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„Wir müssen zeigen, was Versicherungsschutz wert ist“

Nach über 40 Jahren beim VOLKSWOHL BUND, nach mehr als 25 Jahren als Vertriebsvorstand, davon sieben Jahren als CEO, geht Dietmar Bläsing zum 30.04.2024 in den Ruhestand. Sein Anliegen bleibt aber weiterhin, den Wert des Versicherungsschutzes und der Beratung in den Mittelpunkt zu rücken.

Interview mit Dietmar Bläsing, Vorstandssprecher der VOLKSWOHL BUND Versicherungen
Herr Bläsing, wie ist Ihre Gefühlslage so kurz vor dem Ruhestand?

Im Moment habe ich noch keine Wehmut, aber nach über 40 Jahren geht man sicher mit einem Tränchen im Knopfloch. Aber es gibt das schöne Gefühl, alles in gute Hände zu geben. Bekanntermaßen habe ich zwei Nachfolger, da ich Vorstand Vertrieb und Marketing sowie Personal als auch seit sieben Jahren Sprecher des Vorstandes und CEO bin. Als Vorstandsvorsitzender wird mir Gerrit Böhm und als Vertriebsvorstand Stefanie van Holt folgen, die beide schon seit 17 Jahren im Haus und beide 42 Jahre alt sind.

Die Nachfolgeplanung erfolgte früh. Ist das normal?

Für unser Haus ist es das. Wir haben bei uns im Leitbild stehen, dass wir Führungspositionen über alle Hierarchieebenen hinweg möglichst aus den eigenen Reihen besetzen. Das geht nicht immer, aber das war bei mir so und ist auch bei den beiden Nachfolgern so. Wir tragen sozusagen die DNA des VOLKSWOHL BUND in uns.

Es ist mir ganz wichtig, dass alles rechtzeitig vorbereitet ist. Je schwieriger die Zeiten sind, desto wichtiger ist es für unsere Vertriebspartner, einen verlässlichen Produktpartner zu haben. Und ich glaube, dass man Kontinuität am besten mit Personenkontinuität erreicht. Meine beiden Nachfolger müssen sich nicht erst beweisen, beide haben alle Entscheidungen mitgetroffen und mitgestaltet. Natürlich werden sie neue Spuren ziehen, aber sie werden die Richtung beibehalten. Damit bleibt der VOLKSWOHL BUND berechenbar. Das ist eines der höchsten Güter, die man heute im Maklermarkt haben kann.

Werden Sie in den Aufsichtsrat wechseln?

Nein. Eine Cool-down-Phase macht ja durchaus Sinn, so ist es auch in der Corporate Governance festgehalten. Im Übrigen haben wir nur vier gewählte Aufsichtsräte aus der Mitgliedervertretung plus zwei Arbeitnehmervertreter. Mit dem Kollegen Joachim Maas ist ein ehemaliger Vorstand im Aufsichtsrat vertreten und dann wäre mit mir schon ein zweiter Posten von den vieren mit einem ehemaligen Vorstand besetzt.

Ausschließen wollen Sie es nicht, aber ein direkter Wechsel wird es eben nicht?

Genau. Ich bin seit knapp zwei Jahren Aufsichtsrat der Telis Finanz in Regensburg. Das macht viel Spaß und erlaubt mir zu sehen, wie die Vermittlerseite tickt. Da ist auch eine ganze Menge zu tun und das werde ich auch weitermachen.

Sie haben vorhin gesagt, in schwierigen Zeiten ist es wichtig, Kontinuität zu halten. Was machen die schwierigen Zeiten aus?

Also, für mich steht hierfür ein Thema, das über unsere Branche hinausgeht: Die Regulatorik belastet uns alle und ich würde sogar sagen, sie belastet uns über Gebühr. Wir haben hohe regulatorische Anforderungen und unsere Vertriebspartner auch. Und es ist kein Ende in Sicht.

Aus Sorge heraus, dass uns dies alles auffrisst, habe ich gerade ausrechnen lassen, wie viel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich eigentlich mit der Regulatorik beschäftigen. Wir haben dabei festgestellt, dass ein Drittel der Neueinstellungen sich mit unserem Geschäftsmodell beschäftigt, also mit Vorgängen wie Leistungsfällen oder Kundenanfragen. Ein zweites Drittel geht in die IT. Aber ein Drittel ist für die Regulatorik. Eine erste Abfrage hat ergeben, dass sich jeder sechste, knappe 17%, unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mittlerweile mit dem Thema Regulatorik beschäftigt, zumindest anteilig. Um es plakativ auszudrücken: Wir arbeiten im Jahr bis zum 01.03. nur für die Regulatorik.

Dabei gibt der GDV so viel Geld für Lobbyarbeit aus …

Ich sage, dieses Geld ist wirklich nötig. Man sieht ja den dringenden Bedarf. Ich will noch mal eine andere Zahl nennen. Wir haben über den dicken Daumen gerechnet rund 65 Mio. Euro Personalaufwendungen, Gehälter und Sozialleistungen, das heißt, 11 Mio. Euro, ein Sechstel, geht rein für Regulatorik an Personalkosten drauf.

Und jetzt kommt der Punkt, der mich umtreibt: Wir hören immer wieder, wenn ich mir zum Beispiel die Kleinanleger-Verordnung anschaue, den Begriff des „Value for Money“. Also, was ist der Wert einer Beratung? Die Beratungsleistung unserer Vertriebspartner wird dabei nur auf Kosten reduziert, der Nutzen wird nicht gesehen. Und an dem Punkt sage ich: Was glaubt ihr eigentlich, wovon wir die Regulatorik bezahlen? Das zahlen die Kunden. Regulatorik ist mittlerweile ein tariferhebliches Element. Wir müssen deshalb fragen: Was ist eigentlich der Wert der Regulatorik? Also, der Value for Money?

Und noch ein Punkt: Wir haben einen War for Talents. Es gibt einen scharfen Wettbewerb um Fachkräfte. Das heißt, wir müssen überhaupt die Menschen finden, die diese Arbeit leisten.

Lassen Sie uns auf die Zinswende sehen. Positiv oder negativ für die Versicherer?

Im Saldo ist die Entwicklung positiv. Wir haben ca. 1,6 Mrd. Euro Beitragseinnahmen beim VOLKSWOHL BUND und der Dortmunder Leben. Dem stehen knapp 100 Mio. Euro in der Sachversicherung dagegen. Mit dem Schwerpunkt Leben sind wir natürlich froh, dass die Zinsen wieder höher sind und man wieder Alternativen in der Kapitalanlage hat. Es stimmt, Anlagen, die wir in letzter Zeit getätigt haben, laufen teilweise in den Bereich der stillen Lasten rein. Das ist aber weiter nicht schlimm, denn wir machen keine Kapitalanlagen, um zu traden. Wir machen dies in der Regel in einer Buy-and-Hold-Strategie und am Ende der Laufzeit lösen sich die stillen Lasten wieder auf.

Spüren Sie nicht, dass andere Sparformen bevorzugt werden?

Also, im Neugeschäft gar nicht, im Gegenteil. Wir haben das beste Neugeschäft unserer Unternehmensgeschichte verzeichnet. Wir haben 2023 etwa gute 20% mehr gehabt als im Vorjahr, und wir haben sogar 10% mehr gehabt als 2021. Warum betone ich das so?

Wir waren immer starker Riester-Anbieter. Rund 20% unseres Neu­geschäfts waren Riester-Verträge. Dieses Geschäft ist 2021 komplett eingebrochen wegen der Rechnungszinssenkung. Nachdem diese 20% an Neugeschäft weggefallen waren, hatten wir 2022 schon „nur“ ein Minus von 10%, also die Hälfte haben wir sozusagen aufgefangen, und 2023 konnten wir sogar aufbauen, also 10% Plus zu 2021 und 20% Plus zu 2022.

Wir haben uns sehr, sehr stark auf das bAV-Geschäft konzentriert. Mit einem neuen fondsgebundenen Tarif, der Garantie und trotzdem von Beginn an bis zu 100% Fondsquote bietet, haben wir einen echten Hin­gucker. Auch prozessual haben wir einiges getan. Wir haben unsere Leben-Vertriebseinheit aufgeteilt in Leben Privat­kunden und Leben Firmenkunden/bAV, um einfach eine prozessuale Exzellenz herzustellen. Das Ergebnis ist ein immenser und für mich zuerst fast nicht vorstellbarer Erfolg. Das war wirklich toll. Es war mein letztes volles Geschäftsjahr, daher bin ich natürlich besonders froh. Aber bevor Sie fragen: Auch der Jahresstart 2024 toppt die Vorjahre, insofern wird auch Stefanie van Holt einen guten Start haben.

Die Branche wartet nun auf die Reform der Altersvorsorge. Was halten Sie davon, dass es andere Auszahlungsformen geben und die lebenslange Rente fallen soll?

