AssCompact suche
Home
Management & Vertrieb
23. März 2017
Bleiben die Kaufpreise für Maklerunternehmen im Sinkflug?

Bleiben die Kaufpreise für Maklerunternehmen im Sinkflug?

Das Unternehmen Dr. Adams & Associates (www.dradams.de) ist seit mehr als 15 Jahren auf Nachfolgeberatung für Makler spezialisiert. Für die vergangenen Jahre stellt das Unternehmen einen Preisabrieb bei Verkäufen fest. Eine Trendwende ist nicht in Sicht, sagt Dr. Stefan G. Adams, geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Adams & Associates GmbH & Co. KG.

Herr Dr. Adams, wie haben sich die Kaufpreise für Maklerunternehmen in den letzten Jahren entwickelt?

Sehr unterschiedlich – man muss die Kaufpreise differenziert nach der Ausrichtung auf Kundenzielgruppen der Maklerunternehmen betrachten. Insbesondere nach der Finanzkrise 2009 kam es zu einer deutlichen Erosion. Am stärksten betroffen sind hier die reinen Privatkundenmakler, die neben dem rückläufigen LV- und KV-Geschäft sowie dem Provisionsabrieb inklusive der Haftungsverschärfung auch mit Wettbewerbern aus dem Internet zu kämpfen haben. Die Kaufpreise haben sich hier seit 2009 um 30% bis 40% reduziert. Betrachtet man rückblickend die allerdings betriebswirtschaftlich unsinnigen Multiplikatoren auf die Courtagen, so wollte das Gros dieser Verkäufer vor drei bis vier Jahren noch das Dreifache der Courtageeinnahme erzielen. Heute sind genau diese Verkäufer glücklich, wenn sie von uns einen Erwerber für das Eineinhalb- bis Zweifache vermittelt bekommen.

Ähnlich sieht die Entwicklung bei gemischten Beständen mit Privatkunden und Kleingewerbetreibenden (KMU) aus. Gewerbemakler, die sich im mittleren und großgewerblichen Geschäft bewegen, haben gegenüber der letzten Dekade gleichfalls einen Abrieb der Unternehmenswerte zu verzeichnen. Die Multiplikatoren auf den tatsächlichen Gewinn – im Übrigen der aus Käufersicht wichtigste Parameter für den Unternehmenswert – haben sich nach unserer Erfahrung seit 2009 lediglich um 20% bis 25% reduziert. Für reine Industriemakler können wir eine nahezu identische Entwicklung feststellen. Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Risikobereitschaft bei Investoren durch den heute permanent vorhandenen Krisenmodus der Finanzmärkte stark abgenommen hat.

Bleiben die Kaufpreise denn mittelfristig im Sinkflug?

Kaufpreise sind in allen Märkten ein Spiegel von Angebot und Nachfrage. Im Segment der meist inhabergeführten Privatkundenmakler, mit oder ohne KMU-Geschäft, steigt das Angebot schon altersbedingt durch die nun ans Verkaufen denkende Babyboomer-Generation deutlich an. Auf der Käuferseite stehen nominal wesentlich weniger Kaufinteressenten aus den geburtenschwachen Jahrgängen „zur Verfügung“. Diese deutlich geringere Anzahl an potenziellen Käufern – meist auch jüngere Makler – hat darüber hinaus noch das Problem, dass Banken die Finanzierung von Käufen nur mit fast schon unmoralisch hohen Eigenkapitalanforderungen übernehmen. Wir sehen mittel- und langfristig in diesem Marktsegment weiter rückläufige Kaufpreise, die allerdings kaum auf das bei Privat-Arztpraxen heute übliche Niveau des einfachen Jahresüberschusses fallen werden.

Für Gewerbemakler sieht die Entwicklung deutlich positiver aus. Das Angebot wächst hier nicht so stark wie im Privatkundensektor, weil Gewerbemakler mit zunehmender Unternehmensgröße über eine entsprechende Anzahl von Mitarbeitern und Führungskräften verfügen, sodass ein Verkauf zu einem bestimmten Alter nicht zwingend notwendig wird. Strategische Überlegungen stehen hier häufig im Vordergrund. Wir arbeiten in diesem Segment meist mit Käufern, die die Käufe aus ihrem Cashflow oder mit von unseren Finanzierungspartnern zur Verfügung gestelltem Kapital finanzieren. Nicht zuletzt erwerben in dieser Zielgruppe auch von uns vermittelte qualifizierte junge Makler größere Unternehmen, indem sie ihren selbst aufgebauten Bestand einbringen und somit den Generationenübergang des größeren Unternehmens unterstützen und als Geschäftsführer und Mitinhaber mitgestalten. Für reine Industriemakler sieht die Situation noch etwas positiver aus. Die Anzahl an Unternehmen, die veräußert werden, ist niedriger, die Nachfrage nach profitablen Unternehmen bleibt aber hoch.

