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Steuern & Recht
15. November 2016
Ausstieg aus der Ausschließlichkeit: „Trend zum Wechsel ist ungebrochen“

Ausstieg aus der Ausschließlichkeit: „Trend zum Wechsel ist ungebrochen“

Der Wechsel von der Ausschließlichkeit hin zur Maklerschaft bedarf einer guten Vorbereitung, denn die Probleme, die auftreten können, sind vielfältig. Neu-Makler sollten sich daher erfahrene Dienstleister mit ins Boot holen. Interview mit Michaela Ferling, Rechtsanwältin bei FERLING RECHTSANWÄLTE

Frau Ferling, aktuelle Zahlen des Vermittlerregisters des Deutschen Industrie- und Handelskammertags zeigen, dass die Anzahl der Versicherungsvertreter rückläufig ist, wohingegen die Zahl der Makler relativ konstant ist bzw. sogar etwas zugenommen hat. Lässt dies den Schluss zu, dass immer mehr Vertreter in die Maklerschaft wechseln?

Wir begleiten im Laufe eines Jahres zahlreiche Ausschließlichkeitsvermittler auf ihrem Weg in die Unabhängigkeit. Der Trend zum Wechsel ist daher aus unserer Sicht ungebrochen. Wenn Sie die Registrierungen ansprechen, so spiegelt sich dieser Trend hier zunächst nicht unbedingt wider. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass sich in zahlreichen Fällen mehrere Ausschließlichkeitsvermittler zusammenschließen und gemeinsam unter dem Dach einer gemeinsam gegründeten Gesellschaft als Makler tätig werden. Und natürlich ist „nur“ die Gesellschaft dann im Register eingetragen.

Was sind Ihrer Ansicht nach die Hauptgründe eines Ausschließlichkeitsvermittlers für diesen Schritt?

Die Gründe für den Wechsel sind vielfältig. Die zunehmende Preissensibilität der Kunden und ein damit verändertes Kundenverhalten spielen sicherlich auch eine Rolle. Aber auch ein ständig steigender Produktions- und Kostendruck bei gleichzeitiger Provisionskürzung wird oft als Grund genannt. Mit einem Wechsel erhoffen sich die Vermittler, „ihre“ Kunden besser und umfassender betreuen zu können. Dabei schöpfen sie aus einem riesigen Produktportfolio. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zur Ausschließlichkeit höhere Provisionssätze gezahlt werden. Eines der wichtigsten Kriterien ist aber für den künftigen Makler, dass es „sein“ Kundenbestand ist.

Ein Statuswechsel muss gut vorbereitet sein. Mit welchem zeitlichen Vorlauf müssen die zukünftigen Makler rechnen?

Eine Faustregel gibt es nicht, nur: je länger die Vorlaufzeit, desto besser. Es gilt ja einige Aspekte zu klären und vorzubereiten. Nicht zu unterschätzen ist auch die finanzielle Seite. In der Ausschließlichkeit bezieht der Vermittler einen wesentlichen Teil seiner Vergütung aus der Bestandsprovision. Diese fällt bei einem Wechsel weg. Der Bestand muss erst wieder aufgebaut werden. Daher ist ein finanzielles Polster zur Überbrückung immer gut. Außerdem empfehlen wir beispielsweise die Gründung einer Gesellschaft – etwa eine GmbH oder GmbH & Co. KG. Von der Gründung bis zur Eintragung im Vermittlerregister vergehen gut und gerne zwei bis drei Monate. Und auch für die Anbindung an die Gesellschaften muss Zeit eingeplant werden.

Außerdem ist es empfehlenswert, den Schritt in die Unabhängigkeit nicht alleine zu gehen. Die Wahl der richtigen Partner oder auch eines Maklerverwaltungsprogramms ist wichtig und die Auswahl wird Zeit in Anspruch nehmen.

Sie haben schon zahlreiche Wechsel aus juristischer Sicht begleitet. Was muss als erstes geprüft werden?

In einem Beratungsmandat prüfen wir zuerst, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht. Dann gilt es natürlich die Kündigungsfristen zu klären und damit auch den möglichen Zeitpunkt der Kündigungserklärung festzulegen. Anschließend werden die praktische Umsetzung in die Wege geleitet und die ausgewählten Partner mit „ins Boot“ geholt. Die Beteiligten arbeiten Hand in Hand, um ein optimales Ergebnis für den Umsteiger zu erzielen. Denn in der Regel ist eine Bestandsübertragung, jedenfalls eine courtagepflichtige, ausgeschlossen, sodass eine praktikable Lösung gesucht werden muss.