Also, ich halte das für eine Katastrophe und ich empfinde das Menschenbild, das dahintersteht, schlimm. Also, das, was man aus der Fokusgruppe Altersvorsorge gehört hat: Bis 85 oder 87 kriegt man die Rente, und wer dann noch lebt, bekommt halt Bürgergeld. Aber das Leben hat doch auch bis 95 noch seinen Wert.

Die Kampagne des GDV „Du lebst sieben Jahre länger“ zeigt doch, wie falsch die Menschen ihre Lebenserwartung einschätzen. Wenn sich Menschen einen Auszahlplan selbst schneidern sollen, muss man damit rechnen, dass in 50% der Fälle am Ende des Geldes noch Leben über ist. Das ist der falsche Weg für eine geförderte Rente.

Was halten Sie von den anderen Plänen?

Ich finde erst mal gut, dass die Bürgerrente vom Tisch zu sein scheint. Ein zusätzliches Obligato­rium ist nicht gut und ich denke, Altersvorsorge sollte auf freiwilliger Basis passieren, mithilfe von Anreizen. Zudem bin ich dafür, eine Ver­sicherungspflicht für Selbstständige einzuführen.

Und ich finde eine gewisse Form von Garantien nicht verkehrt. 100% braucht es aber nicht mehr, das ist klar. Also, ich könnte mir gut vorstellen, dass man sagt, eine lebenslange Rente sollte sein und wir würden eine Garantie von 60, 70 oder 80% für die geförderte Rente empfehlen.

Gehen wir noch mal in Richtung Unternehmen zurück. Wie ist es, für einen Versicherungsverein zu arbeiten?

Toll. Du hast ganz andere Möglichkeiten, bei einem mittelständischen Unternehmen Einfluss zu nehmen. Mein Werdegang vom Azubi über die ganze Strecke wäre vielleicht woanders gar nicht so möglich gewesen.

Als ich hier 1983 angefangen habe, waren wir ein reiner Ausschließlichkeitsversicherer. Der VOLKSWOHL BUND hatte 500 im Wesentlichen angestellte Ausschließlichkeitsmitarbeiter. Die Aufgabe war es, diese Organisation effizient zu machen. Das hat irgendwie nicht geklappt.

Ich war damals mit der Ausbildung fertig und bin in die Verkaufsförderung gekommen, dann später ins Marketing. Zu dem Zeitpunkt waren die Kostensätze immens und die Situation war existenzgefährdend. Deshalb hat man sich den freien Vertriebspartnern zugewandt. Doch wir mussten diese erst mal überzeugen. Zusammen mit Dr. Ulf-Gerhard Gude, Versicherungsmathematiker und damals gerade von der Uni, sollten wir nun Produkte machen. Das war eine geile Aufgabe, einfach irre, und wir hatten viele gute Ideen. Unsere IT war damals ziemlich modern und das alles fand Widerhall bei den Maklern. Wir haben erstmals Ver­sicherungsverträge grafisch dargestellt, mit Rückkaufswerten und Todesfallverläufen bis hin zur Ablaufleistung. Wir hatten anfangs auch so was wie Welpenschutz, das hat dann irgendwann nachgelassen. Ende der 90er etwa fanden auch viele den Namen VOLKSWOHL BUND sehr antiquiert. Das hat sich dann 2001 mit Platzen der Dotcom-Blase komplett geändert, als die damaligen Highflyer kaputtgingen und Tradition wieder gefragt war.

So kam für mich die Chance, Leiter in der Verkaufsförderung zu werden, dann Hauptabteilungsleiter im Marketing. 1997 wurde ich in den Vorstand berufen, dort, wo ich praktisch 13, 14 Jahre vorher noch die Ausbildung gemacht habe, das ist schon einzigartig, und jetzt komme ich zu der Frage: Ich glaube, das geht nur in so einem familiären Umfeld eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Deshalb bin ich dem Hause extrem dankbar und hatte auch nie irgendwelche Wechselabsichten.

Als Maklerversicherer glücklich, kann man sagen. Gilt das auch heute und in Zukunft noch?

Das gilt heute allemal, und auch in Zukunft. Ich darf da noch mal so Ende der 80er, Anfang der 90er ansetzen, als wir den Ausschließlichkeitsvertrieb noch hatten. Wir haben die Ausschließlichkeit nie abgeschafft, Makler sollten ein zweiter Vertriebsweg werden. Aber es war ein Evolutionsprozess, auch die Bezirks- und Filialdirektionen haben erkannt, welche Chancen darin lagen, Makler als Vertriebspartner zu gewinnen. Und so sind wir quasi zum Maklerversicherer geworden.

Für mich war es immer eine tolle Sache, Maklerversicherer zu sein. Warum? Weil ich mich immer vor die Makler stellen konnte und nicht mehreren Herren dienen musste. Der Makler ist der Souverän, er entscheidet, was beim Kunden passiert. Die Zukunft sehe ich für Makler durchaus rosig. Sie ist aber natürlich ein bisschen anders als bisher. Wir sehen eine deutliche Tendenz hin zu größeren Einheiten. Damit meine ich sowohl Vertriebe als auch Verbünde und Pools.

Wächst der Druck auf die Versicherer vonseiten der größeren Einheiten?

Ja, das muss man schon sagen, tendenziell ist das so. Natürlich wird das Geschäft an sich schon ein bisschen teurer. Wenn ein einzelner Makler vielleicht 40 oder 43 Promille bekommt, ist das weniger, als wenn ich über einen Pool abrechne. Aber man muss natürlich auch fairerweise die Dienstleistung des Pools gegenrechnen.

Sie stehen für eine gewisse Menschlichkeit in der Branche. Das ist nicht überall so, oder?

Das würde ich gar nicht so sagen. Gerade bei Maklerversicherern gibt es ein sehr kooperatives Netzwerk, alles natürlich im Rahmen des kartellrechtlich Zulässigen. Wir haben die Deutsche Makler Akademie gegründet und Single Sign-On. Die Maklerversicherer stehen schon für eine gewisse Menschlichkeit und ein gewisses Mit­einander.

Ich nenne das immer die große Kuchen-Theorie: Lasst uns gemeinsam einen großen Kuchen machen, dann werden auch die einzelnen Stücke für jeden größer. Wir wollen unsere Vertriebspartner gemeinsam über die nächste und die übernächste regulatorische oder sonstige Hürde hieven. Das erhöht die Vertriebskapazität als Ganzes, der Wettbewerb findet dann also auch in einem größeren Ganzen statt.

Aber noch mal kurz: Ich bin gerne mit Kollegen zusammen. Und das gilt ausdrücklich auch für die Vertriebspartner, mit denen wir ja auch gemeinsam in einem Boot sitzen und es nur funktioniert, wenn wir gemeinsam in eine Richtung rudern.

Was werden Sie vermissen?

Ich werde natürlich den Umgang hier in unserem Hause vermissen. Ich arbeite schon so lange mit den Menschen zusammen, da entstehen echte Freundschaften. Dieses tägliche Miteinander wird mir fehlen. Ich liebe diesen Laden wirklich. Und ich meine das so pathetisch, wie ich das sage, auch wenn ich vorhin sagte, es ist noch keine Wehmut dabei. Ver­mutlich wird diese aber doch noch kommen.

Was werden Sie nicht vermissen?

Was ich nicht vermissen werde, ist die Regulatorik. Die nervt mich wirklich unendlich. Und mich nervt auch, dass die eminent wichtige Leistung unserer Vertriebspartnerinnen und Vertriebspartner so oft diskreditiert wird.

Ich war vor Kurzem auf dem Vertriebskongress eines Partners. Dabei war auch eine Dame im Rollstuhl, bei der eine Bandscheiben-OP misslang. Sie schilderte auf eindrucks­volle Art und Weise: „Was habe ich mich über meinen Berater geärgert, dass er so hartnäckig war, was habe ich mich über mich geärgert, dass ich unterschrieben habe und ab da jeden Monat zahlen musste. Aber was war ich diesem Menschen dankbar, nachdem ich aus der OP erwacht war und wusste, ich kann nicht mehr aufstehen.“

Das war sehr emotional. Wir müssen über die Menschen reden, denen wir in schlimmen Zeiten zur Seite stehen. Wir müssen zeigen, was Versicherungsschutz wert ist, und das zeigen wir, indem wir Menschen in den Mittelpunkt holen.

So geht es weiter

Zum 01.05.2024 übernimmt Dr. Gerrit Böhm den Vorstandsvorsitz des VOLKSWOHL BUND. Er ist seit 2007 bei dem Maklerversicherer und seit sieben Jahren im Vorstand des VOLKSWOHL BUND als auch dessen Tochter, der Dortmunder Leben.