Welche Parameter sind aus Sicht der Käufer insbesondere kaufpreisrelevant?

Gewinn, Gewinn, Gewinn lauten die drei wichtigsten Parameter. Die Nachhaltigkeit muss man mit Blick auf die Bestandsqualität hinzufügen. Diese Parameter definieren die Amortisationsdauer des Erwerbs, die für Käufer in der Regel wichtigste Kennzahl. Ansonsten ist die Kompatibilität zwischen dem Unternehmen des Verkäufers und des Käufers hinsichtlich Kundenzielgruppe, Personal, IT, Regionalität usw. relevant. Die menschliche Komponente, auf die wir zu Beginn bei der Zusammenführung beider Parteien und bei der Moderation der Gespräche großen Wert legen, lässt sich gleichsam als kaufpreisrelevant beschreiben.

Ein Großteil der verkaufenden Makler ist immer noch Einzelkaufmann. Ist ein Bestandsverkauf in dieser Form künftig überhaupt noch möglich?

Nach unserer Erfahrung werden rund 50% der Maklerunternehmen noch als Einzelkaufmann geführt. Diese Tatsache ist geradezu erschreckend, da die Ehepartner dieser Makler im Todesfall nichts zu erben haben, was meist ein eklatantes Versäumnis des jeweiligen Rechtsberaters ist. Der Verkauf dieser Bestände ist problematisch, da jeder Kunde – sofern nicht im Maklervertrag die Rechtsnachfolge und die Datenermächtigung unterzeichnet sind – der Betreuung durch den neuen Makler zustimmen muss. Was dies bei einem Kundenstamm von 1.000, 2.000 oder mehr Kunden bedeutet, ist klar: Liegt keine entsprechende Einwilligung des Kunden vor, bezahlen die meisten Versicherer trotz Kaufvertrag keine Bestandscourtage an den Käufer mehr aus. Eine Umwandlung in eine juristische Person ist – von Kleinstbeständen einmal abgesehen – sinnvoll und unumgänglich. Wir haben hierzu über Jahre hinweg ein Modell entwickelt, das unproblematisch und unter Berücksichtigung der steuerlich wünschenswertesten Konstellation für Verkäufer und Käufer ad hoc und kostenarm umsetzbar ist.

Über welche Vergütungsmodelle erhalten die Verkäufer ihre Kaufpreise?

Die Vielzahl der Vergütungsmodelle hier aufzuzeigen, würde den Rahmen sprengen. Immer wieder hört man von steuerlichen und juristischen Beratern theoretisch schöne Modelle wie Leibrente, sukzessiver Verkauf von Anteilen oder Assets, zeitlich variierende Splittung der Courtagen zwischen Verkäufer und Käufer usw. In unserer täglichen Beratungspraxis erweisen sich diese Vorschläge allesamt als unsinnig. Der weitaus überwiegende Teil der Verkäufer möchte zeitnah sein Lebenswerk vergütet haben und genauso zeitnah aus der unternehmerischen Haftung kommen, insbesondere wenn man die Geschicke des Unternehmens nicht mehr in der Hand hat. Käufer wollen sofort Einfluss ausüben, ohne sich vom Verkäufer in Entscheidungen eingrenzen zu lassen. Das bedeutet nach wie vor „cash is king“ – eine möglichst schnelle Zahlung des Kaufpreises wird in der Praxis bei den meisten unserer Transaktionen seit Jahren beiderseitig favorisiert und realisiert.

Auch der Wettbewerb unter den Nachfolge-Beratern nimmt zu. Wie sehen Sie die Entwicklung?

In der Tat hat sich die Anzahl von vermeintlich „erfahrenen“ Beratern in den letzten zwei Jahren vervielfacht. Das Gros dieser neuen Marktteilnehmer vergisst dabei, dass die Projekte von mittel- bis langfristiger Natur sind, und verlässt den Markt mangels Einkommen meist schnell wieder. Hierin begründet sich schon ein erster Prüfalgorithmus, inwieweit der Nachfolgeberater die Bonität besitzt, den Prozess über einen längeren Zeitraum zu begleiten. Die nachzuweisenden persönlichen Kontakte zu bonitätsstarken Käufern sowie die körperliche Präsenz bei allen Gesprächen zwischen Verkäufer und Käufer sind geradezu die Pflicht des Beraters. Vorschüsse oder Kilometer-Gelder für diese Verhandlungsrunden oder gar für Erstgespräche sowie für die Aufnahme in eigene Datenbanken sind unüblich und disqualifizieren den Berater. Der Nachweis von Referenzen vergleichbarer Projekte wie auch die obligatorische Vermögensschadenhaftpflicht als Unternehmens- und Transaktionsberater sind Standard bei seriösen Beratern.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 03/2017, Seite 84 f.

 
Ein Artikel von
Interview mit Dr. Stefan G. Adams