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Steuern & Recht
5. Mai 2023
Abfindung: Fünftelregelung mildert die Steuerlast

Abfindung: Fünftelregelung mildert die Steuerlast

Wenn leitende Angestellte oder unternehmerisch tätige Geschäftsführer das Unternehmen verlassen, fließt oft eine Abfindung. Welche Höhe als angemessen gilt, wie Abfindungen steuerlich und abgabenbezogen behandelt werden und steuerliche Optimierungspotenziale erläutert ein Steuerexperte.

Ein Artikel von Volker Schmidt, Geschäftsführer der SEB Steuerberatungsgesellschaft GmbH, Steuerberater, Vereidigter Buchprüfer

Scheiden tut weh, meint der Volksmund. Daher werden Trennungen mitunter versüßt. Das ist im Arbeitsleben zum Beispiel oft der Fall, wenn leitende Angestellte oder unternehmerisch tätige Geschäftsführer ihren Stuhl räumen (müssen). Dann kommt in den meisten Fällen eine Abfindung zur Sprache. Die steht vor allem dann zur Diskussion, wenn der laufende Vertrag noch eine erhebliche Restlaufzeit hat und die Trennung vom Unternehmen angestoßen wurde. Die allererste Frage, die sich Betroffene in dieser Situation stellen: Wie viel lässt sich rausschlagen? Die Höhe einer Abfindung hängt sicherlich von den Faktoren des jeweiligen Arbeits- beziehungsweise Vertragsverhältnisses ab. Wie schnell soll die Trennung erfolgen? Vielleicht wird sogar eine Abkürzung vertraglich vereinbarter Fristen angestrebt. Von wem geht der Wunsch nach einer Trennung aus? Wie geschickt verhandelt die ausscheidende Person? Wie viele Jahre war sie im Unternehmen beschäftigt? Welche Verdienste hat sie sich in dieser Zeit erworben?

Rechtsprechung gibt Orientierung vor

Trotz aller individuellen Eigenheiten lassen sich aus der Praxis einige Richtwerte ableiten. So haben Gerichte in Streitfällen zu betriebsbedingten Kündigungen die Formel 0,5 Monatsgehälter je Jahr Betriebszugehörigkeit entwickelt. Damit ist schon mal eine untere Grenze zur Orientierung eingezogen. Wer sich damit nicht zufriedengeben möchte, hat durchaus Spielraum für Verhandlungen. Im Netz kursieren viele Ratschläge zu diesem Thema. Auf manchen Seiten sind auch Tools zu finden, mit denen sich die Abfindung berechnen lässt. Aber diese Ergebnisse sollten nur als Richtwert angesehen werden. Ob vollmundige Versprechen, dass mit anwaltlicher Vertretung bis zu 2,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr erreicht werden, haltbar sind, kann nur im Realtest überprüft werden.

Handelt es sich zudem um einen unternehmerisch tätigen Geschäftsführer, ist der Fall noch ein wenig spezieller. Er sitzt dann als Arbeitnehmer und Unternehmer am Verhandlungstisch. Dann muss auch immer ein Fremdvergleich mit zurate gezogen werden. Hat der scheidende Geschäftsführer genügend überzeugende Argumente parat, dann sollte schon ein Monatsgehalt pro Jahr der Anstellung drin sein. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, alle Argumente schon vor der Verhandlung schriftlich zu erfassen und nicht erst dann, wenn es ein vorliegendes Angebot zu prüfen gibt.

Keine Sozialabgaben auf Abfindungen

Neben der Höhe der Abfindung stellt sich als zweite Frage, wie viel davon netto auf dem Konto des Begünstigten landet. War er bislang sozialversicherungspflichtig beschäftigt, gibt es schon mal eine gute Botschaft: Auf Abfindungen fallen keine Sozialabgaben an. Es werden also keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Steuern dagegen schon. Abfindungen gelten als außerordentliche Einkünfte im Sinne der §§ 24 und 34 des Einkommensteuergesetzes. Sie werden also grundsätzlich voll besteuert, allerdings nicht mit dem Spitzensatz, der sich bei bloßer Hinzurechnung zum Einkommen aus der Progression ergibt. Daher kommt die sogenannte Fünftelregelung zur Anwendung: Die Steuer wird für ein Fünftel der Abfindung berechnet und das Ergebnis mit 5 multipliziert. Dadurch wird die Progression abgemildert.