Zum selben Zeitpunkt übernimmt Stefanie van Holt das Ressort Vertrieb, Marketing, Vertriebsservice und Personal von Dietmar Bläsing. Nach dem Studium und kurzem Intermezzo bei der BCG Group startete sie 2007 beim VOLKSWOHL BUND und ist dort seit 2010 als Hauptabteilungsleiterin für verschiedene Bereiche im Vertriebsressort, zuletzt für Vertriebsservice und -systeme, tätig.

Zusammen mit der Versicherungsmathematikerin Celine Carstensen-Opitz, die seit 2009 bei dem Dortmunder Versicherer ist, bilden Böhm und van Holt ab Mai den Vorstand des VOLKSWOHL BUND.

Dietmar Bläsing plant für seinen Ruhestand eine Reise nach Japan und nach Australien und will mehr Zeit mit Familie und seinen vier Enkelkindern verbringen. Zudem wird er sich weiter als Aufsichtsrat bei Telis engagieren und die ihm am Herzen liegenden Themen rund um Versicherung und Maklerschaft weiterverfolgen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Dietmar Bläsing, VOLKSWOHL BUND

 
Ein Interview mit
Dietmar Bläsing

„Auch die Versicherungswirtschaft ist nach wie vor nicht diskriminierungsfrei“

Die Gewerkschaft ver.di macht sich auch in der Versicherungsbranche stark für Equal Pay. Martina Grundler, Expertin für die Branche, sieht aber noch an anderen Stellen Handlungsbedarf. Im Interview spricht sie u. a. über das Engagement der Mitglieder in der Gewerkschaft, Teilzeitarbeit sowie neue Entwicklungen wie New Work und KI. Dabei hat sie auch Ideen gegen den Fachkräftemangel.

Interview mit Martina Grundler, bei ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Expertin für die Versicherungsbranche
Frau Grundler, der Equal Pay Day und der Weltfrauentag nähern sich wieder. Zeit, zu hinterfragen, wie es um die Situation der Frauen in der Versicherungsbranche steht. Wie würden Sie diese beschreiben?

Auf den ersten Blick sieht es in der Branche ganz gut aus: Wir haben eine hohe Tarifbindung und Tarifverträge sind ein Garant dafür, dass gleiche Arbeit auch gleich bezahlt wird. Wir als Gewerkschaft nehmen darüber hinaus Regelungen im Tarifvertrag in den Blick, die diskriminierend wirken können.

Der zweite Blick verrät dann aber, dass auch die Versicherungswirtschaft nach wie vor nicht diskriminierungsfrei ist. Auch wenn es in den letzten Jahren Fortschritte gegeben hat und viele Unternehmen Maßnahmen zur Frauenförderung auflegen. Frauen arbeiten auch heute oft in der Sachbearbeitung oder im Kundenservice, nicht in den besser bezahlten Bereichen. Nach einer britischen Studie könnte Lohnungleichheit durch die zunehmende Digitalisierung der Branche noch verstärkt werden, weil Männer durch geschlechtsspezifische Kompetenzzuschreibung häufiger Stellen erhalten, die technische Qualifikationen erfordern und besser bezahlt werden.

Auch beim Blick auf die Führungsebenen zeigt sich, dass es Handlungsbedarf gibt. Obwohl fast die Hälfte der Mitarbeitenden Frauen sind, ist der Anteil an weiblichen Führungskräften – vor allen Dingen in den höchsten Führungsebenen – nach wie vor deutlich geringer.

Einige Unternehmen der Branche untersuchen zwischenzeitlich systematisch, ob Frauen auf gleichen oder vergleichbaren Positionen im Unternehmen genauso wie Männer bezahlt werden, und heben die Gehälter von Frauen an, wenn ein unterschiedliches Bezahlungsniveau festgestellt wird. Solche Initiativen sind insbesondere bei übertariflicher Bezahlung notwendig.

Der Equal Pay Day soll auf die weiterhin bestehende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen aufmerksam machen. Haben Sie Beispiele, welche Maßnahmen helfen können, damit der Equal Pay Day irgendwann am 01.01. stattfindet, also das Lohngefälle nicht mehr existiert?

Ein wesentlicher Grund für das Lohngefälle ist aus meiner Sicht nicht, dass Frauen für die gleiche Arbeit in der Branche schlechter bezahlt werden, sondern dass es nach wie vor die Frauen sind, die Elternzeit nehmen und danach oft mit Teilzeit in den Beruf zurückkehren. Die männlichen Kollegen ziehen dann in der beruflichen Entwicklung an den Frauen vorbei und gut bezahlte und qualifizierte Tätigkeiten sind männlich besetzt. Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die viele Unternehmen ja aufgelegt haben, sind da wichtig. Was aber selten angeboten wird, meiner Meinung nach aber zentral wäre, sind gute betriebliche Kinderbetreuungsangebote, damit Frauen früher in Vollzeit zurückkehren können. Genauso wichtig wären Konzepte, die es ermöglichen, fachliche Karrieren oder Führungsaufgaben auch in Teilzeit zu übernehmen. Bei Rückkehr in den Beruf nach der Familienphase spielen auch Beratungs- und Coachingangebote eine wichtige Rolle, um die Lohnlücke zu schließen. Neben der gezielten Förderung von Frauen zur Übernahme von Führungsfunktionen, die eine Reihe von Unternehmen ja umsetzen, sollte auch die gezielte Förderung von Frauen zur Übernahme von technisch geprägten Stellen und Stellenprofilen in den Blick genommen werden.

Was raten Sie Frauen in puncto Bezahlung – auch außerhalb eines Tarifvertrags? Etwa in Führungspositionen oder auch bei Versicherungsmaklerunternehmen?

Wichtig wäre aus meiner Sicht, über Gehälter in den Unternehmen zu sprechen und mehr Transparenz über Bezahlung herzustellen, als wir heute haben. Denn die Auskunftsrechte durch das Entgelttransparenzgesetz reichen aus meiner Sicht nicht aus, um ausreichend Transparenz über die tatsächliche Situation im jeweiligen Betrieb zu erhalten. Nur wenn wir aufhören, die konkreten Gehälter als Tabu zu behandeln, kommen wir geschlechtsspezifischen Unterschieden wirklich auf die Spur. Da, wo es einen Betriebsrat gibt, würde ich raten, den auch einzuschalten. Der Betriebsrat ist gesetzlich verpflichtet, ungleiche Behandlung und Diskriminierung aufzugreifen und vom Arbeitgeber Abhilfe zu verlangen.

Engagieren sich denn Frauen, die in der Versicherungsbranche tätig sind, ausreichend in der Gewerkschaft?

Das Problem ist weniger, dass sich die Frauen zu wenig engagieren, sondern dass sich die Beschäftigten insgesamt zu wenig engagieren. Der Frauenanteil bei unseren Mitgliedern in der Versicherungsbranche liegt leicht über 50%, aber nur rund 10% aller Beschäftigten sind gewerkschaftlich organisiert. Um gute Arbeitsbedingungen durchzusetzen, brauchen wir mehr Gewerkschaftsmitglieder.

Sie haben bei den Tarifvertragsabschlüssen auch einiges in Sachen Teilzeit erreicht. Ein Thema, das weiterhin vor allem Frauen betrifft. Mit welchen Folgen?

Beispielsweise konnten wir durchsetzen, dass in der Branche jetzt auch Überstundenzuschläge bei Teilzeitarbeitsverhältnissen nach Überschreiten der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit gezahlt werden, nicht erst beim Überschreiten der tariflichen Arbeitszeit von 38 Stunden. Da die meisten Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, profitieren vor allen Dingen weibliche Beschäftigte von dieser Regelung. Die bisherige Regelung ging von der Vollzeit als Regel aus, und das bildet eben nicht die Realität vieler weiblicher Beschäftigter ab.

Aktuell verhandeln wir mit dem Arbeitgeberverband über ein Rückkehrrecht auf Vollzeit für die Kolleginnen und Kollegen, die in der sogenannten Teilzeitfalle sitzen, deren Teilzeitarbeitsverhältnis also vor Einführung des gesetzlichen Rückkehrrechtes begonnen hat. Denn obwohl die Unternehmen Fachkräftemangel beklagen, gibt es Kolleginnen und Kollegen, die die Arbeitszeit erhöhen wollen, aber kein Angebot vom Unternehmen bekommen.

Sie fordern einen Rechtsanspruch auf Home-Office. Was sehen Sie im Rahmen von New Work und Diversität auf die Branche zukommen?

Wir fordern nicht nur ein Recht auf Home-Office, sondern auch gute Rahmenbedingungen für das Home-Office. Die Arbeitswelt verändert sich ja nicht nur an diesem Punkt fundamental. Arbeit kann heute unabhängig vom Arbeitsort erledigt werden. Viele, gerade jüngere, Beschäftigte wünschen sich mehr Zeitsouveränität, wollen also stärker mitbestimmen, wann und wie viel sie arbeiten. Neue Arbeitsformen schaffen neue Formen der selbstbestimmten und sinnstiftenden Arbeit. Die Auflösung alter Stellenprofile, diverse Teams und höhere Selbstverantwortung können aber auch neue belastende Probleme schaffen. Die Herausforderung besteht daraus, sichere Arbeitsbedingungen zu erhalten, indem tarifvertragliche Regelungen den neuen Bedingungen angepasst werden, ohne deren Schutzfunktion aufzugeben.

