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12. Februar 2024
Beeinflusst: Testament zugunsten Berufsbetreuerin sittenwidrig

Beeinflusst: Testament zugunsten Berufsbetreuerin sittenwidrig

Wenn eine gerichtlich bestellte Betreuerin die betreute Person derart beeinflusst, dass diese ein - auch notarielles - Testament zugunsten der Betreuerin erstellt, dann kann dies sittenwidrig sein. So sieht dies das OLG Celle in einem Fall einer kranken und zuletzt alleinstehenden 92-Jährigen.

Berufsbetreuer haben die Aufgabe, kranke oder geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen zu beraten, zu vertreten und zu unterstützen. Neben der rechtlichen Beziehung entsteht häufig auch eine menschliche Bindung. Wenn der Betreuer oder die Betreuerin als Erbe eingesetzt wird, gilt es allerdings näher hinzusehen.

Das hat das Oberlandesgericht Celle mit seiner Rechtsprechung vom 07.01.2021 (Az.: 6 U 22/20) getan und entschieden, dass ein (notarielles) Testament sittenwidrig sein kann, wenn eine Berufsbetreuerin ihre gerichtlich verliehene Stellung und ihren Einfluss auf eine ältere, kranke und alleinstehende Erblasserin dazu benutzt, auf Letztere einzuwirken und sie dazu zu bewegen, ein Testament zu ihren Gunsten zu machen. Die Berufsbetreuerin hatte diesbezüglich Beschwerde eingereicht, aber ohne Erfolg, denn das Gericht hat seine Ausgangsentscheidung nun im Januar 2024 bestätigt.

Betreuerin beauftragt Notar zur Testamentserstellung

In diesem Fall befand sich eine 92 Jahre alte Frau, deren einzige noch lebende Angehörige ihre Tochter war, wegen ihres Gesundheitszustands von Anfang September 2022 an im Krankenhaus. In den letzten Tagen vor dem Tod ihrer Tochter, die sich zuvor um die Angelegenheiten der Mutter gekümmert hatte, teilten die beiden das Krankenzimmer. Zwei Tage nach dem Tod der Tochter – noch im September 2022 – bestellte das Amtsgericht für die Frau während des Krankenhausaufenthalts eine Berufsbetreuerin. Anfang Oktober 2022 erfolgte mit Notarztbegleitung die Einweisung in ein anderes Krankenhaus. Nur kurz war die Frau zwischen den beiden Krankenhausaufenthalten in einer Pflegeeinrichtung untergebracht.

Während des zweiten Krankenhausaufenthalts beauftragte die Berufsbetreuerin einen Notar mit der Erstellung eines notariellen Testaments für die Frau. Im Krankenhaus beurkundete der Notar ein Testament der Frau, mit dem sie die Berufsbetreuerin zur Alleinerbin einsetzte. Den Wert des Vermögens gab sie mit 350.000 Euro an. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus – Mitte Oktober 2022 – nahm die Berufsbetreuerin die Frau bei sich zu Hause auf. Vier Tage danach starb die Frau dort eines natürlichen Todes.

Testament ist sittenwidrig

Die Richter sind jedoch davon ausgegangen, dass das notarielle Testament nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig ist. Die Berufsbetreuerin kann deshalb hieraus für sich keine Rechte herleiten und insbesondere keinen Erbschein ausgestellt bekommen. Der zuständige Senat am Gericht habe sich ausführlich mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt und dabei insbesondere das hohe Alter der Erblasserin, ihre schlechte gesundheitliche Verfassung, ihren Gemütszustand nach dem Tod ihrer Tochter, den Umständen im Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung sowie dem engen zeitlichen Ablauf zwischen Einrichtung der Betreuung und der Testierung einbezogen, heißt es vonseiten des Gerichts.

OLG Celle, Beschluss vom 09.01.2024, Az. 6 W 175/23

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