebens davon betroffen. Jeder dritte Mann (34%) und jede fünfte Frau (20%) schätzen das Berufsunfähigkeitsrisiko aber zu gering ein und gehen davon aus, dass es bei unter 20% liegt. Umgekehrt nehmen viele Frauen aber auch an, dass es höher liegt, als es tatsächlich ist: 39% gehen von einer Wahrscheinlichkeit von über 30% aus. Bei den Männern sind es der Studie gemäß 27%.

Vorsorgebereitschaft abhängig vom Haushaltseinkommen

Geld spielt bei der Vorsorgebereitschaft eine große Rolle. Haushalte mit einem geringen Einkommen bis 1.500 Euro haben nur wenige verfügbare Mittel für die Vorsorge. Hier sind lau Studie 42% in irgendeiner Form finanziell abgesichert. Mit steigendem Haushaltseinkommen wächst der Grad der Versorgung, wie MetallRente feststellt. Bei Haushalten mit mehr als 3.500 Euro monatlichem Einkommen machen 68% die Angabe, für den Fall von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung vorzusorgen.

MetallRente: Anstieg bei Verträgen zur Absicherung von Berufsunfähigkeit

Das Versorgungswerk MetallRente ist eine gemeinsame Einrichtung von Gesamtmetall und IG Metall, die Angebote für die betriebliche und private Altersvorsorge sowie die Absicherung von Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Grundfähigkeiten, Pflege und Hinterbliebenen bereitstellt. Auch hier ist laut eigenen Angaben insgesamt der Bestand an Verträgen zur Absicherung von Berufsunfähigkeit, Erwerbsminderung und Grundfähigkeiten 2022 um 2,4% angewachsen und umfasst derzeit mehr als 143.000 Verträge.

Über die Studie

Für die Studie hat das Meinungsforschungsinstitut Kantar Public im Auftrag von MetallRente 2.013 Menschen im Alter von 14 bis 45 Jahren befragt. Die repräsentative Studie wurde erstmals 2020 durchgeführt und 2023 in einer zweiten Erhebungswelle fortgesetzt. (lg)

Bild: © Syda Productions – stock.adobe.com; © Grafik: MetallRente AKS-Studie 2023

 

BU: Pauschale Entbindung von Schweigepflicht ist unzulässig

Versicherte müssen bei der Beantragung von Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung durch Einreichung von Unterlagen mitwirken. Allerdings hat diese Mitwirkung Grenzen, wie das Landgericht Berlin klar gestellt hat – zum Beispiel bei einer pauschalen Entbindung von der Schweigepflicht.

Bei der Geltendmachung von Leistungsansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) stellt sich für den Versicherten regelmäßig die Frage, in welchem Umfang und in welcher Weise er an der Leistungsprüfung mitwirken muss. Verweigert der Versicherte ohne gerechtfertigten Grund seine Mitwirkung, hat der Versicherer das Recht, die Leistung allein aufgrund dessen zu verweigern. Falls jedoch das Mitwirkungsverlangen des Versicherers unrechtmäßig ist, kann der Versicherte die Leistung vor Gericht einklagen.

Das Landgericht Berlin (LG) hat über die Reichweite dieser Mitwirkung durch den Versicherten geurteilt und dabei die Rechte der Versicherten gestärkt.

Versicherer lehnt Leistung trotz umfangreicher Unterlagen ab

Der BU-Versicherte hatte bei seinem BU-Versicherer einen Leistungsantrag eingereicht, weil er wegen einer psychischen Beeinträchtigung nicht mehr zu mindestens 50% in seinem Beruf arbeiten konnte. Dazu übersandte der BU-Versicherte dem Versicherer mehrere Unterlagen, wie etwa den ausgefüllten Antrag auf Berufsunfähigkeitsleistungen, ein Gutachten seines Krankenversicherers, das Arbeitsunfähigkeit attestierte, ein weiteres Gutachten, das Berufsunfähigkeit feststellte, einen Entlassungsbrief über eine stationäre Behandlung, einen Behandlungsbericht seiner behandelnden Psychotherapeutin, eine Aufstellung von Behandlungsdaten sowie (weitere) Unterlagen seiner behandelnden Ärzte.