Lange Zeit war die Versicherungswelt männlich geprägt und die entsprechenden Strukturen herrschen teilweise noch vor. Liegen dann vielleicht auch Schlüssel gegen den Fachkräftemangel in New-Work-Konzepten und diversen Teams?

Mit der Veränderung der Arbeitswelt verändern sich auch die Unternehmenskulturen und die Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten. Zum Beispiel haben die Fähigkeit zur Selbstorganisation, Resilienz und Teamfähigkeit heute einen ganz anderen Stellenwert in der Arbeitswelt als früher. Das ist aus meiner Sicht auch eine große Chance für Frauen.

Die Digitalisierung und KI sind ein großes Thema der Branche. Machen Sie sich Sorgen um die Beschäftigten?

Bisher hat die Digitalisierung ja noch nicht die Rationalisierungspotenziale gebracht, die mal befürchtet wurden. Aber gerade der Einsatz von KI ist noch mal ein qualitativ neuer Schritt und stellt uns vor eine Reihe von Fragen, auch zum Wert und damit letztlich zur Bezahlung von menschlicher Arbeit. Wir stellen fest, dass mit der Digitalisierung von Arbeitsprozessen offenbar eine immer höhere Arbeitsbelastung und Druck auf die Beschäftigten entsteht. Bei allen Befragungen von Beschäftigten ist Arbeitsbelastung und Druck ein, wenn nicht das zentrale Thema. Das wird daher auch in unserer Arbeit und bei künftigen Tarifforderungen einen anderen Stellenwert haben als in der Vergangenheit.

Ein Blick in die Zukunft: Welche Entwicklung würden Sie in den nächsten fünf bis zehn Jahren in der Versicherungsbranche gerne sehen?

Die Versicherungswirtschaft hat sich gerade auch in den aktuellen Krisen als sehr stabil und wirtschaftlich stark erwiesen. Das ist auch das Ergebnis der Arbeit und des Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schaut man sich die Entwicklung der Geschäftsergebnisse einerseits und die Entwicklung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen andererseits an, wird es aus unserer Sicht Zeit, dass die Beschäftigten stärker Berücksichtigung finden. Das heißt jetzt erst mal, dass die in den vergangenen Jahren inflationsbedingt eingetretenen Reallohnverluste durch entsprechend gute Tarifabschlüsse wieder ausgeglichen werden müssen. Das bedeutet außerdem, dass die Produktivitätssteigerungen auch genutzt werden, um mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten umzusetzen, und in der Perspektive ist auch die Frage nach der Arbeitszeit wieder auf der Tagesordnung. Der Wandel in der Branche ist so rasant, dass Qualifizierung ein immer wichtigerer Themenkomplex ist. Wir wollen Qualifizierungskonzepte, die es ermöglichen, dass alle Beschäftigten auch eine Zukunft in der neuen, digitalen Versicherungswelt haben.

Aktuell halte ich darüber hinaus das Thema altersgerechtes Arbeiten für ein wichtiges Thema. Fachkräftemangel begegne ich nicht nur, indem ich attraktiv für junge Beschäftigte bleibe, sondern auch indem ich den Rahmen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so gestalte, dass sie nicht vorzeitig in den Ruhestand gehen und gehen wollen. Konzepte für einen gleitenden, schrittweisen Übergang in den Ruhestand sind vor dem Hintergrund der Altersstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus meiner Sicht ein Gebot der Stunde.

Bild: © Martina Grundler, ver.di bzw. andinspiriert – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Martina Grundler

Diese Versicherer sind unter Deutschlands Top-Arbeitgebern

FOCUS-BUSINESS hat auch dieses Jahr wieder die besten Arbeitgeber Deutschlands ermittelt. Unter den branchenübergreifenden Top 50 befinden sich fünf Versicherer. Welche Unternehmen haben es in die Spitzengruppe geschafft?

Welche Arbeitgeber in Deutschland zeichnen sich durch gute Arbeitsbedingungen und hohe Mitarbeiterzufriedenheit aus? Das hat erneut FOCUS-BUSINESS gemeinsam mit Recherchepartner Fact Field ermittelt. Um in das Ranking einbezogen zu werden, müssen Firmen mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, zum Stichtag genügend Mitarbeiterbewertung erhalten sowie gewisse Mindestkriterien erfüllen.

Neben den Siegern aus 31 Branchen wurden die Top-Arbeitgeber auch in einer branchenübergreifenden Liste gekürt.

Fünf Versicherer unter den 50 besten Arbeitgebern Deutschlands

Insgesamt befinden sich fünf Versicherer unter den Top 50 der besten Arbeitgeber in Deutschland: Swiss Life (Platz 16), Zurich Gruppe Deutschland (Platz 20), R+V Allgemeine (Platz 27), SV SparkassenVersicherung (Platz 31) sowie AXA (Platz 32).

Die Top 10 der Branchenliste „Versicherung“, auf die es 53 Unternehmen geschafft haben, enthält neben den oben genannten Unternehmen zudem noch die folgenden: Pronova BKK, ARAG SE, DEVK, Allianz und Provinzial.

Zurich und Signal Iduna erhalten zusätzlich Diversity-Empfehlung

Insgesamt haben 2024 rund 1.000 Unternehmen die Auszeichnung „Top-Arbeitgeber“ erhalten, so FOCUS-BUSINESS. Davon erhielten 14 Unternehmen – deren Unternehmenskultur im Rahmen der Befragung als „besonders divers“ wahrgenommen wurde – zusätzlich eine sogenannte Diversity-Empfehlung, darunter auch die Zurich Gruppe Deutschland sowie die Signal Iduna Gruppe. Die vollständigen Listen der Top-Arbeitgeber 2024 können hier eingesehen werden. (js)

Bild: © Wesley J/peopleimages.com – stock.adobe.com

 

Covomo und NAMMERT arbeiten zusammen

Covomo und der Spezialmakler NAMMERT kooperieren: Zum Saisonstart im Frühling nimmt die Covomo Versicherungsvergleich GmbH die Bootshaftplicht, -kasko, -rechtsschutz und -unfallversicherung in ihrem Vergleichsportal auf.

Das Frankfurter Unternehmen Covomo Versicherungsvergleich GmbH und der Spezialmakler NAMMERT aus Königs Wusterhausen tun sich im Vertrieb von Bootsversicherungen zusammen. Konkret nimmt Covomo die Produkte Bootshaftplicht, -kasko, -rechtsschutz und -unfallversicherung im Vergleichsportal auf. Alle an Covomo angeschlossenen Vertriebspartner wie Versicherungsmakler und Maklerpools erhalten laut dem Unternehmen Zugriff auf die Tarifrechner. Der Geschäftsführer von NAMMERT, Norman Nammert, sagt: „Die Partnerschaft mit Covomo eröffnet uns direkt den Zugang zu 80% des Maklermarktes, welcher nun Zugriff zu unseren Produkten hat.“

Covomo ergänzt durch diese Kooperation die bereits bestehende Datenbank von Spezialversicherungen um einen weiteren Bereich. Der Zeitpunkt bietet sich laut den Unternehmen an, da er zur Saisonalität der Bootsversicherung und der typischerweise im Frühling beginnenden Saison passt. (lg)

Bild: © Marat Lala – stock.adobe.com

 

Versicherer trotz stockender Konjunktur optimistisch

Die deutschen Versicherer haben ihre Lage im Winter 2023 positiver eingeschätzt als in den Quartalen zuvor. Die Erwartungen für die kommenden Monate bleiben jedoch gemischt, vor allem die Lebensversicherer sind noch zurückhaltend. Das geht aus dem aktuellen ifo-Konjunkturtest des GDV hervor.

Die Stimmung in der Versicherungsbranche stieg im vierten Quartal 2023 – und das trotz stockender Konjunktur und hoher Zinsen. Laut dem Geschäftsklima-Index, der vom Münchener Ifo-Institut regelmäßig für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) ermittelt wird, ist der Geschäftsklima-Index in Q4 auf 5,5 geklettert. Während dies eine Verbesserung um 4,9 Punkte gegenüber dem Vorquartal darstellt, liegt er aber immer noch unter dem langfristigen Mittelwert von 12,4 Punkten, so der GDV.

Wachstumsprognose für Versicherungswirtschaft höher als Gesamtwirtschaft

Auch die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate sind leicht gestiegen und lagen im vierten Quartal bei 21,3 – und damit sogar über dem langfristigen Mittel von 13,2.

