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Steuern & Recht
17. Juni 2016
„Versicherungsmakler-Apps können das herkömmliche Vermittlerwesen in innovativer Gestalt fortführen“

„Versicherungsmakler-Apps können das herkömmliche Vermittlerwesen in innovativer Gestalt fortführen“

Das Forum V hat am 16.06.2016 zu einer spannenden Veranstaltung an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eingeladen. Das Thema: „Der Abschluss von Versicherungsverträgen über das Internet“. Zwei Referenten stellten die aktuellen Probleme des Onlinevertriebs dar. Natürlich wurden auch FinTechs thematisiert.

Unbestritten macht es der Gesetzgeber der Finanz- und Versicherungsbranche nicht gerade einfach ihrem Geschäft nachzugehen. Die Anforderungen unter der Maßgabe des Verbraucherschutzes sind hoch. Gerade im Onlinegeschäft verlangt dies den Gesellschaften und Onlinemaklern einiges an „Klimmzügen“ und Improvisationen ab. Hinzu kommt die permanente Unsicherheit durch die Rechtsprechung. So voranzupreschen – oftmals ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Grundlagen – wie es die zahlreichen Start-ups mit ihren Apps derzeit tun, kommt für die meisten etablierten Gesellschaften wohl nicht in Frage. Daher bekommt gerade der „klassische“ Onlinevertrieb die „juristische Bremse“ zu spüren. Dies konnte Thomas Gerschütz, Referent Projekte E-Business der ERGO Direkt Versicherungen im Rahmen seines Vortrags beim Forum V anhand des Projektes „elektronische Unterschrift“ eindrucksvoll darstellen: 25% der Arbeitszeit seien auf die technische Umsetzung gefallen. In der restlichen Zeit, also 85%, habe man sich vorwiegend mit juristischen Problemen befasst, so Gerschütz.

Beratungspflicht für Onlinemakler fraglich

Versicherer haben im Onlinegeschäft gegenüber den Vermittlern einen entscheidenden Vorteil: Die Bereichsausnahme des § 6 Abs. 6 Fall 3 VVG. Hiermit hat der Gesetzgeber klar festgelegt, dass bei Verträgen, die Verbraucher bei einem Versicherer über das Internet abschließen, keine Beratungspflicht seitens des Versicherers stattfinden muss. Hintergrund dieses Gesetzestextes war die Ansicht, dass ein Verbraucher, der einen Vertrag online abschließt, eben nicht mit einer Beratung rechnet und zudem die technischen Möglichkeiten für eine Beratung fehlen würden. Letzteres hat sich sicherlich in den vergangenen Jahren gewandelt. Onlinechats, Videoberatung und vieles mehr lassen heutzutage sicherlich auch eine „virtuelle“ Beratung zu. Über den vermeintlichen Nachteil des Vermittlers im Internet ist inzwischen ein Streit unter den Rechtsexperten entbrannt, der sicherlich auch durch die aktuelle FinTech-Entwicklung angetrieben wird. Klar ist, dass der Gesetzgeber nicht geregelt hat, ob die Bereichsausnahme auch für Vermittler gilt. Allerdings könnte man über eine analoge Anwendung der Vorschrift nachdenken. Nach Ansicht von Prof. Dr. Christian Armbrüster von der Freien Universität Berlin, der den theoretischen Part der Forum V-Veranstaltung übernommen hatte, sprechen wohl die besseren Argumente für eine Analogie, da wohl der durchschnittliche Kunde bei einem Onlineabschluss – sei es beim Versicherer oder bei einem Vermittler – vernünftigerweise eine Beratung nicht erwartet. Die Unsicherheit, ob eine analoge Anwendung der Bereichsausnahme zulässig ist, werde auch in Zukunft vorhanden sein, denn auch die IDD bringe keine Klarheit.

Rechtliche Mängel bei FinTechs

Unter „rechtlicher“ Beobachtung stehen im Moment insbesondere die FinTechs als Onlinemakler. Da Onlinemakler nach Ansicht von Prof. Armbrüster ihre statusbezogenen Informationspflichten bereits beim ersten geschäftlichen Kontakt in Textform erfüllen müssten und die Aufführung dieser Informationen im Impressum nicht ausreichend sei, stelle sich gerade bei einer App die Frage, wann denn der erste geschäftliche Kontakt passiere. Zudem müssten FinTechs bereits in der Erstinformation verdeutlichen, dass es sich um eine Maklertätigkeit handele, mit deren Aufnahme bestehende Maklerverträge beendet werden sollen. Armbrüster äußerte zudem Zweifel an der Zulässigkeit mancher Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der FinTechs. So sei zum Teil ein Haftungsausschluss vorhanden, wenn der Kunde den Originalversicherungsschein nicht aufbewahrt. Dies sei zum Teil ein Widerspruch zu den Werbeaussagen mancher App-Anbieter, die eine papierlose Organisation der Versicherungstätigkeit versprechen. Zudem sei die auch zum Teil verwendete Klausel „die digitale Unterschrift soll der Schriftform gleichstehen“ problematisch und wohl nicht zulässig. Trotzdem sieht Armbrüster in der aktuellen Entwicklung auch Chancen. So sei es das Bestreben des Gesetzgebers, eine hohe Versicherungsdichte in der Bevölkerung zu realisieren. Neue Medien wie die Apps würden dies unterstützen und einen Personenkreis erreichen, der sich ansonsten nicht mit diesem Thema befassen würde. Armbrüster abschließend: „ Langfristig bieten versicherungsmakler-Apps die Chance, das herkömmliche Vermittlerwesen in innovativer Gestalt fortzuführen, statt es zu verdrängen.“ (kb)