Dennoch teilte der Versicherer nach Sichtung der Unterlagen mit, dass er nicht beurteilen könne, ob eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliege. Die Begründung: Es fehle an Informationen zum aktuellen Befinden des Versicherten. Konkret hat der Versicherer dem BU-Versicherten vorgeworfen, dass er keine generelle Schweigepflichtentbindungserklärung abgegeben habe, auf deren Grundlage der Versicherer weitere Informationen hätte einholen können. Die Folge: Der Versicherer zahlte nicht.

Versicherer kann sich die Entscheidung nicht beliebig offen halten

Damit war der BU-Versicherte jedoch überhaupt nicht einverstanden und klagte vor dem LG auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Und die Richter am LG entschieden: Der Versicherer müsse schon darlegen, welche Daten er konkret benötige. Der allgemeine Verweis auf eine nicht hinreichende Begründung reiche nicht. Denn: Nicht jede vom Betroffenen gegebene Einwilligung berechtige den Versicherer, Gesundheitsdaten zu erheben; dies könne nur eine freiwillig gegebene Einwilligung.

Wörtlich schreibt das Urteil: „Es kann nicht angehen, dass ein Versicherer unter pauschalem Hinweis darauf, ein Versicherungsfall sei nicht hinreichend dargetan, von einer Leistungsentscheidung absieht und [...] zuwartet, bis aus seiner Sicht genügend dargetan ist. Damit könne sich der Versicherer die Entscheidung zur Leistungspflicht beliebig offenhalten, so das LG. Und das ließen die Richter nicht gelten.

Der Versicherte erhält vom Versicherer nun rückwirkend rund 76.000 Euro Berufsunfähigkeitsrente. (as)

LG Berlin, Urteil vom 18.08.2021 – Az. 23 O 180/18

Bild: © mapo – stock.adobe.com

 

So gut wie keine Prämienanpassungen in BU-Verträgen

Beitragserhöhungen in der BU-Versicherung sind weiterhin die Ausnahme. Das bescheinigt infinma den deutschen Versicherern in einer aktuellen Untersuchung. Zudem hat sich das Analysehaus allgemeine Entwicklungen in der Arbeitskraftabsicherung angesehen.

Das Kölner Analysehaus infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH hat auch 2023 wieder eine Umfrage zur Beitragsstabilität in der Berufsunfähigkeitsversicherung bei den deutschen Lebensversicherern durchgeführt. Anhand der Umfrage zeigt infinma die Gesellschaften auf, die eine „maximale Beitragsstabilität“ und „eine langfristige Beitragsstabilität“ vorweisen können. Eine maximale Beitragsstabilität bedeutet, dass ein Versicherer mehr als 20 Jahre keine Anpassung vorgenommen hat, eine langjährige Beitragsstabilität, dass er bis zu 20 Jahre keine Anpassung vorgenommen hat.

Dabei haben sich die Analysten von infinma bewusst auf die Frage konzentriert, ob der jeweilige Versicherer in den letzten 10, 15, 20 oder mehr als 20 Jahren auf eine Anpassung der Überschussbeteiligung im Bestand der Berufsunfähigkeitsversicherungen (selbstständige BU-Versicherungen sowie BU-Zusatzversicherungen) verzichtet hat. Anknüpfungspunkte der Untersuchung waren der Bonussatz und der Sofortverrechnungssatz, die vom Versicherer im angegebenen Zeitraum nicht geändert worden sein sollten. Im Ergebnis müssen die Zahlprämien für die Kunden entsprechend mindestens konstant geblieben oder gesunken sein.

Prämien bleiben konstant

„Die Entwicklung des Risikoergebnisses ist bei den deutschen Lebensversicherern weiterhin sehr stabil, das zeigt sich bei einem Blick auf die Informationen aus der MindZV (Mindestzuführungsverordnung) und gilt vor allem für die großen und bekannten BU-Anbieter. Dementsprechend bleiben auch die BU-Prämien im Bestand konstant“, erläuterte Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer der infinma GmbH.

„Unsere Umfrage hat erneut bestätigt, dass die Versicherer durchweg solide und auskömmlich kalkuliert haben und Prämienanpassungen im Bestand bisher die Ausnahme gewesen sind.“ Sein Geschäftsführer-Kollege Marc Glissmann erklärt: „Die unverändert hohe Anzahl der teilnehmenden Gesellschaften zeigt, dass unser einfacher Ansatz der Abfrage beim Anbieter in der Branche gut angenommen wurde.“ Glissmann ergänzt, dass im Hinblick auf die Beitragsstabilität auch komplexere Bewertungsmodelle bislang nicht nachweisen konnten, dass sie zu signifikant besseren Ergebnissen führten.