Die Wachstumsaussichten für das laufende Jahr wurden jedoch vom GDV um vier Zehntel auf 0,6% nach unten korrigiert. Damit liegt die Prognose für die Versicherungswirtschaft immer noch über der für die Gesamtwirtschaft: Wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am vergangenen Donnerstag verkündete, wurde die gesamtheitliche Konjunkturprognose für 2024 deutlich gesenkt – war man im Herbst noch von einem Wachstum von 1,3% ausgegangen, sind es nun nur noch 0,2%.

 „Auch wenn viele strukturelle Herausforderungen vor uns liegen, schaut der Versicherungssektor wieder optimistischer in die Zukunft“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Fondsgebundene LV Stimmungsmacher im Bereich Leben

Das Stimmungsbild in der Lebensversicherung hat sich in Q4 gegenüber dem Vorquartal deutlich verbessert und ist damit auch weiter weg vom Tiefpunkt von vor einem Jahr. Mit –14,2 Punkten bleibt die Bewertung der aktuellen Geschäftslage jedoch immer noch klar unter dem langfristigen Mittelwert.

Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate haben sich allerdings etwas verschlechtert – der Anteil der Unternehmen, die eine bessere Entwicklung erwarten, sind im Vergleich zum Vorquartal um 20 Prozentpunkte auf rund 26% zurückgegangen, so der GDV.

Während der Wert für das Geschäftsklima im Bereich Leben sich damit kaum verändert hat und aktuell bei 2,7 Punkten liegt – ein Plus von 0,3 gegenüber dem Vorquartal – zeigt ein differenzierter Blick, dass vor allem die fondsgebundene Rentenversicherung für das leicht bessere Klima verantwortlich ist. In den Bereichen Kapitalversicherung und Klassische Rente wird die Lage hingegen als schwächer eingeschätzt.

Geschäftsklima bei Krankenvoll- und Zusatzversicherung sinkt

In der Krankenversicherung verbessert sich die Stimmung ebenfalls leicht. Hier berichtet derzeit kein Unternehmen von einer schlechten Geschäftslage, der Anteil der Unternehmen, die von einer guten Geschäftslage berichten, ist von rund 17% auf rund 19% angestiegen. Auch die Geschäftserwartungen sind leicht höher als im Vorquartal.

Insgesamt steigt das Geschäftsklima um 3,0 Punkte auf 8,2 (langfristiger Mittelwert: 11,6). In der Krankenvollversicherung sackt das das Geschäftsklima jedoch abermalig ab – wie bereits im Vorquartal – und liegt nun mit einem weiteren Rückgang von 23,1 bei –17,7 Punkten. Auch in der Zusatzversicherung ging das Geschäftsklima auf Talfahrt: Hier kam es zu einem Rückgang von 19,3 auf nunmehr 9 Punkte. Das liegt vor allem an den schlechteren Geschäftserwartungen.

Schaden- und Unfallversicherer optimistisch für Zukunft

Und auch in der Schaden- und Unfallversicherung war das Stimmungsbild im vierten Quartal positiver. Während sich die aktuelle Geschäftslage kaum verbessert hat, konnten vor allem optimistischere Geschäftserwartungen – sie steigen um 24,9 Punkte auf 34,1 und damit deutlich über den langfristigen Durchschnitt von 10,1 – zu der positiveren Stimmung beitragen. Das Geschäftsklima liegt aktuell bei 6,9. „Es ist ein positives Signal, dass sich die allgemeine Inflationsentwicklung weiter normalisiert“, kommentiert Asmussen. (js)

Bild: © Chris Hio – stock.adobe.com

 

„Wichtig, die Schadenprävention kontinuierlich voranzutreiben“

FM Global konzentriert sich auf die gewerbliche und industrielle Sachversicherung und setzt auf langfristige Kundenbeziehungen. Diese basieren auch auf der Resilienzstärkung der Unternehmenskunden. Die Positionierung in Deutschland soll in Zusammenarbeit mit Maklern stetig erweitert werden.

Interview mit Hannah Witzel, Hauptbevollmächtigte für das Deutschlandgeschäft von FM Global
Frau Witzel, die Industriesachversicherung war zuletzt ein schwieriges Geschäft. Wie schneidet FM Global aktuell bzw. rückblickend auf 2023 ab?

2023 war ein erfolgreiches Jahr für FM Global, sowohl weltweit als auch lokal in Deutschland. Wir sind mit der Entwicklung der Schadenkostenquote über die letzten Jahre sehr zufrieden. 2023 blieben signifikante Naturgefahren sowie auch sogenannte Risk Losses, zum Beispiel Feuerschaden, bei unseren Kunden weitest­gehend aus beziehungsweise unter den erwarteten Pro­gnosen. Ein bisschen Glück gehört zu diesem Ergebnis auch immer dazu. Dennoch bekräftigen uns diese Entwicklung und das Ergebnis 2023 in unserer Annahme, dass sich enge vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Schadenprävention auszahlt und in der Tat die Mehrzahl der Schäden vermeidbar ist. Wir wissen auch, wie volatil das Geschäft der Industriesachversicherung sein kann. Deshalb ist es wichtig, die Schadenprävention kontinuierlich und nachhaltig voranzutreiben – unabhängig von erfolgreichen Jahren und gemeinsam mit unseren Kunden –, um die Resilienz unserer Partner gegenüber möglichen Schäden zu stärken.

Hat Sie die Inflation auf Schadenseite stark getroffen?

Die Auswirkungen sind auf jeden Fall spürbar. Teilweise fehlte es auch aufgrund von Lieferproblemen an Materialien und es herrschen Handwerker- und Fachkräftemangel. Dadurch wird die Beseitigung von Schäden nicht nur teurer, sondern dauert auch länger – für uns ein Argument, das ganz klar für Prävention spricht.

Aufgrund Ihrer Geschäftsausrichtung pflegen Sie lange Partnerschaften mit Ihren Firmenkunden. Wie zeigt sich dies in den Renewals, die in den vergangenen Jahren hart geführt wurden?

Wir setzen auf engen Austausch und suchen den stetigen Dialog mit den zuständigen Versicherungsmaklern und unseren Kunden. Die Vermeidung von Überraschungen und ein frühzeitiger Austausch über die Erwartungshaltung sind aus meiner Sicht unabdingbar für die vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit, die wir mit unseren Kunden stets anstreben. Die Statistik zeigt, dass das Konzept der engen Zusammenarbeit in der Tat zu sehr langjährigen Geschäftsbeziehungen führt. So sind 67% aller Kunden seit mehr als zehn Jahren und 49% aller Kunden seit mehr als 20 Jahren in Partnerschaft mit uns.

Erklären Sie uns doch bitte noch mal kurz: Wie ist FM Global in Deutschland aufgestellt?

Eine Besonderheit der FM Global ist, dass wir typischerweise aus eigener Kraft sehr große Kapazitäten – bis hin zum 100%-Ansatz – stemmen können. Durch die Finanzkraft der FM Global sind wir auch in Deutschland sehr gut aufgestellt.

Die Zusammenarbeit mit Maklern ist für uns ein elementarer Bestandteil des Geschäfts, über sie laufen etwa zwei Drittel des Vertriebs gegenüber einem Drittel Direktvertrieb. Wir bieten auch spezielle Schulungen für Makler an, um unser Geschäftsmodell besser zu verstehen und Kunden optimal zu beraten.

Sie erteilen Ihren Kunden regelmäßig Resilienzgutschriften. Wie kommen diese zustande?

Die Resilienzgutschrift haben wir in den letzten beiden Jahren, also 2022 und 2023, ausgezahlt. Prinzipiell handelt es sich dabei um erwirtschaftete Überschüsse, die wir an unsere berechtigten Kunden zurückgeben. In unserem Geschäftsmodell als Mutual bzw. Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit sind Kunden auch Eigentümer, und diese Mittel sollen ihnen zugutekommen. In ähnlicher Form schüttet FM Global bereits über etliche Jahre schon eine Mitgliedergutschrift aus. Die nun zweifach zusätzlich gewährte Resilienzgutschrift wurde mit besonderem Blick auf die Unterstützung bei Investitionen in Klimaresilienz ins Leben gerufen und von unseren Kunden sehr geschätzt.

Guten Versicherungsschutz gibt es dann nur noch mit guter Prävention?

Ich würde eher sagen, wer gute Prävention betreibt, bekommt in der Regel einfacher besseren Versicherungsschutz, da die erwartbaren Schadenkosten sinken. Nun steht es aber natürlich jedem Unternehmen frei, wie es seine Investitionen priorisieren möchte. Man kann höhere Prämien – falls verfügbar – für mehr Kapazität zahlen, auf höhere Selbstbehalte setzen oder eben in Prävention investieren. Für uns bei FM Global ist Letzteres der bevorzugte Weg, da wir glauben, dass die Mehrzahl aller Schäden vermeidbar ist.