In der Praxis geschieht das dann folgendermaßen: Zum regulären Jahresverdienst werden 20% der Abfindung addiert. Die Einkommensteuer auf diese Summe wird mit der Einkommensteuer verglichen, die für das zu versteuernde Einkommen ohne Abfindung zu zahlen wäre. Das Fünffache der Differenz zwischen diesen beiden Beträgen ist die Einkommensteuer für die Abfindung.

Die Steuer fällt in dem Jahr der Auszahlung an und muss daher auch in dem betreffenden Jahr in der Steuererklärung deklariert werden. Dabei ist es ratsam, die Kündigung oder den Abfindungsvertrag der Steuererklärung mit beizufügen. Nur wenn diese Dokumente vorliegen, kann das Finanzamt prüfen, ob die Fünftelregelung angewandt werden darf. Der Steuerpflichtige sollte sich nicht darauf verlassen, dass der Arbeitgeber alles automatisch regelt. Der Arbeitgeber ist zwar zur Anwendung der Fünftelregelung verpflichtet, aber es kann sich auch eine Zusammenballung mit anderen Einkünften ergeben, die dem Arbeitgeber gar nicht bekannt sind. Dann muss der Arbeitnehmer die Fünftelregelung beantragen.

Der Versuch, unter dem Segel einer Abfindung Steuervorteile für andere Einnahmen zu ergattern, funktioniert nicht. Als Abfindung getarnte Zahlungen für noch ausstehenden Lohn oder für Überstunden akzeptiert das Finanzamt nicht. Steuervorteile bekommen nur echte Abfindungen. Als solche gelten Abfindungen, die nach dem Auslaufen eines befristeten Angestelltenverhältnisses gezahlt werden, allerdings nicht.

Steuerliche Optimierungspotenziale

Optimieren lässt sich die Steuer auf Abfindungen aber schon, zum Beispiel durch das Timing bei der Auszahlung. Häufig fließt die Abfindung zum Ende eines Jahres. Da liegt es nahe, die Zahlung in zwei Raten aufzusplitten, eine noch im alten Jahr und eine in den ersten Monaten des folgenden Jahres. Ein Fünftel von jeweils der Hälfte macht dann zum Beispiel nur 10% aus. So spart sich der Steuerpflichtige die Progressionssteigerung auf 10% der Abfindung. Wenn ein Geschäftsführer einen Neustart mit einem eigenen Unternehmen im neuen Jahr plant, könnte sich eine Aufsplittung steuerlich noch mehr lohnen. Dann sind seine Einnahmen in der Startphase höchstwahrscheinlich niedriger und die Steuerlast sinkt insgesamt. Außerdem sollte bei der Anfertigung der Steuererklärung getestet werden, ob eine getrennte Veranlagung zu einer geringeren Steuer führt.

Übrigens: Eine Abfindung ist keine Belohnung für Verdienste in der Vergangenheit, wie viele vielleicht vermuten. Sie ist stattdessen eine Entschädigung dafür, dass in Zukunft kein Einkommen mehr aus dem bisherigen Job erzielt werden kann. Entsprechend sollte die Abfindung auch für zukünftige Verwendungen eingesetzt werden, zum Beispiel für die Aufstockung der Altersvorsorge. So könnte ein Teil in eine Basisrente investiert werden, das hätte einen zusätzlichen steuerlichen Effekt. Beiträge zur Basisrente sind bis zu einer Höhe von 26.528 Euro steuerlich absetzbar.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2023, S. 110 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Medienzunft Berlin – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Volker Schmidt