Welche Versicherer infinma für ihre Beitragsstabilität auszeichnet, findet sich hier.

Auszeichnung „Transparente BU-Versicherer“

In gewohnter Weise zeichnet infinma auch wieder BU-Versicherer aus, die sich weiteren Zusatzfragen zum Biometriegeschäft gestellt haben. Diese dürfen sich als „Transparente BU-Versicherer“ bezeichnen. Welche Versicherer das sind, ist hier aufgelistet.

Die weiterführenden Ergebnisse werden vorwiegend für interne Zwecke der infinma verwendet. Die Analysten verraten aber, dass die Neugeschäftsentwicklung vor allem in der Grundfähigkeitsversicherung überwiegend steigt, während sich in der SBU ein etwas differenzierteres Bild zeigt. Im Hinblick auf zukünftige Weiterentwicklungen der Produktpalette hielten sich die Gesellschaften in der Umfrage scheinbar eher bedeckt; die Antworten deuten laut der Analysten aber darauf hin, dass es – vor allem in der BU – auch weiterhin vor allem um die Tarifierung, sprich Ausdifferenzierung der Prämien, geht und weniger um substanzielle Produktverbesserungen. (bh)

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Rückwirkende Befristung der BU-Leistung ist nicht rechtens

Ein Berufsunfähigkeitsversicherer hat die geleistete BU-Rente gegenüber einer Versicherten rückwirkend für befristet erklärt – allerdings ohne eine rechtlich wirksame Einstellungsmitteilung. So nicht, entschied das Oberlandesgericht Dresden.

Erklärt ein Berufsunfähigkeitsversicherer (BU-Versicherer) für einen zurückliegenden, abgeschlossenen Zeitraum seine Leistungspflicht, so gilt diese Erklärung als ein unbefristetes Anerkenntnis. Das hat kürzlich das Oberlandesgericht Dresden (OLG) entschieden.

Versicherer erklärt rückwirkend die BU-Leistung für befristet

In dem vom OLG entschiedenen Sachverhalt hatte die Klägerin erstmals im Juli 2016 eine Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum von Dezember 2014 bis April 2016 geltend gemacht. Der beklagte BU-Versicherer erklärte daraufhin im Februar 2017, dass er Leistungen ab dem 01.01.2015 anerkennt. Weiterhin erklärte er aber, dass diese Leistung am 30.11.2015 wieder ende. Diese Entscheidung begründete der BU-Versicherer insbesondere damit, dass die Klägerin nach Aussage eines Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen (Prof. Dr. med. S.) seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben könne.

Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin das Ziel, dass trotz dieser Erklärung darin ein unbefristetes Anerkenntnis durch den BU-Versicherer zu sehen sei. Sie verlangte daher vor Gericht eine BU-Rente auch über den 30.11.2015 hinausgehend.

Ausnahmefälle lagen bei der Versicherten nicht vor

Die Klägerin hat vor dem OLG grundsätzlich recht bekommen. Die Richter führten aus, dass in den Versicherungsbedingungen konkrete Gründe vereinbart waren, bei denen die Rente hätte befristet werden können. Allerdings lag bei der Klägerin keiner dieser Gründe vor.

Zwar hätte der BU-Versicherer sein Anerkenntnis auch mit einer wirksamen Einstellungsmitteilung verbinden können. Dann hätte er aber im Februar 2017 für die Klägerin nachvollziehbar begründen müssen, warum nur bis 30.11.2015 Leistungen gewährt werden sollen. Mit dem wörtlich wiedergegebenen Satz „[...] da Sie nach Aussage von Prof. Dr. med. S. seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben können [...]“ hatte der BU-Versicherer diese Voraussetzungen jedoch noch nicht erfüllt. Erst in einem Schriftsatz der Rechtsanwälte des BU-Versicherers im November 2018 wurde diese Einstellungsmitteilung rechtswirksam nachgeholt. Aus diesem Grund, so die Richter am OLG, habe die Klägerin auch bis zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine BU-Rente.

Urteil zeigt Komplexität von BU-Versicherungsfällen

Ob die Leistungsfähigkeit vor oder nach Antragstellung weggefallen ist, bedarf keiner Feststellung, da die Auflistung von Ausnahmen in den allgemeinen Versicherungsbedingungen eines BU-Versicherers, unter denen die zeitliche Befristung eines Anerkenntnisses möglich sein soll, auch dessen Möglichkeit zu einem rückwirkenden Anerkenntnis beschränken, argumentierten die Richter.