Nun stehen deutschen Unternehmen mit Klimawandel, geopolitischen Verwerfungen und Lieferkettenengpässen große Herausforderungen bevor. Wie verändern sich damit Ihre Anforderungen an das Risikomanagement der Unternehmen?

Wir sehen hier nicht nur eine quantitative Ausweitung von Risiken, sondern auch neue Qualitäten. Kommt es beispielsweise aufgrund von Naturkatastrophen zu Produktionsausfällen oder gestörten Lieferketten, kann das Schäden nach sich ziehen, die weit über materielle Verluste hinausgehen. Hier müssen wir etwa an langfristigen Kundenverlust durch Lieferprobleme denken. Solche Schäden sind in ihren Auswirkungen kaum kalkulierbar und Versicherer können derartige Risiken nicht zu marktverträglichen Bedingungen zeichnen, was bedeutet, dass die Versicherbarkeit infrage steht. Prävention ist hier also umso mehr entscheidend. Lieferbeziehungen müssen transparent gemacht werden, um Alternativen zu suchen, falls es zu Störungen kommt. Zudem sollten Produktionsstandorte in gefährdeten Lagen abgesichert werden – beispielsweise durch bauliche Maßnahmen in Überschwemmungsgebieten. Prinzipiell müssen Verantwortliche immer mehr Parameter in ihr Risikomanagement einbeziehen.

Mit welchen Mitteln unterstützen Sie dabei?

FM Global kann Kunden auf verschiedene Wege unterstützen. Zum einen wäre unser Resilience Index zu nennen, ein Tool, das Unternehmen dabei hilft, die Geschäftsumgebungen von fast 130 Ländern in Bezug auf ihre Resilienz besser zu verstehen. Im diesjährigen Ranking erreicht Deutschland dabei den 4. Platz. Mittel­europa ist in der Wertung insgesamt sehr gut aufgestellt.

Außerdem verfolgt FM Global einen sogenannten Engineering-Ansatz. Das bedeutet, dass wir eigene Forschungen betreiben und beispielsweise Hochwasserbarrieren oder Sprinkleranlagen in eigenen Laboren testen. Darauf basierend können unsere Field Engineers, die viele Kundenstandorte individuell analysieren, fundierte Empfehlungen zu wirkungsvollen Präventionsmaßnahmen geben. Derzeit sind wir auch mobil unterwegs mit unserem Resilienz-Truck, der Schadenprävention quasi auf den Hof der Kunden fährt.

Mit dem Einsatz von KI kommt die nächste Transformation in die Unternehmen. Welche Rolle wird das beim Versicherungsschutz spielen?

Was wir bereits heute sehen, ist, dass KI-Tools genutzt werden, um die Bearbeitung von Schadenmeldungen zu automatisieren und zu beschleunigen. Zukünftig werden die Analysekapazitäten von KI-Modellen sicherlich auch immer mehr zur Verbesserung von Prognosen genutzt werden.

Seit etwa einem Jahr leiten Sie das Deutschlandgeschäft von FM Global. Was planen Sie mit Blick nach vorne?

Wir wollen die Beziehungen zu Bestandskunden aufrechterhalten und weiter stärken und neue Kunden gewinnen, um unsere Präsenz im deutschen Markt insgesamt und nachhaltig zu erweitern. Für FM Global als Unternehmen liegt mir besonders die Förderung von Diversität und die Unterstützung von talentiertem Nachwuchs am Herzen.

Sie sind auch eine der Preisträgerinnen des „Women to Watch“-­Programms von Business Insurance. Spielt es für Sie eine Rolle, als eine der immer noch wenigen Frauen im Industriegeschäft tätig zu sein?

Solche Programme wie zum Beispiel „Fidi“ in Deutschland sind auf jeden Fall ein sehr guter Weg, um Sichtbarkeit zu erzeugen und eine Plattform für den Austausch zu schaffen. Einen ähnlichen Weg gehen wir auch intern, indem wir beispielsweise selbst Networking-Events organisieren. Dabei geht es nicht ausschließlich um die Förderung von Frauen: Wir wollen junge Menschen gleich welchen Geschlechts oder welcher Herkunft für eine Karriere in unserer Branche gewinnen, um diese breiter aufzustellen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Hannah Witzel, FM Global

 
Ein Interview mit
Hannah Witzel

Welche Versicherungen brauchen Karnevalsvereine?

Ob Karneval, Fastnacht oder Fasching – die fünfte Jahreszeit ist in vollem Gange. Vielerorts veranstalten Karnevalsvereine Umzüge, Prunksitzungen & Co. Gegen welche Risiken Vereine hierbei versichert sein sollten, dazu hat AssCompact nachgefragt bei einem Makler, der auf diese Zielgruppe spezialisiert ist.

Interview mit André Oleff, Geschäftsführer des Maklerunternehmens Oleff & Oleff GmbH
Herr Oleff, Ihr Maklerunternehmen ist auf Vereinsversicherungen spezialisiert, insbesondere für Karnevalsvereine. Wie hat sich das ergeben?

Durch enge Beziehungen zu den Regionalverbänden im Bund Deutscher Karneval (BDK). Ich bin selbst Vereinsvorsitzender und bin im hiesigen Regionalverband tätig.

Welche Risiken gilt es dann bei diesen Vereinen abzusichern?

Das ist übergeordnet schwer zu sagen. Die Karnevalsvereine sind in der Regel sehr individuell aufgestellt und führen die unterschiedlichsten Aktivitäten und Veranstaltungen durch. Daher ist es besonders wichtig, bei der Beratung genau zu prüfen, wie der Verein organisiert ist, wie die Mitgliederstrukturen sind und welche Besonderheiten es bei dem Verein gibt, zum Beispiel ob der Verein einen eigenen Festwagen oder vielleicht sogar ein eigenes Vereinsheim besitzt. Grundsätzlich gibt es aber Risiken, die jeden Verein in gewisser Art und Weise treffen. Hierzu zählt vor allem das Risiko als Veranstalter sowie das Unfallrisiko der Vereinsmitglieder. Den Schwerpunkt in jedem Karnevalsverein bilden sicherlich die Saalveranstaltungen und Karnevalsumzüge, bei denen auch versicherungsseitig am meisten zu berücksichtigen ist.

Worauf ist besonders zu achten bzw. wo lauern denn die größten oder vielleicht auch versteckte Haftungsfallen?

In den vielen Jahren, in denen wir schon in dem Bereich tätig sind, hatten wir viele, nennen wir es interessante Fälle. Teils versicherten die Vereine nur einen Teil ihres Vereins – meist unwissend –, teils wurden Vereinsgruppen versichert, die es im Verein überhaupt nicht gab. Dies waren aber eher Ausnahmen. Häufig hingegen stellen wir fest, dass die Vereine ihre Veranstaltungen einzeln beim Haftpflichtversicherer unter Angabe der erwarteten Besucherzahl angeben und gesondert versichern müssen. Das birgt natürlich die Gefahr, dass Veranstaltungen vergessen oder falsche Besucherzahlen gemeldet werden. Und hier liegt auch gleich ein großes Risiko. Vergisst der Verein, eine Veranstaltung zu melden, so besteht für diese dann in der Regel auch kein Versicherungsschutz. Kommt nun ein Besucher bei eben genau dieser Veranstaltung zu Schaden, kann der Verein erhebliche Schwierigkeiten bekommen.

Ebenso häufig kommt es vor, dass der Verein „nur“ seine aktiven Mitglieder versichert. Bei dieser Vorgehensweise liegt das Risiko vor allem bei der Vor- und Nachbereitung von Veranstaltungen. Oft ist es so, dass die Vereine dann nämlich ihre passiven Mitglieder als Unterstützer benötigen und für diese dann kein Versicherungsschutz besteht. Ein weiteres und häufiger werdendes Problem sind weitgehende Haftungsvereinbarungen in Mietverträgen. Hier empfehlen wir den Vereinen, stets eine rechtliche Meinung einzuholen, bevor der Mietvertrag unterschrieben wird. Es kommt immer mal wieder vor, dass der reguläre Versicherungsschutz dann nicht mehr zu den Haftungsanforderungen der Mietverträge passt. In diesen Fällen muss dann eine individuelle Lösung gefunden werden.

Sie bieten ein Versicherungspaket gemäß eines Rahmenvertrags. Was ist darin alles enthalten?