Mit welchen Problemen müssen die zukünftigen Makler rechnen?

Die Neu-Makler sehen sich nach dem Umstieg vielfach dem Vorwurf einer Kundendatenverwertung ausgesetzt, selbst dann, wenn keine Kundendaten zurückgehalten und zum Zwecke der Abwerbung verwertet wurden. Dieser Vorwurf wird insbesondere erhoben, wenn es dem Neu-Makler gelingt, viele Kunden in kurzer Zeit in die Betreuung zu nehmen. Dieser Vorhaltung kann der Makler aber mit der Befolgung einiger Ratschläge wettbewerbskonform geschickt aus dem Weg gehen.

Wie reagieren die Versicherer? In der Vergangenheit kam es oft zu Streitigkeiten. Gibt es hier inzwischen ein Umdenken?

Eher nein. Gerade Versicherer mit einer starken Ausschließlichkeit schützen ihre Ausschließlichkeit und die Bestände nach wie vor. Eine Zusammenarbeit wird für die Zukunft ausgeschlossen oder zumindest über einen langen Zeitraum verweigert.

Gibt es eigentlich einen Unterschied bei einem Wechsel von gebundenen Versicherungsvertretern bzw. einem Versicherungsvertreter mit Erlaubnis?

Ob der Handelsvertreter als gebundener oder ungebundener Vermittler registriert ist, macht zunächst einmal keinen Unterschied. Wir empfehlen allerdings, sich vor einem Wechsel als ungebundener Versicherungsvertreter registrieren zu lassen. Das hat ganz praktische Gründe. Gerade im Falle einer Kündigung des Handelsvertreters kommt es nicht selten zu einer Freistellung. Ist der Handelsvertreter dann als gebundener Vermittler im Vermittlerregister gemeldet, wird die Freistellung zum Anlass genommen, die Registrierung zu löschen. Besteht eine eigene Registrierung, bleibt diese unverändert bestehen. Eine Neuregistrierung im Falle des Wechsels ist in diesem Fall nicht erforderlich, lediglich eine Änderungsmitteilung.

Die sogenannten „alten Hasen“ sollten auf diesen Aspekt ein besonderes Augenmerk legen, denn ist die Erlaubnis einmal erloschen, ist Eile geboten. Um weiterhin als „alter Hase“ eine neue Erlaubnis zu erlangen, verlangen die Industrie- und Handelskammern unverzüglich eine Neubeantragung.

Stichwort Handelsvertretervertrag: einvernehmliche Trennung oder Kündigung? Was empfehlen Sie?

Eine einvernehmliche Trennung wäre natürlich der Idealfall. Erfahrungsgemäß lässt sich dies aber in der Realität kaum umsetzen. Mit Blick auf den zu schützenden Bestand wird der Unternehmer auch in den wenigsten Fällen daran ein Interesse haben. Deshalb lehnen viele Unternehmer den Aufhebungsvertrag von vorneherein ab oder knüpfen an die Aufhebung Vereinbarungen, die nicht im Interesse des künftigen Maklers sind, etwa ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Der Regelfall ist und bleibt also in diesen Fällen die ordentliche Kündigung.

Ist der Wechsel eigentlich auch „alleine“ zu schaffen bzw. wen sollten die zukünftigen Makler bei ihrem Vorhaben mit ins Boot holen?

Erfahrungsgemäß ist die Umsetzung ohne Hilfe nicht ratsam. Dienstleister, die den Umstieg begleiten, haben sich in der Vergangenheit bewährt, denn der Neu-Makler profitiert von deren Wissen und deren Erfahrung aus zahlreichen Bestandsumdeckungen. Zusammen mit namhaften Versicherungsgesellschaften wird ein individuelles und auf ihn speziell abgestimmtes Umdeckungskonzept entwickelt und ihm quasi zusammen mit einer abgestimmten Geschäftsausstattung und einem Maklerverwaltungsprogramm als „Full-Service-Paket“ an die Hand gegeben. Viele bieten dem Makler eine fachliche Unterstützung, die gerade zu Beginn der Tätigkeit enorm wertvoll ist und dringend benötigte Ressourcen schafft.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2016, Seite 122 f.

 
Ein Artikel von
Interview mit <br>Michaela Ferling