„Dieses Urteil zeigt einmal mehr die Komplexität von Versicherungsfällen in der Berufsunfähigkeitsversicherung“, kommentiert Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei WIRTH RECHTSANWÄLTE, gegenüber AssCompact. „Versicherungsnehmer sind daher immer gut beraten, sich in solchen Fällen beraten zu lassen.“ (as)

OLG Dresden, Urteil vom 22.08.2023 – Az. 4 U 943/20

Bild: © Keitma – stock.adobe.com

 

Welche Folgen hat eine abstrakte Verweisungsklausel in der BU?

Im Falle einer Berufsunfähigkeit kann es zu Verweisungen des Versicherten durch den Versicherer kommen. Eine Grundlage dafür ist die abstrakte Verweisungsklausel. Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke erklärt in seiner regelmäßig erscheinenden BU-Kolumne, welche Auswirkungen eine solche Verweisung hat.

Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Einige Berufsunfähigkeitsversicherungen verwenden in ihren Versicherungsbedingungen eine abstrakte Verweisungsklausel. Diese Klausel taucht jedoch eher nur in älteren Versicherungsverträgen auf. Heutzutage verzichten viele Versicherungen auf diese Art der Verweisung. Doch woran erkennt man eine abstrakte Verweisungsklausel und welche Auswirkungen hat sie für Versicherungsnehmer? Wer trägt die Beweislast für die maßgebenden Umstände? Was ist zu beachten, wenn sich die Versicherung auf die abstrakte Verweisungsklausel beruft? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden beleuchtet.

Die typische abstrakte Verweisungsklausel

Die abstrakte Verweisungsklausel dient der Konkretisierung der Eintrittspflicht des Versicherers hinsichtlich der Berufsunfähigkeit. Denn die Versicherung leistet nur, wenn eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, wie sie im konkreten Vertrag vereinbart wurde, vorliegt. Eine typische Formulierung der abstrakten Verweisungsklausel lautet wie folgt:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.“

Demgemäß genügt es nicht, wenn der bisher zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Auch vergleichbare Berufe, also „andere Tätigkeiten“, dürfen durch den Versicherten – abstrakt – nicht ausgeübt werden können.

Anforderungen an die Berufsunfähigkeit bei einer abstrakten Verweisung

Damit der Versicherte auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, muss eine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Lebensstellung vorliegen. Nicht berücksichtigt werden dürfen Berufe, die mit einem spürbaren wirtschaftlichen oder sozialen Abstieg einhergehen oder deutlich geringere Ausbildungen oder Erfahrungen voraussetzen, als sie der Versicherte aufweist. In der Rechtsprechung wird die Wahrung der bisherigen Lebensstellung bei einem Versicherungsnehmer bejaht, wenn er die Verweisungstätigkeit auch tatsächlich ausübt.

Darüber hinaus muss die Ausübung des Verweisungsberufes dem Versicherten gesundheitlich zumutbar sein. Hierfür muss die Verweisung dessen Beeinträchtigung berücksichtigen und sicherstellen, dass der bedingungsgemäße Grad der Berufsunfähigkeit nicht überschritten wird. Denn die Verweisung auf einen Beruf, der auf Kosten der Gesundheit des Versicherungsnehmers geht, ist unzulässig. Kann der Versicherte sowohl seinem bisher ausgeübten Beruf als auch dem Verweisungsberuf gesundheitlich nicht nachgehen, liegt auch im Falle der abstrakten Verweisung eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor.

Der Beruf muss dem Versicherten schließlich auch individuell zumutbar sein. Insbesondere zu beachten ist das Über- und Unterforderungsgebot: Der Versicherungsnehmer muss weder überobligatorische Anstrengungen hinnehmen, um den Verweisungsberuf auszuüben, noch muss er sich auf Berufe verweisen lassen, die verglichen mit der bisherigen Tätigkeit deutlich niedrigere Erfahrungen und Kenntnisse verlangen. Eine individuelle Zumutbarkeit liegt nicht vor, wenn etwaige Voraussetzungen zur Berufsausübung vom Versicherungsnehmer noch erworben werden müssen.

Damit die abstrakte Verweisung auf einen Vergleichsberuf einschlägig ist, müssen also eine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Lebensstellung sowie die gesundheitliche und individuelle Zumutbarkeit vorliegen.