Die von uns angebotenen Rahmenverträge beinhalten in der Regel vier Versicherungssparten. Hierzu zählen: Vereinshaftpflicht, Unfallversicherung für die Mitglieder, Vertrauensschadenversicherung und Vereins-Rechtsschutzversicherung. Hier alle Versicherungsinhalte aufzuführen, würde sicherlich den Rahmen sprengen. Kurz gefasst können wir jedoch sagen, dass wir bei der Gestaltung der Rahmenverträge unser Fachwissen und unsere langjährige Erfahrung haben einfließen lassen. Die Rahmenverträge decken den wesentlichen Versicherungsbedarf eines Karnevalvereins. Und für alle Vereine, die individuellen Versicherungsbedarf haben, finden wir in der Regel auch eine Lösung. Natürlich haben wir die zuvor genannten Risiken wie zum Beispiel Meldung von Veranstaltungen berücksichtigt und aus dem Weg geschafft, damit unsere Vereine die zuvor aufgezeigten Schwierigkeiten erst gar nicht bekommen können.

Mit welchem Risikoträger arbeiten Sie hier zusammen?

Unser Hauptrisikoträger in dem Bereich ist die ARAG Allgemeine Versicherungs-AG.

In den vergangenen Jahren mussten Rosenmontagsumzüge unter anderem aufgrund von Sturmwarnungen abgesagt werden. Können sich Vereine für dadurch entstehende Kosten absichern?

Das ist möglich. Jeder Verein, der durch uns betreut wird, kann eine sogenannte Veranstaltungsausfallversicherung mit einer entsprechend passenden Wetterklausel abschließen. Selbstverständlich auch für die vereinseigenen Karnevalsumzüge.

Zunehmende Sicherheitsauflagen für Veranstaltungen treiben die Kosten auch für Vereine in die Höhe. Welche Auswirkungen nehmen Sie bei Ihren Kunden wahr?

Wir sind sehr nah an unseren Kunden. Daher bekommen wir natürlich mit, wie schwer es für die – in der Regel ehrenamtlich organisierten – Vereine ist, mit den gestiegenen Kosten zurechtzukommen. Die Vereine haben neben den erhöhten Kosten durch die Sicherheitsauflagen ja auch noch die allgemein gestiegenen Kosten, die wir alle merken. Wir mussten leider feststellen, dass dieser Kostendruck bereits mehrfach dazu geführt hat, dass Vereine Veranstaltungen und Umzüge nicht durchführen konnten. Dabei bricht dann auch immer ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens weg. Stellen Sie sich doch einmal einen Rosenmontag vor ohne Umzüge, ohne hunderte bunt kostümierte Kinder, die am Straßenrand stehen und laut „Helau“ oder „Alaaf“ rufen und Kamelle fangen? Das möchte ich mir eigentlich gar nicht vorstellen.

Steigen damit auch die Prämien?

Einen direkten Einfluss auf den Versicherungsbeitrag haben gestiegene Sicherheitsauflagen an sich nicht. Wenn allerdings Teil der Auflage auch die Übernahme von weitergehender Haftung oder weiteren Haftungsfällen ist, kann das im Einzelfall für den betreffenden Verein natürlich zu einem gesonderten Versicherungsbedarf und somit gegebenenfalls auch zu einer gesonderten Prämie führen. Wir erwarten aufgrund der gestiegenen Auflagen jedoch keine generelle Erhöhung der Prämien unserer Rahmenvereinbarungen.

Noch eine Frage zum Schluss: Wenn mit dem Karneval am Aschermittwoch Schluss ist, geht es dann bei Ihnen im Büro erst richtig los mit Schadenmeldungen? Mit welchen Versicherungsfällen rechnen Sie?

Der karnevalistische Slogan „am Aschermittwoch ist alles vorbei“ trifft auf das Arbeitsaufkommen in unserem Büro nicht zu. Nach dem Aschermittwoch gibt es in der Regel eine kurze Zeit des gemäßigten Arbeitsaufkommens, doch dann kommt die von Ihnen schon angeführte Schadenphase.

Wir hoffen natürlich, dass es zu keinen schweren Personenschäden kommt und wir uns mit den „üblichen“ Schäden an gemieteten Hallen bzw. Gebäuden beschäftigen können, doch kann man Schlimmeres nie ausschließen.

Im Anschluss an die Schadenphase und nach etwas Kräftetanken beginnt der organisierte Karneval dann mit seinen Aktivitäten außerhalb des medial bekannten Karnevals. Denn die Vereine sind ganzjährig aktiv. Dann zwar nicht mehr im Bereich der Brauchtumspflege, doch führen Karnevalsvereine in der Regel eine Menge sozialer Aktivitäten durch. Sie sind somit ein ganzjährig wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens. Unsere Aufgabe ist es dann, die Vereine auch bei nicht karnevalistischen Aktivitäten zu unterstützen und zu beraten.

 

ALH Gruppe erwartet mehrere Neugeschäftsrekorde

Die ALH Gruppe war auch im Jahr 2023 wieder auf Wachstumskurs. Die Gruppe erwartet für das vergangene Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von etwa 5,3 Mrd. Euro. Bei der Hallesche Krankenversicherung sowie der Alte Leipziger Versicherung hat das Unternehmen Rekorde im Neugeschäft bekannt gegeben.

Die ALH Gruppe ist im Geschäftsjahr 2023 auf Wachstumskurs geblieben. Das zeigen die vorläufigen Geschäftszahlen, die das Unternehmen letzte Woche veröffentlicht hat.

Demnach steigerte die Alte Leipziger Lebensversicherung ihr Neugeschäft gegen laufenden Beitrag gegenüber dem Vorjahr um 3,2% auf rund 220 Mio. Euro. Der Rückgang im Einmalbeitragsgeschäft sorgte allerdings dafür, dass das Neugeschäftsergebnis der Alte Leipziger für 2023 rund 14% unter dem Ergebnis vom Vorjahr liegt.

Das Neugeschäft im Bestand legte ebenfalls um etwa 3% zu. Der Rohüberschuss vor Steuern wuchs um etwa ein Drittel auf rund 445 Mio. Euro.

Hallesche erwartet stärkstes Neugeschäftsergebnis

Ihr bisher stärkstes Neugeschäftsergebnis konnte die Hallesche erzielen, deren Monatssollbeitrag mit rund 7,2 Mio. Euro um etwa 49% über dem Vorjahreswert lag. Wesentlicher Treiber war hierbei die Krankenvollversicherung (+55% gegenüber dem Vorjahr), doch auch die betriebliche Krankenversicherung (bVK) konnte mit einem Plus von 34% gegenüber dem Vorjahreswert deutliches Wachstum verzeichnen. Die gebuchten Bruttobeiträge der Hallesche stiegen um 8% verglichen mit 2022.

Privatschutzsparte verhilft Alte Leipziger zum Rekordergebnis

Auch die Alte Leipziger Versicherung konnte mit rund 100 Mio. Euro ein Rekordergebnis im Neugeschäft erzielen. Einen maßgeblichen Beitrag dazu leistete die Privatschutz-Sparte. Bei den Beitragseinnahmen im Privatschutzsegment wird über alle Sparten hinweg ein Wachstum der gebuchten Beiträge um rund 15% auf 480 Mio. Euro erwartet. Aufgrund von Preissteigerungen im Kraftfahrtbereich sowie einer Häufung von Naturereignissen mit entsprechenden Schadenzahlungen wird die Combined Ratio laut dem Unternehmen bei rund 100% liegen.

Gesamtumsatz klettert im Vergleich zum Vorjahr

Insgesamt erwartet die ALH Gruppe für das vergangene Geschäftsjahr einen Umsatz von etwa 5,3 Mrd. Euro, eine weitere Steigerung des Vorjahresergebnisses, das bei 5,2 Mrd. Euro lag. Der Gesamtumsatz der Gruppe schließt auch die Ergebnisse von Alte Leipziger Bauspar und Alte Leipziger Trust mit ein. Die Bauspargesellschaft konnte dabei eine beantragte Bausparsumme von rund 1,6 Mrd. Euro erzielen, das Baufinanzierungsgeschäft lag bei rund 198 Mio. Euro. Die Alte Leipziger Trust Investmentgesellschaft konnte beim Fondsvolumen ihrer Publikumsfonds ein Wachstum von rund 15% verzeichnen.

Insgesamt sei man im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen, die sich 2023 gegenüber dem Vorjahr noch verschärft haben, „sehr zufrieden“ mit dem Ergebnis, kommentiert Vorstandsvorsitzender Christoph Bohn die vorläufigen Zahlen. (js)

Bild: © ALH Gruppe

 

GDV blickt „verhalten optimistisch“ auf 2024

Der deutsche Versicherungssektor hat sich trotz Inflation und schwächelnder Konjunktur vergangenes Jahr „gut behauptet“. Die Sparten Leben und Kfz waren Sorgenkinder. Zumindest in der Lebensversicherung ist laut dem GDV jedoch für das laufenden Jahr eine Trendwende in Aussicht.

Die wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten, mit denen man in vergangenen Jahren gekämpft hatte, seien im Jahr 2023 nicht kleiner geworden – eher im Gegenteil. Unter diesen schwierigen Herausforderungen konnte sich der Versicherungssektor im vergangenen Jahr gut behaupten. Für das laufende Jahr sei man verhalten optimistisch.

