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9. November 2023
Berufliche Bildung: Wie Beschäftigte Umgang mit KI lernen
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Berufliche Bildung: Wie Beschäftigte Umgang mit KI lernen

Technischer Fortschritt in der Arbeitswelt diente bisher größtenteils der Erleichterung von körperlicher Arbeit. Mit der Entwicklung der KI kann nun auch die „Kopfarbeit“ maßgeblich unterstützt werden. Doch welche Kompetenzen werden für den Umgang mit KI-Applikationen wie ChatGPT eigentlich benötigt?

Ein Artikel von Prof. Dr. Sascha Fauler, FOM Hochschule, Bonn, Professur für A-BWL, insbesondere Personalmanagement

Seit geraumer Zeit wird über künstliche Intelligenz (KI) gesprochen. Nun konkretisiert sich seit Anfang dieses Jahres durch ChatGPT erstmals die direkt spürbare Anwendungsmöglichkeit in der Arbeitswelt und im Bildungssektor, wo KI künftig ein fester Bestandteil sein wird. Es ist also Aufgabe der beruflichen Bildung, Arbeitnehmende auf die damit verbundenen neuen Herausforderungen vorzubereiten. Um dies für die Versicherungs­branche zu gewährleisten, hat das Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV) e. V. im Juni 2023 ein Thesenpapier „Integration von generativen KI-Applikationen in der Berufsaus­bildung“ herausgegeben. Hieran anknüpfend beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Frage, welche Kompetenzen künftig für den Umgang mit KI-Applikationen wie ChatGPT erforderlich sein werden.

Die künftige Arbeitswelt mit KI-Applikationen

Bisher hat sich der technische Fortschritt in der Arbeitswelt vornehmlich bei der körperlichen Arbeit bemerkbar gemacht, indem z. B. ganze Arbeitsgänge durch Roboter ersetzt wurden oder Maschinen die Muskelkraft unterstützt haben. Nun stehen mit KI-­Applikationen Assistenzsysteme für die Kopfarbeit zur Verfügung. Dabei wird der Fokus auf einer ergänzenden Nutzung von KI-Applikationen liegen und nicht auf dem Ersatz von menschlichen Arbeitskräften. Der Mehrwert solcher Mensch-Maschine-Tandems liegt darin, dass sie Leistungen erzeugen können, die jeder Teil für sich alleine – also der Mensch ohne eine KI-Unterstützung und die KI alleine – nicht imstande wäre zu vollbringen. Dafür ist es erforderlich, dass alle mit KI-Applikationen arbeitenden Menschen durchdringen, wie diese funktionieren und welche Grenzen sie haben. So ist z. B. ChatGPT darauf trainiert, auf der Basis von Wahrscheinlichkeiten menschenähnliche und nicht inhaltlich richtige Antworten zu generieren. Es besteht die Gefahr, dass erzeugter Content gut klingt, aber durch ChatGPT halluziniert wurde und somit faktisch falsch ist. Greift die KI-Applikation auf eine vorurteilsbehaftete Datenbasis zu, übernimmt sie die damit verbundene Voreingenommenheit, um nur ein weiteres Beispiel für die Limitationen von ChatGPT anzuführen. Es muss somit zu einer klaren Aufgabenverteilung innerhalb der Mensch-Maschine-Tandems kommen. Dabei muss der Mensch insbesondere die Aufgaben übernehmen, die eine KI-Applikation nicht übernehmen kann.

Anforderungen an den Menschen

Zu diesen Aufgaben gehören im Wesentlichen die Auftragserteilung an die KI-Applikation, die Qualitätskontrolle sowie die Übernahme der Verantwortung für Arbeitsergebnisse und -prozesse. Um eine KI-Applikation effektiv und effizient nutzen zu können, sollte man ihr klare Anweisungen geben (z. B. „Erläutere den Begriff Sozialversicherung“), ihren Suchraum einschränken (z. B. „Erstelle die Erläuterung für den Politikunterricht in der 7. Klasse an einer Realschule“) und die Content-Ausgabe steuern (z. B. „Formuliere die Erläuterung als Gedicht“). Menschenseitig muss also das sogenannte Prompt-Design souverän angewandt werden können. Der auf dieser Basis erzeugte Content muss aufgrund der schon angesprochenen Limitation der KI-Applikation nun durch den Menschen auf seine Qualität hin überprüft werden, beispielsweise in folgender Hinsicht: Wird mit dem erzeugten Content das Ziel des Prompts erreicht und der Anspruch (z. B.: Handelt es sich um ein Gedicht über die Sozialversicherung, welches für Kinder in der 7. Klasse verständlich ist?) erfüllt? Ist der Content fachlich richtig, diskriminierungsfrei, usw.? Nach der Qualitätskontrolle und gegebenenfalls vorgenommenen Korrekturen muss das Arbeitsergebnis freigegeben werden. Dies beinhaltet, dass der die KI-Applikation anwendende Mensch nun die Verantwortung für das Ergebnis und den Prozess, der zu dem Ergebnis geführt hat, übernimmt, und zwar in dem Sinne, dafür einzustehen.

Schlüsselkompetenzen für die Nutzung von KI-Applikationen

Damit Menschen diese Anforderungen erfüllen können, benötigen sie grundlegende Kompetenzen. Diese werden aus den zuvor beschriebenen Anforderungen abgeleitet: Für die Nutzung einer KI-Applikation benötigt man Medienkompetenz. Für das Prompt-Design ist zunächst die Kenntnis erforderlich, wie ein Prompt gestaltet werden kann. Bei der Formulierung des Prompts wird sodann ein hinreichendes Maß an Kreativität und sprachlicher Präzision benötigt. Eine gewisse Sprachkompetenz ist zudem auch geboten, um den erzeugten Content verstehen, bewerten und kontextualisieren bzw. einordnen zu können. Für die Bewertung von inhaltlicher Richtigkeit ist ein hohes Maß an Fachkenntnissen erforderlich. Für die Einordnung des Contents werden zudem prozess- und aufbauorganisatorische Kenntnisse gebraucht. Im Hinblick auf die Verwendung des erzeugten Contents ist, auch und vor allem aus ethischer Perspektive, eine Reflexions- und Abwägekompetenz, eingebettet in ein gehöriges Verantwortungsbewusstsein, sowie angemessene Sensibilität geboten, beispielsweise in dem Sinne, dass sich die Frage gestellt wird, was mit der Verwendung der Ergebnisse bei anderen Menschen bewirkt werden könnte. Letztlich muss eine Entscheidung zur verantwortlichen Verwendung der Ergebnisse getroffen werden.

Anpassung der Schlüsselkompetenzen

Berufliche Bildung: Wie Beschäftigte den Umgang mit KI lernen

Tabelle: Kompetenzen für den Umgang mit KI in der Arbeitswelt

Diese Übersicht ordnet die abgeleiteten Kompetenzen für den angemessenen Umgang mit KI-Applikationen in der Arbeitswelt in das System der Schlüsselkompetenzen ein.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © N_studio – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Prof. Dr. Sascha Fauler