Abstrakte Verweisung und die Darlegungs- und Beweislast

Es stellt sich weiterhin die Frage, welche Partei welche Tatsachen vorbringen und beweisen muss. Grundsätzlich trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast für die Berufsunfähigkeit. Bei einer abstrakten Verweisung erstreckt sich seine Beweislast auch auf die Tatsache, dass er den Verweisungsberuf nicht ausüben kann oder die Vergleichbarkeit fehlt. Es genügt der summarische Vortrag, dass keine anderen Tätigkeiten ausgeübt werden können, die er mit seinen Ausbildungen und Kenntnissen ausüben könnte und die seiner bisherigen Lebensstellung entsprechen.

Sodann trifft den Versicherer die sekundäre Darlegungslast. Er muss die Anforderungen, Umstände, Qualifikationen und alle sonstigen prägenden Merkmale des Verweisungsberufes derart konkret benennen, dass der Versicherte den ihn daraufhin obliegenden Negativbeweis antreten kann. Erfolgt keine hinreichend konkrete Schilderung des Versicherers, gilt der einfache Vortrag des Versicherten als zugestanden.

Fazit und Hinweise für Versicherungsnehmer

Abstrakte Verweisungsklauseln werden in Versicherungsverträgen nur noch selten bis gar nicht mehr verwendet. Vielfach wird seitens der Versicherungen sogar aktiv darauf verzichtet und mit diesem Verzicht geworben. Bei Abschluss eines neuen Vertrages sollte also darauf geachtet werden, dass eine abstrakte Verweisungsklausel nicht vereinbart wird, denn diese kann nachteilig für den Versicherungsnehmer sein. Falls der bestehende Versicherungsvertrag eine solche Klausel enthält, sind dennoch einige Bedingungen an die wirksame Geltendmachung geknüpft. Maßgeblich ist die vergleichbare Lebensstellung beider Berufe sowie die Zumutbarkeit, die der Versicherer ausreichend darlegen muss.

Weitere wissenswerte Beiträge zum Thema der Berufsunfähigkeitsversicherung sind nachstehend zu finden: „Berufsunfähigkeitsversicherung“.

Bild: © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Wenige BU-Versicherer gewähren Einblick in Leistungspraxis

Das BU-Leistungspraxisrating 2023 des Analysehauses Franke und Bornberg hat die Leistungspraxis einiger Versicherer bei der Berufsunfähigkeitsversicherung untersucht. Fazit: Die meisten Versicherer regulieren hervorragend – doch nur wenige gewähren Einblick in ihre Prozesse im Leistungsfall.

Wie arbeiten die Versicherer im Leistungsfall bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)? Dieser Frage hat sich die Ratingagentur Franke und Bornberg in ihrem neuen BU-Leistungspraxisrating 2023, welches am Montag veröffentlicht wurde, gewidmet. Denn: Wichtig sei, so Franke und Bornberg, bei der BU nicht nur das passende Produkt und ein stabiler Versicherer, sondern auch die Qualität der Leistungsprüfung. Wie professionell und kundenorientiert gehen die Gesellschaften mit Leistungsanträgen um? Wie lange dauert es vom Eingang einer Anzeige bis zur Entscheidung? Und welche Versicherer agieren transparent und fair?

Laut Franke und Bornberg sei das Rating zur Leistungspraxis nur mit Zustimmung des jeweiligen Versicherers möglich – anders als beim Tarifrating. Auch aus diesem Grund besteht das BU-Leistungspraxisrating lediglich aus neun Versicherern, denn längst nicht alle Gesellschaften erlauben Einblick in ihre Leistungspraxis.

Darauf wurde beim Rating geachtet

Wie kundenorientiert, fair und transparent die Gesellschaften die BU-Leistungsansprüche ihrer Versicherten behandeln, prüft Franke und Bornberg grundsätzlich vor Ort, so die Agentur in ihrer Mitteilung zum Rating. Das Urteil basiert auf einer Stichprobe von mindestens 125 sorgfältig durch die Prüfer ausgewählten Leistungsfällen je Gesellschaft. Grundlage für das Leistungspraxisrating 2023 bilden Regulierungen aus dem Jahr 2022. Bearbeitungsdauer, Anteile von abstrakter Verweisung und Vorgaben zur Umorganisation fließen in das Urteil ebenso ein wie Befristungen und Individualvereinbarungen sowie Rücktritte und Anfechtungen.