Das war das Fazit von Dr. Norbert Rollinger, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV), während der GDV-Jahresmedienkonferenz am Donnerstagvormittag.

GDV plädiert für Demokratie und Offenheit

Die Veranstaltung begann in diesem Jahr etwas ungewöhnlich. Zunächst betonte Rollinger in einem Statement die klare Bekenntnis des Branchenverbandes zu einem demokratischen, respektvollen Miteinander.

„Aus aktuellem Anlass möchte ich (…) betonen, der GDV und seine Mitglieder, [GDV-Hauptgeschäftsführer] Herr Asmussen und ich persönlich stehen für Demokratie, Parlamentarismus und die freiheitlichen Werte, die unser Grundgesetz garantieren“ so Rollinger. Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation dürfe nicht dazu führen, verfassungsfeindliche Parteien und Gruppierungen zu unterstützen. Allerdings müsse die Politik den Enttäuschten ein Angebot machen und gleichzeitig zeigen, dass Deutschlands Demokratie handlungsfähig und wehrhaft sei. „Nur offene und vielfältige Gesellschaften sind zukunftsfähig und können die Grundlage für nachhaltiges Wirtschaftswachstum sein“, so Rollinger weiter.

„Bodensatz der Prämien“ in der Lebensversicherung dürfte erreicht sein

Im Anschluss präsentierte der Branchenverband wichtige Zahlen des vergangenen und laufenden Jahres. Demnach konnten die deutschen Versicherer ihre Beitragseinnahmen im Jahr 2023 um 0,6% auf 224,7 Mrd. Euro steigern. In diesem Jahr erhofft man sich ein höheres Beitragsplus von 3,8%.

In der Lebensversicherung rechnet der Branchenverband für 2024 mit besseren Rahmenbedingungen – die gestiegenen Zinsen dürften die Ertragskraft, höhere Überschussbeteiligungen die Attraktivität der Produkte erhöhen.

Da in diesem Jahr mit steigenden Nominallöhnen und abnehmender Inflation zu rechnen sei, gehe er für 2024 von einem Ende des Rückgangs und einer stabilen Beitragsentwicklung in der Sparte Leben aus, erklärte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Der Bodensatz der Prämien dürfte erreicht sein im Jahr 2024, “ sagte er. Unterm Strich erwarte er für 2024 Beitragseinnahmen von 91,8 Mrd. Euro, was einem sehr leichten Rückgang um 0,2% gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Für das Jahr 2023 sanken die Beitragseinnahmen um 5,2% auf 92 Mrd. Euro. Grund dafür war vor allem der Einbruch des Einmalbeitragsgeschäfts, die laufenden Beiträge hingegen entwickelten sich robust, wie die Zahlen des Branchenverbandes zeigen.

Kfz-Versicherer mit Verlust von 2,9 Mrd. Euro

Auch die Schaden- und Unfallversicherer haben ein schwieriges Jahr hinter sich, welches geprägt war von „nachgelagerten Anpassungen an Schadensaufwendungen wie zum Beispiel Baukosten oder gestiegene Preise für Autoreparaturen“. Zwar konnte die Sparte ein Beitragswachstum von 6,7% verbuchen – doch lag der Schadenaufwand mit 12,7% wesentlich höher.

Die Kfz-Versicherer mussten einen Verlust von 2,9 Mrd. Euro hinnehmen – hier steht laut dem GDV jedem eingenommenen Euro Ausgaben von 1,10 Euro gegenüber. Damit lagen die finalen Einbußen zwar etwas unter dem Wert von 3,5 Mrd. Euro, den der GDV bereits im Sommer letzten Jahres prognostiziert hatte, führten aber dazu, dass das versicherungstechnische Ergebnis der Sparte um mehr als die Hälfte auf rund 1,5 Mrd. Euro zurückging.

Für 2024 rechnet der Branchenverband mit einem Beitragszuwachs von etwa 10% in der Kfz-Versicherung – doch auch das werde voraussichtlich nicht ausreichen, um im laufenden Jahr wieder schwarze Zahlen zu schreiben, gab GDV-Präsident Rollinger auf Nachfrage eines Journalisten zu.

In der Schaden- und Unfallversicherung insgesamt erwartet der GDV ein Beitragswachstum von 7,7% im laufenden Jahr.

Private Krankenversicherung verzeichnet Wachstum

In der privaten Krankenversicherung stiegen die Beitragseinnahmen letztes Jahr um 2,3% auf 48,2 Mrd. Euro. Die Krankenversicherung wuchs dabei um 1,3% auf 42,6 Mrd. Euro, in der Pflegeversicherung stiegen die Beiträge um 10,3% auf 5,6 Mrd. Euro, was vor allem auf die Leistungsausweitungen in der gesetzlichen Pflegeversicherung zurückzuführen war. (js)

Bild: Newsletter: © tinyakov – stock.adobe.com; Online: (v.l.n.r.) GDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger, Kommunikationschefin Daniela Werner und GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen, © GDV

 

Ausblick 2024: Diese Entwicklungen beschäftigen die HDI

Welche Themen haben Entscheider der Versicherungsbranche im neuen Jahr im Blick? Wo setzen sie im Jahr 2024 den Fokus an und welche Rolle spielt der Einsatz von KI? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Thomas Lüer, Vertriebsvorstand der HDI Deutschland AG.

<h5>Welche Themen und Entwicklungen werden Sie als Versicherer 2024 besonders im Blick haben?</h5><p>Die Zinswende ist für Lebensversicherer eine erfreuliche Entwicklung. Im Schaden-/Unfallgeschäft bleibt das Marktumfeld auch 2024 volatil. Die Inflation hat sich etwas entspannt, die erheblich gestiegene Kosten für Waren und Handwerksleistungen sowie die weiterhin verzögerten Lieferströme stellen weiterhin eine große Herausforderung dar, die nicht nur unsere Branche bewältigen muss. Die Digitalisierung und KI stehen ebenfalls im Fokus. Wir blicken gespannt auf die weitere Entwicklung.</p><h5>Welche Sparten, Produkte und/oder Zielgruppen stellen Sie in den Fokus?</h5><p>In Leben setzen wir auf unseren Top-Seller CleverInvest, in der bAV auf SafeInvest und in der Biometrie sind wir mit EGO stark aufgestellt. Mit dem vollständigen Verzicht auf Verweisungen in der Erst- und der Nachprüfung haben wir jüngst ein starkes Signal in den Markt gegeben. Unsere Zielgruppen Firmen und freie Berufe stehen für uns als Privat- und B2B-Versicherer weiterhin im Fokus. Im Bereich Komposit liegt ein Fokus auf Digitalisierung. Mit dem Gewerbe Cockpit haben wir die digitale Policierung auf die komplette Bandbreite der HDI-Firmen-Versicherungen erweitert – mit spezifischen Branchenlösungen wie der Multiline-Police Compact genauso wie mit individuell kalkulierten Angeboten. Hier wollen wir 2024 weiterwachsen.</p><h5>Wie reagieren Sie auf die Veränderungen am Maklermarkt?</h5><p>Die Konsolidierung im deutschen Maklermarkt wird zunehmend getriebenen von Beteiligungen von Private-Equity-Firmen an Maklerhäusern. Diese Buy-&-Build-Modelle werden weiter für Dynamik sorgen und damit den Druck auf kleinere inhabergeführter Maklerhäuser erhöhen. Die Entwicklung zeigt, dass dieses Mittel zum anorganischen Wachstum im Trend liegt und wir gehen davon aus, dass weitere Zusammenschlüsse und Übernahmen folgen werden. Diese Entwicklung beobachten wir sehr genau und richten danach unser Handeln aus. Insgesamt sehen wir uns gut aufgestellt.</p><h5>Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?</h5><p>KI ist ein spannendes Themenfeld, um Prozesse und Dienstleistungen zu optimieren bzw. zu unterstützen. Bei HDI sind wir offen für neue Technologien. Wichtigstes Gebot: Der Schutz unserer unternehmens- und personenbezogenen Daten. Wir arbeiten derzeit daran, eine effiziente, gezielte, sichere und gesetzeskonforme Nutzung von KI für HDI in Abstimmung mit allen relevanten Funktionen zu ermöglichen. Die generative KI bietet Versicherern bereits jetzt Wertschöpfungspotenziale, die wir verantwortungsvoll unter Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen nutzen wollen. Bei HDI laufen erste Use Cases insbesondere dort, wo wir Prozesse und Services verbessern können. Verschiedene Handlungsoptionen liegen auf dem Tisch. Mit Blick nach vorn bin ich überzeugt, dass uns generative KI maßgeblich dabei helfen wird, unseren Kunden- und Vertriebspartnerservice auf ein neues Level zu heben.</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © HDI Deutschland AG</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/476EB704-7CCF-41EE-872D-77CDBBC053DA"></div>