AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
22. August 2016
Banken: Kein Erbschein bei eindeutigem Testament

Banken: Kein Erbschein bei eindeutigem Testament

Ist aus einem eigenhändigen Testament eindeutig die Erbfolge zu entnehmen, benötigt der Erbe keinen Erbschein, um sein Erbrecht geltend zu machen. Darauf hat der Bundesgerichtshof hingewiesen und eine Bank zur Erstattung der Kosten verurteilt, die für die Erstellung des Erbscheins angefallen sind.

Im Streitfall wurde eine Sparkasse auf Erstattung von Gerichtskosten für die Erteilung eines Erbscheins in Anspruch genommen. Die Sparkasse unterhielt mehrere Konten der Erblasserin. Nach deren Tod forderte die Tochter der Erblasserin unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Testaments die Freigabe der entsprechenden Konten. In dem Testament wurde festgelegt, dass das Vermögen der Erblasserin auf die beiden Kinder übergehen soll. Die Tochter handelte bei der geforderten Kontenfreigabe der Mutter mit Vollmacht des Bruders. Die Sparkasse lehnte die Kontenfreigabe mit der Begründung ab, dass in dem vorgelegten Testament nicht ein Erbe, sondern ein Vermächtnisnehmer genannt sei. Daher müsse ein Erbschein vorgelegt werden. Die hierdurch entstandenen Kosten in Höhe von 1.770 Euro machten die Geschwister gegenüber der Sparkasse geltend. Diese lehnte die Kostenübernahme unter anderem mit der Begründung ab, dass bei einem handschriftlichen Testament die Möglichkeit der Fälschung bestehe. Die Forderung eines Erbscheins, sei notwendig, um sich vor einer doppelten Unanspruchnahme zu schützen.

Auch handschriftliches Testament zulässig

Dieser Argumentation folgte der Bundesgerichtshof (BGH) nicht und verurteilte die Sparkasse zur Übernahme der Kosten zu Erstellung des Erbscheins. Bereits das Berufungsgericht hatte festgestellt, dass der Erbe nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Der Nachweis könne auch in anderer Form erbracht werden. Dieser Nachweis sei im Streitfall durch eine beglaubigte Abschrift des handschriftlichen Testaments mit Eröffnungsvernerkt erfolgt. Zwar sei bei einem handschriftlichen Testament unter anderem die Gefahr einer Fälschung höher. Diese erhöhte Gefahr rechtfertige aber nicht, dass der Nachweis des Erbrechts nicht mit einem handschriftlichen Testament erfolgen könne. Dieser Argumentation folgte auch der BGH. Abgesehen von gesetzlich geregelten Sonderfällen sei der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht mittels Erbschein nachzuweisen. Eine Bank könne bei einem handschriftlichen Testament nicht regelmäßig auf die Vorlage eines Erbscheins bestehen. (kb)

BGH, Urteil vom 05.04.2016, Az.: XI ZR 440/15

Lesen Sie auch Warum erkennen Banken eine Vorsorgevollmacht nicht an?