Weiterhin untersuchen die Analystinnen und Analysten, wie die Unternehmen ihre Versicherten in dieser schwierigen Situation begleiten. Positiv bewertet werden hier z. B. das individuelle Eingehen auf die Antragsteller, durch individuell zugeschnittene Fragebögen nach vorheriger Kontaktaufnahme. Für Geschäftsführer Michael Franke sollten Versicherte auch im Leistungsfall als Menschen und nicht als Verwaltungsvorgänge behandelt werden – dies treffe gleichermaßen auf die Begutachtung komplexer Gegebenheiten vor Ort durch geschulte Mitarbeiter zu, bspw. bei Selbstständigen. So könnten sie Abläufe und Anforderungen des Arbeitsplatzes wirklichkeitsnah einschätzen. Auch sollte Kunden das Ergebnis der Leistungsprüfung so transparent und nachvollziehbar wie möglich mitgeteilt werden.

Sechs von neun Versicherern mit Bestnote

Die Höchstbewertung von FFF+ bzw. „hervorragend“ erreichten sechs der neun angetretenen Versicherer, nämlich Allianz, ERGO, Generali, HDI, NÜRNBERGER und Zurich. Ein „sehr gut“ bzw. FFF erhielten die übrigen drei: Gothaer, Hannoversche und SIGNAL IDUNA. Laut Michael Franke sei die Wahrscheinlichkeit eines guten Abschneidens umso größer, je häufiger ein Unternehmen am BU-Leistungspraxisrating teilnehme. Diesen Effekt führt der Geschäftsführer hauptsächlich darauf zurück, dass die Ratings Benchmarks liefern, für Transparenz sorgen und zugleich den Blick für Verbesserungen schärfen.

Am Rating teilgenommen haben noch mehr Versicherer – allerdings haben diese der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse nicht zugestimmt.

Fakten und Trends in der BU-Regulierung

Etwas verlängert hat sich laut der Untersuchung die Dauer der Leistungsprüfung. Diese dauerte 2022 durchschnittlich 184 Tage. Dies sei wohl auch bedingt durch den Fachkräftemangel. „Abwerbungen durch Mitbewerber und BU-Dienstleister haben die ohnehin knappen Personalressourcen einiger Gesellschaften weiter ausgedünnt“, so Franke und Bornberg. Als Gegenmaßnahme setzen die Versicherer verstärkt auf eigenen Nachwuchs – mit Erfolg. Doch auch auf Arztberichte und vor allem Gutachten mussten die Versicherer 2022 noch länger warten als zuvor.

Zeitersparnis verspreche der Einsatz des Telefons anstelle von Papier. Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken bei Franke und Bornberg: „Der Formularmarathon ist ein Auslaufmodell. Wer konsequent telefoniert und Fragen gemeinsam mit dem Kunden durchspricht, kann die Regulierung deutlich abkürzen.“ Auch würden erste Gesellschaften positive Erfahrungen mit Chats in geschützten Portalen sammeln.

Digitale Prozesse und künstliche Intelligenz bieten außerdem viel Potenzial für schnellere Entscheidungen, so die Ratingagentur. Bspw. könnten umfangreiche Arztberichte in Zukunft automatisch so strukturiert werden, dass Leistungsprüfer einen besseren Überblick gewinnen. Rückversicherer hätten schon jetzt automatisierte Entscheidungshilfen entwickelt, die in der Praxis als Zweitmeinung dienen, aber aus Sicht der befragten Versicherer erfahrene und empathische Leistungsprüfer bislang noch nicht ersetzen könnten.

Wertung und Ausblick

Es sei ein Warnsignal für Verbraucher und Vermittler, dass noch immer zu wenige Versicherer auf eine unabhängige Bewertung ihrer Leistungsprüfung setzen. Denn erst hier entscheide sich, ob ein Vertrag seinen Zweck erfüllt, so Franke und Bornberg. Teilnehmende Gesellschaften könnten im Laufe der Jahre mit einer überzeugenden Leistungspraxis punkten und erhalten außerdem einen detaillierten Untersuchungsbericht, der individuelle Ansatzpunkte und Hebel für weitere Verbesserungen aufzeigt.

Die vollständige BU-Leistungspraxis-Studie enthält noch weitere Informationen u. a. zu Ursachen der Berufsunfähigkeit, Anerkennungs- und Ablehnungsquoten, Bearbeitungsdauern und Prozessquoten. Diese wird Franke und Bornberg demnächst vorstellen. (mki)

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